DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

20-11-2017 21:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 20.11.2017 um 10.30 UTC



Windig, an der See und im Bergland stürmisch. Anfangs sehr mild, zum Wochenende
deutlich kühler.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 27.11.2017


Zu Beginn des Mittelfristzeitraums am kommenden Donnerstag liegt Mitteleuropa
trogvorderseitig in einer strammen und milden Südwestströmung bei 850 hPa
Temperaturen um +5, im Alpenvorland sogar bis nahe +10 Grad Celsius. Das
korrespondierende Zentraltief liegt dabei über der nördlichen Nordsee. Im
Tagesverlauf greift auf den Nordwesten die zum Tief gehörende Kaltfront über,
die mangels frontensenkrechter Komponente aber rasch schleifenden Charakter
annimmt. Dank guter Durchmischung und zeitweiligen Sonnenscheins wird es mit
Höchstwerten zwischen 10 und 17 Grad für die Jahreszeit sehr mild.

Am Freitag liegt die Haupttrogachse des Zentraltiefs, das seinen Schwerpunkt
langsam etwas nach Norden zur Norwegischen See verlagert, über dem Ostatlantik
und damit weiterhin westlich von uns. Die in der Südwestströmung eingebettete
Kaltfront besitzt weiterhin schleifenden Charakter und neigt zu flacher
Wellenbildung. Die genaue Position ist dabei noch mit einigen Unsicherheiten
behaftet. Am wahrscheinlichsten ist derzeit ein Szenario mit Lage der
Frontalzone in Küstennähe. Südlich davon dominiert zwar auch wolkenreiches und
windiges, aber mildes Wetter mit zweistelligen Höchstwerten und frostfreien
Nächten.

Am Samstag schwenkt von Westen ein erster, markanter Kurzwellentrog nach
Deutschland hinein. Dieser löst an der wellenden Front eine Randtiefentwicklung
aus. Wo genau und wie intensiv diese stattfinden wird, ist noch sehr unsicher.

Am Sonntag zieht das Randtief unter weiterer Intensivierung zum Baltikum ab.
Rückseitig setzt sich dabei landesweit polare Meeresluft mit 850 hPa
Temperaturen um -5 Grad durch, womit die Schneefallgrenze wieder teils bis in
tiefe Lagen absinkt. In den Nächten muss dann fernab der Küsten wieder
verbreitet mit leichtem Frost gerechnet werden. Die Luftmasse ist dabei nur
schwach instabil geschichtet, so dass sich die Schauertätigkeit bei
gleichzeitigem Druckanstieg von Südwesten in Grenzen hält.

Zu Beginn der nächsten Woche setzt sich die Troglage über Mitteleuropa im Großen
und Ganzen fort. Bei zeitweiligen schauerartigen Niederschlägen, die oberhalb
von 500 Metern durchweg, darunter teilweise, als Schnee fallen, bleibt es
wechselhaft, recht windig und kühl.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle EZ 00 UTC Lauf zeigt für den kommenden Samstag einen wesentlichen
Unterschied zu den Vorläufen. Demnach kommt die Kaltfront nicht bis zum
Alpenrand voran, sondern wird über der Mitte Deutschlands rückläufig. Daran
entwickelt sich nach dem neuesten Lauf sogar ein eigenständiges Randtief mit
länger andauernden Niederschlägen, an der Westflanke oberhalb etwa 800 Metern
zunehmend wieder als Schnee. Die Schneefallgrenze verbleibt am Alpenrand bis zum
Wochenende noch oberhalb von 2000 Metern und sinkt erst im Laufe des Sonntags
wieder auf Lagen unter 1000 Meter ab. Der Druckanstieg von Südwesten zum Sonntag
und vor allem Montag hin wird im Vergleich zu den Vorläufen deutlich
zurückgenommen, weshalb ein längeres und großflächiges Abklingen der
Niederschläge unwahrscheinlich ist.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


GFS zeigt von den synoptisch-skaligen Strukturen ein ähnliches Verhalten wie EZ.
Der Randtrog am Samstag ist allerdings flacher und weiter im Nordwesten
gerechnet. Zudem wird der Druckanstieg zum Montag stärker betont, ausgehend vom
Biskaya-Hoch erstreckt sich ein Keil mit 1030 hPa nach Süddeutschland (beim EZ
1020 hPa).
Deutlicher werden die Unterschiede beim ICON 00 UTC Lauf, der die
Randtiefentwicklung nicht nur 24 Stunden früher, sondern auch noch deutlich
westlicher und intensiver über Ostengland vollzieht. Dies hat zur Folge, an der
Südflanke des Tiefs im Nordseeumfeld teils orkanartige Böen simuliert werden.
Unterdessen wird die Kaltfront bereits am Samstag gegen die Alpen "gepresst" und
gerät in der Folge unter kräftigen Hochdruckeinfluss (1035 hPa). Eine selbst im
Vergleich zu seinen Vorläufen eigenwillige Einzellösung, die nicht sehr
wahrscheinlich erscheint.
GEM ist auf der Schiene von EZ und GFS, die Randtiefentwicklung am Samstag ist
allerdings selbst Richtung Baltikum nicht sehr intensiv.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Bereits zum Beginn des Mittelfristzeitraums am kommenden Donnerstag öffnet sich
der Spread der Rauchfahnen deutschlandweit extrem. Klar ist, dass der Peak zuvor
in der Nacht zum Donnerstag mit rund 10 Grad in 850 hPa erreicht wird und die
Temperatur bis Sonntag von Nordwesten bis etwa -5 Grad im besagten Druckniveau
zurückgehen wird. Die Frage, in welchen (und wie vielen?) Etappen dieser
Rückgang vonstattengehen wird, hängt unmittelbar mit der Entwicklung und Passage
der Randtiefentwicklung zusammen. So hält sich in den Norddeutschen Gebieten
auch am Freitag länger noch ein milder "Ast", der zwar von Haupt- und
Kontrolllauf des EZ geflissentlich ignoriert wird, letztlich aber die
GFS-Variante repräsentiert. Kurzum, diesbezüglich lässt sich im Moment noch
keine verlässliche Aussage treffen. Dass es zum Sonntag in maritimer Polarluft
aber landesweit "frisch" wird, erscheint sehr wahrscheinlich.

Bei der Clusterung im Zeitraum 120-168h (Sa00-Mo00) sind 3 nahezu gleich
verteilte und auch von ihrer Struktur her recht ähnliche Cluster unterschieden.
Die Randtiefentwicklung ist dabei in Cluster 2 am stärksten ausgeprägt, in
Cluster 1 hingegen kaum erkennbar. Maßgebliche Differenzen ergeben sich zum Ende
des Vorhersagezeitraums, bei dem Potentialanstieg über dem Ostatlantik und (via
Downstream-Development) Austrogung über dem zentralen Mittelmeerraum, zumindest
vorübergehend zu einer blockierenden Wetterlage führen könnten, auch wenn der
Schwerpunkt des Hochs dafür noch sehr weit südlich sitzt. Wie auch immer - die
Fortsetzung der Troglage wird letztlich von allen Clustern repräsentiert und
erscheint daher sehr wahrscheinlich, mit gewissen Unschärfen in der Art der
Ausprägung.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Im gesamten Mittelfristzeitraum muss insbesondere an der Nordsee und im höheren
Bergland mit Sturmböen zunächst aus Südwest, zum Wochenende mehr und mehr aus
West bis Nordwest gerechnet werden. Hinweise auf eine schwere Sturmlage wie es
der deterministische Lauf des ICON für Freitag berechnet, ergeben sich aus den
anderen Modellen und statistischen Verfahren nicht. Auch die Signale für mäßige
Schneefälle am Alpenrand mit mehr als 10 Zentimeter binnen 12 h sind mit
Wahrscheinlichkeiten um 10% beim EZ-EPS derzeit nur schwach ausgeprägt. Die
Erfahrung lehrt jedoch, dass es diesbezüglich je nach Intensität und
Verlagerungsgeschwindigkeit der Front staubedingt am Alpennordrand sehr schnell
gehen kann. Daher sollte man diesen Aspekt aufmerksam weiter verfolgen und nicht
voreilig ausschließen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ, EZ-EPS, GFS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen