DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-11-2017 21:00
SXEU31 DWAV 161800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 16.11.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Nachts im Süden örtlich Glätte durch geringe gefrierende Niederschläge nicht
ausgeschlossen. Ab der Nacht zum Samstag im Norden kurze Gewitter, teils mit
Graupel und Sturmböen. Im Süden am Sonntag in höheren Lagen kräftigere
Schneefälle wahrscheinlich.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... gelangen wir zusehends in eine westliche Höhenströmung an der
Nordflanke eine Hochdruckbrücke, die ein Hoch über der Ukraine mit hohem Druck
über dem Atlantik verbindet. Die Kaltfront eines Tiefs über dem Nordmeer greift
abends auf den Norden über und kommt bis Freitag früh etwa bis auf eine Linie
Mosel-Lausitz voran. Es regnet dabei nur leicht.
Der Wind frischt mit Passage des Tiefausläufers vorübergehend auf, nur an den
Küsten werden starke Böen Bft 7 erwartet, wobei der Wind von Südwest bis West
auf Nordwest dreht.
Die frontalen Niederschläge können nach Osten hin in Lagen oberhalb 1000m
teilweise als Schnee fallen, postfrontal sinkt zwar die Schneefallgrenze in der
einströmenden polaren Meeresluft mit -2 bis -3 Grad in 850 hPa, auf 700 bis 800m
ab, die Niederschläge sind aber auch schnell vorbei, so dass sich nichts
nennenswertes an Schnee, selbst in Gipfellagen akkumulieren kann.
Im Süden hält sich zunächst noch der Einfluss der Hochdruckbrücke mit
Nebel/Hochnebel bzw. Aufklaren. Die Temperatur liegt verbreitet unter dem
Gefrierpunkt. Ein schwacher Höhentrog, der vorderseitig der Front über den Süden
nach Osten schwenkt, kann den Hochnebel etwas anheben, so dass geringe
Niederschläge in den Nebelgebieten möglich werden, die für lokale Glätte sorgen
können. Auch die zum Morgen im Süden ankommenden leichten Regenfälle im
Zusammenhang mit der Kaltfront sind für vereinzelte Glätte (gefrierender Regen)
gut.
Dagegen lockern die Wolken im Norden postfrontal wieder auf und die Temperaturen
gehen vor allem in Bodennähe auf Werte um oder etwas unter die 0 Grad Marke
zurück. Ganz vereinzelt ist Glätte (gefrierende Nässe) nicht ausgeschlossen.

Freitag ... kräftigt sich ein Rücken über dem Nordostatlantik und stützt das zu
den Britischen Inseln ziehende Bodenhoch, das sich mit einem Keil über die
Deutschland wieder nach Osten ausdehnt. In die auf NW drehende Höhenströmung
sind kurzwellige Tröge und Rücken eingelagert, die kaum nennenswerte
Hebungsantriebe generieren.
Der Tiefausläufer über dem Süden gelangt in ein schwachgradientiges Umfeld und
kommt nur noch zögernd weiter nach Süden voran. Rückseitig strömt aus NW
Meereskaltluft polaren Ursprungs nach Deutschland ein, in der mangels Labilität
konvektiv zunächst aber kaum etwas passiert. Die sowieso nicht überbordende
Hebung am Tiefausläufer schwächt sich noch etwas ab, was auch für die
Niederschläge gilt, die sich dabei immer mehr und mehr in den Süden
zurückziehen.
Anfangs besteht dort leichte Glättegefahr auch, oder gerade in tiefe Lagen, da
sich dort am ehesten die kalte Grundschicht mit Temperaturen unter 0 Grad hält;
im Tagesverlauf sind dann mit etwas sinkender Schneefallgrenze in den
südöstlichen Mittelgebirgen oberhalb 600 bis 800m geringe Schneefälle möglich.
Über der Nordhälfte, bis in die mittleren Landesteile lockert es wieder auf,
teilweise wird freundlich mit längeren Aufheiterungen.
Der Wind spielt zunächst warntechnisch keine Rolle. Erst zum Abend macht sich
fallender Druck über Südskandinavien auf der Vorderseite einer beginnenden
Austrogung vom Nordmeer her in zunehmendem Gradienten und auffrischendem Wind
bemerkbar. An der Nordsee sind erste Windböen zu erwarten mit zunehmender
Schauerneigung, die höhenkalte Luft kommt aber erst noch.
In der Nacht zum Samstag nähert sich der Trog von der Nordsee her und die
Schichtung labilisiert immer weiter. So kommen ganz im Norden Schauer auf und
auch einzelne Gewitter (mit Sturmböen und Graupel) sind möglich. Zudem nimmt der
Gradient mit Übergreifen eines Bodentroges und einer Konvergenz weiter zu. An
den Küsten sind stürmische Böen oder Sturmböen wahrscheinlich, etwas
landeinwärts und in Schleswig-Holstein Windböen. Auf den nordfriesischen Inseln
sind laut Cosmo Leps (Do. 00UTC) mit geringer Wahrscheinlichkeit auch schwere
Sturmböen drin. Auch auf dem Brocken legt der Wind zu mit Bft 9 aus West.
Im norddeutschen Tiefland und bis in die Mitte, klart es gebietswiese auf. Die
Temperaturen gehen bis in den leichten Frostbereich zurück und stellenweise,
falls noch Restnässe vorhanden ist oder durch Reif, wird es glatt. Die
Niederschläge im Südosten klingen ab, auch dort ist im Bergland Glätte durch
geringen Schnee nicht ausgeschlossen.

Samstag ... drängt die Frontalzone, die über UK und die Nordsee nach Südosten
gerichtet ist, das hohe Geopotential und das Bodenhoch etwas nach Südwesten ab.
Wir liegen genau im divergenten Ausgangsbereich der Frontalzone, so dass
Hebungsvorgänge in verstärktem Maße uns betreffen und am Rand des hochreichenden
nordeuropäischen Tiefkomplexes gelangt kalte Meeresluft aus hohen nördlichen
Breiten über die Nordsee nach Mitteleuropa.

Die Luft ist zusehends auch höhenkalt, was an den Schauern und kurzen Gewittern
im Bereich einer Konvergenz über dem Norden ablesbar sein dürfte. Die -30 Grad
Isotherme in 500 hPa kommt zum Abend bis ins südliche Niedersachsen und
nördliche Sachsen voran, so zumindest die ICON Lesart.
Bis in tiefe Lagen, wahrscheinlich vor allem bei Schauern, kommt es zu Windböen
Bft 7, bei kräftigen Schauern ist eventuell auch eine Bft 8 mit dabei (850 hPa
Wind 35 bis 40 kt) an der See und im Bergland sind Sturmböen wahrscheinlich und
exponiert ist auch die ein oder andere schwere Sturmböe nicht ausgeschlossen.
In der Südhälfte gestaltet sich der Wetterablauf ruhiger. Schwacher
Zwischenhocheinfluss dürfte im Tagesverlauf einige Auflockerungen bringen und es
bleibt weitgehend trocken, abgesehen von geringem Regen/Nieselregen.
Der auch im Süden etwas auflebende Westwind räumt wahrscheinlich die kalte
Grundschicht weg, was in deutschlandweit recht einheitliche Maxima von 6 bis 10
Grad mündet.
Tiefe Lagen im Süden sollten die Warnschwellen betreffs Wind nicht schaffen, im
höheren Bergland sind Bft 7 bis 8, exponiert 9 zu erwarten.
In der Nacht zum Sonntag erreicht die Konvergenz den Süden und der nachfolgende
Höhentrog weitet sich über Deutschland nach Süden aus. Gleichzeitig greift auf
den Südwesten und Süden Warnluftadvektion über. Dabei ist laut thermischen
Feldern des ICON auch eine Welle über Frankreich denkbar, die den SW erfasst.
Insgesamt ist die Situation über dem Süden frontogenetisch geprägt und die
Niederschläge intensivieren sich dort. Teilweise schneit es bis in tiefere
Lagen, dort aber höchstens mit Schneematsch, oberhalb 600 bis 800m langt es aber
für 5 bis 10 cm Neuschnee.

Sollte es längere Zeit auflockern, ist auch vereinzelt Glätte durch gefrierende
Nässe möglich, vor allem im Bergland über der Mitte. An der See und im Bergland
bleibt es sehr windig. Ganz im Norden gibt es Schauer und kurze Gewitter mit
Sturmböen.

Sonntag ... weitet sich der Trog weiter nach Süden aus und verlagert seine Achse
ins östliche Mitteleuropa. Er beeinflusst uns mit hochreichend instabiler
maritimer Polarluft.
Es kommt zu zahlreichen Schauern und kurzen Gewittern, wobei die
Schneefallgrenze bei etwa 400 bis 600m liegt. Im höheren Bergland ist auch
tagsüber Glätte zu erwarten, bei leichtem Frost in einigen Gipfellagen. Die
Neuschneemengen bleiben aber gering.
Anders im Süden. Die Niederschläge ziehen sich zwar sukzessive zu den Alpen und
ins Alpenvorland zurück, werden dort in nordwestlicher Anströmung durch Stau
verstärkt. Somit kann es dort kräftiger schneien, bei einer Schneefallgrenze von
600 bis 700m. In höheren Staulagen sind durchaus 10 bis 20 cm Neuschnee
12-stündig möglich, vielleicht sogar mit Verwehungen.

In tiefen Lagen sind in Schauernähe Bft 7 nicht unwahrscheinlich, im Bergland
und an den Küsten kommt es zu weiteren Sturmböen, exponiert schweren Sturmböen
und auf dem Brocken kann es auch zu orkanartigen Böen reichen.
ICON simuliert seit dem 6 UTC Lauf ein kleines Sturmtief, das von Norwegen
kommend abends Vorpommern erreichen soll. Damit wäre eine deutlich intensivere
Windentwicklung verbunden; häufiger Bft 10 an der Ostsee und Sturmböen auch
landeinwärts. GFS zeigt ein entsprechendes Tief deutlich weiter östlich, womit
wir nur am Rand betroffen wären. Andere Modelle zeigen nichts Entsprechendes.
Die Entwicklung ist also mit großen Fragezeichen versehen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Im Großen und Ganzen simulieren die Modelle ähnlich. Für die kommende Nacht
sollte auch im Falle geringer gefrierender Niederschläge im Süden maximal
"ocker" ausreichen, im Falle nur weniger "Schlangenlinien" reichen auch gelbe
Glättewarnungen.

Unterschiede sind in der Folge vor allem bei den Niederschlägen in der Nacht zum
Sonntag im Süden auffällig und bei dem kleinen Sturmtief in ICON für den
Sonntag, das in den anderen Modelle nicht auftaucht, bzw. eine deutlich andere
Bahn einschlägt.
Bis dahin kann aber noch abgewartet werden und die nächsten Modellläufe können
weitere Verwirrung stiften.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner