DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-11-2017 11:00
SXEU31 DWAV 100800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 10.11.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Windig, an den Küsten und im Bergland stürmisch. Im südlichen Bergland
einsetzender Dauerregen, im Schwarzwald Unwetter.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... liegt eine hochreichende Antizyklone über dem nahen Ostatlantik
während ein mit reichlich Kaltluft angefüllter Trog sich von Nordwesten her
immer weiter Richtung Mitteleuropa ausweitet. Bodennah liegt östlich von Island
ein kräftiges Bodentief, in dessen Zirkulationsbereich auch Deutschland bereits
gelangt ist. Dessen nur schwach wetteraktive Okklusion liegt derzeit diagonal
über der Mitte Deutschlands und kommt im Tagesverlauf allmählich nach Südosten
voran. Sie bringt heute recht flächendeckend Regen, meist aber nur leichter
Natur. Ihr folgt ein ebenfalls zunehmend okkludierendes Frontensystem eines
Bodentroges nach, der derzeit westlich des norwegischen Vestlandet liegt. Dieses
bewegt sich etwas schneller als das vorhergehende und erreicht am Abend ebenso
schon den Südosten unseres Landes. Es bringt etwas mehr und teilweise mäßigen
Regen, meist aber mit Summen bis zu 10 mm, in einigen Mittelgebirgen auch etwas
mehr. Mit dem zweiten System frischt auch der südwestliche Wind auf, zumal sich
zunehmend ein abgeschlossenes Randtief bildet, das über den Süden Norwegens
hinweg ostwärts zieht. Nach Durchgang des zweiten Frontensystems dreht der Wind
auf West. In der Folge sind vom Nordwesten bis in die Mitte heute tagsüber recht
verbreitet steife Böen zu erwarten, im Süden reicht es dazu nur vereinzelt.
Zudem muss an den Küsten und im höheren Bergland(vor allem Nordsee) mit
stürmischen Böen, in exponierten Lagen auch mit Sturmböen gerechnet werden. Auf
dem Brocken und dem Fichtelberg sind schwere Sturmböen wahrscheinlich. Auf der
Rückseite des Frontensystems gelangt polare Meeresluft nach Deutschland, in der
in 850 hPa die Temperatur von Nordwesten her unter 0 Grad sinkt. Diese Luft ist
ganz im Norden auch hochreichend kalt, so sinkt in 500 hPa die Temperatur über
dem äußersten Norden auf etwa -33 Grad, womit sich eine sehr labile Schichtung
einstellt. So können sich dort zahlreiche Schauer und auch einzelne Gewitter mit
Graupel entwickeln. Aufgrund des starken Höhenwindes können dabei auch
stürmische Böen im Binnenland auftreten, sollten sich Gewitter linienhaft
organisieren sind Sturmböen wahrscheinlich.
In der Nacht zum Samstag ziehen die beiden Frontensysteme nach Südosten ab und
die polare Meeresluft (T850 hPa 0 bis -4 Grad) breitet sich über ganz
Deutschland aus. Damit sinkt die Schneefallgrenze im nördlichen Bergland bis auf
600 m, an den Alpen bis zum Morgen auf etwa 800 m. Etwa 200 m darüber kann sich
bei einzelnen Schneeschauern im Norden und länger anhaltenden Niederschlägen im
Süden auch eine dünne Schneedecke bilden. Zudem kommt es rückseitig der Fronten
auch zu einigen Wolkenauflockerungen, so dass vor allem im Bergland die
Temperatur auf etwa 0 Grad sinken kann, mit der Gefahr von Glätte durch
überfrierende Nässe. Auf dem Atlantik entwickelt sich derweil an der der
Kaltfront des o.e Randtiefs (das zur mittleren Ostsee zieht) eine neue Welle,
die in den Frühstunden Wales erreichen soll. Auf ihrer Vorderseite greift in der
zweiten Nachthälfte massive Warmluftadvektion auf den Westen Deutschlands über.
Damit stabilisiert sich dort die Schichtung und die Schauer lassen nach, während
im Norden und zunehmend auch Nordosten in der Nacht weiterhin vermehrt Schauer
und Gewitter auftreten, wobei letztere sich in der Nacht wohl aufs Meer
zurückziehen. Die WLA reicht im Westen noch nicht für Aufgleitniederschläge,
allerdings zieht dort im Verlauf der Nacht schon dichte hohe und mittelhohe
Bewölkung auf. Mit dem abziehenden Tief fächert der Gradient im Norden etwas auf
und die steifen Böen im Binnenland lassen nach, nur im Nordosten kann es noch
bis in die zweite Nachthälfte hinein steife Böen geben. An den Küsten gibt es
dagegen bei auf West bis Nordwest drehendem Wind weiterhin stürmische Böen und
Sturmböen, wobei sich letztere ausgangs der Nacht allmählich auf die Ostsee
beschränken sollten. Auf den hohen Bergen bleibt der Wind im Vergleich zum Tage
weitgehend unverändert.

Samstag... zieht die Welle über England und den Ärmelkanal bis in den Südwesten
Deutschlands. Mit ihr greifen länger anhaltende Regenfälle auf die gesamte
Südwesthälfte Deutschlands über, während es über dem Nordosten weiterhin zu
Schauern kommt, im Ostseeumfeld, das unter höhenkalter Luft (-34 Grad in 500
hPa) liegt, auch zu Gewittern. Oberhalb 600 bis 800 m fällt im Harz und
Erzgebirge weiterhin Schnee, zu Neuschneeakkumulation von maximal wenigen
Zentimetern kommt es aber nur etwa 200 bis 300 m darüber. Dagegen rücken die
Regenmengen im Südwesten in den Fokus, da es dort von Samstagvormittag an für
etwa 36 Stunden lang zu mäßigen, teils starken Niederschlägen kommen soll. Dort
sind bei wieder deutlich ansteigenden Temperaturen Schneefälle zunächst kein
Thema mehr (bzw. nur in den Alpen ab etwa 1500 m). In diesem Zeitraum sind im
Schwarzwald und im Allgäu Regenhöhen über 60 l/qm sehr wahrscheinlich und um 100
l/qm durchaus möglich, was vor allem ICON-Nest mit Regenhöhen sogar deutlich
über 100 l/qm unterstreicht. Auch Cosmo-LEPS bringt deutliche
Wahrscheinlichkeiten für extremes Unwetter. Zumindest eine Unwetterwarnung muss
aber auf jeden Fall ausgegeben werden. Hohe Wahrscheinlichkeiten für Dauerregen
markanter Natur bestehen noch im restlichen Alpengebiet und im Bayerischen Wald,
etwas unsicher ist die Lage noch im restlichen Bergland Württembergs. Des
Weiteren ist der Wind ein Thema. Er weht an den Küsten weiterhin mit stürmischen
Böen, in exponierten Lagen Sturmböen. Im Nordosten könnten auch im Binnenland
die Windböen wieder etwas flächendeckender auftreten, was vor allem dem
Tagesgang geschuldet wäre, weil der Gradient an der Nordflanke der Welle
auseinander gezogen wird. An der Südflanke nimmt der Wind dagegen zu und in der
zweiten Tageshälfte sind im Binnenland verbreitet steife Böen wahrscheinlich.
Auf den Bergen nimmt der Wind im Norden etwas ab, dafür kommt es im Tagesverlauf
auf den Bergen Süddeutschlands (vor allem Schwarzwaldhöhen und Alpen) zunehmend
zu schweren Sturmböen.
In der Nacht zum Sonntag zieht die Welle langsam über den Süden Deutschland
hinweg, wobei die rückseitige Kaltfront nur im Bereich eines schwachen
Gradienten liegt und zunächst kaum nach Süden vorankommt. Selbst eine weitere
flache Welle ist nach ICON vorstellbar, nach GFS und EZMW auch simuliert. Damit
verbleibt der Süden Deutschlands im Bereich der milden Luftmasse und es regnet
wie oben schon beschrieben anhaltend weiter. Der Wind legt dort noch weiter zu,
auch im Flachland sind dann teils stürmische Böen zu erwarten, vor allem durch
den Leitplankeneffekt im Alpenvorland. Auf den höheren Bergen werden zunehmend
auch orkanartige Böen möglich. Dagegen ist es in der Mitte und im Norden
ruhiger. Stürmische Böen treten noch an der See und auf dem Brocken auf. In der
recht kalten Luftmasse ist es teils noch bewölkt, teils gibt es Auflockerungen.
Schauer treten vor allem noch über den Seegebieten auf, dort besteht auch nach
wie vor geringe Gewittergefahr, weil die Labilität kaum abnimmt. Vor allem im
Bergland gibt es wieder Tiefstwerte um den Gefrierpunkt, womit geringe
Glättegefahr besteht. Schnee fällt - wenn überhaupt - im nördlichen Bergland ab
500 m, zur Mitte hin ab 800 m.

Sonntag... zieht die Welle langsam nach Südosten ab und entwickelt sich zu einem
eigenständigen Tief über dem Südosten Mitteleuropas. In der zweiten Tageshälfte
kommt dann auch die Kaltfront wieder beschleunigt nach Süden voran und erreicht
am Abend die Alpen. Rückseitig weitet sich ein mächtiger Randtrog mit
Höhenkaltluft (-34 Grad in 500 hPa) bis in den Südwesten Deutschlands aus, in
850 hPa geht die Temperatur landesweit auf -2 bis -4 Grad zurück. Mit der
Kaltluft lassen auch die Dauerniederschläge von Nordwesten her langsam nach, so
dass es - von den Alpen abgesehen - nicht zu länger anhaltenden Schneefällen
kommt. Der Trog sorgt aber auf der kalten Seite der Kaltfront für reichlich
Schaueraktivität, auch Gewitter könnten sich von der See aus bis nach
Süddeutschland ausweiten. In Lagen oberhalb etwa 600 m können dabei allgemein
einige Zentimeter Neuschnee zusammenkommen. An den Alpen sinkt die
Schneefallgrenze am Abend auf unter 600 m, dort sowie im angrenzenden Vorland
halten die Dauerniederschläge an. Auf der Südflanke der Welle weht der Wind im
Süden weiterhin kräftig aus Südwest und lässt erst am Abend nach. Bis dahin
kommt es verbreitet zu steifen Böen bis ins Flachland, im Alpenvorland und etwas
exponierteren Lagen auch zu stürmischen Böen. Auf den höheren Bergen kann es
schwere Sturmböen oder orkanartige Böen geben. Im Norden treten vor allem im
Umfeld der Nordsee noch steife bis stürmische Böen auf, wobei dort der Wind auf
Nordwest dreht.
In der Nacht zum Montag stößt der o.e. Trog bis ins westliche Mittelmeer vor und
tropft dort ab. Bodennah gelangt Deutschland in den Bereich einer
nordnordwestlichen Strömung zwischen einem Hoch über Westeuropa und
Tiefdrucktätigkeit über dem Südosten. Im Trogbereich kommt es weiterhin zu
Schauern, oberhalb 500 bis 600 m meist als Schnee, mit entsprechender
Glättegefahr. An den Alpen schneit länger anhaltend und im Stau mitunter
ergiebig. Der Wind lässt meist nach, vor allem auf den Alpengipfeln und an der
Nordsee kann es aber noch Sturmböen geben.


Modellvergleich und -einschätzung
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Bis zum Samstagabend simulieren die vorliegenden Modelle die Lage recht ähnlich.
Unterschiede ergeben sich am Sonntag bei der Behandlung der Welle. EZMW und GFS
zeigen klar Signale für zwei Wellen, wobei sich bei EZMW sogar ein kräftiges
Randtief entwickelt, das nach Tschechien zieht. Dies hätte noch eine stärkere
Windentwicklung im Süden, ein verzögertes Eintreffen der Kaltfront (um einige
Stunden) und auch eine leichte Änderung der Niederschlagsgebiete zur Folge. Die
Modelle sind sich recht einig, was die Schwerpunkte des Dauerregens angeht,
bezüglich der Mengen gibt es aber noch große Unterschiede. Von Cosmo-LEPS und
ICON gibt es sehr deutliche Signale für Unwetter im Schwarzwald und an den
Alpen, selbst extremes Unwetter ist im Angebot, so dass die Ausgabe von
Unwetterwarnungen auf jeden Fall gerechtfertigt ist und frühzeitig erfolgen
kann. Im übrigen Alpengebiet und im Bayerischen Wald reicht es auf jeden Fall
für markanten Dauerregen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Peter Hartmann