DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-11-2017 21:00
SXEU31 DWAV 081800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 08.11.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Umstellung auf NWz; ab Freitag an den Küsten und auf den Bergen stürmische Böen
oder Sturmböen, ab der Nacht zum Samstag in Staulagen Süddeutschlands
Dauerregen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland zwischen einem Höhentief mit Drehzentrum
über Südostfrankreich und einem Höhenrücken, der sich - ausgehend von einer
Höhenantizyklone über Osteuropa über Norddeutschland bzw. Dänemark hinweg
ostwärts bis zu einem kräftigen und hochreichenden Hochdruckgebiet nördlich der
Azoren erstreckt. Bis Donnerstag, 06 UTC verlagert sich das Höhentief ein wenig
nach Süden, von ihm ausgehend weitet sich allerdings ein Trog Richtung Nordpolen
aus und der Rücken zieht sich nach Westen, zur südlichen Nordsee, zurück.
Gleichzeitig weitet sich die zur Nordsee gerichtete atlantische Frontalzone
allmählich südostwärts aus, so dass der Rücken etwas nach Süden gedrückt wird
und sich morgens mit seiner Achse über England, der südlichen Nordsee und
Nordwestdeutschland befindet.
Die hauptsächlich aus WLA resultierenden Hebungsprozesse an der Nordflanke des
Höhentiefs schwächen sich allmählich ab, nach wie vor gibt es aber auch die
Nacht über vor allem im Südwesten, Westen und im östlichen Bergland leichte
Niederschläge in Form von Regen oder Nieselregen. Schnee fällt lediglich in den
Kammlagen oberhalb von etwa 1000 m, so dass das Thema Glätte wohl kaum eine
Rolle spielt. Insgesamt werden auch nur wenige mm simuliert.
Ansonsten beschränkt sich die Warntätigkeit auf die für schwachgradientige
Wetterlagen typischen Grundschichtphänomene, in erster Linie der Nebel, denn
Frost dürfte angesichts der meist dichten Bewölkung höchstens in einigen
Alpentälern (wo es aufgelockert bleibt) eine Rolle spielen. Auch Nebel bzw.
schlechte Sichtbedingungen beschränken sich meist auf die Kammlagen der
Mittelgebirge bzw. auch auf deren Luv-, also Ostseiten. Nur vereinzelt lockert
die Hochnebeldecke mal auf, vor allem im Nordosten, dann kann sich natürlich
auch dort Nebel ausbilden.

Donnerstag ... gewinnt die nordatlantische Frontalzone weiter nach Südosten an
Raum und weitet sich über die Nordsee nach Südskandinavien aus. Der nach
Nordwestdeutschland gerichtete Höhenrücken wird dadurch nach Südosten abgedrängt
und erstreckt sich abends mit seiner Achse bereits über die mittleren
Landesteile hinweg ostwärts. Somit machen sich über Norddeutschland noch nicht
allzu markante Hebungsprozesse, die hauptsächlich WLA geschuldet sind,
bemerkbar. Das Höhentief zieht sich allmählich von Südfrankreich ins westliche
Mittelmeer zurück.
Im Bodenfeld greift das Frontensystem eines Sturmtiefs über dem Europäischen
Nordmeer von der Nordsee her unter fortschreitendem Okklusionsprozess am späten
Nachmittag oder Abend mit leichten Regenfällen auf den Nordwesten Deutschlands
über. Von zunehmender Warnrelevanz ist dann der Wind, der präfrontal aufgrund
der Gradientzunahme in der Nordhälfte auffrischt. Im Nordseeumfeld gibt es im
Laufe des Mittags und Nachmittags einzelne steife Böen aus Südwest, abends dann
auch entlang der Ostseeküste. Exponiert können vereinzelt auch stürmische Böen
auftreten (am ehesten nach ICON-EU, weniger nach GFS oder IFS). Mit Frontpassage
dreht der abends an der Nordsee auf Nordwest und flaut wieder etwas ab.
Im übrigen Land dominieren weiterhin der Einfluss des vorderseitig des Rückens
nach Süddeutschland vordringende und sich verstärkende Bodenhochkeil und somit
Absinken. Allerdings hält sich vielerorts die dichte hochnebelartige Bewölkung,
aus der es gebietsweise noch etwas nieselt. Auflockerungen gibt es am ehesten
unmittelbar präfrontal durch den auffrischenden Südwestwind im Westen und Norden
sowie an den Alpen. Die Temperaturen ändern sich gegenüber den Vortagen kaum und
bewegen sich zwischen 5 und 10 Grad, mit etwas Sonne auch knapp darüber.

In der Nacht zum Freitag wird der Höhenrücken endgültig Richtung Alpen
abgedrängt. Die recht glatte und im Geopotentialfeld vor allem über der Nordsee
im linken Ausgangsbereich des über die Britischen Inseln hinweg nach Südosten
weisenden Jets diffluent konturierte Frontalzone weitet sich auf den Norden und
die Mitte des Vorhersagegebietes aus.
Im Bodenfeld kommt das okkludierte Frontensystem noch etwa bis zur Mitte
Deutschlands voran, verliert aber, da es in den vorgelagerten Hochkeil
hineinläuft und aufgrund der nachfolgenden Entwicklung einer frontalen Welle
über der Nordsee zusehends an Wetterwirksamkeit. Somit breiten sich die
Niederschläge in etwa bis zu einer Linie Hunsrück - Oderbruch aus, wobei nur
wenige mm in 12 Stunden simuliert werden. Postfrontal gelangt subpolare
Meeresluft in den Nordwesten Deutschlands, innerhalb derer sich höchstens
vereinzelt Schauer entwickeln, da die kräftige WLA vor der nächsten Welle rasch
für Stabilisierung sorgt.
Der Wind schwächt sich postfrontal vorübergehend ab, präfrontal frischt er
allerdings auf, in den Gipfellagen einiger Mittelgebirge gibt es im Laufe der
Nacht somit Böen Bft 8 bis 9, auf dem Brocken eventuell auch Bft 10 aus Südwest.
Ansonsten reicht es lediglich an den Küsten noch für steife Böen Bft 7. Bereits
morgens frischt der Wind mit Annäherung der angesprochenen frontalen Welle
wieder mit ersten stürmischen Böen aus Südwest bis West auf.
Im Süden und Südosten des Landes verläuft die Nacht ruhig und vielerorts bedeckt
durch Hochnebel. Gebietsweise kann sich auch Bodennebel bilden, die
Wahrscheinlichkeit dafür ist aber eher gering.

Freitag ... nimmt die Frontalzone weiter Kurs auf Mitteleuropa und wir befinden
uns zunehmend im diffluenten Ausgangsbereich der Nordwest-Südost orientierten
Höhenströmung, wobei als synoptisch-skaliger Hebungsantrieb hauptsächlich PVA
wirksam ist, die aber teilweise von KLA kompensiert wird.
Im Bodenfeld verlagert sich die bereits angesprochene frontale Welle rasch über
die nördliche Nordsee hinweg nach Südschweden, wo sich im Lee des Norwegischen
Gebirges ein eigenständiges Bodentief entwickelt. Die Warmfront greift bereits
morgens auf den Nordwesten Deutschlands über, die Kaltfront folgt rasch nach und
erreicht bis zum Abend bereits die mittleren Landesteile. Vor allem im Vorfeld
der Warmfront, in Staulagen der Mittelgebirge aber auch noch im Warmsektor fällt
für längere Zeit Regen, wobei in Weststaulagen in der Mitte und im Südwesten des
Landes teilweise mehr als 10 mm (ICON-EU bis 20 mm im Odenwald) in 12 Stunden
simuliert werden. Signale für Dauerregen gibt es allerdings zunächst kaum.
Postfrontal gelangt ein Schwall maritimer Polarluft nach Norddeutschland, bis
zum Abend sinken die Temperaturen in 500 hPa dort auf -30 bis -35 Grad, in 850
hPa auf etwa -3 bis -4 Grad. Bereits mit Kaltfrontpassage sind - begünstigt
durch die frontale Hebung, zudem wird auch etwas ML-Cape simuliert - kurze
Gewitter mit Graupel möglich. Nach kurzer Wetterberuhigung lebt dann nachmittags
und abends mit Eintreffen der labil geschichteten Höhenkaltluft die Schauer- und
Gewittertätigkeit im Norden wieder auf.
Von Warnrelevanz ist ansonsten natürlich auch der Wind. Bereits im Warmsektor
gibt es an den Küsten verbreitet starke bis stürmische Böen (Bft 7 bis 8) aus
Südwest, auf den Bergen Sturm-, auf exponierten Gipfeln schwere Sturmböen (Bft 9
bis 10). Im Binnenland bzw. in den Niederungen ist wohl zunächst nur in freien
Lagen mit warnrelevanten Böen (Bft 7) zu rechnen, das hauptsächlich im Norden
und in der Mitte. Mit Kaltfrontpassage lebt der Wind generell etwas aus Nordwest
auf, um dahinter kurzzeitig wieder abzunehmen. Mit Eintreffen der Höhenkaltluft
und eines Bodentroges gibt es nachmittags und abends aber vor allem im
Nordseeumfeld wieder vermehrt stürmische Böen und Sturmböen, dann aus Nordwest.
Temperaturtechnisch ändert sich nur wenig. Im Warmsektor werden vor allem im
Westen und in der Mitte, mit etwas Sonne auch an den Alpen Höchstwerte von knapp
über 10 Grad erreicht, sonst allgemein etwa 5 bis 10 Grad.

In der Nacht zum Samstag bildet sich im Lee des Norwegischen Küstengebirges ein
Randtrog, der sich bis Samstagfrüh zu den Aland- Inseln verlagert.
Trogrückseitig bleibt es bei der glatten nordwestlichen Höhenströmung über
Deutschland, wobei ein darin eingebetteter flacher kurzwelliger Anteil abends
die nordwestliche Nordsee erreicht.
Das Bodentief folgt dem Randtrog, vertieft sich weiter und befindet sich morgens
nahezu achsensenkrecht unterhalb des Höhentiefs. Das teilokkludierte
Frontensystem erreicht die Alpen, kommt aber nicht weiter nach Süden voran,
sondern geht über in die Warmfront einer weiteren frontalen Welle, die aus dem
ehemaligen tropischen Sturm "RINA" resultiert und von den Modellen noch mit
großen Unsicherheiten bzgl. der Zugbahn simuliert wird. Diese befindet sich
Samstagfrüh entwicklungsgünstig im vorderseitigen Bereich des oben erwähnten
Kurzwellentroges gelegen und kann sich vor allem aufgrund kräftiger WLA weiter
verstärken. ICON-EU von 12 UTC simuliert den Scheitel der Welle um 06 UTC
unmittelbar über der englischen Südküste, GFS dagegen bereits über der Deutschen
Bucht, IFS (noch von 00 UTC) über der Nordseeküste Nordenglands.
Die unterschiedlich simulierten Zugbahnen haben natürlich unmittelbare
Konsequenzen auf die Prognosen der Niederschlags- und Windentwicklung. Generell
kommt es postfrontal erst einmal zu einer gewissen Wetterberuhigung, wobei im
Bereich der Kaltfront über Süddeutschland zunächst noch mit schauerartigen
Niederschlägen (im Stau der Alpen und des Schwarzwaldes bis über 15 mm in 12
Stunden) zu rechnen ist. Vor allem im Norden und Osten des Landes kann es auch
noch einzelne Schauer - im höheren Bergland als Schnee - und kurze Gewitter
geben, wobei die zunehmende WLA für Stabilisierung sorgt. Auch der Wind flaut
vorübergehend etwas ab. An den Küsten kann es aber weiterhin stürmische Böen,
anfangs auch Sturmböen geben, auf exponierten Berggipfeln ebenfalls. Nach Lesart
des GFS greifen dann aber bereits im Laufe der Nacht die Niederschläge im
Vorfeld der Warmfront der Welle auf den Westen und Süden des Landes über
(mengenmäßig bis 10 mm in sechs Stunden im westlichen Bergland), die Warmfront
erreicht um 06 UTC bereits eine Linie Wesermündung - Oberbayern. ICON-EU lässt
dagegen noch nicht einmal die Niederschläge im Vorfeld der Welle auf das
Vorhersagegebiet übergreifen. Auch bzgl. der Windentwicklung gibt es große
Differenzen. GFS simuliert im Warmsektor die sich zu einem abgeschlossenen
Tiefdruckgebiet entwickelnde Welle eine deutliche Gradientzunahme, nach der auch
in den Niederungen zumindest ausgangs der Nacht im Westen und Südwesten
verbreitet Böen Bft 7, vereinzelt BFT 8 zu erwarten wären.
Die Osthälfte verbleibt dagegen auch nach GFS noch außerhalb des frontalen
Geschehens, so dass die Wolken nach Abklingen der Schauer auch mal stärker
auflockern. Dabei ist vor allem im Bergland leichter Frost nicht ausgeschlossen.


Samstag ... verlagert sich der Kurzwellentrog über die Nordsee hinweg
südostwärts nach Mitteleuropa. Die frontale Welle im Bodenfeld zieht nach
ICON-EU als weiterhin flache und offene Warmfrontwelle bis zum Abend über
Frankreich nach Süddeutschland. Somit verstärken sich mit Annäherung der Welle
die Niederschläge im Süden des Landes erneut, wobei vor allem im Weststau des
Schwarzwaldes, aber auch im Allgäu nach dieser Variante ziemlich sicher die
Warnschwellen für Dauerregen "gerissen" werden sollten (ICON-EU simuliert bis
über 40 mm in 12 Stunden im Nordschwarzwald, also sogar Unwettermengen). Der
Norden und Osten Deutschlands gelangen wieder zunehmend in den Einflussbereich
höhenkalter und labil geschichteter Luftmassen (-30 bis -35 Grad in 500 hPa, um
-4 Grad in 850 hPa), wobei sich bis in die mittleren Landesteile im Tagesverlauf
Schauer und Graupelgewitter entwickeln können. In den Mittelgebirgen dominiert
ab etwa 600 bis 800 m (bei kräftigeren Schauern auch tiefer) zunehmend die feste
Phase, wobei die Neuschneemengen allgemein eher gering ausfallen. Der Wind weht
weiterhin lebhaft aus West bis Nordwest mit steifen bis stürmischen Böen an den
Küsten und in Schauer- bzw. Gewitternähe. Auf exponierten Berggipfeln kann es
weiterhin Sturmböen geben. Abends simuliert ICON-EU im Warmsektor der Welle am
Alpenrand bzw. im südlichen Alpenvorland Böen Bft 8, auf den Alpengipfeln sogar
Bft 9 bis 11.
GFS hingegen lässt das sich aus der Welle entwickelte Bodentief unter weiterer
Vertiefung über Norddeutschland hinweg bis zum Abend nach Nordpolen ziehen. Nach
Lesart des Modells überquert die Warmfront bis mittags Deutschland ostwärts, die
Kaltfront greift vormittags auf den Nordwesten über und kommt bis zum Abend bis
nach Nordbaden bzw. Nordbayern voran. Dabei werden im Warmsektor bzw. im Vorfeld
der Warmfront vor allem im Schwarzwald ebenfalls warnrelevante Mengen (bis 30 mm
in 12 Stunden) simuliert. Damit erschöpfen sich aber bereits die Gemeinsamkeiten
der beiden Modelle, den Wetterablauf am Samstag betreffend. Vor allem bzgl. der
Windentwicklung gibt es zwischen GFS und ICON noch größere Unterschiede, an der
Südflanke des Bodentiefs entwickelt sich nach Lesart des GFS ein ausgeprägtes
Starkwindfeld über der Mitte und dem Süden des Landes, wobei dort auch in den
Niederungen verbreitet steife bis stürmische Böen, vereinzelt auch Sturmböen zu
erwarten wären. Mit Kaltfrontpassage fächert der Gradient dann deutlich auf und
der Wind nimmt rasch ab.
Am Temperaturniveau ändert sich gegenüber den Vortagen nur wenig, im Bergland
wird es mit Eintreffen der Höhenkaltluft allerdings etwas kälter.


Modellvergleich und -einschätzung
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Bis einschließlich Freitag simulieren alle vorliegenden Modelle eine ähnliche
Wetterentwicklung und die Unterschiede - vor allem die Verteilung der
Niederschläge betreffend - sind weder prognose- noch warnrelevant. Ab der Nacht
zum Samstag ändert sich das dann mit der unterschiedlich simulierten frontalen
Welle markant. Vor allem die Unterschiede zwischen ICON und GFS, wurden im Text
angesprochen. Immerhin sind die Modelle in sich in den letzten Läufen
einigermaßen konsistent gewesen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff