DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

06-11-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 06.11.2017 um 10.30 UTC



Zyklonal Nordwest bzw. Trog Mitteleuropa. Unbeständig, im Bergland Niederschläge
teils mit Schnee, an den Küsten und auf den Bergen einzelne Sturmböen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 13.11.2017


Zu Beginn des Mittelfristzeitraumes - am Donnerstag - befindet sich Deutschland
zwischen einem Höhentief-Dipol mit Drehzentren über dem westlichen Mittelmeer
bzw. über Rumänien und einem Langwellentrog über der Norwegischen See bzw. dem
Nordmeer im Einflussbereich eines flachen Höhenrückens. Bis Freitag, 00 UTC
verlagert sich dieser mit seiner Achse allmählich nach Süddeutschland und von
Nordwesten weitet sich der Langwellentrog bis ins nördliche Mitteleuropa aus.
Zum 00 UTC-Termin befindet sich dessen Achse bereits über der Ostsee und vor
allem über Norddeutschland hat sich eine nordwestliche Höhenströmung
eingestellt.
Im Bodenfeld greift das okkludierende Frontensystem eines mit dem Trog
korrespondierenden Tiefdruckgebietes vor den Lofoten im Tagesverlauf auf den
Nordwesten Deutschlands über und kommt bis etwa in die Mitte des Landes voran,
verliert dabei im Einflussbereich des Höhenrückens mehr und mehr an
Wetterwirksamkeit. Ihm folgt ein Schwall erwärmter Polarluft (um 0 Grad in 850
hPa.
Im Laufe des Freitags schwenkt der Höhenrücken weiter nach Süden und die
Frontalzone kann sich mehr und mehr auch auf Mitteleuropa ausweiten. Die
Kaltfront erreicht Süddeutschland und löst sich dort weitgehend auf. Im
Tagesverlauf greift dann die Warmfront eines von den Färöer bis Samstag, 00 UTC
zur mittleren Ostsee ziehenden Randtiefs auf den Nordwesten und Norden
Deutschlands über und überquert bis Samstagfrüh die gesamte Nordhälfte
Deutschlands mit Regenfällen meist leichter, im äußersten Norden auch mäßiger
Intensität ostwärts. Die Kaltfront erreicht am Morgen des Samstags den
Nordwesten. Allgemein wird es windiger, vor allem an den Küsten und auf den
Bergen kann es stürmische Böen oder Sturmböen aus Südwest bis West geben.
Am Samstag wird der Langwellentrog über Nordeuropa durch einen von Nordwesten
hereinlaufenden Randtrog regeneriert und weitet sich nach Süden, Richtung
Mitteleuropa aus. Über Skandinavien etabliert sich ein hochreichendes
Zentraltief mit Zentren über der Norwegischen See und Finnland bzw.
Nordwestrussland. Die Kaltfront überquert das Vorhersagegebiet südwärts und
erreicht in der Nacht zum Sonntag die Alpen. Ihr folgt ein Schwall maritimer
Polarluft, die vor allem im Trogbereich über dem Norden und der Mitte des Landes
hochreichend kalt und entsprechend auch labil geschichtet ist. In 500 hPa sinken
die Temperaturen auf -30 bis -35 Grad, in 850 hPa auf -4 Grad, so dass die
Niederschläge - meist in Form einzelner Schauer - im Bergland zunehmend als
Schnee fallen. An den Alpen schneit es in den Staulagen in der Nacht zum Sonntag
auch für längere Zeit. Dazu weht lebhafter West- bis Nordwestwind mit Sturmböen
an der Nordsee und auf den Bergen.
Am Sonntag und in der Nacht zum Montag erstreckt sich der Langwellentrog mit
seiner Achse über Mitteleuropa hinweg bis nach Südfrankreich, so dass das ganze
Land von hochreichend kalter maritimer Polarluft (-32 bis -35 Grad in 500 hPa,
-2 bis -5 Grad in 850 hPa) geflutet wird. Somit gibt es Schauer und auch kurze
Gewitter, im Bergland fallen die Niederschläge oft als Schnee. Im Bodenfeld
kommt es im Lee des Norwegischen Küstengebirges zu einer Zyklogenese, der
Bodentrog überquert am Sonntag und in der Nacht zum Montag den Norden und die
Mitte des Landes. Vor allem an den Küsten kann es dabei noch stürmische Böen
geben, auf den Bergen Sturmböen, später fächert der Gradient auf und der Wind
schwächt sich ab.
Die Höchstwerte bewegen sich weitgehend nur noch im einstelligen Bereich, im
höheren Bergland kehrt der Winter ein und in den Nächten kann es bei
vorübergehendem Aufklaren auch in den Niederungen leichten Frost geben.
Am Montag schwenkt der Langwellentrog mit seiner Achse allmählich ins östliche
Mitteleuropa, am Boden stellt sich eine schwache nördliche Strömung ein. Im
Einflussbereich höhenkalter Meeresluft entwickeln sich weiterhin einzelne
Schauer, im höheren Bergland als Schnee. Insgesamt werden die Schauer aber
seltener und die Sonne gewinnt etwas höhere Spielanteile. Es bleibt recht kühl,
nachts kann es häufiger leichten Frost geben.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Auch die vergangenen Läufe des ECMWF simulierten den Übergang zu einer zyklonal
geprägten Nordwestlage. Allerdings hatte des gestrige 00 UTC-Lauf bereits am
Donnerstag bzw. in der Nacht zum Freitag eine markantere Trogpassage auf der
Karte als seine beiden Vorgänger.
Ebenso wurde die Ausweitung des Nordeuropatroges auf Mitteleuropa am Wochenende
etwas progressiver und auch markanter simuliert. Die Troglage an sich hatten die
Vorläufe allerdings auch auf der Karte, so dass sich an der generellen Prognose
nur wenig ändert.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die externen Modelle zeigen ebenfalls den Übergang zu einer zyklonalen
Nordwestlage. Den Trogdurchgang am Donnerstag hat das GFS schwächer und
langsamer, ICON dagegen etwas markanter und progressiver als das ECMWF, so dass
sich auch leichte Differenzen bzgl. der Niederschlags- und Windprognosen
ergeben.
Die Regenerierung des nordeuropäischen Langwellentroges am Samstag erfolgt nach
Lesart der meisten vorliegenden Modelle (GFS, ICON, GEM) rascher als nach ECMWF.
Bereits zum 00 UTC-Termin des Sonntags wird das gesamte Vorhersagegebiet von
maritimer Polarluft geflutet und somit 12 bis 18 Stunden eher als nach ECMWF.
Bereits in der Nacht zum und am Montag schwenkt nach ICON ein Höhenrücken von
der Nordsee her nach Nordwestdeutschland. Nach Lesart des GFS befindet sich der
Höhenrücken Montagmittag noch weiter nordwestlich über der westlichen Nordsee,
nach ECMWF und GEM verbleibt Deutschland auch am Montag noch voll im
Einflussbereich des Höhentroges.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusterung des ECMWF zeigt für den Zeitraum 72 bis 96 Stunden 5 Cluster
(jeweils 18, 9, 9, 8 und 7 Member), wobei sich Haupt- und Kontrolllauf in
Cluster 1 befinden. Alle Cluster zeigen den Trogdurchgang am Donnerstag, Cluster
1 allerdings am schwächsten ausgeprägt, nach Cluster 2 dagegen soll die Passage
- ähnlich wie im ICON - deutlich markanter erfolgen.
Im Zeitraum 120 bis 168 Stunden (Samstag bis Montag) verteilen sich die
Ensembleläufe auf 4 Cluster (22, 12, 9, 8 Member), wobei sich Haupt- und
Kontrolllauf erneut in Cluster 1 befinden. Alle Cluster zeigen einen von
Skandinavien über Mitteleuropa bis in den Mittelmeerraum reichenden
Langwellentrog, so dass der auch von den externen Modellen postulierte Übergang
zu einer zyklonalen Nordwest- bzw. Troglage wohl sehr wahrscheinlich ist.
Cluster 3 lässt den Trog zum Montag hin über Norditalien abtropfen, ähnlich wie
auch das GFS. Cluster 2 und 4 lassen den Höhenrücken etwas schneller nachrücken
als Cluster 1 bzw. auch der Hauptlauf und fahren somit eine ähnliche, wenn auch
nicht ganz so progressive Variante wie das ICON.
In der Rauchfahne für einen ungefähr in der Mitte Deutschlands gelegenen
Gitterpunkt fällt der recht markante Trogdurchgang bzw. die Ausweitung des
Troges über Mitteleuropa hinweg nach Süden am Samstag bzw. Sonntag ins Auge.
Diesen zeigen alle Ensembleläufe, so dass die Temperatur in 850 hPa aller Member
am Sonntag in einem sehr engen Spread zwischen -3 und -7 Grad verläuft. Am
Samstag ist der Spread aufgrund der Unsicherheiten im Detail, was die
Trogpassage angeht, noch deutlich größer. Dasselbe gilt für den Montag, wobei zu
Wochenbeginn allmählich mehr "warme" Member, die ein schnelleres Heranschwenken
des Höhenrückens zeigen (ähnlich wie im ICON), ins Spiel kommen. Das Gros der
Member bewegt sich aber auch zu Beginn kommender Woche in einem relativ "kalten"
Bereich zwischen -3 und -7 Grad in 850 hPa.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


EFI gibt im gesamten Mittelfristzeitraum keine Hinweise auf außergewöhnliche
Wetterereignisse.
Erwartungsgemäß steigen mit Umstellung auf die zyklonale Nordwestlage am
Donnerstag und vor allem am Freitag die Wahrscheinlichkeiten für markante Böen
(Bft 8, später teils auch 9 an den Küsten, Bft 9 bis 10 auf exponierten
Berggipfeln) aus Südwest bis West, später West bis Nordwest an. Der Höhepunkt
der Windentwicklung ist wohl am Samstag zu erwarten. Hinweise auf markante Böen
auch im Binnenland bzw. in den Niederungen gibt es kaum. Gleichwohl entwickeln
sich in der höhenkalten Luftmasse vor allem am Wochenende Schauer und Gewitter,
die dann durchaus von markanten Böen begleitet werden können.
Schnee fällt am kommenden Wochenende wohl voraussichtlich bis in mittlere
Höhenlagen, wobei markante Mengen kaum, allerhöchstens noch im Stau der Alpen,
auftreten können.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX, ECMWF-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff