DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-11-2017 21:00
SXEU31 DWAV 041800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 04.11.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Sonntag von West nach Ost Regen, in höheren Lagen zunehmend Schnee. Ab Montag
wieder zunehmender Hochdruckeinfluss.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland auf der Vorderseite eines Höhentroges, der
sich unter Verkürzung seiner Wellenlänge nach Süden ausweitet, was freilich auf
Kosten seiner Progression geht. Kurzum, trotz leichter Ostverlagerung liegen wir
auch Sonntagfrüh noch im vorderseitigen Bereich. Das ist allerdings
gleichbedeutend mit der Tatsache, dass wir, oder besser gesagt der die
westlichen Landesteile, zunehmend in die Klauen des korrespondierenden
Bodentrogs gelangen, in den eine wellende (scharfer Trog/kleines Teiltief über
der Nordsee) Kaltfront eingelagert ist. Sie gehört zu einem großräumigen
Tiefkomplex über dem Europäischen Nordmeer. Genau wie ihr Trog-Pendant kommt
auch die Front eher schleppend ostwärts voran. Es reicht aber aus, um frontale
Hebungsprozesse auf die westlichen Landesteile übergreifen zu lassen, die - wenn
auch nur gemächlich - zu ersten schauerartigen Regenfällen führen. Dabei ist die
dynamische Unterstützung durch den Trog eher enttäuschend, was erstens an der
vorderseitig auftretenden KLA und zweitens an der nur schwachen bis gar nicht
vorhandenen diffluenten Anordnung der Isohypsen (=> kaum PVA) liegt. Wie auch
immer, bis morgen früh breitet sich der Regen unter allmählicher Intensivierung
auf weite Teile der Westhälfte aus, wobei die 12h-Mengen meist im einstelligen
Bereich bleiben. Lediglich punktuell (Staulagen) reicht es mal für 10 bis 15 mm.

Ansonsten gilt noch festzuhalten, dass es im Südosten bei gering bewölktem bis
klarem Himmel für örtliche Nebelfelder reicht. Außerdem sind an und auf der
Nordsee einzelne Böen 7 Bft möglich (von SO auf westliche Richtungen drehend)
und in höheren Lagen je nach Exposition Böen 7-9 Bft (Brocken bis 10 Bft). In
den Alpen setzt Südföhn ein mit Böen 8 Bft, auf den höchsten Gipfeln bis 10 Bft.


Sonntag ... kommen Höhen- und Bodentrog nebst schleifender Kaltfront langsam
ostwärts voran, was bei der Front nach Norden hin etwas schnelle geht als im
Süden. Ursache ist eine Zyklogenese über dem Golf von Genua, die quasi als
Bremse wirkt und die Front etwas zurückhält. Die weitere Amplifizierung des
Höhentroges mündet zum Tagesende schließlich in einen Cut-Off-Prozess über
Südfrankreich.
Zurück noch mal zur Front, die aufgrund ihrer Exposition (weitgehend
höhenströmungsparallel) Anacharakter annimmt, so dass die von ihr generierten
Niederschläge weitgehend auf der kalten Seite fallen. Dort dreht der Wind ebenso
wie in der unteren Troposphäre auf West bis Nordwest, während weiter oben nach
wie vor Südwest- bis Südwind unterwegs ist. Folglich stellt sich eine leidliche
Gegenstromsituation ein, die die Ausbildung eines definierten frontalen
Regenbandes unterstützt. Dieses Regengebiet weitet sich im Tagesverlauf nicht
nur nord-nordostwärts aus, es kommt insgesamt auch langsam nach Osten voran. Am
längsten trocken bleibt es Richtung Oder sowie im östlichsten Zipfel des
blau-weißen Freistaats. Dort zeigen sich anfangs auch noch einige
Auflockerungen, die man postfrontal später auch in den westlichen Landesteilen
begrüßen kann. In der dort einfließenden polaren Meeresluft geht die
850-hPa-Temperatur auf
-1 bis -3°C zurück, während in 500 hPa etwa -25 bis -28°C anvisiert werden. In
der Summe ist die Schichtung labil genug, um noch einzelne Regen- oder
Graupelschauer, im höheren Bergland Schneeschauer zu generieren.
Im frontalen Bereich treten die höchsten Niederschlagsmengen im alpennahen
Bereich auf, wo es zusätzlich zu Staueffekten kommt. Akkumuliert über 12 h
liegen die von ICON apostrophierten Mengen zwischen 10 und 25 mm, im Allgäu
punktuell um 40 mm. IFS simuliert deutlich verhaltener, GFS ebenfalls.
Integriert man über 24 h bis Montag früh, kommt man bei ICON am Alpenrand auf
etwa 25 mm (Berchtesgadener Alpen) bis vereinzelt 50 mm (Allgäu). Auch für
dieses Zeitfenster sind die externen Modelle mit Ausnahme von EURO4 defensiver
aufgestellt.
Bei der Frage nach möglichen Warnungen gilt es aber nicht nur allein auf die
prognostizierten Mengen zu schauen, auch die Niederschlagsphase rückt zusehends
ins Interesse des Geschehens. Mit der postfrontalen KLA sinkt die
Schneefallgrenze von Westen her sukzessive ab auf 1000 bis 800 m am Abend (am
östlichen Alpenrand zunächst noch etwas höher), so dass ein Teil der
Gesamtniederschläge in gebundener Form fällt. Es ist nicht einfach, beide
Phänomene rationell vernünftig unter einen Hut zu bekommen. Unter dem Strich
lässt sich aus jetziger Sicht konstatieren, dass die eine markante
Dauerregenwarnung nicht unbedingt aufdrängt, für das Allgäu und Umgebung aber
durchaus vertretbar wäre. Die letzte Entscheidung darüber fällt am
Sonntagmorgen. Ansonsten kommen bis Montagfrüh in höheren Lagen der Alpen
durchaus 20 bis 40 cm, in exponierten Staulagen vielleicht auch 50 cm Neuschnee
zusammen, während es in tieferen Lagen oberhalb etwa 700 m 1 bis 10 cm sind.
Thema Wind: der dreht mit Frontpassage auf West bis Nordwest und frischt
weiterhin bevorzugt in den Hochlagen stark bis stürmisch auf (je nach Exposition
7-9 Bft). Vorübergehend können auch mal im unmittelbaren Alpenvorland Böen 7-8
Bft auftreten, bevor sich die Lage am Nachmittag und Abend von Westen her
allmählich beruhigt. Die Temperatur erreicht Maxima von 7 bis 13°C, im Osten
lokal auch noch mal etwas darüber.

In der Nacht zum Sonntag kommt es im Osten und Süden zu weiteren Niederschlägen,
wobei die Schneefallgrenze an den Alpen z.T. bis auf 600 m, in den östlichen und
südöstlichen Mittelgebirgen gegen 1000 m sinkt. Nach Norden und Westen hin klart
es bei steigendem Luftdruck teilweise auf, hier und da bildet sich Nebel. Zudem
kühlt es in den unteren (positiven) einstelligen Temperaturbereich ab mit der
Gefahr von Frost in Bodennähe, in den Mittelgebirgen lokal leichter Luftfrost.
Ob es dabei irgendwo auch für Glätte reicht, hängt nicht zuletzt von der
Vorgeschichte ab (z.B. abendlicher Schauer ja/nein?). In der Nacht treten
vereinzelte Schauer mit diabatischer Unterstützung nur noch unter dem nördlichen
Trogresiduum an und über der Nordsee auf.

Montag ... zieht das angesprochene Trogresiduum rasch über den äußersten Norden
nordostwärts ab und das Potenzial steigt sowohl von Westen als auch von Osten
her. Dabei entsteht eine Potenzialbrücke zwischen dem in Richtung Sizilien
ziehenden Cut-Off-Tief im Süden und der Frontalzone relativ weit im Norden.
Auch bodennah setzt sich der zuvor schon begonnene Druckanstieg fort, was
ebenfalls zu einer Brücke zwischen einem Hoch über dem mittleren Nordatlantik
und einem zweiten Hoch über Russland führt. Entsprechend kommt die eingeflossene
polare Meeresluft (T850 -1 bis -4°C) zur Ruhe und zwischen 900 und 800 hPa
deutet sich eine schwache Sperrschicht an, unter der sich Quellungen bilden und
sich teilweise ausbreiten. Für Schauer reicht es aber nicht.
So konzentrieren sich die anfangs noch auftretenden Niederschläge auf die
Regionen vom Alpenrand bis hinüber zum Bayerischen Wald/Fichtelgebirge bzw.
Erzgebirge, bevor sie sich bis zum Abend unter weiterer Abschwächung an den
unmittelbaren Alpenrand zurückziehen. Die Schneefallgrenze steigt
tagesgangbedingt und mit abnehmender Niederschlagsintensität wieder etwas an.
Die Temperatur erreicht nur noch Höchstwerte zwischen 4 und 10°C, an den Alpen
sowie in höheren Lagen nicht mal das (aber meist noch im Positiven).

In der Nacht zum Montag bleibt der Hochdruckeinfluss bestehen. Gebietsweise
bildet sich Nebel, zudem muss mit leichtem Luft- und/oder Bodenfrost gerechnet
werden.

Dienstag ... dauert der Hochdruckeinfluss zunächst noch an. Teilweise lockert es
auf und die Sonne zeigt sich zeitweise, teils bleibt es ganztägig bedeckt oder
trüb - November halt. Warnwürdige Wettererscheinungen stehen tagsüber nicht auf
der Karte. An der Temperatur ändert sich wenig.


Modellvergleich und -einschätzung
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Es ist alles gesagt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann