DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-05-2016 09:00
SXEU31 DWAV 080800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 08.05.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNFa, übergehend in HNFz

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... lag um 00 UTC in 300 hPa eine blockierende Antizyklone über dem Raum
Stockholm; sie wurde flankiert von zwei Höhentiefs westlich der Iberischen
Halbinsel und über Rumänien. Bis zum Tagesende verlagert die Antizyklone ihren
Schwerpunkt ein wenig nach Osten, während sich ein vom rumänischen Höhentief
(einem Kaltlufttropfen) westwärts erstreckender Trog etwas intensiviert und in
unseren Vorhersageraum ausweitet. Wenngleich die Strömung in 300 hPa nur schwach
ist, so kann man in der Auflösung von 1 gpdam doch eine markante Trogachse
erkennen, die um 24 UTC vom Vogtland über das zentrale Deutschland bis hin zum
Emsland und zu den nördlichen Niederlanden reicht.

An der Südwestflanke des Bodenhochs mit Kern über der nördlichen Ostsee
intensiviert sich der Druckgradient heute besonders in einem Streifen von der
Nordsee bis nach Sachsen, so dass es dort nachmittags zu Böen Bft 7 aus Ost oder
Ostsüdost kommen kann. Exponierte Gipfellagen in diesem Streifen (insbesondere
Brocken und Fichtelberg) dürften Böen Bft 8 oder 9 bekommen. Primär in den
mittleren und südlichen Teilen Niedersachsens, in Sachsen-Anhalt und in
Nordthüringen muss nach der deutschen Modellkette und nach ECMF mit steifen Böen
gerechnet werden. Abends und in der Nacht sind dann nur noch im Bergland Böen
Bft 7 bis 8 zu erwarten.

Ein weiteres Warnkriterium heute sind mögliche Gewitter im Südwesten und Süden.
Die kontinentale Luftmasse, die zu uns gelangt, ist zwar trocken (ppw-Werte
nachmittags nur bis knapp 20 mm am Oberrhein und im äußersten Nordosten), womit
die Auslösetemperaturen nachmittags meist nicht erreicht werden. Am ehesten
dürfte dies noch im südlichen Rheinland-Pfalz, im Saarland, im südlichen
Baden-Württemberg und am Alpenrand der Fall sein. Diese Gebiete weisen
nachmittags CAPE ML-Werte teils bis über 750 J/kg auf bei nur wenig oder gar
keiner CIN. Eventuell müssten diese Gewitter auch als markant gewarnt werden, da
Böen Bft 8 bis 9 in ihrer Umgebung nicht auszuschließen sind.
Interessanterweise gibt MOS-MIX Gewitterwahrscheinlichkeiten von 12 bis 18 UTC
über 10% neben den schon genannten Gebieten auch für Berlin/Brandenburg und
Sachsen und auch für Teile von Niedersachsen. Die Lage auf der Rückseite des
oben erwähnten Troges wäre durchaus eines der anzuführenden Gegenargumente.
Vorderseitig des Troges wird nachmittags nur für das westliche Niedersachsen
eine etwas intensivere PVA gerechnet, während in den für die Gewitter heute an
ehesten prädestinierten Gebieten kaum von einem dynamischen Hebungsantrieb aus
der Konfiguration des Höhendruckfeldes auszugehen ist.
Betrachtet man die 24stündigen Niederschläge, so ist nach der Prognose des
COSMO-EUs lediglich im Schwarzwald und am Alpenrand mit Auslösung zu rechnen.
ICON6_NEST sieht es ähnlich, EURO4 simuliert nur am Alpenrand und in Ostsachsen
Niederschlag, wobei letzterer weniger konvektiv aussieht. GFS hat Niederschlag
im südlichen Baden-Württemberg, am Alpenrand und im östlichen Erzgebirge, ECMF16
sieht die Verteilung ganz ähnlich.


Montag... spaltet sich aus dem Trog morgens über den nördlichen Niederlanden ein
separater Höhentiefkren ab, der im Verlauf des restlichen Tages nordwestwärts
über die Nordsee zieht. Über Deutschland verlagert sich die Trogachse allmählich
nordostwärts und liegt abends etwa entlang der Elbe. Von Süden her kräftigt sich
ein Rücken, der morgens noch über Nordostfrankreich liegt und bis 24 UTC bis zu
einer Linie Allgäu-Niederrhein vorankommt.

Im Tagesverlauf verringert sich der Druckgradient besonders in der
Südwesthälfte, so dass Böen Bft 7 nur noch sehr sporadisch auftreten dürften, am
ehesten in einem Streifen quer über Deutschland von Nordwest nach Südost. Auf
dem Brocken sind weiterhin stürmische Böen zu erwarten.

Auch die Gewitterwahrscheinlichkeit nimmt nach MOS-MIX gegenüber Sonntag ab. Im
Gegensatz zum Sonntag befindet sich die labilste Schichtung nachmittags nun in
der nördlichen Hälfte Deutschlands. Die CAPE ML beträgt im Nordwesten teils über
250 J/kg, dort liegen aber die Auslösetemperaturen bei 28 bis 30 Grad, so dass
allein schon deswegen Gewitter dort unwahrscheinlich sind. Am ehesten wäre noch
ein Gewitter über Mecklenburg denkbar (MOS-MIX gibt 10% Wahrscheinlichkeit),
wenngleich auch dort aus dem Höhendruckfeld faktisch kein Hebungsantrieb
resultiert. Die Auslösetemperaturen von 26 Grad können zumindest im südlichen
Mecklenburg erreicht werden. Am unmittelbaren Alpenrand sind einzelne Gewitter
ebenfalls nicht auszuschließen.

Bei der Betrachtung der Niederschläge von 00 bis 24 UTC treten gegenüber dem
Sonntag schon einige Differenzen der Modelle zutage: Während C-EU quasi ganz
Deutschland trocken lässt (einige Spritzer an den Alpen und im Erzgebirge
ausgenommen), ist ICON6_NEST im Südwesten mit bis zu 2 mm bei Basel schon etwas
progressiver aufgestellt. EURO4 prognostiziert an den Alpen und im südlichen
Schwarzwald Regen, GFS primär an den Alpen und im äußersten Nordosten. Am
deutlichsten vom C-EU hebt sich ECMF16 ab: Hier wird südwestlich einer Linie
Niederrhein-Zugspitze mit Niederschlag gerechnet. Generell sind aber alle
Modelle bei den Summen sehr zurückhaltend.


Dienstag... schwächt sich die steuernde Antizyklone ab und zieht sich vom
Baltikum nach Osten zurück. Der Rücken über Deutschland wird ebenfalls
schwächer; er kommt im Tagesverlauf noch etwas nordostwärts voran und erstreckt
sich am Tagesende von Bayern über die zentralen Gebiete bis zum westlichen
Niedersachsen.

Die Krümmung der Bodenisobaren wird allmählich von Südwesten her bei leicht
fallendem Luftdruck zyklonaler. Zudem liegt der Südwesten unseres Landes hinter
dem Rücken in einem Gebiet schwacher PVA. Die damit sowohl aus dem Boden- als
auch dem Höhendruckfeld resultierende leichte Hebung durchfeuchtet die
Troposphäre allmählich, womit mittags im Westen und Südwesten teilweise doppelt
soviel niederschlagbares Wasser vorhanden ist als zum gleichen Zeitpunkt am
Montag (teils ppw`s um 30 mm). Allerdings erreichen die CAPE ML-Werte nirgends
500 J/kg. Es dürften in erster Linie wieder der Alpenrand und der Schwarzwald
prädestiniert sein, Gewitter sind aber in der gesamten Südwesthälfte möglich und
auch im Norden nicht ganz auszuschließen. Statt stürmischer Böen ist aber nun im
Südwesten der Starkregen das Kriterium für die Ockerfärbung der Warnungen.

C-EU bleibt weiterhin recht zurückhaltend, was die Niederschlagsmengen betrifft;
mehr als 4 mm am Alpenrand sind nicht drin. ICON6_NEST bringt immerhin bis 10 mm
im südlichen Saarland, GFS bis 19 mm im Berchtesgadener Land und ECMF bis 14 mm
an der luxemburgischen Grenze. Nach allen Modellen kann man aber davon ausgehen,
dass prinzipiell die Nordosthälfte weitestgehend niederschlagsfrei bleibt.

Anfangs kann es auf dem Brocken und dem Fichtelberg noch Böen Bft 8 geben.

Modellvergleich und -einschätzung
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Der allmähliche Übergang von Südwesten her zu etwas zyklonaler bestimmtem Wetter
wird auch von den externen Modellen simuliert. Unterschiede in der
Niederschlagsprognose für Montag wurden bereits im Text erwähnt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Burkhard Kirsch.