DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

03-11-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 03.11.2017 um 10.30 UTC



Am Wochenanfang Zwischenhocheinfluss, am Mittwoch wieder unbeständiger, danach
sehr unsicher Entwicklung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 10.11.2017


Am kommenden Montag beginnt nicht nur eine neue Woche - es handelt sich um die
45. dieses Jahres -, es startet auch der im DWD offizielle
Mittelfristvorhersagezeitraum. Dabei tropft ein Höhentrog, der sich am
Wochenende von Westen her zu uns "reingeschoben" hat, südlich der Alpen im
Bereich des Ligurischen Meeres aus. Das nördliche Trogresiduum wird sowohl von
Westen als auch von Osten "in die Zange genommen", sprich, das Potenzial steigt
von beiden Seiten her an. Entsprechend verschwindet das Residuum im Laufe des
Montags von der Wetterkarte, zumindest über dem Vorhersageraum.
Auch im Bodenniveau steigt der Luftdruck von Südwesten an, was zur Bildung einer
schwachen Brücke führt, die ein Hoch über dem mittleren Nordatlantik mit einem
weiteren Hoch über Russland verbindet. Die Brücke sorgt dafür, dass die
eingeflossene polare Meeresluft (T850 etwas unter 0°C) zur Ruhe kommt und wir in
den meisten Landesteilen einen trockenen Wochenstart bekommen. Lediglich im
äußersten Süden und Südosten (grob zwischen Alpenrand und Bayerischem Wald)
halten sich anfangs noch Reste der wochenendlichen Tiefdruckrinne, in der es zu
Regen-, in Lagen oberhalb 700-1000 m zu Schneefällen kommt.

Nachdem der Dienstag dank der Brücke von Zwischenhocheinfluss profitiert, nehmen
die zyklonalen Einflüsse ab Mittwoch wieder zu. Zum einen nähert sich von Westen
her ein neuerlicher Höhentrog, der mit einer üppigen Amplitude ausgestattet ist,
dafür aber mit seiner Wellenlänge etwas geizt. Folglich kommt es wie es kommen
muss, der Trog tropft in seinem Südteil über Westfrankreich aus, wo sich
gleichzeitig ein Bodentief etabliert. Der eigentliche Beginn der
Zyklonalisierung bei uns geht aber nicht von dem Trog bzw. dem Tief aus, sondern
kommt von Süden her in Gang. Ursache ist das Höhentief südlich der Alpen, das in
seinem Nordteil knapp südlich des Alpenhauptkamms ein zweites Drehzentrum
bildet. Dieses sekundäre Minimum überquert die Alpen nordwestwärts und erfasst
mit seinen Hebungsprozessen Teile des Vorhersageraums (Süden, Westen, Mitte),
bevor es in die Zirkulation des Tiefs über Westfrankreich integriert wird.

Bis Freitag zieht das Höhentief (das westliche) zum westlichen Mittelmeer,
während sich von Nordwesten her die leicht mäandrierende Frontalzone dem Norden
Deutschlands nähert. Nur kurz wird die Bodenhochdruckbrücke am Donnerstag
regeneriert, bevor im Norden der Luftdruck schon wieder fällt und die Ausläufer
nord- bzw. nordwesteuropäischer Tiefdruckgebiet den Raum traktieren.

Im erweiterten Mittelfristzeitraum bis übernächsten Montag deutet IFS den
Übergang zu einer windigen zyklonalen Nordwestlage (GWL NWz) an, bei der am
Sonntag ein Schwall maritimer Polarluft bis zu den Alpen gesteuert wird.



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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis zum kommenden Dienstag zeigen die jüngsten Läufe des IFS (ECMF) eine gute
Konsistenz. Ab Mittwoch nehmen die Unsicherheiten zu, was ein Stück weit an dem
aus dem Trog abgetropften Höhentief südlich der Alpen liegt (siehe oben). Es
gestaltet seinen Einfluss auf unser Wetter möglicherweise etwas nachhaltiger als
z.B. im gestrigen 00-UTC-Lauf noch angenommen. Vor allem am Mittwoch hätte diese
Lösung mehr Regen im Programm, während sich temperaturmäßig nur wenig täte.
Danach wird in der aktuellen Version (und auch schon in der von gestern 12 UTC)
ein insgesamt zyklonaleres Szenario mit etwas mehr Niederschlag und
vorübergehend leicht höheren Temperaturen angenommen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Das kleine Ensemble etablierter Globalmodelle, bestehend aus ICON, UKMO, GFS du
GEM, zeigt eine dem IFS sehr ähnliche Entwicklung. Erst zum Ende hin, wenn UKMO
aussteigt (liegt nur bis T+144 h vor), offenbaren sich gewisse Unterschiede.
Während sich ICON weitgehend an die IFS-Lösung hält, setzen GFS und GEM auf
etwas stärkeren Hochdruckeinfluss. Genauer, die Brücke, die IFS nur für den
Donnerstag noch mal etwas aufleben lässt, wird bei den "Nordamerikanern"
nachhaltiger simuliert. Entsprechend würde sich die Zyklonalisierung durch die
Annäherung der Frontalzone von Norden her verzögern.
FAZIT: Aus deterministischer Sicht steht die Vorhersage bis Mitte nächster
Woche. Danach heißt es noch etwas abwarten und die eine oder andere Tasse Earl
Grey schlürfen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die ECMF-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen bis Dienstag
einen vergleichsweise homogenen Verlauf, der die Version des Hauptlaufs stützt.
Dabei kommt vor allem das markante Niederschlagsmaximum am Sonntag bei
gleichzeitigem Temperatursturz (T850) deutlich heraus. Danach nimmt die Streuung
allgemein zu, ohne dass ein eindeutiger Trend zu erkennen wäre. Diese Aussage
deckt sich mit der Tatsache, dass für den Zeitraum T+120...168h (Mittwoch bis
Freitag) sechs verschiedene Cluster angeboten werden (14 Fälle + HL/KL, 11, 9,
7, 6, 4), die sich zum Ende hin für unseren Raum durchaus unterscheiden. So
tendiert CL 2 beispielsweise in Richtung TrM (Trog Mitteleuropa), während CL 4
und 5 auf die Hochdruckbrücke a la GFS/GEM setzen. CL 1, 3 und 6 wiederum ähneln
dem Hauptlauf.
Noch größer werden die Unterschiede im erweiterten Mittelfristzeitraum T+192...240
h (Samstag bis Montag). Zwar reduziert sich die Zahl der Cluster auf vier (21,
15 + KL, 9 + HL, 6 Fälle), allerdings werden dabei z.T. deutlich voneinander
abweichende Großwetterlagenmuster gezeigt. CL 1 setzt zum Ende hin auf eine
trogvorderseitige Südwestlage, während CL 3 eine trogrückseitige Nordwestlage
favorisiert. CL 2 wiederum bringt eine glatte Westlage ins Spiel, CL 4 eine
High-over-Low-Situation mit östlichen Bodenwinden. Was darf's denn sein Fremder?
- Blutwurst (Insiderjoke für diejenigen, die in den 80igern "Der Club" auf NDR 2
gehört haben) jedenfalls nicht.
FAZIT: Auch aus probabilistischer Sicht steht die Vorhersage bis Mitte nächster
Woche, danach gleitet die Prognose in Spökenkiekerei ab.

PS: Die GFS-Rauchfahnen zeigen übrigens einen ähnlichen Kurvenverlauf wie die
von ECMF-EPS: Der Unterschied: der Hauptlauf von GFS liegt im Ensemble weiter
oben als der von IFS in seinem Ensemble.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Signifikante Wettererscheinungen sind eigentlich nur ein Thema in der Kurzfrist
(Samstag/Sonntag) und somit nicht Gegenstand dieses Bulletins (siehe Synoptische
Übersicht Kurzfrist).
Ab Montag ist nach Ende der Niederschläge an den Alpen zunächst nicht mehr mit
Warnwetter zu rechnen (außer typisch herbstlich-winterlichen Komponenten wie
Nebel, Frost, Bodenfrost oder auch mal etwas Glätte).
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS und ECMF-EPS.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann