DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-10-2017 21:00
SXEU31 DWAV 211800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 21.10.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
BVB verdaddelt 2:0-Führung, 96 dreht bei den Fuggern, Fohlen werden verdroschen,
Rote Bullen mühen sich gegen tapfere Schwaben und HSV hält nach 30 min 0:0 vs.
Bayern!. Und zum Schluss das Wetter: unbeständig mit Regenfällen, an den Alpen
bei sinkender Schneefallgrenze auch länger andauernd und intensiver, am Sonntag
vor allem nach Westen hin windig.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... bringt sich über Westeuropa ein Höhentrog in Stellung, der sich
trotz leichter Amplitudenvergrößerung progressiv verhält und somit im Laufe des
Sonntags auf Deutschland übergreift. Ein erster vorlaufender Sekundärtrog
erreicht bereits in der zweiten Nachthälfte den Nordwesten unseres Landes, wo er
ausgangs der Nacht für schauerartige Regenfälle sorgt. Zuvor sind dort
postfrontal aber auch schon einzelne Schauer im Spiel, vereinzelt mit Blitz und
Donner.
Ansonsten setzt sich die tagsüber begonnene Passage einer Kaltfront respektive
Okklusion nach Osten fort, was ihr in ihrem Nordteil besser gelingt als im
Süden, wo sie leicht wellend zurückhängt. Entsprechend ziehen die leichten,
teils mäßigen Regenfälle im Norden alsbald nach Osten ab, während es sich in
weiten Teilen Bayerns und BWs regelrecht einregnet. Warnrelevante Mengen kommen
dabei - bezogen auf 12 h - zwar noch nicht zustande (5 bis 10, lokal um 15 mm),
trotzdem wird damit an den Alpen eine länger andauernde Niederschlagsphase
eingeleitet, was sich in den bereits heute Vormittag herausgegebenen markanten
Dauerregenwarnungen widerspiegelt. Die Schneefallgrenze sinkt bis Sonntagfrüh
auf etwa 1500 m herab.
Zwar füllt sich das wetterbestimmende, von UK zur westlichen Nordsee ziehende
Bodentief ELMAR immer weiter auf, trotzdem frischt der auf Süd bis Südwest
drehende Wind gegen den Tagesgang, aber mit zunehmendem Gradienten in der
Westhälfte soweit auf, dass in tiefen Lagen einzelne Böen 7 Bft, in höheren
Lagen und an der Nordsee Böen 7-8 Bft und auf dem Brocken Sturmböen oder gar
schwere Sturmböen 9-10 Bft auftreten. Auch im Süden deutet sich eine
vorübergehende Windauffrischung an, die mit einer von West nach Ost ablaufenden
Druckwelle in Verbindung steht. Mittlerweile hat die Numerik hinsichtlich der
Intensität der Böigkeit einen (synoptisch nachvollziehbaren) Rückzieher gemacht,
nachdem zuvor sogar mal Böen bis Stärke 10 Bft im Angebot waren.

Sonntag ... verlagert sich der Höhentrog unter weiterer Amplifizierung nach
Mitteleuropa. Bis zum Abend überdeckt er den gesamten Vorhersageraums, während
sich südlich der Alpen eine Abtropfung andeutet. Mit dem Trog breitet sich ein
Schwall hochreichender maritimer Polarluft aus, in der die 850-hPa-Temperatur
auf +3 bis 0°C, die 500-hPa-Temperatur auf -23 bis -27°C zurückgeht, was
gegenüber gestrigen Prognosen zu einer etwas labileren Schichtung führt.
Das Bodentief zieht langsam über die mittlere Nordsee ostwärts, wobei es sich
weiter auffüllt. Am Tagesende soll es mit einem Kerndruck von etwas unter 1000
hPa im Übergangsbereich von der Doggerbank zur Deutschen Bucht liegen. Zwischen
dem Tief und einem sich Richtung Süddeutschland ausweitenden Keil des
Azorenhochs wird im Vorhersageraum eine leidlich lebhafte und zyklonal
konturierte südwestliche Bodenströmung generiert, die uns wechselhaftes und
windiges Schauerwetter mit einigen Wolkenlücken beschert. Dabei fällt die
Schaueraktivität in der Westhälfte (an der Nordsee auch kurze Gewitter mit Böen
7-8 Bft nicht ausgeschlossen) tendenziell intensiver und mit höherer Frequenz
aus als im Osten, wo es gebietsweise sogar weitgehend trocken bleibt. Richtung
Nordsee sind kurze Gewitter mit Böen 7-8 Bft nicht ganz ausgeschlossen, aber
auch für den Nordosten hat z.B. ICON ein minimales Gewitterpotenzial im Angebot,
was offensichtlich mit dem o.e. Sekundärtrog in Verbindung steht.
An den Alpen fallen in den Vormittag hinein noch frontale Niederschläge, bevor
es eine vorübergehende Schwachphase mit nur einzelnen Schauern gibt. Die
Schneefallgrenze pendelt sich dort bei rund 1500 m ein, bevor sie zum Abend hin
etwas absinkt.
Der südliche bis südwestliche, im Süden auf westliche Richtungen drehende Wind
frischt in der gut durchmischten maritimen Luftmasse immer wieder böig auf und
erreicht seine höchsten Spitzen in Schauernähe. Vornehmlich in der Westhälfte
sowie allgemein in höheren Lagen werden dabei Böen der Stärke 7 Bft, in
exponierten Kamm- und Gipfellagen sowie an und auf der Nordsee 8-9 Bft (Brocken
10 Bft) erreicht.
Die Temperatur steigt nur noch auf Tageshöchstwerte zwischen 9 und 15°C, was im
Süden gegenüber heute einen regelrechten Temperatursturz von bis zu 10 Grad
bedeutet.

In der Nacht zum Montag tropft der Trog in Richtung Adria ab, während der
nördliche Rest über dem Vorhersageraum beginnt sich aufzufüllen und dabei noch
ein kleines Stück nach Osten rückt. Bodentief ELMAR bleibt über der Nordsee
quasistationär, wo es bei fortlaufendem Druckanstieg weiter an Substanz
verliert. Trotzdem reicht es an der Nordsee anfangs noch für die eine oder
andere 7er-Böe aus dem Südwestquadranten. Im Binnenland hingegen lässt der Wind
mit Unterstützung des Tagesgangs nach, besonders in den Niederungen.
Ansonsten treten auch in der Nacht noch einige Schauer auf, die im Zuge von
Westen einsetzender WLA teilweise "verschmieren" zu kleineren Regengebieten.
Während es in den östlichen Landesteilen vielerorts trocken bleibt, fällt an den
Alpen z.T. länger andauernder Regen, auch wenn sich (noch) keine klassische
Staulage einstellt (zu wenig niedertroposphärische NW-Komponente). Bei
850-hPa-Temperaturen um 0°C sinkt die Schneefallgrenze je nach Intensität der
Niederschläge gegen 1200 bis 1000 m. Am meisten Niederschlag soll nach Lesart
mehrerer Modelle im Allgäu fallen, wo etwa 10 bis 20 mm/12 h vorhergesagt
werden.

Montag ... zieht das Cut-Off-Tief langsam zum Balkan, gleichzeitig nähert sich
von Westeuropa her ein Höhenrücken, dessen Achse zunächst aber noch westlich von
uns verbleibt. Unter dem Strich resultiert über dem Vorhersageraum daraus eine
zunehmende nordwestliche Höhenströmung, wohingegen der Gradient am Boden
zwischen dem sich weiter auffüllenden, gen Ostfriesland tendierenden Nordseetief
und dem weiterhin zur Schweiz und nach Süddeutschland gerichteten Azorenhochkeil
immer weiter auffächert. Trotzdem sind an der Nordsee (anfangs) und in
exponierten Hochlagen noch ein paar steife Böen 7 Bft um West drin.
Wettertechnisch startet die Woche wenig erbaulich. Im Westen und in Teilen
Süddeutschlands sorgt mitteltroposphärische WLA, die den Rücken überläuft, für
ein Überangebot an mehrschichtiger und kompakter Bewölkung ohne nennenswerte
Lücken. Einzig nach Osten und Nordosten hin, wo nur wenig Schauer fallen sollen,
könnte es hin und wieder mal für etwas direkte Sonnenstrahlung reichen.
Ansonsten kommt es zu weiteren, teils skalig motivierten, teils konvektiv
geprägten Niederschlägen, wobei im Nordwesten ein regionales Maximum von rund 10
mm, nach ICON lokal sogar bis nahe 20 mm/12 h vorhergesagt wird. Der Grund
dieser Intensivierung könnte in einem besonders in der unteren Troposphäre gut
ausgeprägten KW-Trog liegen, der von der Nordsee her landeinwärts driftet.
Warntechnisch wird sehr wahrscheinlich aber nur der Alpenrand von Interesse
bleiben, wo sich die Staubedingungen mit leichter Rechtdrehung der
gesamttroposphärischen Strömung verbessern. Dort werden von der Numerik bei nur
wenig steigender Schneefallgrenze 5 bis 15, lokal um 20 mm Niederschlag innert
12 h angeboten. ICON von heute 12 UTC hat die Hot-Spots sogar noch etwas nach
oben gesetzt (bis zu 30 mm im Allgäu und in den Chiemgauer Alpen).
Bei wenig geänderten 850-hPa-Temperaturen zeigt sich auch die 2m-Temperatur
wenig wechselwillig, mehr als 8 bis 14°C, an den Alpen und im höheren Bergland
eher noch darunter, sollte man nicht einplanen.

In der Nacht zum Dienstag rückt der o.e. Höhenrücken dichter an den
Vorhersageraum heran, und auch im Bodenniveau steigt der Luftdruck weiter an.
Dabei deutet sich eine zaghafte Brückenbildung zwischen dem nach Südwesteuropa
Azorenhochableger und einem weiteren Hoch über Fennoskandien an. Trotzdem, eine
wirkliche Wetterberuhigung will sich noch nicht einstellen, was der andauernden,
sich aber langsam südwärts verlagernden WLA geschuldet ist. Somit kommt es zu
weiteren Niederschlägen, die sich von Nordwesten her über die Mitte
süd-südostwärts verschieben. Dabei halten die Dauerniederschläge an den Alpen
bei von Westen allmählich steigender Schneefallgrenze an. Wie viel
schlussendlich fallen wird, steht noch nicht fest. ICON sieht in den Chiemgauer
und Berchtesgadener Alpen noch mal bis zu 25 mm/12 h, andere Modelle agieren
zurückhaltender.

Dienstag ... verbleiben wir vorderseitig des Höhenrückens unter einer
nordwestlichen Höhenströmung. Das Bodendruckniveau steigt in weiten Teilen des
Landes auf etwas über 1020 hPa, wobei die Brückenkonfiguration erhalten bleibt.
Und trotzdem kommt das Wetter noch nicht wirklich aus dem Quark, weil sich die
mitteltroposphärische WLA regeneriert und somit die Produktion mehrschichtiger
Bewölkung aufrechterhalten wird. Zwar wird das Frontensystem eines neuerlichen
Tiefs bei Island westlich von uns geblockt, trotzdem wird es gebietsweise weiter
regnen, wobei sich der Schwerpunkt etwas weiter nach Osten verlagern könnte -
könnte deswegen, weil die Modelle nun mehr und mehr divergieren. Von daher
bleibt auch die Frage offen, wie viel Niederschlag noch am Alpenrand fällt.
Klarer scheint auf alle Fälle die Aussage, dass die Temperatur noch keine großen
Sprünge nach oben macht, was klimatologisch aber folgerichtig ist. Schließlich
bewegen wir uns in Richtung "kalte Jahreszeit"...


Modellvergleich und -einschätzung
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Die grundlegende Entwicklung steht trotz einiger Unschärfen. Zu der
Dauerregenwarnung Alpen sollte sich am Sonntag noch eine Schneefallwarnung
anschließen, wobei wahrscheinlich erst oberhalb rund 1500 m so richtig was
liegen bleibt (10 bis 50 cm).


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann