DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-10-2017 23:00
SXEU31 DWAV 201800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 20.10.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Wechselhafter und kühler, zeitweise windig.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... gibt sich ein kurzwelliger Trog mit negativer Achsstellung (von NW
nach SO gerichtet) die Ehre, den Norden ostwärts zu überqueren. Das
korrespondierende Bodentief DIETRICH - über der Nordsee gelegen - kommt kaum
noch nach Osten voran und füllt sich weiter auf, so dass es bis zum frühen
Morgen weitgehend von den Wetterkarten verschwunden sein dürfte. Etwas zäher als
das Tief entpuppt sich die zugehörige Okklusion (mittlerweile wird nur noch eine
einzige analysiert), die im Norden rasch nach Osten abzieht, im Süden allerdings
etwas zurückhängt. Das zugehörige Regengebiet, dass nur im nördlichen Teil der
Front wohldefiniert ist, zieht noch im Laufe der ersten Nachthälfte über den
Nordosten in Richtung Ostsee und Polen ab. Nach Süden hin sind die Regensignale
eher diffus und auch wenig ergiebig, trotzdem sind bis zum frühen Morgen hier
und da ein paar Tropfen möglich.
Rückseitig der Okklusion gelangt eine kleine Portion erwärmter Meereskaltluft in
den Vorhersageraum, in der die Wolkendecke teilweise auflockert. Im Nordwesten
und Norden ist das allerdings weniger der Fall, was an der zwar nicht
großflächigen, dafür aber umso wirksameren WLA liegt, die rückseitig des
abziehenden KW-Troges übergreift. Sie induziert stratiforme Regenfälle mit
eingelagerten konvektiven Impulsen, die sich unter Abschwächung über
Norddeutschland ostwärts ausbreiten. Ansonsten stärkt die WLA einen kurzwelligen
Rücken, der den Platz des scheidenden KW-Troges einnimmt und trotz der erwähnten
Regenfälle für eine leichte Wetterberuhigung sorgt. Diese wird vor allem am Wind
deutlich, der sich vorübergehend soweit abschwächt, dass keine Warnungen mehr
erforderlich sind. Gleiches wird wohl auch auf Nebel zutreffen, der im Gegensatz
zu den vergangenen Nächten nicht gerade die besten atmosphärischen
Rahmenbedingungen vorfindet (u.a. Bewölkung, Wind).

Samstag ... ist es mit dem ohnehin dünnen Zwischenhocheinfluss bald schon wieder
vorbei. In den Blickpunkt des Geschehens rücke ein weiteres Tief (ELMAR), das um
einiges potenter als sein Vorgänger ist und sich zur Mittagszeit mit einem
Kerndruck nahe 980 hPa über der Irischen See befindet. Es weist eine nahezu
senkrechte Achsstellung auf, was nicht nur einen Hinweis auf das Überschreiten
des Intensitätshöhepunkts darstellt, sondern zudem auf eine eher pomadige
Verlagerung hindeutet. Und in der Tat, bis zum Ende des Tages soll es der gute
ELMAR gerade mal bis zur westlichen Nordsee (Seegebiet Forties) schaffen.
Trotzdem reicht sein Wirkungsradius locker aus, weiten Teilen unseres Landes
einen zyklonal geprägten Bundesliganachmittag zu bescheren.
Im Detail stellt sich das so dar, dass die zugehörige teilokkludierte Kaltfront
mit einem frontalen Regenband noch im Laufe des Vormittags auf die westlichen
Landesteile übergreift. Von dort verlagern sich Front und Regen (12h-Mengen
überwiegend im einstelligen Bereich) ostwärts, was im nördlichen Teil zügiger
vonstattengeht als nach Süden hin, weil dort die Front aufgrund geringerer
frontaler Schubkomponente und einer sich anbahnenden Zyklogenese über
Oberitalien nahezu klassisch zurückhängt. Davon profitieren vor allem die
Regionen südlich der Donau und dort besonders der oberbayerische Part, wo
tagsüber mit leicht föhniger Unterstützung wie heute für längere Zeit die Sonne
scheint bei Temperaturen, die am Nachmittag noch mal auf 20°C oder etwas darüber
ansteigen.
Einige Auflockerungen findet man präfrontal in den östlichen Landesteilen, wo es
Richtung Oder und Neiße bis zum Abend wohl auch noch trocken bleibt. Und auch in
der postfrontal einströmenden polaren Meeresluft (die aufgrund des weiten
Bogens, den die Luftmasse um das großräumige Tief schlagen muss, zunächst noch
gar nicht so frisch ist) lockert die Wolkendecke auf. Dort bilden sich dann zwar
Quellwolken, die Schaueraktivität hält sich aufgrund zunächst noch fehlender
Höhenkaltluft (die greift bei uns erst am Sonntag so richtig ins Geschehen ein)
aber in Grenzen. Gleichwohl, für den späten Nachmittag und den Abend wird von
ICON und COSMO-DE im Nordwesten etwas CAPE simuliert (etwa bis 150 J/kg) und
auch vertikale Mächtigkeit der Grundschicht nimmt etwas zu bis etwa 650/600 hPa.
Für einzelne Schauer reicht das aus, ob aber auch kurze Gewitter bei einer
Cloud-Top-Temperatur von rund -10°C auftreten, ist mehr als fraglich.
Bliebe abschließend noch der Blick auf den Wind, der mit Annäherung des o.e.
Tiefs vorübergehend auf Südost bis Süd zurückdreht und dabei vor allem im Westen
wieder etwas auflebt. Aufgrund der lange Zeit noch relativ stabilen Schichtung
bleiben Böen der Stärke 7 Bft die absolute Ausnahme (vielleicht am Nachmittag
mit Drehung auf SW im Raum Aachen). Selbst an der Nordsee wird das Überschreiten
der unteren Warnschwelle wegen der stark ablandigen Komponente eine echte
Herausforderung und sich zunächst wohl im Wesentlichen auf die offene See
beschränken.
Während die Temperatur im Süden noch mal Höchstwerte um oder etwas über 20°C
erreicht, muss sich die Norddeutsche Tiefebene mit Maxima nahe 14/15°C begnügen.


Die Nacht zum Sonntag bringt sich über Westeuropa ein Höhentrog in Position, der
sich trotz leichter Amplitudenvergrößerung progressiv verhält und somit am
Sonntag unweigerlich auf Deutschland übergreift. Bevor es aber soweit ist, muss
uns erstmal die vorgeschaltete Kaltfront ostwärts überqueren, was ihr in ihrem
Nordteil gut gelingt, während sie im Süden zurückhängt. Entsprechend ziehen die
leichten, teils mäßigen Regenfälle im Norden alsbald nach Osten ab, während es
sich im Süden einregnet, besonders südlich der Donau. Warnrelevante Mengen
kommen dabei noch nicht zustande, auch wenn es an der einen oder anderen Stell
durchaus für 10 mm oder etwas mehr innert 12 h reichen kann.
Im Westen und Nordwesten kommt in den frühen Morgenstunden auf der unmittelbaren
Trogvorderseite schauerartig verstärkter Regen auf, an und auf der Nordsee ist
auch ein kurzes Gewitter nicht ausgeschlossen. Darüber hinaus frischt dort der
auf Süd bis Südwest drehende Wind gegen den Tagesgang, aber mit zunehmendem
Gradienten soweit auf, dass in tiefen Lagen einzelne Böen 7 Bft, in höheren
Lagen und an der Nordsee Böen 7-8 Bft und auf dem Brocken Sturmböen oder gar
schwere Sturmböen 9-10 Bft auftreten.

Sonntag ... verlagert sich der Höhentrog unter weiterer Amplifizierung nach
Mitteleuropa. Bis zum Abend überdeckt er den gesamten Vorhersageraums, während
sich südlich der Alpen eine Abtropfung andeutet. Mit dem Trog breitet sich ein
Schwall hochreichender maritimer Polarluft aus, in der die 850-hPa-Temperatur
auf +2 bis 0°C, die 500-hPa-Temperatur auf -22 bis -26°C zurückgeht.
Das Bodentief zieht langsam über die mittlere Nordsee ostwärts, wobei es sich
weiter auffüllt. Am Tagesende landet es knapp westlich von Jütland mit einem
Kerndruck von etwas unter 1000 hPa. Auf seiner Südflanke wird bei uns eine
leidlich lebhafte und zyklonal konturierte südwestliche Bodenströmung generiert,
die uns wechselhaftes und windiges Schauerwetter mit einigen Wolkenlücken
beschert. Dabei fällt die Schaueraktivität in der Westhälfte (an der Nordsee
auch kurze Gewitter mit Böen 7-8 Bft nicht ausgeschlossen) allgemein intensiver
und mit höherer Frequenz aus als im Osten, wo es gebietsweise sogar weitgehend
trocken bleibt. An den Alpen fallen anfangs noch letzte frontale Niederschläge,
bevor es eine vorübergehende Schwachphase mit nur einzelnen Schauern gibt. Die
Schneefallgrenze sinkt dort im Zuge stetiger KLA auf etwas unter 1500 m.
Der südliche bis südwestliche, im Süden auf westliche Richtungen drehende Wind
frischt in der gut durchmischten maritimen Luftmasse immer wieder böig auf und
erreicht seine höchsten Spitzen in Schauernähe. Vornehmlich in der Westhälfte
sowie allgemein in höheren Lagen werden dabei Böen der Stärke 7 Bft, in
exponierten Kamm- und Gipfellagen sowie an und auf der Nordsee 8-9 Bft erreicht.

Die Temperatur steigt nur noch auf Tageshöchstwerte zwischen 9 und 15°C, was im
Süden einen regelrechten Temperatursturz von rund 10 Grad, punktuell sogar noch
etwas mehr, bedeutet.

In der Nacht zum Montag tropft der Trog in Richtung Adria ab, während sich der
nördliche Rest über dem Vorhersageraum beginnt aufzufüllen. Gleiches gilt für
unser Bodentief ELMAR, das offensichtlich auf Seebestattung aus ist und sich an
seinem angestammten Platz westlich von Jütland weiter auffüllt. Immerhin reichen
seine Lebensgeister noch soweit aus, der Nordsee und seiner Küste einen in Böen
steifen bis stürmischen Wind 7-8 Bft aus dem Südwestquadranten zu bescheren. Im
Binnenland hingegen lässt der Wind tagesgangbedingt nach, besonders in den
Niederungen.
Ansonsten treten auch in der Nacht noch einige Schauer auf und an den Alpen kann
es sogar für längere Zeit regnen, auch wenn sich (noch) keine klassische
Staulage einstellt (zu wenig niedertroposphärische NW-Komponente). Bei
850-hPa-Temperaturen um 0°C sinkt die Schneefallgrenze je nach Intensität der
Niederschläge auf 1200 bis 1000 m. Am meisten Niederschlag jedenfalls dürfte im
Allgäu fallen, wo von mehreren Modellen 10 bis 15 mm/12 h apostrophiert sind.

Montag ... zieht das Cut-Off-Tief zum Balkan, gleichzeitig nähert sich von
Westeuropa her ein Höhenrücken, der zunächst aber noch westlich von uns
verbleibt. Unter dem Strich resultiert bei uns daraus eine zunehmende
nordwestliche Höhenströmung, wohingegen der Gradient am Boden zwischen dem sich
weiter auffüllenden Nordseetief und einem gen Schweiz und Süddeutschland
gerichteten Hochkeil immer weiter auffächert. Trotzdem sind an der Nordsee und
in exponierten Hochlagen noch ein paar steife Böen 7 bft um West drin.
Wettertechnisch startet die Woche mit Verlaub eher besch... (eiden), was wir im
Wesentlichen mitteltroposphärischer WLA zu verdanken haben, die den Rücken
überläuft und somit auch große Teile des Bundesgebietes erfasst. Die Folge ist
ein Überangebot an mehrschichtiger und letztlich kompakter Bewölkung, die kaum
Platz für durchstoßende Sonnenstrahlen und auch der Temperatur nur bedingte
Entfaltungsmöglichkeiten nach oben lässt (8 bis 14°C, im Bergland und an den
Alpen eher noch etwas kälter). Stattdessen kommt es zu weiteren, teils skalig
motivierten, teils konvektiv geprägten Niederschlägen, wobei jedes Modell und
von Lauf zu Lauf diese etwas anders positionieren und auch quantifizieren.
Warntechnisch wird aber wohl nur der Alpenrand Relevanz erlangen, wo sich die
Staubedingungen mit leichter Rechtdrehung der gesamttroposphärischen Strömung
verbessern. Dort werden bei wieder etwas steigender Schneefallgrenze von ICON
und GFS 10 bis 20, lokal um 25 mm innert 12 h angeboten, während ECMF etwas
defensiver agiert. Spätestens am Sonntag muss Farbe bekannt werden, ob überhaupt
und wenn ja, für wie lange eine mögliche Dauerregenwarnung herausgegeben wird.
Es ist durchaus möglich, dass die Niederschläge am Alpenrand bis in den Mittwoch
andauern, so dass eventuell eine mehr als 24 Stunden andauernde Warnung
herauskommt. Noch sind die numerischen Prognosen aber nicht robust genug.




Modellvergleich und -einschätzung
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Die Prognose steht in der Basis auf breitem Fuß, signifikant abweichende
Szenarien werden nicht angeboten. Die meisten Unschärfen wurden im Text -
hoffentlich - angesprochen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann