DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

19-10-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 19.10.2017 um 10.30 UTC



Am Sonntag Trogpassage und recht frisch, danach allmählich wieder zunehmender
Hochdruckeinflussdabei und vor allem tagsüber milder.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 26.10.2017


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Sonntag ist es erst
mal vorbei mit dem "entzückenden Rücken". Oder etwas seriöser ausgedrückt, der
bis dato für den Goldenen Oktober in weiten Teilen Deutschlands relevante
Potenzialrücken wandert endgültig nach Osten ab und macht Platz für einen
Höhentrog, der - ausgerechnet, werden einige jetzt sagen - am Sonntag über den
Vorhersageraum hinwegschwenkt. Dass korrespondierende Bodentief ELMAR -
ursprünglich ein veritables Sturm- respektive Orkantief - zieht unter merklicher
Abschwächung von UK kommend über die Nordsee langsam ostwärts, wobei es mehr und
mehr an Kontur verliert. Trotzdem reicht es für einen unbeständigen und windigen
Sonntag, an dem sich ein Schwall maritim-polarer Luftmassen im ganzen Land
ausbreitet. Dabei sinkt die Temperatur im 850-hPa-Niveau auf rund 0°C, in 500
hPa auf rund -25°C, was ausreicht, ein nicht unerhebliches Quantum an
konvektiven Umlagerungen in Form von Schauern und vereinzelt sogar kurzen
Gewittern zu generieren.

Zu Beginn der neuen Woche gelangen wir rasch auf die Rückseite des Troges, der
im weiteren Verlauf Richtung Balkan abtropft und sich zu einem fetten Höhentief
aufplustert, das in der Folge den östlichen Mittelmeerraum beehren wird. Wir
hingegen schauen sehenden Auges in einen Potenzialanstieg, der von Westen her
einsetzt und sich in Form eines relativ flachen Höhenrückens darstellt. Zwar
steigt der Luftdruck auch im Bodenniveau an (Keil eines Hochs über
Südwesteuropa), trotzdem bleibt eine substanzielle Wetterbesserung zunächst noch
aus. Zum einen kommt es am Montag noch zur Restschauern im Schlepptau des
abziehenden Troges (vor allem nach Osten hin), zum anderen wird der Rücken wie
so oft von WLA überlaufen, die nicht ´ne Menge Bewölkung sondern auch
zeitweilige Regenfälle induziert. Hinzu kommt an den Alpen eine vorübergehende
Staukomponente, wobei die Schneefallgrenze mitunter auf unter 1500 m, eventuell
sogar auf 1000 m sinkt, ohne dass aus heutiger Sicht die ganz großen
Schneemengen zusammenkommen.

Zur Wochenmitte forciert sich über dem nahen Ostatlantik eine satte Austrogung.
Vorderseitige WLA lässt das Potenzial steigen bzw. den bis zu diesem Zeitpunkt
eher flach konturierten Rücken aufwölben, was genau über Mitteleuropa passieren
soll. Dabei trocknet nicht nur die Troposphäre von Süden her sukzessive ab, es
wird auch niedertroposphärisch Warmluft advehiert, in der die 850-hPa-Temperatur
bis Donnerstagabend auf 10 bis 13°C! steigt.

Im erweiterten Mittelfristzeitraum ab Freitag deutet sich eine zwischenzeitliche
Abflachung des Höhenrückens an, die mit einer schwachen Kaltfrontpassage von
Nordwesten her einhergeht. Im Laufe des Wochenendes soll sich der Rücken dann
aber schon wieder regenerieren und der Bodendruck bei uns auf 1030 hPa oder
etwas darüber steigen. Warten wir´s ab...
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich des kommenden Wochenendes kann die Konsistenz des IFS-Modells
vom ECMF als gut bezeichnet werden. Danach wird sie zwar nicht richtig schlecht,
die Unschärfen nehmen aber zu. Offensichtlich tut sich die Numerik schwer damit
(auch die Globalmodelle anderer Wetterdienste haben da so ihre Schwierigkeiten),
den zu Wochenbeginn anvisierten Höhenrücken richtig zu positionieren und zu
konfigurieren. Zwar geht der Trend nach der Trog- respektive Tiefpassage am
Sonntag tendenziell in Richtung "zunehmender Hochdruckeinfluss", das genaue Wie
und Wann ist allerdings noch offen.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Eine besonders progressive Gangart in puncto "zunehmender Hochdruckeinfluss"
legt das amerikanische GFS an den Tag. Zwar wird der sich zu Wochenbeginn
nähernde Höhenrücken ebenfalls von WLA bzw. der Warmfront eines Tiefs bei Island
überlaufen. Ab Dienstag verstärkt sich der Rücken dann signifikant bzw. weitet
sich fast überdimensional aus, so dass er am Ende von Nordwestafrika über
Südwest- und Mitteleuropa bis in den Nordwesten Russlands reicht.
Korrespondierend dazu positioniert sich ein 1040-hPa-Hoch mit Zentrum über
Westrussland, das seine Fühler aber bis zum westlichen Mittelmeer ausstreckt.
Um einiges pessimistischer geht das deutsche ICON die mittelfristige Entwicklung
an. In dieser Version bleibt der zu Wochenbeginn übergreifende Höhenrücken sehr
flach und breit, was bei uns ein Zirkulationsmuster Wa oder SWa (West bzw.
Südwest antizyklonal) zur Folge hätte mit unbeständigem Wetter im Norden und
Hochdruckeinfluss im Süden (und wohl auch in weiten Teilen der Mitte).
Auch das kanadische GEM lässt den Rücken zunächst flach, bevor er sich zur
Wochenmitte bei uns mit relativ kurzer Wellenlänge aufwölbt und entsprechend
rasch durchwandert.

FAZIT: Nach Sichtung einiger relevanter Globalmodelle wird die im Kapitel zuvor
getroffene Aussage untermauert "zunehmender Hochdruckeinfluss ja, wie und wann
noch unsicher".
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die ECMF-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen alle ein sehr
ähnliches Muster. Bis Montag verlaufen die Kurven sehr homogen mit einem
Potenzialminimum am Sonntag und einem etwas breiteren Temperaturminimum am
Sonntag und Montag. Danach fächern die Kurvenscharen auf, ohne dabei zunächst
den ganz großen Spread aufzubauen. Die Richtung jedenfalls ist relativ
eindeutig, sprich, sowohl beim Parameter T850 als auch beim Potenzial in 500 hPa
(Pot500) zeigt der Trend eindeutig nach oben. Nur ganz wenige Lösungen bleiben
bis Mittwoch noch auf dem Ausgangsniveau vom Wochenende bzw. gehen bei T850
sogar noch etwas runter. Erst am darauffolgenden Wochenende (erweiterte
Mittelfrist) wird das Gesamtbild zunehmend vogelwild respektive unübersichtlich,
so dass keine klaren Aussagen mehr getroffen werden können. Aber wann ist das in
diesem Metier schon mal der Fall?
In der Potenzialdarstellung geben die GFS-EPS-Kurven eine dem ECMF-EPS sehr
ähnliche Figur ab. Dabei fällt auf, dass der stark auf Hochdruckeinfluss
getrimmte Hauptlauf (siehe auch oben) am oberen Rand des Ensembles verläuft. Bei
der Temperatur in 850 hPa ist der Trend ab Montag nicht so eindeutig wie bei
ECMF-EPS. Es gibt mehr Lösungen, die kalt bleiben bzw. noch kälter werden, was
bei steigendem Potenzial für die antizyklonal gefärbte Zufuhr kälterer aber
trockener Luftmassen aus dem Nord- bzw. Ostsektor spricht.
Last but not least noch der gewohnte Blick auf die Clusterung des ECMF-EPS. Für
den Zeitraum T+120...168 h (Dienstag bis Donnerstag) werden drei Cluster
offeriert, die nahezu gleich besetzt sind (18 + HL/KL, 17, 16 Fälle). Alle
zeigen den von Westen bzw. Südwesten übergreifenden Höhenrücken, der sich bei CL
2 und 3 aber etwas rascher und kräftiger zeigt als in CL 1. Letztlich erinnert
das Muster (auch beim Bodendruck) stark an die Basisfelder vom GFS-Hauptlauf.
In der erweiterten Mittelfrist erhöht sich nicht nur die Zahl der Cluster auf
fünf, auch das Spektrum möglicher großräumiger Strömungsmuster nimmt zu. Um es
kurz zu machen: CL 1 (15 Fälle + KL), CL 2 (10 + HL) und CL 5 (8) streben die
Fortdauer der antizyklonal geprägten Witterung an, während CL 3 und 4 (10, 8)
von Westen her einen Trog auf Mitteleuropa bzw. Deutschland übergreifen lassen.

FAZIT: Zunehmender Hochdruckeinfluss nach dem Wochenende scheint gewiss, wenn
auch noch mit den weiter oben schon erwähnten Unsicherheiten. In der erweiterten
Mittelfrist ist von "sonnig und mild" (abseits der zu dieser Jahreszeit
handelsüblichen Nebelgebiete) bis hin zu "unbeständig und (allmählich) kälter"
noch alles drin.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Summa summarum halten sich die Hinweise auf signifikante Wettererscheinungen im
mittelfristigen Prognosezeitraums ab Sonntag dezent zurück. Im Grunde stehen
zwei Parameter auf der Agenda, die möglicherweise in den Fokus rücken könnten:

WIND/STURM: Vor allem am Sonntag könnte es mit Tiefpassage an der Nordsee und in
einigen Hochlagen für Böen 8-9 Bft reichen, allerdings sind die Signale vor
allem auch von der Probabilistik nicht gerade erdrückend. Vieles wird davon
abhängen, wie schnell sich das zuvor durchaus opulente Sturmtief auffüllt und
welche Zugbahn es genau einschlägt.

DAUERREGEN: Ab Sonntag deutet sich für den Alpenrand länger andauernder
Niederschlag an, der im schlechtesten Fall mit orografischer Unterstützung
(Stau) bis Dienstag andauern könnte. Auch in diesem Fall sind die numerischen
Hinweise überbordend, aber durchaus vorhanden. Vor allem im 48h-Intervall bis
Dienstag früh signalisiert COSMO-LEPS eine Überschreitungswahrscheinlichkeit von
bis zu 65% im Allgäu für Mengen > 40 mm/48 h, während ECMF-EPS auf maximal
20-30% an gleicher Stelle kommt. Dabei muss aber bedacht werden, dass die
Schneefallgrenze ab Sonntag auf unter 1500 m, mitunter vielleicht auf rund 1000
m sinkt, so dass ein Teil der Niederschläge in fester Form fällt.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS_ECMF mit ECMF-EPS und MOS-ECMF.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann