DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

08-10-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 08.10.2017 um 10.30 UTC



Nach wechselhaftem Beginn zum Wochenende hin "Goldener Oktober" möglich
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 15.10.2017


Wer im vergangenen September auf den "Altweibersommer" gehofft hatte, wurde
meist enttäuscht. Wer nun denkt, der noch recht neue Monat könnte mit einem
"Goldenen Oktober" das anhaltend meist kühle und wechselhafte Wetter dieses
Herbstes mit ein paar Tagen Sonnenschein und angenehmer Wärme endlich mal
ausgleichen, wurde bisher ebenso enttäuscht. Auch die aktuelle kurzfristige
Wetterentwicklung sieht keinen "Goldenen Oktober" vor, aber vielleicht kann man
auf ihn (zumindest wenn man ein Fan davon ist) in der Mittelfrist hoffen?

Anzeichen dafür wollen sich auch zu Beginn des Mittelfristzeitraums am kommenden
Mittwoch nach dem aktuellen EZMW-Lauf von 00 UTC zunächst nicht einstellen. Die
großskalige synoptische Situation wird in der Höhe durch einen Trog geprägt, der
Teile Skandinaviens, des Baltikums und des westlichen Russlands überdeckt.
Diesem Trog steht ein weiterer über dem Nordostatlantik gegenüber. Dazwischen
hat sich ein Rücken aufgewölbt, dessen Achse mittags eine Linie von Norwegen
über Benelux bis nach Marokko einnimmt. Allerdings wird er von kräftiger WLA
überlaufen. Zudem finden sich am Boden Tiefdruckgebiete über Südfinnland und dem
Baltikum sowie in der Nähe von Island. Zusammenhängende Frontensysteme beider
Tiefdruckgebiete liegen, unterstützt von der WLA, über Deutschland. Dadurch
stellt sich eine zonale Bodenströmung ein, mit der maritime Luft vom Atlantik
nach Deutschland gelangt. In 850 hPa liegen die Temperaturen zwischen 2 und 6
Grad.

Am Donnerstag schwenkt der Trog über den Nordostatlantik bereits nach Osten
durch, wobei er seine Wellenlänge verkürzt und über der Ostsee Abtropftendenzen
zeigt. Damit wird auch der Rücken schnell über Deutschland nach Osten hin
geführt, ein weiterer zeigt sich aber schon über dem Nordostatlantik westlich
der Britischen Inseln. Am Boden wird ausgehend vom Tief bei Island, forciert
durch den Trog, Zyklogenese über Südnorwegen ausgelöst. Die Fronten dieses neuen
Randtiefs überqueren Deutschland. Nach Süden hin jedoch überwiegt schon der
Einfluss eines Hochs über Frankreich, der vom neuen Höhenrücken unterstützt
wird.

Der Höhenrücken rückt ab Freitag mehr und mehr in den Blickpunkt des Geschehens
über Mitteleuropa. Einerseits wölbt er sich kräftig in Richtung Skandinavien
auf, anderseits liegt die Achse dann auf einer Linie Nordschweden - Jütland -
Nordostfrankreich - westliches Mittelmeer und wir auf seiner Vorderseite. Das
Bodenhoch liegt mittags mit einem Kerndruck von 1030 hPa über den Alpen. Wer nun
endlich auf "Eitel Sonnenschein" in Deutschland hofft, erfährt erneut einen
Dämpfer. So wird der Rücken abermals von WLA überlaufen, der insbesondere nach
Norden hin dichte Wolken und vielleicht etwas Regen bringt. Immerhin steigen die
Temperaturen in 850 hPa auf 5 bis 10 Grad an, werden in der
niedertroposphärischen Strömung um das Hoch herum doch wärmere Luftmassen
subtropischen Ursprungs aus südlichen Gefilden einbezogen.

Am Samstag und Sonntag verlängert der Höhenrücken seine Wellenlänge, d.h. er
verbreitert sich noch. Die Achse nimmt am Sonntag eine Position Finnland -
Ostsee - Alpen - Löwengolf ein, womit sie nur ein wenig nach Südosten
vorankommt. Derweil zeigt sich über Grönland und Island ein neuer Trog, sodass
die Grundkonstellation nun mehr und mehr in eine Omegalage überführt wird. Das
Bodenhoch verlegt seinen Schwerpunkt ein wenig nach Osten, bleibt aber für
Deutschland wetterbestimmend. WLA sorgt vor allem nach Norden hin erneut für
einige Wolken, Niederschlag bringen sie jedoch kaum noch. Mit der Verlagerung
des Bodenhochs dreht die Strömung immer weiter auf Süd und die Zufuhr warmer
Luftmassen wird noch verstärkt. Die 850 hPa-Temperaturen steigen auf 11 bis 15
Grad, was sogar die Möglichkeit eines Sommertages eröffnet. Nach dieser
Konstellation wird die Hoffnung auf den "Goldenen Oktober" deutlich genährt.

In der erweiterten Mittelfrist ab Montag wird die Omegalage bereits wieder
durchbrochen. Der neue Trog schwenkt von Grönland und Island aus unter
Zonalisierung rasch nach Osten durch. Die Ausläufer des korrespondierenden
Bodentiefs erfassen mit Niederschlägen und kühleren Temperaturen den Nordwesten
und Norden Deutschlands. Nach derzeitigem Stand können sie sich nicht bis nach
Süddeutschland durchsetzen, dort bleibt der Hochdruckeinfluss bei weiterhin
hohen Temperaturen voraussichtlich dominierend und der "Goldene Oktober"
erhalten.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Grundsätzlich kann dem aktuellen EZMW-Lauf eine gute Konsistenz beschieden
werden, werden die großskaligen Prozesse doch sehr ähnlich vorhergesagt.
Allerdings zeigt sich bereits am Mittwoch eine Phasenverschiebung der
Trog-Keil-Muster um etwa 300 bis 500 km. Daraus lässt sich ableiten, dass die
Aufwölbung des Höhenrückens am Donnerstag/Freitag früher eintritt als gestern
angenommen und auch der aufkommende Hochdruckeinfluss am Boden etwa 6 bis 12
Stunden früher greift. Damit werden die Niederschläge an diesen beiden Tagen im
Vergleich zu den gestrigen Läufen noch ein wenig zurückgerechnet. Die
Phasenverschiebung bleibt bis in die erweiterte Mittelfrist erhalten, zudem
läuft der neue Trog dann nördlicher ab als bei den gestrigen Läufen. Nach Süden
hin dominiert dadurch weiterhin der Hochdruckeinfluss. In den 850
hPa-Temperaturfeldern wird nun sogar die 15- anstatt der 10-Grad-Isotherme
einbezogen, womit ein Sommertag mit Höchsttemperaturen lokal über 25 Grad noch
etwas wahrscheinlicher geworden ist.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Leichte Phasenunterschiede bezüglich der Muster lassen sich auch beim Vergleich
vom EZMW mit ICON und GFS ausmachen. Dabei ist das GFS etwas progressiver, das
ICON ein wenig retrograder. Allerdings wird an der Struktur der Basisfelder
ebenfalls kaum gerüttelt. Die 850 hPa-Temperaturen liegen zum Wochenende hin
etwa 5 Kelvin unter den EZMW-Vorgaben (ähnlich dem gestrigen 00 UTC-Lauf des
EZMW). GEM liefert eine dem EZMW ganz ähnliche Lösung, spaltet in der
erweiterten Mittelfrist aber ein Höhentief aus dem neuen Trog ab. Dieses
Höhentief soll sich Richtung Alpen verlagern und das Wetter ab Montag wieder
wechselhafter und kühler gestalten. NAVGEM folgt bis zum Ende seines
Vorhersageoutputs am Sonntag im Wesentlichen dem EZMW. CMA bietet auch keine dem
EZMW grundverschiedene neue Lösung an, setzt aber in der erweiterten Mittelfrist
ab Montag auf ein kräftiges Hoch über West- und Mitteleuropa.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen diverser deutscher Städte sind bis zum Mittwoch sehr eng und
spiegeln den Hauptlauf wieder. Ab Donnerstag nimmt die Varianz zu, vor allem ab
Montag ist sie dann sehr hoch. Haupt- und Kontrolllauf liegen bis zum Ende fast
immer gut im Median eingebettet, der meist ein sehr hohes Temperatur- und
Geopotenzialniveau offenbart. Am Montag sind jedoch einige deutlich kühlere
Lösungen mit niedrigerem Geopotenzial vorhanden, insbesondere in den Rauchfahnen
nördlicher deutscher Städte.

Die Clusteranalysen liefern für t+72-96 (Mittwoch, 00 bis Donnerstag, 00 UTC)
t+120-168 (Freitag, 00 UTC bis Sonntag, 00 UTC) jeweils 2 Cluster, die sich aber
über Mitteleuropa kaum voneinander unterscheiden. Auch bei t+192-240 (Montag, 00
UTC bis Mittwoch, 00 UTC) gibt es 2 Lösungen. Unterschiede zeigen sich beim
Trog, der in C1 gemäß obiger Version abläuft, bei C2 dagegen sogar noch flacher
auftritt.

Aus den obigen Betrachtungen lässt sich festhalten, dass der wesentliche
Wetterablauf in der Mittelfrist mit dem wechselhaften Beginn und dem Aufbau
hohen Drucks bei steigenden Temperaturen zum Wochenende hin ("Goldender
Oktober") ziemlich sicher ist, auch wenn Detailfragen vor allem hinsichtlich des
zeitlichen Ablaufs noch zu klären sind. Zum Beginn der nächsten Woche tauchen
größere Fragezeichen auf, wobei die Variante mit der Fortdauer des warmen
Hochdruckwetters nach Süden hin und dem wieder etwas wechselhafterem Wetter bei
kühleren Temperaturen nach Norden hin als am wahrscheinlichsten erscheint, zumal
es eine Art Mittellösung aller Modellvorschläge darstellt.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Bezüglich des Windes bietet EFI am Donnerstag Signale bis 0.6 über Teilen
Deutschlands an. COSMO-LEPS zufolge beschränken sich stürmische Böen jedoch
meist auf die Küstenabschnitte (bzw. vielleicht noch dem direkt angrenzenden
Binnenland) sowie auf exponierte Gipfellagen. Ähnliches gilt auch für den
Mittwoch, wobei EFI an diesem Tag nur im Nordseeumfeld schwache Signale bis 0.5
für starken Wind bereithält.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW, EZMW-MOS, EZMW-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler