Thema des Tages

19-04-2016 14:40

Der Frühling aus phänologischer Sicht

Die Phänologie untersucht die Entwicklungen von Pflanzen und Tieren
im Jahresablauf, indem sie die Eintrittszeiten auffälliger
Wachstumserscheinungen notiert. Sie erforscht auch die Zusammenhänge
zwischen der biologischen Rhythmik und den Umwelteinflüssen,
insbesondere den Witterungs- und Klimaverhältnissen.

Um die Gesetzmäßigkeiten des Pflanzenwachstums zu erkennen und die
Abhängigkeit ihrer periodischen Entwicklung von den Umweltbedingungen
insbesondere von Witterung und Klima untersuchen zu können, müssen
auffallende Wachstumserscheinungen beobachtet werden. Solche
hervorstechenden Wachstumsstufen, auch "phänologische Phasen"
genannt, sind z. B. im Frühling der Beginn der Blattentfaltung, der
Beginn und das Ende der Blüte, aber auch im Sommer die Fruchtreife
sowie dann im Herbst der Beginn der Blattverfärbung und des
Blattfalls. Zur Bestimmung der phänologischen Phasen werden die
Entwicklungsstadien von weitverbreiteten Wild-und Nutzpflanzen in
Abhängigkeit von der Jahreszeit beobachtet.

Dabei wird jede Jahreszeit durch eine Leitphase eröffnet und endet
mit dem Beginn der nächsten phänologischen Jahreszeit.
Das phänologische Jahr startet mit dem "Vorfrühling", dessen
Leitphase der Blühbeginn der Hasel darstellt. Mit dem Einsetzen der
Forsythienblüte wird nachfolgend der "Erstfrühling" eingeleitet.
Zum jetzigen Zeitpunkt steht der Übergang zum Vollfrühling im
deutschlandweiten Mittel kurz bevor. Als Leitphase dieser
phänologischen Jahreszeit gilt der Beginn der Apfelblüte.

In der angefügten Grafik ist das mittlere Eintrittsdatum des
Vollfrühlings für die Einzeljahre seit 1951 (schwarze Linie)
aufgetragen. Statistisch gesehen beginnt der Vollfrühling im
deutschlandweiten Mittel (Mittelwert des Bezugszeitraums 1981-2010,
grüne Linie) am 1. Mai und endet nach 29 Tagen. Besonders spät begann
der Vollfrühling im Jahr 1970, nämlich erst am 19. Mai. Der früheste
mittlere Blühbeginn des Apfels wurde hingegen vor zwei Jahren, am 12.
April 2014, beobachtet. Schaut man sich den linearen Trend seit 1951
an, so ist eine deutliche Entwicklung zu einem immer früheren
Eintrittsdatum des Vollfrühlings zu erkennen.

Wie sieht es nun aktuell im Jahr 2016 aus?
Auf der Homepage des Deutschen Wetterdienstes können Sie sich unter
dem Link (http://www.dwd.de/DE/leistungen/phaeno_akt/phaenoakt.html)
über den derzeitigen Fortschritt der jeweiligen phänologischen Phasen
informieren.
Ruft man dort unter "Kultur und Phase" die Daten zur Apfelblüte auf,
so findet man dort eine Grafik mit den aktuellen Beobachtungen.
Wie üblich beginnt die Apfelblüte entlang des Oberrheingrabens, wo
bereits am 25. März in der Nähe von Freiburg die erste Blüte
beobachtet wurde. In den kommenden Wochen wird dann der Vollfrühling
nach und nach auch im Norden sowie im Bergland Einzug halten. Nach
jetzigem Meldeaufkommen wird dies im deutschlandweiten Mittel etwa
zum Ende dieses Monats sein. Allerdings hängt das Tempo des
Vollfrühlingseinzugs stark von der Witterung der nächsten Tage und
Wochen ab.

Im Hinblick auf die Wetterentwicklung bis zum Freitag nimmt der
Frühling nochmals richtig Fahrt auf. Unter Hochdruckeinfluss und
reichlich Sonnenschein steigen die Höchstwerte am Mittwoch
insbesondere im Süden und Westen auf milde 15 bis 20 Grad. In der
Nordosthälfte bleibt es mit 11 bis 15 Grad etwas kühler.
Der Donnerstag wird dann voraussichtlich der wärmste Tag der Woche
mit sehr milden Temperaturen von 17 bis 22 Grad in der Südwesthälfte
und immerhin noch 11 bis 17 Grad in der Nordosthälfte.
Zum Wochenende geht das Temperaturniveau allgemein wieder zurück und
es wird voraussichtlich wechselhafter. Ob sich in der nächsten Woche
der Trend zu einer längeren deutlich kühleren Witterungsphase
bewahrheitet und der Frühling eine kurze Pause einlegt, bleibt
allerdings noch abzuwarten.


M.Sc.-Met. Andreas Würtz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.04.2016

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