DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

03-10-2017 09:00
SXEU31 DWAV 030800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 03.10.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Vor allem im Norden anhaltend windig bis stürmisch. Zum Donnerstag markante
Tiefentwicklung mit Starkregen und schweren Sturmböen in der Nordhälfte.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... befindet sich Deutschland unter Trogeinfluss. Die markante
Trogspitze wandert dabei bis zum Mittag nach Südostdeutschland. Auf ihre
Vorderseite wandert derzeit die Kaltfront eines Zentraltiefs über Nordeuropa
über den Süden hinweg und sorgt für reichlich Regen. Die Kaltfront zeichnet sich
durch eine klar konturierte Vorderflanke (die eigentliche Kaltfront) und ein
postfrontales Regengebiet aus. Die Schärfe der Kaltfront lässt sich mit der
Aktivierung durch die markante Trogachse begründen.

Auch in den Bodenmeldungen zeichnet sich die Kaltfront lehrbuchhaft ab. So lag
in den frühen Morgenstunden die fühlbare Temperatur bei 15 bis 17 Grad mit
Taupunkten von 13 bis 15 Grad. Mit Frontpassage ist ein Rückgang der Taupunkte
auf etwa 9 Grad zu verzeichnen. Zudem dreht der zunächst eher schwache Süd- bis
Südostwind auf Nordwest und frischt dabei deutlich auf. So wurden mit
Frontpassage starke bis stürmische Böen gemessen, in exponierte Lagen und auf
den Bergen auch Sturmböen.
Neben dem Wind bewegen sich auch die Niederschlagsmengen gebietsweise im
markanten Bereich. So wurden bereits Stundensummen zwischen 15 und 21 l/qm
gemessen. In einem dreistündigen Zeitraum kommen 20 bis 35 l/qm zusammen.

Im Laufe des Vormittages wird sich die Kaltfront zum Alpenrand verschieben.
Dabei sind weiterhin Starkregenmengen sowie Wind- und Sturmböen zu erwarten. Im
Stau des Schwarzwaldes und des Bayerwaldes sowie im weiteren Verlauf auch am
Alpenrand dauern die Regenfälle etwas länger an. Dort sind in einem 12
h-Zeitraum bis zum späten Vormittag, am Alpenrand bis zum frühen Nachmittag,
Mengen zwischen 30 und 45 l/qm zu erwarten. Zudem gibt es für den Bereich des
Allgäu Hinweise darauf, dass vereinzelt die Unwetterwarnschwelle überschritten
wird, insbesondere von der deutschen Modellkette. Dies wurde bereits in die
Warnung mit exponierten Lagen mit eingespeist.

Zum Mittag zieht sich der Niederschlag schließlich zum Alpenrand zurück und
zieht am Nachmittag südwärts ab. Rückseitig der Kaltfront fließt schließlich ein
Schwall Kaltluft polaren Ursprungs ein. Von Westen her greift im Laufe des
Nachmittages ein flacher Rücken auf Deutschland über, sodass rasch
Stabilisierung einsetzt, was sich auch in einem Absinken der vertikalen
Temperaturabnahme wiederspiegelt. Zudem lässt sich in den Prognosesoundings ein
sich verstärkende Absinkinversion erkennen (bei etwa 700 hPa). All das führt
dazu, dass die Schauertätigkeit arg eingebremst wird. Am häufigsten werden diese
noch im erweiterten Küstenumfeld auftreten. Dort ist auch ein kurzes Gewitter in
der ersten Tageshälfte zumindest nicht komplett ausgeschlossen. Zum Nachmittag
steigt die prognostiziere Wolkenoberseitentemperatur aber auch dort über -10
Grad.

Der Wind im Süden lässt zum Nachmittag deutlich nach. Im Norden lebt der
westliche Wind im Tagesverlauf hingegen auf. Die Modelle zeigen bis ins
angrenzende Binnenland Böen Bft 7. An der Nordsee erscheinen Bft 8 recht
wahrscheinlich, über der freien Nordsee und auf den nordfriesischen Inseln sind
auch einzelne Böen Bft 9 nicht ausgeschlossen.

In der Nacht auf Mittwoch liegt Deutschland unter den Einfluss des flachen
Höhenrückens und damit vornehmlich unter Absinken. Entsprechend ist die
Schauertätigkeit trotz vorhandener Höhenkaltluft nur stark eingeschränkt. Vor
allem über der Mitte und dem Süden kann die Wolkendecke durchaus auch mal
stärker auflockern, sodass sich streckenweise dichter Nebel bildet. Das deuten
insbesondere die MOS-Wahrscheinlichkeiten an.

Weiter nach Norden gibt es mehr Wolken und vor allem im Einflussbereich der
Nordsee sind weiterhin Schauer möglich, die aber aufgrund des Rückens und des
Tagesgangs schwächer ausfallen dürften, als noch am Tage. In jedem Fall ändert
sich an den Luftdruckgegensätzen nichts Wesentliches, sodass vor allem entlang
der Küsten Bft 7-8 zu erwarten sind. An der Nordsee sind exponiert auch Bft 9
möglich. Im Rest des Landes lässt der Wind deutlich nach, wenn man mal von
einzelnen Bergkuppen absieht.

Mittwoch... lässt sich von dem flachen Rücken nichts mehr erkennen. Stattdessen
verläuft die Höhenströmung recht glatt von W/NW nach O/SO und weist dabei über
Deutschland eine gewisse Diffluenz auf. Schärfer ist der Gradient weiter
stromaufwärts in Richtung Britische Inseln und westlich davon, wo sich im
Bodendruckfeld durch einen neuen Trog getriggert ein Randtief bilden soll.

Für Deutschland ergibt sich in der indifferenten Lage eine Zweiteilung. Im Süden
wird mit der Lage auf der antizyklonalen Flanke der Frontalzone ein freundlicher
Tag erwartet. Es bleibt trocken und gibt nach teils zäher Auflösung von Nebel
und Hochnebel zudem häufig Sonnenschein. Nach Norden befindet man sich hingegen
im Bereich der Frontalzone, wobei die Bodenfront etwa im Grenzbereich
Deutschland-Dänemark zu finden ist. Dementsprechend fällt im Norden immer wieder
Regen, der sich zum Nachmittag verstärkt. Dabei bleibt es bedeckt.

Auch im Temperaturniveau zeigen sich die Unterschiede. So werden bei 850 hPa
Temperaturen bis nahe 10 Grad im Süden knapp 20 Grad erwartet, während bei
Dauergrau im Norden die Maxima meist um oder unter 15 Grad liegen.

Warntechnisch relevant für den Tag ist der Wind. Dieser nimmt im Tagesverlauf
insbesondere in der Nordhälfte deutlich zu, sodass häufiger mit Böen Bft 7 zu
rechnen ist, im Nordwesten sind auch Böen Bft 8 möglich. An den Küsten treten
allgemein Sturmböen auf und an der Nordsee steigert sich der Wind am Nachmittag
und Abend bis auf schwere Sturmböen (Bft 10.

In der Nacht auf Donnerstag zieht der sich amplifizierende Höhentrog von den
Britischen Inseln bis zum Morgen zu Nordsee. Daran gekoppelt ist ein Randtief
auf der Südflanke des mittlerweile steuernden Nordeuropatiefs. Das Bodentief
erreicht in den Morgenstunden nach ICON die dänische Nordseeküste.

Mit dem Randtief greift auch ein intensives Niederschlagsgebiet auf die
Nordhälfte über. Zudem steht die Kaltfront in einer ähnlichen Konstellation zum
aktivierenden Höhentrog, wie am heutigen Dienstag. Entsprechend ist es nicht
überraschend, dass diese auch wieder recht aktiv vorhergesagt wird. So wird mit
zunehmender Labilisierung von ICON auch etwas CAPE vorhergesagt, sodass auch das
ein oder andere eingelagerte Gewitter nicht ausgeschlossen ist. In Summe muss in
einem Zeitraum von 3 bis 6 h auch wieder mit dem Überschreiten von Warnkriterien
gerechnet werden. So werden Starkregenmengen zwischen 20 und 30 l/qm von
verschiedenen Modellen vorhergesagt und werden zudem von EPS-Verfahren wie
COSMO-LEPS gestützt. Zusammen mit dem Warmsektorregen wären im Norden auch
Dauerregenwarnungen im Zeitraum 12 h denkbar. Das Gros der Niederschläge sollte
aber in einem deutlich kürzeren Zeitraum fallen, sodass aus heutiger Sicht eher
die Starkregenwarnungen wahrscheinlich scheinen.

Mit Durchzug des Wellentiefs geht der Gradient im Norden vorübergehend deutlich
raus, was mit einer vorübergehenden Windabschwächung in Verbindung steht. An der
Südseite des Wellenscheitels bleibt der Wind aber lebhaft mit starken Böen. Vor
allem im Bergland gibt es stürmische Böen und Sturmböen, auf den Berggipfeln
schwere Sturmböen und orkanartigen Böen.

Donnerstag... zieht Bodentrog und Wellentief im Tagesverlauf ostwärts über die
Nordhälfte Deutschlands hinweg. Die zugehörige Kaltfront kommt südwärts voran,
erreicht aber erst zum Abend den Süden. Vor allem in der ersten Tageshälfte gibt
es im Norden weiterhin gebietsweise Starkniederschläge (siehe Beschreibung
Nacht) und auch der ein oder andere Blitz ist weiterhin möglich. In der zweiten
Tageshälfte läuft die Kaltfront dann aus dem stärksten dynamischen Antrieb
heraus (Kaltfront wandert südwärts, Trogachse hingegen ostwärts). Entsprechend
sollten keine warnwürdigen Niederschläge mehr erreicht werden.

Am längsten freundlich bleibt es im Süden. Vor allem südlich der Donau kann sich
die Sonne bei bis zu 23 Grad auch nochmal längere Zeit zeigen. Die Kaltfront
greift dort erst am Abend über und sorgt in der Nacht auf Freitag für länger
andauernde Niederschläge, wobei dann lokal auch markante Niederschlagsmengen
erreicht werden könnten.
In der gesamten Nordhälfte werden mit der Zufuhr von Luftmassen polaren
Ursprungs nur noch 12 bis 14 Grad erwartet. Zudem bilden sich in der
Höhenkaltluft trogrückseitig (T500: <-25 Grad) im Norden einige Schauer und auch
kurze Gewitter. Letztere sind im Umfeld der Nordsee am wahrscheinlichsten, das
dort das warme Wasser noch unterstützend helfen kann.

Erwähnenswert ist am Donnerstag neben dem Niederschlag insbesondere noch der
Wind. Dieser wird mit Passage der Kaltfront deutlich auffrischen. Die 925 hPa
Winde liegen bei bis zu 65 kn. Im Falle einer aktiven Kaltfront sind im
Nordwesten, ausgreifend bis zur Mitte, entsprechend Sturmböen und schwere
Sturmböen erwartet. Vor allem ICON zeigt das auch in den Modelloutputs. Dort
werden sogar Böen bis Bft 11 angedeutet, was angesichts der Höhenwinde nicht
unlogisch erscheint. Allerdings könnte der Tagesgang etwas Wind heraus nehmen.
Letztlich bleibt abzuwarten, wie aktiv die Kaltfront tatsächlich ist.
Im weiteren Tagesverlauf bleibt mit einem scharfen Gradienten auch rückseitig
der Kaltfront der Wind sehr aktiv. So muss weiterhin recht verbreitet mit Böen
Bft 7 bis 8, an der See Bft 9, exponiert Bft 10 aus West bis Nordwest gerechnet
werden. Auf den Bergen gibt es ebenfalls Sturmböen bis hin zu orkanartigen Böen.



Modellvergleich und -einschätzung
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Unsicherheiten ergeben sich im Kurzfristbereich vor allem bei der Entwicklung
des Wellentiefs. Das betrifft zum einen den zeitlichen Ablauf. Die deutsche
Modelkette und auch ECMWF sind im Vergleich deutlich langsamer, als GFS (etwa 6
h). Zum anderen ist die Stärke der Entwicklung noch unsicher, sowohl die
Niederschlagsmengen, als auch die Windgeschwindigkeiten betreffend. Entscheidend
ist, wie intensiv sich das Randtief entwickelt und ob die Kaltfront aktiviert
werden kann oder nicht. Wie bei Wellentiefs üblich, wird wohl erst kurz vor
Schluss Klarheit herrschen, ob es eine markante oder doch unwetterartige
Entwicklung wird.
Donnerstag Unsicherheitn Schärfe der Entwicklung.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer