DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

01-10-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 01.10.2017 um 10.30 UTC



Wechselhaft mit Trog- und Frontpassagen, aber auch Zwischenhochs. Temperatur
meist im jahreszeitlichen Soll. Zeitweise windig, teils stürmisch.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 08.10.2017


Zu Beginn des mittelfristigen Vorhersagezeitraums am kommenden Mittwoch befindet
sich Deutschland auf der Rückseite eines Höhentroges, der kurz zuvor - genau
genommen am Feiertag, dem 3. Oktober - über uns hinweggeschwenkt ist. Dahinter
stellt sich eine west-nordwestliche Höhenströmung ein, in die ein flacher Rücken
eingelagert ist. Dieser stützt einen Keil des Azorenhochs, der sich von
Frankreich her bis in den Alpenraum ausweitet, dabei aber eine extrem flache
Amplitude aufweist. Auf seiner Nordflanke strömt mit geostrophisch westlicher
Strömung subpolare Meeresluft in weite Teile des Landes, in der die
850-hPa-Temperatur mit Ausnahme des äußersten Südens und Südwestens auf unter
5°C, nicht aber auf unter 0°C zurückgeht.

Am Donnerstag formiert sich über der Nordsee ein weiterer Höhentrog, der am
Freitag mit einer gepflegten Portion höhenkalter Luft (T500 -24 bis -29°C) zügig
den Vorhersageraum ostwärts passiert. Das korrespondierende Bodentief etabliert
sich mit etwas unter 990 hPa an der mittelschwedischen Ostseeküste, von wo aus
es ganz langsam zum Finnischen Meerbusen zieht. Die zugehörige Kaltfront greift
schon in der Nacht zum Donnerstag auf Norddeutschland über und erreicht in der
Nacht zum Freitag die Alpen, wo sie orografisch ausgebremst wird. Die
postfrontal einfließende polare Meeresluft (T850 0 bis +3°C) sorgt in Verbindung
mit einem von der Nordsee hereinschenkenden Sekundärtrog, der auch im
Bodendruckfeld abgebildet wird, insbesondere in der Nordhälfte für wechselhaftes
Schauerwetter. An den Alpen stellt sich vorübergehend eine Staulage ein, die für
andauernde Niederschläge und eine sinkende Schneefallgrenze auf unter 2000 m
sorgt. Möglicherweise schneit es bis 1500 m oder etwas darunter herab,
allerdings ist das aktuelle Prognosematerial für belastbare Aussagen noch nicht
zuverlässig genug.

Am Wochenende stellt sich abermals eine nordwestliche Höhenströmung über weiten
Teilen Mitteleuropas respektive Deutschland ein. Die Strömung ist leicht
flatternd, d.h. es schwenken kurzwellige Trog-Keil-Strukturen südostwärts, wobei
aber insgesamt die zyklonale Komponente überwiegt. Im Bodendruckfeld lässt sich
kurzzeitig mal (wieder) ein Azorenhochkeil über Süddeutschland blicken, der sich
zum Sonntag hin aber schon wieder zurückzieht. Ihm steht ein Tief gegenüber, das
von Island kommend über die nördliche Nordsee gen Südnorwegen bzw. Skagerrak
zieht, wo es pünktlich zum sonntäglichen Festtagsschmaus anlanden soll. Zwischen
dem Tief und dem Azorenhochkeil baut sich ein leidlicher Gradient auf, der
besonders der Norhälfte zwar kein stürmisches (Ausnahme Küste/Bergland), wohl
aber ein recht windiges Wochenende bescheren könnte - Schauer und zeitweilige
Regenfälle sowie verhaltene Temperaturen inclusive.

Kurz noch ein Blick auf die erweiterte Mittelfrist, in der sich ein Rückdrehen
der Strömung nebst vorübergehender Milderung andeutet. Ursache ist ein Trog aus
dem Raum um Südgrönland, der sich bei seiner Südostverlagerung merklich
amplifiziert und am Mittwoch knapp westlich von uns liegen soll. Die
vorgeschaltete Kaltfront hat da bereits schon wieder auf den Westen und
Nordwesten übergegriffen, wenn es denn so kommt...
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis Anfang des kommenden Freitags zeigt das IFS-Modell vom ECMF eine stabile
Prognose, in der sich die Basisfelder der jüngsten Läufe nicht nennenswert
unterscheiden. Danach wird der auf Deutschland übergreifende Höhentrog von Lauf
zu Lauf unterschiedlich behandelt. In der gestrigen 00-UTC-Version wurde ein
Abtropfen über der Iberischen Halbinsel mit nachfolgend bei uns eher
antizyklonal geprägtem Wetter (außer im Norden) simuliert. Heute stellt sich
nach der freitäglichen Trogpassage eine nordwestliche Höhenströmung ein, in der
die zyklonale Komponente überwiegt.

Kurzum, im Gegensatz zum gestrigen Szenario würde das nächste Wochenende nicht
nur geringfügig kühler ausfallen, es würde auch mehr und verbreiteter regnen.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Während das amerikanische GFS und das Modell von UKMO eine dem IFS ähnliche
Vorhersage auf die Planche bringen, weichen ICON und auch das kanadische GEM
zeitweise substanziell davon ab. Beide Modelle lassen die Kaltfront am
Donnerstag außen vor und simulieren einen flachen Rücken, was bei uns nicht nur
weniger Regen sondern auch höhere Temperaturen zur Folge hätte. Das Übergreifen
der Front erfolgt erst am Freitag, wobei ICON diese ganz langsam und mit
geringer Wetteraktivität Richtung Süden ziehen lässt, während GEM aufgrund einer
Wellenbildung über Norddeutschland gar nicht so weit kommt. Am Wochenende
gleicht sich ICON dem IFS wieder stärker an mit kühlen und windigen
Verhältnissen (am Samstag Sturmlage im Nordosten).

FAZIT: Schon ab Donnerstag beginnend zeichnen sich schwierige
Koalitionsverhandlungen innerhalb der Modellwelt ab, die die Prognose nicht
gerade einfach machen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die ECMF-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen bereits ab dem
kommenden Donnerstag eine merklich zunehmende Streuung, sowohl bei T850 als auch
bei Pot500. Zwar setzt der Großteil der Ensemblemitglieder von Donnerstag zu
Freitag auf Trog- respektive Kaltfrontpassage, doch es gibt auch Lösungen,
wonach dieses erst am Freitag passieren soll, was in Richtung ICON tendiert.
Unklar ist zudem, wie stark die Erwärmung unmittelbar vor der Front ausfällt.
Nicht wenige Lösungen zeigen am Donnerstag einen z.T. deutlich höheren
Temperaturpeak nach oben als der Haupt- und Kontrolllauf. Selbst im Norden
(Beispiel Hamburg), wo es nach dem deterministischen Modell ja von Anfang an
kühl sein soll (T850 um 2°C), offerieren etwa 30-40% der Ensembles ein
kurzzeitiges Maximum bis zu 11°C.
Zum Wochenende hält sich die Streuung in den Kurvenscharen zwar einigermaßen in
Grenzen, es zeigt sich aber durchweg ein indefinites Grundrauschen, in dem keine
klaren Trends erkennbar sind.
Zum Vergleich, die GFS-Rauchfahnen ähneln denen von ECMF-EPS sehr. Allerdings
kommt die präfrontale Erwärmung am Donnerstag auch im Norden klarer zum
Ausdruck.
Die Clusterung von ECMF-EPS zeigt, dass immerhin 21 von 51 Fällen (CL 2) die
Kaltfront am Donnerstag später durchgehen sehen als der Hauptlauf, der CL 1
zugeordnet wird (31 Fälle). Für den Zeitraum T+120...168h (Freitag bis Sonntag)
ergeben sich drei Cluster, von denen CL 1 und 2 (21 und 17 Fälle plus HL/KL) die
Trogpassage simulieren, während CL 3 (13 Fälle) zu einer schleichenden
Zonalisierung der Höhenströmung neigt (geht Richtung GEM). Für T+192...240h
(Montag bis Mittwoch) wird es noch heterogener. Von den vier angebotenen
Clustern tendiert einer (CL 2 mit 14 Fällen) eindeutig in Richtung zyklonal,
Marke TrM (Trog Mitteleuropa). Alle anderen Varianten zeigen zumindest
vorübergehend einen mehr oder weniger ausgeprägten Höhenrücken auf Deutschland
übergreifen.
FAZIT: Eine Kaltfrontpassage von Donnerstag zu Freitag scheint sicher. Unsicher
sind das Timing sowie das Maß der präfrontalen Erwärmung. Am Wochenende zeichnet
sich ein wechselhafter Wettercharakter ab, bevor es danach ganz unsicher wird.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Das Hauptaugenmerk für signifikante Wettererscheinungen im Mittelfristzeitraum
dürfte eindeutig auf WIND/STURM liegen. Zwar deutet sich keine ausgewachsene
Sturmlage z.B. verursacht durch einen Schnellläufer an, gleichwohl frischt der
aus westlichen, zeitweise nordwestlichen Richtungen wehende Wind mitunter
merklich auf. Am anfälligsten für STURMBÖEN sind die Küste, das angrenzende
Binnenland und höhere Lagen, wobei die zeitliche Auflösung (wann treten die
höchsten Spitzen auf?) noch recht unscharf ist.

Zwar kommt es mittelfristig auch immer wieder zu Niederschlägen, Hinweise auf
signifikante Mengen im Sinne des Warnmanagements zeichnen sich aber kaum ab.
Sollte allerdings die für Donnerstag zu Freitag apostrophierte Kaltfront im
Norden ins Schleifen geraten bzw. richtig wellen, könnten gebietsweise doch mal
etwas höhere Regenmengen zusammenkommen. COSMO-LEPS und auch ECMF-EPS zeigen
schwache Signale bis zu 20% für RR-Raten > 30mm/24h an und um die Nordsee.

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Basis für Mittelfristvorhersage
ECMF-EPS mit ECMF-MOS.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann