DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-09-2017 09:00
SXEU31 DWAV 240800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 24.09.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HFz
Unbeständig mit Schauern und Gewittern, dabei lokal eng begrenzt Starkregen
nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Sonntag... zeichnet sich das Strömungsmuster über Europa durch eine markante
Blockadesituation aus mit einer hochreichenden und umfangreichen Antizyklone
über dem fennoskandischen Raum mit Schwerpunkt über Finnland und einem
Höhentief, das sich von Rumänien bis nach Süddeutschland erstreckt. Mangels
abgeschlossener Zirkulation im Bodenfeld (lediglich eine flache Tiefdruckrinne,
die sich von Rumänien bis nach Nordostdeutschland erstreckt, ist erkennbar und
auch nur in hoher 2 hPa-Auflösung) erfüllt das Höhentief eher die Eigenschaften
eines Kaltlufttropfens (KLT), der zudem noch mehrere Drehzentren aufweist. Eines
dieser Drehzentren verlagert sich im Tagesverlauf von Rumänien zur Slowakei, ein
weiteres von Süddeutschland zur nördlichen Adria. Somit verbleibt der äußerste
Süden noch im Einflussbereich einer recht höhenkalten (bis -20 in 500 hPa, um 7
Grad in 850 hPa) und potenziell instabilen Luftmasse, in der es bereits in der
Nacht an den Alpen einzelne Gewitter gab. Im Tagesverlauf vermag die
Einstrahlung nach Lesart des ICON-EU in etwa 100 bis 200 J/kg ML-Cape zu
generieren, so dass sich - nicht zuletzt mit orographischer Unterstützung - an
den Alpen sowie im angrenzenden Alpenvorland einzelne Schauer und auch Gewitter
entwickeln. Bei PPW-Werten um oder knapp unter 20 mm dürfte das Thema Starkregen
nur ganz vereinzelt eine Rolle spielen, hauptsächlich aufgrund der langsamen
Zuggeschwindigkeit. COSMO-DE-EPS von 03 UTC zeigt insbesondere im Zeitraum 06
bis 12 UTC vom Oberallgäu bis zum Ammergebirge erhöhte Wahrscheinlichkeiten
dafür. Mit Abzug des Drehzentrums nach Süden klingen die Schauer und Gewitter
bereits ab den Nachmittags- und Abendstunden wieder ab.
Entlang der Nordflanke des KLT führt schwache WLA zu Aufgleiten und entsprechend
auch zu meist leichten Niederschlägen im Osten und Nordosten Deutschlands, in
etwa im Bereich der weiter oben beschriebenen flachen Tiefdruckrinne. Diese sind
im Tagesverlauf zeit- und gebietsweise konvektiv durchsetzt, allerdings bleibt
die Gewitterwahrscheinlichkeit mangels vertikaler Erstreckung (meist reichen die
Schauer nur bis etwa 650 bis 600 hPa hoch) gering. Zwölfstündig werden in etwa
entlang und nordöstlich von Weser und Werra - mit Ausnahme des äußersten
Nordostens - aber nur Mengen zwischen 1 und 5 mm simuliert.
In den übrigen Landesteilen dominiert schwacher Hochdruckeinfluss. An der Ostsee
frischt am Rande des seinen Schwerpunkt ein wenig nach Süden verlagernden
kräftigen Bodenhochs über Nordwestrussland der Ostwind ein wenig auf, für
warnrelevante Böen reicht es aber nicht.
Die Sonne zeigt sich am ehesten im Südwesten und Westen sowie zwischen Main und
Donau und eventuell auch an der Ostsee. Ansonsten überwiegen die Wolken, im
östlichen Bergland bleibt es sogar meist bedeckt und trüb. Dort werden nur etwa
12 bis 15 Grad erreicht, sonst 15 bis 20 Grad, mit Sonne am Rhein auch 21 bis 22
Grad.

In der Nacht zum Montag verlagert sich an der Nordflanke des KLT`s ein Randtrog
nach Ostdeutschland. Auf dessen Vorderseite verstärken sich aufgrund von PVA die
Hebungsprozesse ein wenig, so dass vor allem in Brandenburg sowie in Sachsen von
Polen her vermehrt und teils schauerartig verstärkte Niederschläge einsetzen. In
der Fläche simulieren die deterministischen Modelle mit 1 bis 9 mm zwar keine
warnrelevanten Mengen, dennoch sind vor allem in der zweiten Nachthälfte auch
Gewitter nicht ausgeschlossen und die Konvektion erlaubenden Modelle (COSMO-DE)
geben durchaus sogar Hinweise auf punktuelle Starkregenereignisse.
Im übrigen Land verläuft die Nacht wettertechnisch ruhig. Die Schauer im Süden
und die leichten Regenfälle im Norden bzw. Nordosten lassen nach und es bleibt
vielerorts trocken. Im Westen und Süden lockern die Wolken stärker auf,
teilweise ist es gering bewölkt, so dass sich wieder Nebel bilden kann.

Montag... organisiert sich der KLT wieder etwas besser und weit im Tagesverlauf
nur noch ein Drehzentrum auf, das sich bis zum Abend etwa in die Mitte
Deutschlands verlagert. Gleichzeitig tropft aus dem umfangreichen Langwellentrog
über dem Nordatlantik mit Drehzentrum etwa über der Südspitze Grönlands ein
Randtrog über England ab und zieht bis zum 18 UTC-Termin zum Ärmelkanal.
Im Bodenfeld setzt auf dessen Vorderseite über Frankreich schwacher Druckfall
ein, wobei sich eine flache Tiefdruckrinne nach Süddeutschland ausweitet,
während sich das nahezu ortsfeste fennoskandische Bodenhoch noch ein wenig
verstärkt. Dadurch verschärft sich der Druckgradient im äußersten Norden des
Landes ein wenig und der Ostwind frischt erneut auf. Voraussichtlich reicht es
aber lediglich an exponierten Küstenabschnitten bzw. über der offenen See (z.B.
Kap Arkona oder Helgoland) für warnrelevante Böen (Bft 7).
An der Nordflanke des KLT dauern die Hebungsprozesse an, dazu wird höhenkältere
Luft mit Temperaturen um oder knapp unter -20 Grad in den Osten und Norden
Deutschlands advehiert, was bei Temperaturen um 5 Grad in 850 hPa zu einer
weiteren Labilisierung führt. Somit nehmen die Niederschläge dort zunehmend
konvektiven Charakter an und weiten sich allmählich von der Osthälfte Richtung
Nordwesten, bis ins nördliche und mittlere Niedersachsen, Nordhessen und
Thüringen aus. ICON-EU simuliert eine ML-Cape von 100 bis 200 J/kg, GFS bis etwa
300 J/kg bei PPW-Werten von 25 mm oder knapp darüber. Somit kann es neben
Schauern auch einzelne Gewitter geben, wobei auch Starkregen und eventuell
Graupel bzw. kleinkörniger Hagel lokal eng begrenzt nicht ausgeschlossen sind.
GFS lässt die Niederschläge insgesamt weiter nach Westen vorankommen als ICON-EU
bzw. ECMWF. Mengenmäßig werden recht einheitlich bis etwa 10 mm, punktuell auch
etwas mehr, in 12 Stunden simuliert.
An der Südflanke des Höhentiefs, über Süddeutschland, ist die Luftmasse
ebenfalls zunehmend potenziell instabil geschichtet, ICON-EU simuliert dort
sogar geringfügig höhere Cape-Werte als im Norden und Osten. Allerdings wird vor
allem nachmittags und abends auch eine höhere CIN simuliert und entsprechend
weniger Konvektion. ICON-EU lässt es dort sogar komplett trocken, während vor
allem GFS dort ebenfalls, wenn auch deutlich weniger, Schauer und Gewitter auf
der Agenda hat. Starkregen dürfte bei PPW-Werten um 20 mm aber kaum oder
zumindest eine noch geringere Rolle spielen als im Norden und Osten.
Während es im unmittelbaren Einflussbereich des KLT über den östlichen und
mittleren Landesteilen meist stark bewölkt bis bedeckt bleibt, zeigt sich vor
allem im Südwesten und Süden (nach ICON-EU auch im äußersten Westen) häufig die
Sonne. Die Höchstwerte liegen zwischen 13 Grad unter den dichten Wolken und 20
Grad im südlichen Oberrheingraben.

In der Nacht zum Dienstag zieht das über dem Ärmelkanal abgetropfte Höhentief
nach Nordostfrankreich und wird Teil des KLT`s über Mitteleuropa respektive
Deutschland, der nun wieder mehrere Drehzentren aufweist. Zudem ist im Bodenfeld
jetzt ebenfalls eine abgeschlossene zyklonale Zirkulation über dem westlichen
Mitteleuropa erkennbar, so dass wir es per Definitionem wieder mit einem
klassischen Höhentief zu tun haben. Das nördliche Drehzentrum des Höhentiefs
verlagert sich allmählich nach Nordwestdeutschland, die Niederschläge an dessen
Nordwestflanke somit eher Richtung Nordsee und klingen somit im Osten und Norden
des Landes - wenn auch nur sehr zögernd - ab. Einzelne Gewitter sind dabei aber
vor allem an den Küsten weiterhin möglich.
Vorderseitig des Höhentiefs über Nordostfrankreich verstärken sich dagegen über
dem Südwesten Deutschlands die Hebungsprozesse vor allem aufgrund von PVA. Dort
setzen schauerartige Niederschläge ein, die sich von der Eifel bzw. der Pfalz
südostwärts bis nach Oberschwaben und das Allgäu ausweiten. GFS und ICON-EU
simulieren - mit leicht unterschiedlicher räumlicher Verteilung - etwa 5 bis 15
mm in 12 Stunden (GFS mit Schwerpunkt über dem Nordschwarzwald, ICON-EU
ebenfalls dort, aber auch Richtung Bodensee und Oberschwaben).
Insgesamt lockern die Wolken auch in den Gebieten, in denen es kaum mehr regnet
bzw. trocken bleibt, nur selten mal stärker auf, dann kann sich aber
stellenweise erneut Nebel bilden. Der Wind im Ostseeküstenbereich weht weiterhin
lebhaft aus Ost bis Südost, für warnrelevante Böen reicht es aber kaum mehr.

Dienstag... verlagert sich das Drehzentrum über Nordostfrankreich zur Schweiz,
während sich das Hauptdrehzentrum des Höhentiefs weiterhin über dem Nordwesten
Deutschlands befindet. Auch das nur sehr flach ausgeprägte Bodentief über
Belgien sowie das kräftige fennoskandische Hochdruckgebiet zeigen kaum
Verlagerungstendenzen.
Die höhenkältesten und potenziell instabilste Luftmasse befindet sich somit
weiterhin über der Nord- und Osthälfte sowie der Mitte Deutschlands mit Werten
knapp unter -20 Grad in 500 hPa und etwa 5 Grad in 850 hPa. Erneut wird eine
ML-Cape von etwa 100 bis 300 J/kg simuliert bei PPW-Werten von etwa 20 bis 25
mm. Dort entwickeln sich im Tagesverlauf erneut vielerorts Schauer und Gewitter,
die lokal eng begrenzt auch Starkregen bringen können (eventuell auch
sechsstündig), nicht zuletzt wegen der weiterhin nur geringen
Zuggeschwindigkeit.
Im Süden verlagern sich die schauerartigen Niederschläge allmählich Richtung
Alpen, ICON-EU simuliert im Allgäu und an den Alpen erneut 5 bis über 10 mm in
12 Stunden, GFS weniger. Dahinter lockern die Wolken vor allem im Südwesten auf
und es sollte kaum mehr oder nur ganz vereinzelt für Schauer reichen bei nur
sehr geringer Gewitterwahrscheinlichkeit.
Insgesamt macht sich die Sonne aber recht rar, am ehesten zeigt sie sich wohl
noch im Südwesten. Dort können dann eventuell nochmals 18 bis knapp 20 Grad
erreicht werden, sonst liegen die Höchstwerte meist zwischen 14 und 18 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Alle vorliegenden Modelle zeigen eine ähnliche Wetterentwicklung im
Kurzfristbereich. Unterschiede ergeben sich am ehesten noch bzgl. der räumlichen
Verteilung der simulierten Niederschläge. ECMWF hat z.B. die (wohl nicht
warnrelevanten) Regenfälle in der Nacht zum Dienstag im Südwesten Deutschlands
überhaupt nicht im Programm, simuliert dagegen aber am Dienstag tagsüber eine
gegenüber GFS und vor allem ICON-EU erhöhte konvektive Aktivität in ganz
Süddeutschland.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff