DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-09-2017 21:00
SXEU31 DWAV 141800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 14.09.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Nachts weiter nachlassender Wind. Ab Freitag kühle Troglage mit Schauern und
auch kurzen Gewittern.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland an der Südflanke eines umfangreichen
nordeuropäischen Langwellentroges mit Drehzentrum in etwa über Lappland (in 500
hPa). Dabei überquert ein kurzwelliger Randtrog im Laufe der ersten Nachthälfte
die Mitte des Landes rasch ostwärts, gefolgt von einem flachen Höhenrücken, der
sich in der Früh bereits quer über die Mitte Deutschlands hinweg nordwärts
erstreckt.
Im Bodenfeld hat an der Südwestflanke eines sich vom Baltikum allmählich nach
Südfinnland verlagernden Tiefdruckgebietes ein mit dem Kurzwellentrog
korrespondierender Bodentrog aktuell den Westen des Landes erreicht und
verlagert sich rasch über die Mitte hinweg ostwärts. Mit der damit
einhergehenden Gradientverschärfung hat im Westen noch einmal der Wind zugelegt
und dreht von Südwest auf West bis Nordwest. Dabei gibt es anfangs im Westen und
in der Mitte auch in den Niederungen noch stürmische Böen (Bft 8), später
schwächt sich das Starkwindfeld bei weiterer Ostverlagerung ab, in Thüringen und
Sachsen reicht es meist nur noch für steife Böen (Bft 7), ehe der Wind ausgangs
der Nacht auch dort weiter abnimmt.
Im übrigen Land flaut der Wind bereits im Laufe der ersten Nachthälfte deutlich
ab. Lediglich an den Küsten gibt es noch Böen Bft 7 bis 8, ebenso in den Kamm-
und Gipfellagen einiger Mittelgebirge und der Alpen, wobei es dort auf
exponierten Gipfeln anfangs noch Sturmböen geben kann.
Im Bereich des Bodentroges fällt zeitweise schauerartiger Regen, wobei anfangs
auch kurze Gewitter dabei sein können. Mit weiterer Ostverlagerung schwächen
sich die Regenfälle ab, warnrelevante Mengen werden nirgendwo erreicht (maximal
etwa 10 mm in 6 Stunden). Ansonsten kommt die Schauer- und Gewittertätigkeit im
Laufe der Nacht vielerorts zum Erliegen. Lediglich an den Küsten sorgt die
diabatische Erwärmung der Grundschicht über dem relativ warmen Meerwasser
weiterhin für labile Verhältnisse, so dass dort nach wie vor mit Schauern und
kurzen Gewittern zu rechnen ist.

Freitag ... wird der Trog von Nordwesten her durch KLA regeneriert und weitet
sich über das westliche Mitteleuropa hinweg bis zum Süden der Iberischen
Halbinsel aus. Insgesamt kommt er auch etwas weiter nach Osten voran, so dass
sich der Höhenrücken über der Mitte des Landes rasch ins östliche Mitteleuropa
verlagert und das Höhenfeld eine wieder zunehmend zyklonale Kontur annimmt.
Synoptisch-skalige Hebungsprozesse sind in unmittelbarer Trognähe kaum
auszumachen. Jedoch weitet sich labil geschichtete Höhenkaltluft (bis -25 Grad
in 500 hPa, um +3 Grad in 850 hPa) von Westen her auf weite Teile des Landes -
abgesehen vom äußersten Südosten - aus.
Das Bodentief über Südfinnland zieht allmählich nordostwärts ab, so dass der
Gradient in weiten Teilen des Landes weiter auffächert. Lediglich ganz im Norden
bleibt er weiterhin recht scharf ausgeprägt, zumal sich im Lee des Norwegischen
Gebirges ein Bodentrog über dem Skagerrak und der mittleren Nordsee ausbildet,
der sich allmählich der Deutschen Bucht und Dänemark annähert. Insgesamt
schwächt sich der Wind in den Vormittagsstunden somit auch in den Gipfellagen
der östlichen Mittelgebirge weiter ab. Mit warnrelevanten Böen (Bft 7, exponiert
auch Bft 8 aus West) ist dann nur noch an den Küsten und eventuell noch im
angrenzenden Binnenland zu rechnen. Auf einigen exponierten Mittelgebirgsgipfeln
(Brocken) reicht es noch vereinzelt für stürmische Böen.
Mit Trogannäherung lebt im Tagesverlauf die Schauer- und Gewittertätigkeit von
Westen her wieder auf. ICON-EU simuliert eine ML-Cape von etwa 100 bis 200 J/kg,
punktuell auch mehr. Als Begleiterscheinungen der eher vereinzelt auftretenden
Gewitter sind somit Graupel bzw. kleinkörniger Hagel und Böen Bft 7 bis 8
denkbar. Die meisten Gewitter dürfte es im Westen und in den mittleren
Landesteilen sowie ganz im Norden geben, wobei im Nordseeumfeld vor allem in der
Nähe des Bodentroges auch ein geringes Risiko für Wasserhosen (Typ 2-Tornados)
besteht. Nach Osten und Süden zu treten die Schauer seltener auf, wobei auch
dort einzelne Gewitter nicht ausgeschlossen sind. Außer vielleicht ganz im
Südosten, wo sich schwache Aufgleitvorgänge an der Nordflanke eines flachen
Tiefs über Norditalien in Form dichter Wolkenfelder und zeitweiliger leichter
Regenfälle am Alpenrand bemerkbar machen.
Während es vor allem im Westen meist stark bewölkt bleibt, scheint im Nordosten
und im Süden auch zeitweise mal die Sonne. Insgesamt bleibt es mit Höchstwerten
zwischen 12 und 18 Grad recht frisch.

In der Nacht zum Samstag verstärken sich die Aufgleitprozesse über dem äußersten
Südosten des Landes mit einer sich intensivierenden Zyklogenese über dem Golf
von Genua bzw. über der Nordadria etwas und somit auch die Regenfälle am
Alpenrand, die sich zudem ein wenig ins Alpenvorland ausweiten. Warnrelevante
Mengen hat aktuell aber kein Modell auf der Karte (meist 1 bis 5 mm in 12
Stunden, außer GFS von 06 UTC mit 25 mm im Bereich des Königssees). Im übrigen
Land ändert sich an der großräumigen Konstellation nur wenig, nach wie vor
befindet sich ein zwar zunehmend flacher, aber mit einem konvergenten Windfeld
ausgestatteter Bodentrog über der Deutschen Bucht.
Somit klingen die Schauer und Gewitter im Binnenland im Laufe der Nacht rasch ab
und mancherorts klart der Himmel auf, so dass sich Nebel bilden kann. Im
Küstenbereich, insbesondere im Nordseeumfeld, ist dagegen weiterhin mit Schauern
und kurzen Gewittern zu rechnen, nach wie vor kann auch die ein oder andere
Wasserhose nicht ausgeschlossen werden. Immerhin simulieren alle vorliegenden
Modelle im Bereich der Deutschen Bucht zwölfstündige Mengen zwischen 5 und 15
mm.
Der Wind außerhalb der Schauer schwächt sich allerdings weiter ab und dürfte
warntechnisch keine Rolle mehr spielen.

Samstag ... spaltet sich von der zunehmend positiv geneigten Trogachse ein
eigenständiges Höhentief über dem Süden der Britischen Inseln ab, wobei vor
allem der Norden und Westen des Landes im unmittelbaren Einflussbereich des
Troges verbleiben. Der äußerste Südosten befindet sich dagegen weiterhin
trogvorderseitig unterhalb einer südwestlichen Höhenströmung. Dort kommt es
weiterhin zu WLA-induzierten Hebungs- und Aufgleitprozessen. Somit dauern die
meist nur leichten Niederschläge an den Alpen und in Südostbayern weiter an,
wobei meist etwa 5 bis 10 mm in 12 Stunden simuliert werden, an den Alpen auch
etwas mehr.
Die Westhälfte Deutschlands verbleibt dagegen im Einflussbereich der höhenkalten
Meeresluft (bis -26 Grad in 500 hPa und um +3 Grad in 850 hPa), wobei der sich
vom Kattegat über die Deutsche Bucht hinweg bis zum Westausgang des Ärmelkanals
erstreckende Bodentrog zwar weiter abschwächt, aber noch erhalten bleibt. Vor
allem im Südwesten und Westen sorgt ein heranschwenkender Randtrog für ein
rasches Aufleben der Schauer- und Gewittertätigkeit im Tagesverlauf. Die
simulierte ML-Cape ähnelt der vom Vortag, so dass die einzelnen Gewitter
hauptsächlich von Böen Bft 7 bis 8 und kleinkörnigem Hagel bzw. Graupel
begleitet werden können.
Schauer und kurze Gewitter gibt es weiterhin auch im Nordseeumfeld (inkl.
Latenter Wasserhosengefahr) und später in den mittleren Landesteilen, während es
im Nordosten wohl nur ganz vereinzelt für kurze Schauer reichen dürfte und oft
auch trocken bleibt.
Dort scheint die Sonne auch am häufigsten, während es sonst unterschiedlich
bewölkt, im Südosten bedeckt bleibt. Die Temperaturen erreichen am verregneten
Alpenrand nur Werte um oder knapp über 10 Grad, sonst etwa 13 bis 18, im Osten
mit viel Sonne vielleicht 19 Grad.

In der Nacht zum Sonntag verlagert sich das Drehzentrum des Höhentiefs nach
Frankreich und erstreckt sich bis nach Nordwestdeutschland, wo sich ein eigenes
Drehzentrum ausbildet.
An der Südostflanke des Troges dauern die Aufgleitprozesse im äußersten Südosten
weiter an, schwächen sich aber allmählich ab. Allerdings kommt es über
Ostösterreich bzw. dem Osten Tschechiens zu einer Zyklogenese, das Bodentief
verlagert sich bis Sonntagfrüh nach Zentralpolen. Aufgleitniederschläge an der
Westflanke des Tiefs können auch die Lausitz streifen. Sowohl dort als auch in
Südostbayern hat weiterhin kein Modell warnrelevante Mengen auf der Karte
(maximal 5 bis 10 mm in 12 Stunden).
Im übrigen Land bleibt alles beim Alten: Die Schauer- und Gewittertätigkeit
kommt im Binnenland allmählich zum Erliegen, während im Nordseeumfeld weiterhin
mit Schauern und kurzen Gewittern zu rechnen ist. Nach wie vor ist auch ein
flacher Bodentrog bzw. eine Rinne auszumachen, deren Achse sich aber allmählich
etwas nach Westen verlagert.
Bei längerem Aufklaren kann sich im Binnenland wieder örtlich Nebel bilden.

Sonntag ... verlagert sich das Drehzentrum des Höhentiefs nach Norddeutschland.
Während sich das auf dessen Vorderseite langsam nach Norden ziehende Bodentief
über dem östlichen Mitteleuropa bzw. Osteuropa noch etwas verstärkt, verbleibt
das Vorhersagegebiet im Bereich schwacher Luftdruckgegensätze. Aufgleitprozesse
an der Westflanke des Tiefs dürften den Vorhersagebereich aber nicht tangieren.
Allerdings entwickeln sich im Einflussbereich nach wie vor höhenkalter und labil
geschichteter Luftmassen (-24 bis -26 in 500 hPa, um +4 in 850 hPa) im
Tagesverlauf verbreitet Schauer und kurze Gewitter, wobei von Modell(lauf) zu
Modell(lauf) die Schwerpunkte der Niederschlagstätigkeit noch recht
unterschiedlich simuliert werden. Die Mengen bewegen sich allerdings recht
einheitlich zwischen 1 und 10 mm in 12 Stunden, punktuell auch mal darüber.
Im Trogbereich werden 100 bis 300 J/kg ML-Cape simuliert, so dass nach wie vor
Böen Bft 7 bis 8 und kleinkörniger Hagel bzw. Graupel hauptsächlich als
Begleiterscheinungen der Gewitter auftreten sollten.
Die Sonne macht sich insgesamt recht rar, am häufigsten soll sie nach MOSMIX
noch im Nordosten scheinen, am wenigsten in Südostbayern. Je nach
Sonnenscheindauer bewegen sich die Höchstwerte zwischen 12 und 18 Grad.



Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle simulieren durch die Bank weg eine ähnliche
Wetterentwicklung im Kurzfristbereich. Im Detail ergeben sich kleinere
Differenzen bzgl. der räumlichen Verteilung der Niedersachläge, die aber aller
Voraussicht nicht warnrelevant sind.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff