DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-09-2017 21:00
SXEU31 DWAV 121800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 12.09.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Mittwoch Sturmlage. An der Nordsee Böen Bft 11 wahrscheinlich. Auch im
höheren Bergland orkanartige Böen oder Orkanböen. Nachfolgend in der Nacht zum
Donnerstag in der Südhälfte gebietsweise Dauerregen, auch ergiebiger Dauerregen
(Unwetter) nicht ausgeschlossen.
Am Donnerstag vor allem im Bergland, an der See oder bei Gewitter stürmische
Böen. Am Freitag Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... liegen wir im Einflussbereich eines von Deutschland ostwärts
ziehenden Höhentroges. Dabei haben sich örtliche Schauer und Gewitter gebildet,
die aber mit Abzug des Troges abends und nachts zusammenfallen. In der Nacht
klart der Himmel häufig auf, ehe in der 2. Nachthälfte mit Annäherung des
nächsten Frontensystems im Westen und Nordwesten die Bewölkung zunimmt und
nachfolgend Regen einsetzt. Im äußersten Osten und Südosten kommt die Bewölkung
Mittwochfrüh an. Dann liegt das neue Sturmtief oder besser Orkantief mit einem
kerndruck von 979 hPa bereits über der westlichen Nordsee mit einer
teilokkludierten Front über dem äußersten Westen Deutschlands. Im Bereich der
Front frischt der Wind kräftig auf mit starken bis stürmischen Böen, an der
Nordsee und auf exponierten Bergen mit Sturmböen.

Mittwoch ... verlagert sich das Orkantief unter vorübergehender Vertiefung bis
zum Abend nach Dänemark. Erst im Laufe des Abends wird es noch etwas schwächer
und erreicht zum Tagesende Südschweden. Dabei stehen auch im Flachland
stürmische Böen auf dem Programm und im Nordwesten Sturmböen und einzelne
Schwere Sturmböen. Im Nordseeküstenbereich sind orkanartige Böen und einzelne
Orkanböen wahrscheinlich. Dabei reicht die Gefahr von 11er Böen doch einige
Kilometer landeinwärts. ICON berechnet ab Mittag vor allem an der Nordseeküste
Schleswig-Hs. Böen Bft 12, was angesichts von 60 kt Mittelwind in 850 hPa und
postfrontal einsetzender Konvektion nur wenig übertrieben erscheint. GFS
simuliert lediglich 11er Böen, die Abends die Ostseeküste tangieren in einem
Streifen von Fehmarn über Fischland bis Kap Arkona.

Die korrespondierende Kaltfront/Okklusion überquert nämlich den Norden und die
Mitte Deutschlands ost-südostwärts, wird dann aber westlich von uns im Zuge
einer Wellenentwicklung über Frankreich rückläufig. Im Einzugsbereich der Welle
simulieren die Modelle dann kräftige Regenfälle, die vereinzelt die
Unwetterschwelle bezüglich DAUERREGEN überschreiten, wobei der Hauptregen in der
Nacht zum Donnerstag, im Zeitraum von Mittwoch 18 UTC bis Donnerstag 06 UTC,
fällt. Nach derzeitigem Stand wird am ehesten der Bereich vom Saarland und der
Südpfalz über den Odenwald bis nach Nordwestbayern von Dauerregen und teilweise
auch ergiebigem Dauerregen erfasst. Allerdings berechnen die Modelle
unterschiedliche Regenschwerpunkte (s. u.)

Neben dem Regen im Südwesten ist der Wind in der Nacht zum Donnerstag weiterhin
ein Thema. Er lässt zwar nach, in exponierten Lagen an der Küste sowie auf
Berggipfeln sind aber nach wie vor Sturmböen oder sogar schwere Sturmböen
möglich. Auf dem Brocken kann es orkanartige Böen geben.

Donnerstag ... verlagert sich die nunmehr hochreichende Zyklone von
Südskandinavien zur Südwestküste Finnlands. Der davon ausgehende Trog weitet
sich nach Südwesten aus und erfasst bis zum Abend auch ganz Deutschland. Dabei
wird mit kräftiger westnordwestlicher Strömung kühle Meeresluft polaren
Ursprungs nach Deutschland transportiert. Im Bodendruckfeld fällt auf, dass ein
anfangs scharfe Bodentrog weiter nach Osten bis Südosten über uns hinweg zieht,
wobei er an Kontur verliert.
Die Kaltfront erreicht schon mittags die Alpen und schwenkt weiter nach
Südosten. Damit lässt spätestens am Nachmittag auch im Südosten der Regen nach.
Im Bereich von Boden- und auch Höhentrog, der eine ähnliche Achsenlage hat,
treten häufiger Schauer und besonders an der Küste kurze Gewitter auf.

Markant ist weiterhin der Wind. Er kommt aus südwestlichen bis westlichen
Richtungen. Dabei gibt es verbreitet starke bis stürmische Böen. An den Küsten
treten Sturmböen, vereinzelt schwere Sturmböen auf. In Gipfellagen der
Mittelgebirge sind häufiger Sturmböen zu erwarten, exponiert muss weiter mit
orkanartigen Böen, vereinzelt mit Orkanböen gerechnet werden. Mit Abzug des
Tiefs lässt der Wind gegen Abend etwas nach. Die 20 Grad Marke wird nicht mehr
erreicht, die Maxima liegen meist zwischen 14 und 19 Grad.

In der Nacht zum Freitag beruhigt sich das Wetter etwas. Die Niederschläge
lassen nach und der Wind schwächt sich vor allem im Tiefland ab. An den Küsten
und im Bergland kommt es aber anfangs noch zu stürmischen Böen.

Freitag ... verlagert sich das Zentraltief über Finnland nur noch wenig nach
Nordosten. Der Haupthöhentrog dehnt sich westlich von uns durch KLA noch etwas
nach Süden aus und überdeckt Südwesteuropa. Daran schmiegt sich auch ein neuer
Bodentrog, der bis zum Abend unter Verschärfung Benelux erreicht. So dreht der
nunmehr schwache bis mäßige, nur an der See anfangs auch frische Wind wieder auf
Südwest bis Süd zurück. Letztlich bleiben wir aber in der eingeströmten kühlen
Luftmasse und Schauer werden wegen der Nähe zum Trog eher im Westen und
Nordwesten sowie in der Mitte erwartet, während der Süden und äußerste Osten
gebietsweise trocken bleibt. Gewitter beschränken sich wahrscheinlich auf den
äußersten Nordwesten (Mosmix-Wahrscheinlichkeit für Gewitter 20 bis 40 Prozent).



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren großräumig recht ähnlich.

Die Wahrscheinlichkeit von Böen bft 11 ist nach CosmoDe-EPS vor allem an der
Westküste Schleswig-Holsteins recht groß mit rund 80 Prozent und die für 12er
Böen ist mit rund 50 Prozent ebenfalls hoch. Um die Unwettersituation kommen wir
daher nicht drum herum.

Die neuesten Modellläufe bringen immer noch kein einheitliches Bild beim
Regenschwerpunkt in der Nacht zum Donnerstag. GFS zeigt noch eine nördliche Lage
mit Dauerregen bis in den Hintertaunus und bis zum Vogelsberg sowie nach
Unterfranken.
ICON hat dagegen eine um rund 100 km südlichere Lage. Für die Warnung bleibt
aber noch genügend Zeit bis Morgen Vormittag.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden