DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-09-2017 21:00
SXEU31 DWAV 071800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 07.09.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Auffrischender Wind, an den Küsten und im Bergland stürmische Böen, exponiert
Sturmböen. Im Westen gebietsweise Dauerregen. An der Nordsee kräftige Schauer,
dort eher Starkregen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... gelangt mit westlicher Strömung wolkenreiche und relativ kühle
Meeresluft nach Mitteleuropa. Dabei fächert die Höhenströmung weiter auf und am
Boden überquert uns abends und nachts ein Zwischenhoch nach Osten.
Dabei fächert der Gradient auf und der Wind flaut auch an der Ostseeküste weiter
ab, so dass dort keine Warnungen mehr nötig sind.
Die anfänglichen Schauer im Norden und Osten klingen ab und die Bewölkung
lockert vor allem im Süden stärker auf, dort kann es auch aufklaren mit dem ein
oder anderen Nebelfeld.
Für die nächsten Tage gewinnt ein Langwellentrog an Bedeutung, der sich in den
Nordwesten Europas verlagert. Auf seiner Vorderseite verstärkt sich das ins
Seegebiet zwischen Island und Schottland ziehende Tief.
Die Ausläufer dieses Tiefs greifen mit deutlich auffrischendem Wind und Regen im
Laufe der Nacht auf den Nordwesten über, ansonsten macht sich die Annäherung der
Tiefausläufer lediglich in zunehmender Bewölkung bemerkbar. An der Nordsee sind
Windböen, exponiert stürmische Böen möglich, auf dem Brocken gibt es Sturmböen.

Freitag ... nähert sich der Trog von Nordwesten her weiter an, wobei sich das
Drehzentrum des eingelagerten hochreichenden Tiefs nach Schottland
verlagert. Auf seiner Vorderseite dreht die Strömung nach Südwest zurück. Die
Warmfront zieht über den Norden hinweg, bevor die Kaltfront im Tagesverlauf von
Nordwesten her übergreift und vorübergehend höhenströmungsparallel schleifend
über Deutschland liegt. Zum Abend nähert sich über Frankreich und Benelux eine
Welle an.
Dabei wird mit auffrischendem Südwestwind in den Süden wieder wärmere Luft mit
Temperaturen von ca. 10 Grad in 850 hPa advehiert, während der Nordwesten
postfrontal rasch wieder in den Zustrom kühler Meeresluft gelangt.

Über der Mitte und im Nordwesten frischt der Wind auf mit Böen Bft 7,
teilweise bis ins Flachland. An den Küsten werden Bft 7 bis 8, exponiert Bft 9
erreicht. Das Windmaximum dürfte zunächst an der Nordsee liegen,
nachmittags dann aber eher an der Ostseeküste zu finden sein. Im
Bergland sind starke bis stürmische Böen zu erwarten, exponiert auf
dem Brocken schwere Sturmböen oder orkanartige Böen.

Dazu kommt nach ICON Lesart nordwestlich einer Linie von der Mosel
über das Eichsfeld bis zum Oderbruch im Tagesverlauf Regen auf, der gebietsweise
Warnschwellen überschreitet. Im Nordwesten, vor allem im Nordseeumfeld zieht der
frontale Regen zügig durch und nachfolgend kommt es in zunehmend höhenkalter
Luft zu Schauern und kurzen Gewittern, die über der "warmen" Nordsee diabatische
Unterstützung erhalten. Dabei ist kurzzeitig, aber auch mehrstündig, falls sich
Schauerlinien bilden, oder widerholt Schauer auftreten, Starkregen nicht
unwahrscheinlich.
Ab dem Vormittag setzt auch im Westen Regen ein, der bis in den Samstag hinein
andauern kann. Der ca. 24 stündige Dauerregen liefert vorzugsweise in Teilen
NRWs (Bergisches Land bis Ruhrgebiet) etwa 30 bis 50 mm Niederschlag. Die
Hinweise auf unwetterartige Mengen sind sowohl deterministisch, als auch
probabilistisch gering.
Im Süden und Südosten passiert auf jeden Fall noch nicht so viel, mal abgesehen
von dem im Bergland weiter auffrischendem Südwestwind, der in einigen Hochlagen
Sturmstärke erreicht.

In der Nacht zum Samstag verlagert sich die flache Welle ins westliche
Niedersachsen. Mit Ausweitung des Höhentroges nach Frankreich steilt die
Höhenströmung auf und entsprechend nimmt auch das Frontensystem eine mehr
meridionale Ausrichtung an. Somit setzt auch im Saarland und der Südpfalz Regen
ein, während er in Brandenburg eher nachlässt. Vor allem im Westen regnet es
teils länger andauernd weiter, der Dauerregen hält also an. Postfrontal können
sich vor allem über dem warmen Nordseewasser mit diabatischer Unterstützung
weiterhin einzelne Schauer und Gewitter entwickeln, wobei auch Starkregen und
Böen Bft 7 bis 8 nicht ausgeschlossen sind.
Auf der Vorderseite der Welle ist ein recht gut ausgeprägter Druckgradient zu
finden, der vom Südwesten bis in die Mitte für Bft 7 bis ins Flachland reichen
kann, im Bergland sind Bft 8 bis 9 zu erwarten, auf dem Brocken Bft 11. Im
Südosten verläuft die Nacht dagegen nochmals ruhig und weitgehend warnfrei.
Stellenweise kann sich allerdings Nebel bilden.

Samstag ... zieht der Wellenscheitel über den Norden ab Richtung Südschweden.
Während der Trog noch in die Nordsee vorankommt, gleichzeitig aber über
Frankreich deutlich nach Süden an Raum gewinnt, dreht die Strömung über uns
weiter gen Süd.
Die Kaltfront kommt trotzdem bedingt durch einen nach Norden ablaufenden
Randtrog nach Osten voran und überquert am Abend auch den äußersten Osten und
Südosten Deutschlands. Der Regen über dem Westen und Norden zieht zunächst mit
der Welle nach Norden ab, bevor aus den Alpen heraus und von Schweiz her im
Tagesverlauf, postfrontal neuer Regen einsetzt, der durch einen weiteren
kurzwelligen Troganteil ausgelöst wird. Die Front hat demnach Anacharakter
angenommen.
Im Südosten können sich präfrontal, in der warmen instabilen Luft einzelne
Gewitter mit Starkregen, Hagel und Sturmböen entwickeln, ebenso wie in der
Westhälfte, wo postfrontal hochreichend instabil geschichtete Meereskaltluft
einfließt. Dort ist die Starkregengefahr aber geringer, es können aber
stürmische Böen und Graupel auftreten.
Der Wind frischt vor allem im Bergland und an den Küsten abseits der Konvektion
zeitweise stärker auf aus südwestlichen Richtungen. Im höheren Bergland mit Bft
7 bis 9, an den Küsten meist Bft 7 bis 8. Der stärkste Gradient wird in einem
Streifen vom Südwesten zur Ostsee simuliert, wo auch in tiefen Lagen mal eine
Bft aus Süd bis Südwest nicht ausgeschlossen erscheint. Die Prognose
hinsichtlich der Windentwicklung, aber auch der Niederschlagsverhältnisse ist
noch sehr unsicher, wegen fehlender Konsistenz und unterschiedlicher
Modellaussagen.
In der Nacht zum Sonntag kommt die Trogachse langsam nach Osten voran und zeigt
Abtropftendenzen ins westliche Mittelmeer. Zudem kommt es im Bereich Korsika,
Sardinien zu einer Zyklogenese, wodurch die Front über den Alpen zurückgehalten
wird. Nach wie vor wird dort Hebung simuliert, die auch den bayerischen
Alpenrand und das angrenzende Alpenvorland beeinflusst. Dort regnet es teils
länger anhaltend, allerdings liegt der Regenschwerpunkt südlich der Alpen und
auf deutschem Gebiet sieht es aktuell nicht nach warnrelevanten Regenfällen aus.

Ansonsten klingt der Regen mit Abzug der Kaltfront auch ganz im Osten langsam ab
und die Schauer im Westen und Norden werden weniger. Vor allem im Nordseeumfeld
und an der Ostsee kommt die Schauertätigkeit aber wohl nicht komplett zum
Erliegen, dort sind auch kurze Gewitter möglich. Ansonsten lockern die Wolken
auf, so dass sich örtlich Nebel bilden kann. Der Wind lässt allgemein, auch auf
den Bergen, nach.

Sonntag ... tropft der Trog endgültig ins Mittelmeer ab und der Resttrog
schwenkt über Norddeutschland ostwärts. Er verliert rasch an Kontur, da er vom
nächsten Langwellentrog über Nordwesteuropa eingefangen wird.
Die Regenfälle im Südosten, auf der Nordflanke des Tiefs südlich der Alpen,
lassen langsam nach, nur an den Alpen fällt noch anhaltend Regen, der aber
weiter keine Warnschwellen tangiert.
Im größten Teil Deutschlands stellt sich rückseitig des Randtroges leichtes
Absinken ein, so dass ein - von vereinzelten Schauern mit orografischer
Unterstützung im Bergland - ruhiger und trockener Tag ansteht. Vor allem über
der Nordsee, abgeschwächt über der Ostsee können sich, diabatisch gestützt durch
das relativ warme Oberflächenwasser, Schauer bilden.

Im Tagesverlauf gelangen wir dann aber wieder in den Strömungsbereich eines
hochreichenden Tiefs bei Schottland, womit von Nordwesten her der Gradient
wieder zunimmt und die Strömung auf südliche bis südwestliche Richtungen dreht.
Der Wind frischt vor allem an der Nordsee auf mit Bft 7, vereinzelt 8.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Die Entwicklung wird zunächst einigermaßen einheitlich simuliert. Erst zum
Samstag mehren sich die Unterschiede. Am Dauerregen im Westen bestehen kaum
Zweifel. Die Signale für unwetterartige Mengen sind aber nur schwach, weshalb
zunächst markante Warnungen ausgegeben werden. Auch an der Nordsee sind durch
wiederholte Schauer akkumuliert größere Regenmengen zu erwarten, allerdings
passt dort "Dauerregen" eigentlich gar nicht, weshalb versucht werden kann mit
Starkregenwarnungen zu arbeiten. Zum Samstag bereit die Zugbahn und Intensität
der Welle noch einiges Kopfzerbrechen, mit Auswirkungen auf den Wind und
Niederschlag. Ob zum Sonntag hin der Alpenrand noch mal von Dauerregen betroffen
ist, muss noch offen bleiben. Aktuell sieht es eher nicht danach aus.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner