DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-09-2017 23:00
SXEU31 DWAV 051800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 05.09.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Laufe der Nacht an der Nordsee, Mittwoch vor allem im Norden und Osten
Gewitter mit Starkregen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... schwenkt die Achse eines kurzwelligen Höhenrückens über den Osten
und Südosten Deutschlands Richtung Polen, Tschechien und Österreich.
Wir gelangen daher auf die Vorderseite des nachfolgenden Troges, der
unter Verkürzung seiner Wellenlänge und in Begleitung von markanter
positiver Vorticityadvektion ausgangs der Nacht den Nordwesten
erreicht. Am Okklusionspunkt des Frontensystems bildet sich ein Randtief, das
ausgangs der Nacht Jütland erreicht.
Die schwach ausgeprägte Warmfront überquert den Norden langsam ostwärts, die
Kaltfront erreicht erst morgens den Nordwesten.
Dabei nimmt die Bewölkung allgemein von Westen her zu und ausgelöst
durch Hebungsantriebe durch vorlaufende kurzwellige Tröge am Boden und in der
Höhe zieht gebietsweise, bei recht stabiler Schichtung meist leichter Regen oder
einzelne Schauer durch.
Erst mit Annäherung der Kaltfront wird es ganz im Nordwesten labiler und dort
sind einzelne Gewitter möglich, die bei hohen PPW Werten mit Starkregen
verbunden sein können. Für organisierte Strukturen fehlt die Scherung. Der
Gradient nimmt langsam zu, bei stabiler Schichtung ist dabei vor allem im
höheren Bergland eine Windzunahme zu verzeichnen. Relevante
Böen gibt aber nur in den Gewittern, aber auch nur Bft 7.

Mittwoch ... stellt sich eine mäandrierende westliche Strömung ein, in der der
nächtliche Trog als markanter Kurzwellentrog erscheint, der uns ostwärts
überquert. Auch die Kaltfront folgt dieser Bewegung und überquert bis zum Abend
Deutschland ostwärts, wobei sich das Randtief, eingebettet in eine
Tiefdruckrinne nach Osten verlagert. Die Bodenrinne reicht zum Tagesende etwa
von Südnorwegen nach Nordwestpolen.
Die frontalen Regenfälle überqueren uns im Tagesverlauf ostwärts, wobei die
Labilität durch den nachfolgenden Trog und die diabatische Erwärmung tagsüber
zunimmt. Südlich der Donau und im Osten, wo sich die warme Luft am längsten hält
sind nachmittags 200 bis 500 J/kg ML Cape (ICON) möglich.
Entsprechend sind vor allem in den Gebieten, wo sich präfrontal CAPE
aufbauen kann, Gewitter möglich. Bei hohem Wassergehalt ist lokal Starkregen
möglich. Im Südosten ist die labile Schicht nicht sehr hochreichend, fraglich
ist dementsprechend, ob es dort zu Gewittern reicht.

Auch postfrontal bleibt es in der einfließenden frischen Meeresluft im Norden
durch den Trog instabil mit einzelnen Gewittern, bei weiter hohem Wassergehalt
ist erneut Starkregen nicht ausgeschlossen. Im Nordosten können langsam ziehende
Zellen vereinzelt unwetterartigen Starkregen bringen. An der Nordsee und in
Schleswig-Holstein sind durch wiederholte Schauer Starkregenmengen von mehr als
20 mm in 6 Stunden möglich, die auch auf diabatische Effekte über der noch
warmen Nordsee zurückzuführen sind.

Der Gradient nimmt mit Frontpassage deutlich zu, es reicht aber außerhalb der
Konvektion vor allem im Bergland und an den Küsten für starke bis stürmische
Böen, vereinzelt für Sturmböen.
Im Binnenland sind einzelne Bft 7 aus Südwest bis West in der Nordhälfte zu
erwarten.
In der Nacht zum Donnerstag zieht der Trog nach Osten ab und ein flacher Rücken
schiebt sich von Westen nach Deutschland herein. Dabei beruhigt sich
das Wetter zusehends und teilweise lockert die Bewölkung stärker auf.
Schauerartige Regenfälle treten anfangs am Alpenrand auf sowie etwas länger noch
im Norden und Nordosten, dort auch in Begleitung von kräftigem Wind. Vor allem
an den Küsten und im Bergland sind Bft 7 bis Bft 8 zu erwarten, davon abgesehen
sind keine Warnungen mehr nötig.

Donnerstag ... fächert die Höhenströmung deutlich auf, wobei im Norden eher ein
flacher Rücken durchzieht, während sich im Süden ein Trog nähert. Bei flauer
Strömung werden dadurch aber keine nennenswerten Hebungsantriebe generiert.
Schwache Kaltluftadvektion und die teilweise konfluente Höhenströmung sorgen für
Absinken, was sich vor allem in der Südhälfte in schwachem Hochdruckeinfluss
niederschlägt, während der Norden am Rand der zonalen Hochdruckzone in einer
westlichen Strömung liegt.
Die Schichtung dort ist in der unteren Troposphäre leicht instabil, so dass es
dort für schwache Schauer oder meist leichtere schauerartige Regenfälle reichen
kann.

Im Süden bleibt es abgesehen von örtlichen Schauern im Bergland meist trocken.

Der Wind frischt vor allem an den Küsten zeitweise stärker auf mit Böen der
Stärke 7 aus westlichen Richtungen. Auch im höheren Bergland über der
Mitte und dem Süden sind Bft 7 bis 8 möglich. Warnrelevant sind aber
wohl nur die Böen an den Küsten.
In der Nacht zum Freitag verlagert sich ein markanter Langwellentrog in den
Nordwesten Europas, auf dessen Vorderseite eine Zyklogenese stattfindet. Die
Ausläufer dieses Tiefs greifen mit auffrischendem Wind und Regen im Laufe der
Nacht auf den Nordwesten über. An der Nordsee sind Windböen, vielleicht auch
schon stürmische Böen möglich, auf dem Brocken gibt es Sturmböen.
Ansonsten geht die Nacht ruhig über die Bühne mit örtlichem Nebel, wo es länger
klar bleibt (vor allem im Südosten). Ansonsten macht sich die Annäherung der
Tiefausläufer in zunehmender Bewölkung bemerkbar.

Freitag ... verlagert sich das Drehzentrum des hochreichenden Tiefs nach
Schottland. Auf seiner Vorderseite dreht die Strömung etwas nach Südwesten
zurück, wobei das weitgehend okkludierte Frontensystem auf den Nordwesten
übergreift. Dabei wird mit auffrischendem Südwestwind in den Süden wieder etwas
wärmere Luft advehiert, während der Nordwesten rasch auf die Rückseite des
Tiefausläufers und wieder in den Zustrom kühler Meeresluft gelangt.
Über der Mitte und im Nordwesten frischt der Wind deutlicher auf mit Böen Bft 7,
teilweise bis ins Flachland. Im Bergland sind starke bis stürmische Böen zu
erwarten, exponiert auf dem Brocken auch schwere Sturmböen oder orkanartige
Böen. Dazu kommt nach ICON Lesart nordwestlich einer Linie von der Eifel über
den Harz bis zur Uckermark im Tagesverlauf Regen auf, der lokal vielleicht auch
Stark- oder Dauerregenschwellen tangiert. Da ICON den Hauptniederschlag tagsüber
noch abseits der Mittelgebirge simuliert, fehlen auch die Niederschlagsmaxima
der Vorläufe.

Die Modelle warten aber untereinander mit unterschiedlichen Lösungen betreffs
Timing und Niederschlagsmengen auf und auch ICON ist in sich nicht konsistent
und simuliert im aktuellen Lauf deutlich verzögert. Somit ist die Prognose zum
Freitag hin entsprechend noch mit mehr oder weniger großen Fragezeichen
versehen.
Im Süden und Südosten passiert auf jeden Fall noch nicht so viel, mal abgesehen
von dem im Bergland weiter auffrischendem Südwestwind, der in einigen Hochlagen
Sturmstärke erreicht.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung ist weitgehend unstrittig. Erst zum Freitag mehren sich die
Unterschiede, was aber im Text schon seinen Niederschlag fand.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner