DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

05-09-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 05.09.2017 um 10.30 UTC



Zyklonale Westlage geht in Trog Westeuropa über.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 12.09.2017


Zunächst bestimmt eine mäandrierende Westströmug das Wetter in Mitteleuropa.
Dabei kommt es am Donnerstag und Freitag im Raum Britische Inseln und über der
Nordsee zu einer kräftigen Zyklogenese, an deren Südflanke der Gradient zunimmt.
Freitag kommt es dadurch im Nordwesten zu einer Starkwindlage, da sich an einer
von Nordwesten aufziehenden Kaltfront eine vergleichsweise schwache Welle über
der südlichen Nordsee bildet, an deren Südflanke sich der Gradient zusätzlich
verstärkt. Somit sind stürmische Böen auch im Binnenland möglich. Des Weiteren
kann es in der Nacht zum Samstag im Westen zu stärkeren Regen im Bereich der
Welle kommen.

Am Samstag stößt ein Höhenkeil über dem Nordatlantik nach Norden vor.
Stromabwärts kommt es in Folge dessen zu einer Austrogung über Westeuropa.
Deutschland befindet sich im Trogeinfluss in einer südwestlichen Strömung. Im
Osten setzt WLA ein, sodass die 850-hPa-Temperatur dort auf bis zu 10 Grad
steigt. Gleichzeitig fließt erwärmte subpolare Luft in den Nordwesten. Somit
erstreckt sich eine schleifende Front von Südwest nach Nordost, die bis Sonntag
Deutschland südostwärts überquert hat.

Bis Mittwoch ändert sich an der Situation wenig. Ein ausgeprägter Langwellentrog
liegt über Nord- und Westeuropa, der sich immer wieder durch Tiefdruckgebiet,
die sich stromabwärts über dem Atlantik entwickeln, regeneriert. Dabei bewegt
sich das steuernde Zentraltief nur langsam von Schottland nach Skandinavien.
Deutschland verbleibt unter Trogeinfluss in einer erwärmten subpolaren
Luftmasse.

Bis zum Ende der Mittelfrist (Freitag) stößt der Nordatlantikkeil weiter ins
Nordmeer vor. Der Trog amplifiziert sich dadurch und greift ungewöhnlich weit
südlich über die Iberische Halbinsel bis weit nach Nordwestafrika aus. Osteuropa
erlebt in Folge dessen vorderseitig einen warmluftvorstoß mit Luft aus der
Sahara. Davon wird allerdings nur der äußerste Südosten Deutschlands gestreift.
Der Rest verbleibt unter dem Einfluss polarer Luftmassen, die nun direkt aus dem
Nordmeer Südwärts vordringt. Somit entwickelt sich ein starkes NW-SO-
Temperaturgefälle über Deutschland.


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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


ECMWF-0z stimmt im Wesentlichen bis Sonntag mit den Vorläufen überein. In den
Vorläufen zeigte sich aber ab Montag eine stark mäandriernde Westwetterlage mit
einer weit südlich verlaufenden Frontalzone. Hierbei wurden immer wieder starke
Austrogungen nach Mitteleuropa gerechnet.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


ICON rechnet die flache Welle über der Ostsee am Freitag nicht. Dadurch sind die
Windgeschwindigkeiten in ICON deutlich niedriger als im ECMWF und GFS.
GFS stimmt bis Montag mit ECMWF weitestgehend überein. Ab dann wird von GFS eine
Westwetterlage mit südlicher Frontalzone, ähnlich wie in den alten ECMWF-Läufen
berechnet.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die ECMWF-Rauchfahnen sind wie auch schon in den Vorläufen bis Dienstag alle
recht einheitlich. Größere Unterschiede zeigen sich in den Niederschlagssignalen
in der Nacht zum Samstag und bezüglich der Schauer ab dem Wochenende. Während im
Westen und Norden die Temperaturen auch im erweiterten Mittelfristzeitrum bei
dem Großteil der Mitglieder auf einem niedrigen Temperaturniveau bleiben, zeigt
sich in der Südosthälfte ein chaotisches Verhalten. Hier ist ab Dienstag auf
Grund der großen Streuung verursacht durch Unsicherheiten in der Trogentwicklung
und Position keine Prognose mehr möglich.
Auch die Clusteranalysen sind sich ab Mitte der Woche uneinig (5 Cluster), ob es
zu einem totalen Atlantikblock kommt, oder sich eine mäandrierende
Westwetterlage mit südlicher Frontalzone (GFS-Variante) ergibt.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass die Wetterlage bis einschließlich Montag
relativ sicher ist.

Unsicherheiten bestehen noch bezüglich der Niederschlagsverteilung und
Intensität in der Nacht zum Samstag und der Windentwicklung im Nordwesten am
Freitag. Im erweiterten Mittelfristbereich ist im Nordwesten wahrscheinlich
weiterhin von Trogeinfluss aus zu gehen, während die Lage im Südosten
unvorhersagbar ist.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Die Wellenentwicklung über der Nordsee bietet Potenzial für stürmische Böen bis
weit ins Binnenland im Nordwesten. Da GFS dasselbe Szenario zeigt, wie ECMWF,
ist empfohlen, die vergleichsweise schwache Windprognose von ICON zu verwerfen
und bis auf weiteres ECMWF-MOS für die Windprognose zu verwenden.

Bezüglich der Niederschlagsentwicklung in der Nacht zum Samstag bestehen noch
größere Unsicherheiten. Da aber selbst MOSMIX mit den Niederschlagsmengen bis
in den Unwetterbereich in Staulagen geht, ist zumindest von einer markanten
Dauerregenlage auszugehen. Gegen Unwetter spricht die GFS-Vorhersage, die
häufiger bei solchen Lagen eher zu hohe Mengen liefert, aber in diesem Fall
unter der Unwetterschwelle bleibt.

Am Alpenrand könnte es laut einiger ENS-Mitglieder am Alpenrand markanten
Dauerregen geben. Allerdings bleiben die Alpen Vorderseitig, wobei sich keine
klassische Nordstaulage ergeben sollte.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX, Wind: EZ-MOS, ECMWF/GFS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christian Herold