DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-09-2017 21:00
SXEU31 DWAV 021800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 02.09.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
An den Alpen anfangs noch Regenfälle, am Sonntag nachlassend. Sonst tagsüber
wieder auflebende Konvektion mit kurzen Gewittern.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... befinden sich Mitteleuropa respektive Deutschland unter einem
langgestreckten LW-Trog, der von Skandinavien bis hinunter zum zentralen
Mittelmeer reicht. Eingelagert sind zwei Hauptdrehzentren, was dem ganzen
Konstrukt einen dipolartigen Anstrich verleiht. Im Laufe der Nacht verlagert
sich der südliche Teil von Norditalien zur Adria, während der nördliche Part
leicht retrograd von Südschweden bzw. der Ostsee nach Jütland zieht (Referenz
300 hPa). Wie auch immer, am GWL-Muster TrM (Trog Mitteleuropa) ändert das
nichts, und auch die eingeflossene hochreichende Kaltluft (T500 knapp unter
-20°C, T850 um +4°C) polaren Ursprungs lässt sich nicht so einfach vom Platz
fegen. Allerdings sorgt der Tagesgang dafür, dass die Konvektion, die heute vor
allem in der Nord- und Westhälfte aufgetreten ist, um ein bis zwei Gänge
zurückschaltet. Ob sie allerdings ganz zum Erliegen kommt, ist fraglich; der
Erfahrungswert aus der vergangenen Nacht jedenfalls sagt nein. Bevorzugt in den
Mittelgebirgen sowie über dem vergleichsweise warmen Meerwasser sind noch
einzelne Schauer, vielleicht auch ein kurzes Gewitter am Start.
Der meiste Regen fällt allerdings am Alpenrand, wo die niedertroposphärisch
nördliche Anströmung weiterhin für Staueffekte sorgt. Dabei soll sich der
Schwerpunkt der Regenfälle etwas nach Osten verlagern, was gut mit der Tatsache
im Einklang steht, dass aktuell ein teils gewittriges mesoskaliges Regengebiet
von Osttirol in den südöstlichen Zipfel Bayerns zieht. Ob unter dem Strich noch
mal 10 bis 20 mm zusammenkommen oder auch um einiges mehr wie z.B. von ICON
simuliert (12 UTC über 40 mm/12h), ist schwer zu beantworten. Mit der
andauernden Regenwarnung ist aber alles abgesichert, so dass kein weiterer
Handlungsbedarf besteht.
Bliebe letztlich noch zu erwähnen, dass es im Norden und Westen sowie in Teilen
der Mitte vielerorts aufklart. Gebietsweise bildet sich Nebel, teils mit
Sichtweiten unter 150 m. Zudem macht das Thermometer einen ordentlichen Sprung
nach unten, verbreitet in den einstelligen Bereich. Bei längerem Aufklaren sind
stellenweise 5°C oder etwas weniger drin, und in ungünstigen Lagen ist sogar
leichter Frost in Bodennähe nicht ganz ausgeschlossen.

Sonntag ... kippt der Trog weiter gegen den Uhrzeigersinn, so dass seine
Längsachse eine zunehmend nordwest-südost-orientierte Stellung einnimmt. Für den
Vorhersageraum ändert sich dadurch nicht allzu viel, sieht man mal davon ab,
dass sich die Luftmasse vor allem im äußersten Westen und Südwesten allmählich
erwärmt (T500 auf -18°C, T850 auf 6-8°C).
Stabiler wird die Luftmasse dadurch nicht, was auch den zweiten Tag des
Wochenendes einen stark konvektiv geprägten werden lässt, auch wenn wir in den
Bereich einer vom Azorenhoch über Mitteleuropa bis nach Fennoskandinen
reichenden Bodenhochdruckzone gelangen. So bilden sich nach zum Teil sonnigem
Beginn und Nebelauflösung erneut Quellwolken, aus denen sich heterogen verteilte
Schauer und auch kurze Gewitter (ML-CAPE bis zu 300 J/kg) entwickeln, deren
Qualität denen von heute ähnelt (Böen 7 Bft, Graupel oder kleinkörniger Hagel,
Platzregen, vereinzelt > 15mm/h ergo ocker).
An den Alpen nimmt die Staukomponente langsam ab, was die anfangs noch
stratiformen Niederschläge zunehmend in konvektiv geprägte übergehen lässt. Die
Dauerregenwarnungen müssen wahrscheinlich nicht verlängert werden. In der
Nordwesthälfte zeigt sich zwischendurch immer mal wieder die Sonne, während nach
Südosten hin trotz einiger Lücken der bewölkte Wettercharakter überwiegt. Frei
nach dem berühmten Motto der Altvorderen "Kaltluft bleibt Kaltluft" setzt die
Temperatur auch morgen nicht zu Höhenflügen an, mehr als 15 bis 21°C, im höheren
Bergland sowie an den Alpen etwas darunter, sind nicht drin.

In der Nacht zum Montag kippt der Trog noch etwas, bleibt aber über dem
Vorhersageraum liegen, auch wenn sich westlich von uns ein sich aufwölbender
Höhenrücken anschmückt, einen Fuß in unsere Tür zu bekommen - zunächst ohne
Erfolg. Immerhin, die höhenkälteste Luft wird in die Nordosthälfte gedrängt. Mit
Unterstützung des Tagesgangs fällt die anfängliche Konvektion rasch zusammen,
allenfalls über der See und an der Küste können noch ein paar vereinzelte
Schauer auftreten.
Ansonsten klart es vielerorts auf und mit Ausnahme des unmittelbaren
Küstenstreifens kühlt die Luft auf 10 bis 4°C ab, lokaler Bodenfrost nicht
ausgeschlossen. Zudem bildet sich gebietsweise wieder Nebel mit Sichtweiten von
z.T. unter 150 m.

Montag ... verlagert sich der Höhentrog langsam aber sicher nach Osten, während
gleichzeitig besagter Rücken bis nach Frankreich und Benelux vorstößt. Damit
setzt sich landesweit eine nord-nordwestliche Höhenströmung durch, die zunächst
noch recht zyklonal konturiert ist. Von Westen her setzt sich aber der
gesamttroposphärische Erwärmungsprozess fort bei gleichzeitiger Stabilisierung
der Schichtung. Am Abend reicht die Spanne der 500-hPa-Temperatur von -20°C an
der Grenze zu Polen und -10°C an der Grenze zu BeLux bei gleichzeitig
schleppender Erwärmung in 850 hPa auf 6 bis 9°C.
Im Bodendruckfeld ändert sich nicht allzu viel; rechts (also östlich) von uns
´ne Tiefdruckzone, links (also westlich) von uns ´ne Tiefdruckzone und
dazwischen eine gradientschwache Hochdruckzone mit etwas über 1015 hPa. Wetter-
und Warntechnisch bringt diese Konstellation nichts Berauschendes zustande. Im
Osten und Südosten sowie am Alpenrand entwickeln sich noch einzelne Schauer,
wenn´s dumm läuft auch noch ein kurzes Gewitter. Ansonsten bleibt es weitgehend
trocken und es stellt sich ein heiter bis wolkiger Wettercharakter ein, bei dem
sich bis etwa 750/700 hPa Quellungen bilden (darunter ist die Luft noch labil
geschichtet), die aber nicht kalt genug sind, um Niederschlag zu produzieren.
Die Temperatur gibt sich alle Mühe, die unteren Gefilde des Wochenendes zu
verlassen, was aber nicht ganz einfach ist. So wird sehr wahrscheinlich auch der
vierte Tag des Septembers 2017 keinen offiziellen Sommertag zustande bringen,
mehr als 17 bis 23°C, im Westen stellenweise bis 24°C sollten am Ende des Tages
nicht herauskommen. Alles nicht so schlimm, wenn Jogi´s Brummer es am Abend in
Stuttgart schaffen, den Skifahrern aus Norwegen nicht nur drögen Ballbesitz
aufzudrücken, sondern auch mal ein paar Torchancen respektive Tore zu kreieren
(Nörgel).

In der Nacht zum Dienstag greift der Höhenrücken auf Deutschland über. Wie so
oft wird auch dieser schöne Rücken von WLA überlaufen, die bis zum Morgen für
das Erscheinen hoher und mittelhoher Bewölkung im Westen sorgt. Diese Wolken
kündigen die Annäherung eines Frontensystems an, das zu einem südlich an Island
vorbeiziehenden Sturmtief gehört. Immerhin, bis zum Morgen bleibt es sehr
wahrscheinlich noch trocken und in der Osthälfte vielfach auch gering bewölkt
oder klar mit späteren Nebelfeldern.

Dienstag ... wandert der Rücken geschmeidig über unseren Raum hinweg nach Osten,
was nichts anderes bedeutet, dass wir von Westen her unweigerlich auf die
Vorderseite eines Höhentroges über dem nahen Ostatlantik gelangen. Auf seiner
leicht diffluenten Vorderseite setzen Hebungsprozesse ein, die mit dem ebenfalls
ostwärts vorankommenden Frontensystem interagieren und den westlichen
Landesteilen schauerartigen Regen bringen. Nachdem ICON den Regen in vorherigen
Läufen sehr progressiv nach Osten ausgreifend simuliert hat, wurde nun kräftig
die Bremse gezogen und sich damit den externen Modellen angepasst. Somit besteht
in der Osthälfte die berechtigte Hoffnung, noch mal einen sonnigen oder
zumindest heiter bis wolkigen Tag zu erleben, bevor sich mittelfristig ein doch
ziemlich durchwachsener Witterungsabschnitt ankündigt.


Modellvergleich und -einschätzung
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Der Spread der verschiedenen Modelläufe ist gering, die Vorhersage steh auf
einem recht breiten Sockel.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann