DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-08-2017 21:00
SXEU31 DWAV 231800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 23.08.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Kommende Nacht im Nordwesten einzelne Gewitter, morgen dann von Süden zunehmende
Gefahr stärkerer Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland im Bereich einer mäandrierenden westlichen
Höhenströmung unter einem Keil, während Tröge im Bereich Osteuropas und der
Britischen Inseln liegen. Der Keil stützt aktuell ein schwaches Bodenhoch über
Mitteleuropa, von Westen nähert sich aber schon die Kaltfront eines Tiefs
nordwestlich von Schottland. Derzeit liegt eine sehr warme Luftmasse über Teilen
Deutschlands, in der im Südwesten in 850 hPa über 15 Grad erreicht wurden. Im
Nordosten liegt die 850-hPa-Temperatur dagegen nur bei 8 Grad. Von Südwesten
wird auf der Vorderseite des Tiefs die Luft auch zunehmend feuchter, womit im
südwestlichen Bergland geringe Labilität aufkommt, die aber kaum noch ausgelöst
werden dürfte.
In der Nacht zieht der Hochkeil allmählich nach Osten ab und Deutschland gelangt
auf die leichte zyklonale Vorderseite des Troges über den Britischen Inseln. Vor
allem der Nordwesten des Landes wird dabei von einem PVA-Gebiet erfasst. Von
Nordwesten zieht dabei auch die in einen scharfen Bodentrog eingebettete
Kaltfront auf, an der mit Schauern zu rechnen ist, vereinzelt werden durch das
Einbeziehen labilerer Luft oberhalb der Grenzschicht auch einzelne Gewitter
möglich. Diese sollten vor allem im Nordwesten des Landes möglich sein, wo die
Hebung am stärksten ist. Hohe Luftfeuchtigkeit im Frontbereich lässt dann auch
örtlichen Starkregen nicht ausschließen, die Böen sollten kaum über 60 km/h
hinausgehen, zumal die Gewitter von der Grenzschicht abgekoppelt sein dürften.
Bis zum Morgen erreicht die Kaltfront in etwa eine gebogene Linie Deutsche
Bucht-Mosel. Auch an den Alpen herrscht noch Restlabilität vom Tage, dort
könnten mit Aufkommen schwacher Hebung durch den Trog auch einzelne Schauer und
Gewitter ausgelöst werden, die Wahrscheinlichkeit hierfür ist aber gering und
diese Schauer werden auch nur von den Globalmodellen simuliert, nicht von den
hochaufgelösten. Im übrigen Land bleibt die Nacht ruhig, WLA im Vorfeld der
Front lässt aber hohe (eventuell auch mittelhohe) Wolkenfelder über das Land
hinwegziehen.

Donnerstag ... verlagert sich die Achse des Hochkeils weiter nach Osten, wird
aber abgebaut, ebenso wieder der die Nordsee erreichende Trog immer flacher
wird, so dass letztendlich am Abend eine recht glatte Westströmung übrig bleibt.
Ähnlich sieht die Lage auch am Boden aus. Dort schwenkt der Bodentrog über den
Norden hinweg. Während vor diesem der Wind vorübergehend auf Südost dreht, dreht
er danach allgemein wieder auf westliche Richtungen. Über dem Norden des Landes
verstärkt sich dabei der Gradient, womit vor allem an der nordfriesischen Küste
einzelne Böen der Stärke 7 möglich werden. Mit dem Bodentrog zieht auch die
Kaltfront bis zum Abend nach Polen ab, nach Süden zu hängt sie aber stark zurück
und legt sich bis zum Abend parallel zur Höhenströmung über die Mitte
Deutschlands. Mit der Abschwächung des Troges verliert sie auch an
Hebungsantrieb, so dass am ehesten noch morgens einzelne Gewitter auftreten,
ansonsten zieht sie mit Schauern und nur einer geringen
Gewitterwahrscheinlichkeit über den Norden hinweg. Auch über der Mitte wird
außer stärkerer Bewölkung wohl nicht viel passieren. Auf der Rückseite der Front
herrscht Kaltluftadvektion, so dass dort die Wolken sogar wieder auflockern. Die
dort einfließende Luftmasse weist in 850 hPa um 8 Grad auf, so dass es im Norden
nur mäßig warm wird. Auf der Südseite der Front ändert sich die Luftmasse kaum
und über dem Süden des Landes werden sogar 14 bis 18 Grad in 850 hPa erreicht,
so dass es dort verbreitet hochsommerlich warm wird. Die Luftmasse ist vor allem
südlich der Donau auch recht feucht, so dass sich dort am Tage durch
Einstrahlung und Labilisierung erhebliche CAPE-Werte aufbauen, deutlich über
1000 J/kg werden simuliert. Starke Hebungsantriebe sind zwar nicht vorhanden,
das Absinken des Vortages ist aber passe, so dass zumindest orographisch
einzelne Gewitter ausgelöst werden. Bei den genannten CAPE-Werten, ppws um 35
l/qm und mäßiger Scherung sind dann stärkere Multizellen schnell entstanden und
es muss zumindest Starkregen im Ocker-Bereich, kleinkörnigem Hagel und
stürmischen Böen gerechnet werden. Dabei sind stärkere Entwicklungen mit
Starkregen und Hagel im Unwetterbereich sowie Sturmböen durchaus im Rahmen des
Möglichen.

In der Nacht zum Freitag zieht die Kaltfront im Norden endgültig ostwärts ab.
Dabei ändert sich die Lage über Deutschland nur marginal, über der Mitte des
Landes liegt weiterhin zonal die Front. Westlich der Biskaya kommt es zu einer
stärkeren Austrogung, die wohl dafür verantwortlich ist, dass sich ein Ableger
des spanischen Hitzetiefs über Frankreich bildet. Auf dessen Vorderseite wird
noch etwas feuchtere Luft in den Süden des Landes gesteuert, zudem sollen in der
leicht flatternden Westströmung auch kleine Hebungsgebiete in den Süden des
Landes gesteuert werden. Somit kommt im Süden die Gewittertätigkeit in der Nacht
nicht zum Erliegen, vielmehr weitet sie sich sogar noch etwas nordwärts bis zum
Main aus. Weiterhin muss mit Gewittern vor allem im markanten Bereich gerechnet
werden, zumindest aber was den Starkregen angeht, sollte man auch in der Nacht
das Unwetterkriterium im Auge behalten. Im übrigen Land verläuft die Nacht
ruhig, dabei teils wolkig, vielfach aber auch klar. Mitunter entstehen über der
Mitte auch einzelne Nebelfelder. Im Norden ist der Westwind stärker, dort ist
zumindest anfangs im Küstenbereich noch die eine oder andere Bö der Stärke 7
möglich.

Freitag ... wölbt sich der Trog westlich der Biskaya weiter südwärts aus, im
Gegenzug bildet sich über Benelux und der Nordsee ein Rücken. Damit verstärkt
sich der Hochdruckeinfluss über unserem Land und der Schwerpunkt eines flachen
Hochs verlagert sich in den Norden des Landes. Dort stellt sich dann bei nur
bodennah strahlungsbedingt etwas ansteigendem Temperaturniveau (auf 21 bis 24)
ruhiges und freundliches Spätsommerwetter ein. Südlich der immer noch über der
Mitte des Landes liegenden Front verstärkt sich dagegen mit einer
niedertroposphärisch südwestlichen Strömung die Warmluftzufuhr weiter. Damit
breitet sich feuchtheiße Luft bis zum Main und zur Mosel aus und südlich davon
wird es bei kräftiger Einstrahlung mit Werten um 30 Grad hochsommerlich heiß.
Der allmählich entstehende Rücken dämpft wohl die Gewitterneigung wieder etwas,
allerdings werden die prognostizierten Auslösetemperaturen wohl erreicht und
dann dürfte es zumindest vom Bergland ausgehend zu einzelnen
Gewitterentwicklungen kommen. Die Luftmasse ist dabei noch etwas heißer und
feuchter als am Vortag, die Scherung aber schwächer. Das lässt den Starkregen
noch etwas stärker in den Fokus rücken, aber auch Hagel ist wieder möglich,
beides vereinzelt auch wieder im Unwetterbereich. Bei starken Entwicklungen ist
in der entsprechend aufgeheizten Atmosphäre auch stellenweise mit Sturmböen zu
rechnen, evtl. sogar mit schweren Sturmböen.

In der Nacht zum Samstag gelangt Deutschland in den Bereich des Höhenrückens,
der dann zunehmend in eine eher westsüdwestliche Höhenströmung eingebettet ist.
Mit dieser Strömung zieht auch ein flaches Hitzetief in den Norden Frankreichs.
Es steuert auch die über der Mitte liegende Front wieder etwas nordwärts und
auch die Gewittertätigkeit soll sich entlang einer flachen Rinne dann etwas
nordwärts ausbreiten, durchaus bis in den nördlichen Mittelgebirgsraum. Dort
sollten sich aber die Gewitter abschwächen, weil die labilste Luft sich nicht so
schnell mitverlagert. Nachdem im Süden keine Hebungsantriebe mehr vorhanden
sind, sondern vielmehr sogar etwas kompensierendes Absinken herrscht, sollte
sich dort die Gewittertätigkeit in der Nacht wieder abschwächen. Außerhalb der
Gewittergebiete ist der Himmel dann wieder vielfach klar und bei den ruhigen
Windverhältnissen kann sich wieder stellenweise Nebel bilden, vor allem im
Norden unter der Achse des flachen Hochs, sowie im Süden an den Orten, an denen
es stärker geregnet hat.

Samstag ... liegt Deutschland weiterhin unter einer leicht antizyklonal
geprägten Höhenströmung, die aber von Nordwesten her durch ein einen Trog über
der Nordsee zunehmend eingedellt wird. Das flache Bodentief soll dabei in den
Nordwesten unseres Landes gesteuert werden. Mit ihm erreicht auch die Front
wieder den Norden des Landes und im ganzen Land steigt das Temperaturniveau an.
Im Norden werden in 850 hPa dann 10 Grad erreicht, ganz im Süden über 20 Grad.
Dort steigt das Thermometer dann bei vielfach sonnigem Wetter verbreitet über 30
Grad an. Im Norden wird es dagegen unter Wolken nur 20 bis 25 Grad warm. Mit dem
Tief und der Front verlagern sich dann auch die schauerartigen Regenfälle in den
Norden des Landes. Da dort aber die heißeste und labilste Luft nicht ankommt und
zudem auch keine Labilität durch Einstrahlung aufgebaut wird, kommt es dort eher
zu schauerartigen Regenfällen als zu Gewittern. Letztere treten dann
allerhöchstens direkt anschließend südlich der Front auf, sollten dann aber
nicht unwetterartig verlaufen. Vom Süden bis zur Mitte weitet sich feuchtheiße
und sehr labile Luft aus, so dass es dort zu hohen CAPE-Werten kommt. Allerdings
wird die Luft von Südwesten her wieder etwas trockener, was dort wieder für
einen leichten Rückgang der CAPE-Werte sorgt. Wieder einmal fehlt systematische
Auslöse dynamischer Natur, so dass Gewitter am ehesten orographisch ausgelöst
werden. Bezüglich der Stärke dürfte sich nicht viel im Vergleich zum Vortag
ändern, was aber auch bedeutet, dass wieder einzelne unwetterartige
Entwicklungen zu erwarten sind.


Modellvergleich und -einschätzung
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Bezüglich der genauen Zugbahn des Bodentiefs bestehen am Freitag und Samstag
noch Modellunterschiede. EZMW und GFS zeigen das Tief noch etwas flacher, zudem
zieht es bei EZMW noch etwas stärker in die Mitte Deutschlands. Je nach genauer
Lage des Tiefs können natürlich vor allem in der Nacht zum Samstag und auch am
Samstag die Front und damit die Luftmassen etwas anders liegen, was wiederum die
Verteilung von Regen und Gewittern beeinflusst.
Für die kommende Nacht fällt auf, dass die von den Globalmodellen (ICON, EZMW,
GFS) angedachten Gewitter an den Alpen von kleinskaligen Modellen nicht
mitgetragen werden. Die aktuelle Situation sieht auch nicht nach
Gewitterentstehung am nördlichen Alpenrand aus, zudem ist eine Verlagerung ins
Alpenvorland bei den aktuellen Winden unwahrscheinlich.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Peter Hartmann