DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

23-08-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 23.08.2017 um 10.30 UTC



Am Wochenende im Süden, Samstag auch in der Mitte sehr warm bis heiß mit teils
kräftigen Gewittern. Danach leicht unbeständig und sukzessive kühler.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 30.08.2017


Zu Beginn der Mittelfrist, am Samstag, tropft ein Höhentrog westlich der
Iberischen Halbinsel aus. Ein weiterer Höhentrog verlagert sich mit seinem
Drehzentrum bis Sonntag, 00 UTC von Schottland zur südwestnorwegischen Küste.
Die Trogachse überquert die Nordsee sowie den Nordwesten des Vorhersagegebietes
ostwärts, eine "zyklonale Delle" reicht auch bis in die mittleren und südlichen
Landesteile.
Niedertroposphärisch kann sich sehr warme bis heiße Luft subtropischen Ursprungs
von Südwesten her mit Temperaturen zwischen 14 und 20 Grad in 850 hPa bis in die
mittleren Landesteile ausweiten, während der Norden und Nordwesten im
Einflussbereich mäßig warmer Luftmassen mit Werten zwischen 9 und 12 Grad in 850
hPa verbleibt. Südlich eines als Luftmassengrenze fungierenden Frontensystems
ist die Luftmasse in der Mitte und im Süden des Landes zunehmend instabil
geschichtet, wobei sich nach oft sonnigem Beginn vor allem nachmittags und
abends mit dynamischer Hebungsunterstützung einzelne, teils kräftige Gewitter -
durchaus mit Unwetterpotenzial - entwickeln können. Entlang und nördlich des
Frontensystems muss ebenfalls gebietsweise mit schauerartigen, teils gewittrigen
Niederschlägen gerechnet werden. Im Norden bleibt es mäßig warm, im Süden und in
der Mitte wird es sehr warm bis heiß.
Am Sonntag kommt der Höhentrog über der Norwegischen See nicht weiter nach Osten
voran und wird bis Montag, 00 UTC von Westen her regeneriert. Nach
Durchschwenken eines flachen Höhenrückens gelangt das Vorhersagebiet
Sonntagnachmittag auf die Vorderseite des weit nach Süden ausgreifenden Troges.
In der Nacht zum Montag überquert die Trogachse Deutschland ostwärts.
Im Bodenfeld wird die über Norddeutschland verlaufende Luftmassengrenze
allmählich nach Süden abgedrängt und durch die trogvorderseite Hebung aktiviert,
so dass vor allem in den mittleren Landesteilen nach kurzer Wetterberuhigung im
Tagesverlauf erneut mit schauerartigen, teils gewittrigen Regenfällen zu rechnen
ist. In Norddeutschland setzt sich postfrontal subpolare Meeresluft durch, in
der es nur noch zu einzelnen Schauern und kurzen Gewittern kommt. Die Südhälfte
verbleibt anfangs noch im Einflussbereich der heißen und instabil geschichteten
Subtropikluft, wobei sich dort erneut kräftige Gewitter mit Unwetterpotenzial
bilden können.
Im Laufe des Montags gelangen wir auf die Rückseite des nach Skandinavien und
Osteuropa schwenkenden Troges, wobei sich eine recht glatte westnordwestliche
Höhenströmung einstellt. Bis Dienstagabend verlagert sich ein darin
eingebetteter flacher Höhenrücken nach Mitteleuropa und kann sich dort ein wenig
nordwärts aufwölben.
Im Bodenfeld wird bis Montagabend die subtropische Luftmasse auch aus
Süddeutschland verdrängt und weite Teile des Vorhersagegebietes geraten in den
Einflussbereich subpolarer Meeresluft bzw. (der Norden) erwärmter Polarluft.
Dabei gibt es weitere Schauer und auch kurze Gewitter, mit Vordringen eines
Bodenhochkeils beruhigt sich das Wetter im Südwesten des Landes allerdings
bereits tagsüber wieder rasch, in der Nacht zum Dienstag bleibt es dann in der
gesamten Südhälfte und auch in den mittleren Landesteilen trocken.
Im Laufe des Dienstags überquert ein weiteres Frontensystem den Norden und die
Mitte des Landes, im Einflussbereich des sich annähernden Höhenrückens verliert
es dabei aber zusehends an Wetterwirksamkeit. Vorderseitig des Frontensystems
kann in den Süden wieder warme Luft mit Temperaturen um 15 Grad in 850 hPa
vordringen, während der Norden und die mittleren Landesteile im Einflussbereich
mäßig warmer subpolarer Luftmassen verbleiben.
In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der Höhenrücken rasch weiter nach Osteuropa
und wir gelangen am Mittwoch auf die Vorderseite eines umfangreichen
Langwellentroges über Nord- und Westeuropa. Auf dessen Vorderseite kann erneut
ein Schwall Subtropikluft in den Süden und Südosten Deutschlands gelangen, die
Temperaturen steigen dort in 850 hPa auf 15 bis 20 Grad. Der Norden und
Nordwesten verbleiben dagegen nahe der Frontalzone im Einflussbereich kühlerer
Meeresluftmassen mit Temperaturen zwischen 7 und 11 Grad in 850 hPa. Vor allem
entlang der Luftmassengrenze und knapp nördlich davon muss mit weiteren
Niederschlägen gerechnet werden, die mangels Hebungsantrieb aber wohl nicht
allzu ergiebig ausfallen dürften. Im Süden dominiert schwacher
Hochdruckeinfluss, dennoch kann es innerhalb der instabil geschichteten
Luftmasse dort vor allem über dem Bergland einzelne kräftige Gewitter geben.
In der erweiterten Mittelfrist nähert sich der Trog allmählich Mitteleuropa an,
wobei vor allem in den Norden und in die mittleren Landesteile am Freitag nach
Lesart des aktuellen ECMWF-Laufes sehr kühle Luftmassen polaren Ursprungs
gelangen und der äußerste Süden im Übergangsbereich zur Subtropikluft verbleibt,
die allerdings in die Regionen südlich des Alpenhauptkamms abgedrängt wird.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Den Wetterablauf am Wochenende betreffend ähneln sich zumindest der heutige 00-
und der gestrige 12 UTC-Lauf, die Samstagnachmittag- und -abend beide eine
weiter nach Süden reichende "zyklonale Delle" über dem Westen Deutschlands auf
der Karte haben als noch der gestrige 00 UTC-Lauf, der sehr "keillastig" war.
Entsprechend werden auch mehr konvektive Niederschlagssignale simuliert.
Die sich einstellende Trogvorderseite am Sonntag haben alle Läufe mehr oder
weniger im Programm, während die Trogpassage in der Nacht zum Montag vom
gestrigen 12 UTC- und aktuellem Lauf progressiver als vom gestrigen 00 UTC-Lauf
simuliert wird.
Danach zeigen dann alle Läufe eine leicht mäandrierende westnordwestliche
Höhenströmung, wobei aber mit voranschreitender Prognosedauer die
durchschwenkenden Tröge und Keile zunehmend phasenverschoben simuliert werden.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Für den Samstag und Sonntag haben alle vorliegenden Modelle ein ähnliches
Szenario auf der Karte, wobei im aktuellen Lauf des GFS die heiße Subtropikluft
am Sonntag etwas schneller aus Süddeutschland verdrängt wird als nach den
meisten anderen Modellen.
Auch die Trogpassage in der Nacht zum Montag erfolgt nach GFS etwas
progressiver, während GEM die langsamste Variante auf der Karte hat und die
Trogachse am Montag, 12 UTC noch quer über Deutschland hinweg südsüdwestwärts
verlaufend simuliert. ICON und ECMEF ähneln sich bzgl. der Trogpassage,
allerdings simuliert ICON den nachfolgenden Höhenrücken etwas markanter als
ECMWF. Noch kräftiger haben GFS und GEM den Rücken auf der Karte. Zum Termin
Dienstag, 00 UTC simulieren GFS und ICON den Höhenrücken mit seiner Achse über
Mitteleuropa, ECMWF dagegen erst über Westeuropa, GEM über dem westlichen
Mitteleuropa. Zu Wochenmitte deutet ICON den Übergang zu einer zyklonalen
Westlage an, während GFS und ECMWF eine zunehmend zyklonal geprägte Südwestlage
auf der Karte haben. Alle drei Modelle lassen also nach und nach nur noch mäßig
warme Luftmassen nach Deutschland vordringen, in den Norden und Nordwesten sogar
kühle Meeresluft polaren Ursprungs. Etwas aus der Reihe schlägt das GEM, wonach
sich eine antizyklonale Südwestlage einstellen soll und weite Teile des Landes
zumindest vorübergehend in den Einflussbereich sehr warmer bis heißer
Subtropikluft gelangen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Im Zeitraum 72 bis 96 Stunden verteilen sich der Haupt- und Kontrolllauf sowie
die 49 Ensemblemitglieder auf drei Cluster, die sich für Mitteleuropa kaum
unterscheiden. Der Wetterablauf am Wochenende scheint somit im Groben
einigermaßen in trockene Tücher gepackt.
Mit dem nächstfolgenden Zeitraum (120 bis 168 Stunden, also Montag, 00 UTC bis
Mittwoch, 00 UTC wachsen die Unsicherheiten deutlich und die Läufe verteilen
sich bereits auf 5 Cluster (jeweils 13, 12, 11, 11 und 4 Member, Haupt und
Kontrolllauf befinden sich in Cluster 1). Cluster 1 und 2 deuten zu Wochenmitte
den Übergang zu einer mehr (Cluster 2) oder weniger (Cluster 1) zyklonal
geprägten Südwestlage an, ähnlich wie auch der Hauptlauf. Cluster 3 tendiert
eher Richtung GEM-Modell mit einer antizyklonalen Südwestlage zum Ende hin oder
gar Hoch Mitteleuropa. Cluster 4 zeigt - ähnlich wie ICON - den Übergang zu
einer antizyklonalen oder zyklonalen Westlage und Cluster 5 lässt den Trog
direkt nach Mitteleuropa ziehen. Von sonnig und sehr warm bis heiß (Cluster 3)
bis unbeständig und sehr kühl (Cluster 5) ist also quasi alles dabei.
Eine Betrachtung des erweiterten Mittelfristzeitraumes lohnt sich somit kaum
mehr, innerhalb der 6 Cluster ist weiterhin quasi die gesamte Palette des zu
dieser Jahreszeit wettertechnisch Möglichen vertreten.
Auch in den Rauchfahnen spiegelt sich die Bandbreite der Ensembleläufe vor allem
ab Sonntag wieder. Exemplarisch sei ein etwa in der Mitte Deutschlands gelegener
Gitterpunkt betrachtet. Die kältesten Läufe haben 850 hPa- Temperaturen von 6
bis 8 Grad in petto, die wärmsten noch über 15 Grad. Zu Wochenbeginn bleibt der
Spread noch relativ konstant, ehe er zu Wochenmitte noch größer wird. Die
kältesten Läufe nähern sich den 5 Grad an, die wärmsten dagegen der 20 Grad.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Bzgl. der am Samstag zu erwartenden Gewitter deutet EFI vor allem im Südwesten
Deutschlands eine einigermaßen günstige Überlappung von Cape und Scherung an, am
Sonntag dann noch lediglich für den äußersten Süden, allerdings mit nicht mehr
so deutlichen Signalen wie am Samstag.
Die probabilistischen Modellverfahren (COSMO-LEPS und ECMWF-EPS) geben dagegen
noch keine Hinweise in Form von eventuell großflächiger auftretenden Starkregen
bzw. markanten Böen.
Für den Dienstag deuten noch immer einige Ensembleläufe eine kräftigere
Bodentiefentwicklung über dem nördlichen Mitteleuropa an, was sich in einer
leicht erhöhten Wahrscheinlichkeit für Böen Bft 8 an den Küsten niederschlägt.
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Basis für Mittelfristvorhersage
Aufgrund der großen Unsicherheiten schwierig. Bis einschließlich Sonntag ECMWF
bzw. ECMWF-EPS, danach MOSMIX.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff