DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-08-2017 21:00
SXEU31 DWAV 211800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 21.08.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Meist ruhiges Hochdruckwetter. Erst in der Nacht zum Donnerstag von Westen her
zunehmendes Gewitterpotenzial.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland zwischen einem Höhentrog, der sich über
Nordskandinavien über die Ostsee hinweg südwärts bis ins östliche Mitteleuropa
erstreckt und einem Höhenrücken über Südwest- und Westeuropa unterhalb einer
recht glatt verlaufenden nordwestlichen Höhenströmung. Dieses Muster erweist
sich vorerst als wenig progressiv. Dabei verlagert sich bis Dienstagfrüh ein
kurzwelliger Randtrog von Südwestnorwegen zur südlichen Ostsee. Die vorderseitig
wirksamen Hebungsprozesse fallen allerdings nicht allzu markant aus und
betreffen in erster Linie auch die polnische Ostseeküste.
Im Bodenfeld erstreckt sich eine flache Hochdruckzone von Süd- über
Westdeutschland und die Nordsee hinweg bis ins Nordmeer, während der im
Nordosten noch recht scharf ausgeprägte Druckgradient am Rande eines Bodentroges
über Südschweden und der südlichen Ostsee ganz allmählich auffächert. Somit
lässt der Wind - nicht zuletzt auch wegen der ungünstigen Tageszeit - auch an
den Küsten im Laufe des Abends rasch ab und ist nachts wohl nicht mehr
warnrelevant.
Mit Heranschwenken des oben erwähnten Troges kommt die Schauertätigkeit vor
allem entlang der vorpommerschen Küste wohl nicht komplett zum Erliegen, wobei
sich das meiste, wie bereits erwähnt, weiter östlich abspielt. Kurze Gewitter
sind dabei nicht ausgeschlossen, aber doch wohl eher unwahrscheinlich, am
ehesten können sie vielleicht noch über dem relativ zur Umgebungsluft wärmeren
Ostseewasser auftreten.
Im übrigen Land verläuft die Nacht ruhig und die flachen Quellwolken lösen sich
allmählich auf. Lediglich über den äußersten Westen und Nordwesten ziehen
zeitweise mehrschichtige hohe und mittelhohe Wolkenfelder hinweg, die in
Zusammenhang mit etwas WLA stehen, die den Höhenrücken überläuft, aber keine
Niederschläge bringen. Vereinzelt können sich flache Nebelfelder ausbilden.

Dienstag ... wird der Kurzwellentrog über den Westen Polens hinweg südwärts
geführt, wobei er keinen signifikanten Einfluss mehr auf das Wettergeschehen im
Nordosten des Vorhersagegebietes ausübt. Ansonsten verbleiben wir unterhalb der
nordwestlichen Höhenströmung, wobei sich das ganze Muster weiterhin als wenig
progressiv erweist, die Achse des Höhenrückens erreicht zum 18 UTC-Termin die
westliche Nordsee.
Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt eher Richtung Nordmeer, bleibt aber
mit einem Keil nach Mitteleuropa gerichtet.
Somit beginnt die eingeflossene Meeresluft zu "altern" und kann sich allmählich
erwärmen. Vor allem in den Südwesten des Landes kann rückseitig der
Bodenhochkeilachse auch advektiv bereits etwas wärmere Luft gelangen, dort
steigt die Temperatur in 850 hPa auf 10 bis 14 Grad. Der Norden und Osten des
Landes befinden sich dagegen noch im Einflussbereich einer schwachen
nordwestlichen Grundströmung, mit der etwas kühlere Luftmassen (4 bis 8 Grad in
850 hPa) herangeführt werden. Zudem bilden sich vor allem nach Nordosten zu noch
vermehrt flache Quellwolken, für kurze Schauer reicht es aber maximal Richtung
polnischer Grenze. Über den Nordwesten ziehen dagegen zeitweise mehrschichtige
hohe und mittelhohe Wolkenfelder hinweg, die in Zusammenhang mit schwacher WLA
und einer Warmfront stehen, die aber keine Niederschläge bringt.
Vor allem im Süden und Westen scheint dagegen neben einigen lockeren Quellwolken
häufig die Sonne.
Während es im Norden und Osten mit Höchstwerten zwischen 18 und 23 Grad nur
mäßig warm wird, steigen die Temperaturen im Süden und Westen auf sommerliche 23
bis 28 Grad. Warnrelevante Wettererscheinungen sind keine zu erwarten.

In der Nacht zum Mittwoch kommt der Höhenrücken nur zögernd ostwärts voran, so
dass wir weiterhin auf dessen Vorderseite verbleiben. Auch die Hochdruckzone am
Boden macht etwas Boden nach Osten gut.
Somit verläuft die Nacht ruhig und vielerorts gering bewölkt oder klar. Örtlich
kann sich wieder Nebel bilden. Vor allem im Norden und Nordosten wird es mit
Tiefstwerten, die in den "Kältelöchern" eventuell sogar die 5 Grad knapp
unterschreiten, recht frisch, während es im Südwesten und Westen mit 15 bis 10
Grad etwas milder bleibt.

Mittwoch ... schwenkt der Höhenrücken mit seiner Achse nach Mitteleuropa, zum
Abend hin dreht die Höhenströmung über dem Westen und Nordwesten Deutschlands
allmählich auf Südwest, bleibt aber noch antizyklonal konturiert. Vor allem dort
macht sich WLA bemerkbar, vorerst allerdings nur in Form lockerer hoher und
mittelhoher Wolkenfelder, die den insgesamt freundlichen Wettercharakter aber
kaum schmälern.
Der Bodenhochkeil verlagert seine Achse allmählich ins östliche Mitteleuropa
bzw. nach Südosteuropa, so dass die Grundströmung auf Süd bis Südost dreht.
Damit gelangt zunehmend sehr warme Subtropikluft vor allem in den Süden und
Westen des Landes. Die Temperatur in 850 hPa steigt bis zum Abend auf Werte
zwischen 7 Grad in Ostvorpommern und 17 Grad am Hochrhein.
Von Westen her setzt schwacher Druckfall ein und gegen Abend greift dann von
Benelux und Ostfrankreich her eine flache Tiefdruckrinne auf den äußersten
Westen und Südwesten Deutschlands über. Mit ihr wird auch eine zunehmend
potenziell instabile Luftmasse dorthin geführt, die ML-Cape steigt auf etwa 500
bis 1000 J/kg, vereinzelt auch darüber bei PPW-Werten über 25 mm. Aufgrund der
Nähe zum Keil bleibt die Luftmasse aber vorerst noch ziemlich "gedeckelt", so
dass zumindest vor Einbruch der Dunkelheit, wenn überhaupt, Auslöse nur
orographisch getriggert, also im südwestdeutschen Mittelgebirgsraum
(Schwarzwald, Pfälzer Wald) bzw. an den Alpen möglich sein sollte. Eventuell
auftretende Gewitter werden dann begleitet von kleinkörnigem Hagel, stürmischen
Böen und aufgrund der langsamen Zuggeschwindigkeit vor allem auch von
Starkregen. Modellseitig sind aber aktuell noch so gut wie keine Hinweise darauf
zu erkennen, lediglich ECMWF und GFS haben schwache Niederschlagssignale an den
Alpen in petto.
Somit dominiert im Großteil des Landes überwiegend sonniges oder locker
bewölktes und störungsfreies Wetter. Die Temperatur steigt bei auch im Nordosten
auf Ost bis Südost drehendem und etwas auffrischendem Wind auf Werte zwischen 20
und 26 Grad im Norden und Osten und 25 bis 30 Grad im Süden und Westen, entlang
von Rhein, Mosel, Saar und Nahe können auch 32 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Donnerstag schwenkt der Höhenrücken weiter nach Osten und
erreicht Donnerstagfrüh mit seiner Achse bereits das westliche Polen und
Tschechien. Dahinter stellt sich auf der Vorderseite eines westeuropäischen
Höhentroges eine südwestliche Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet ein, die
vor allem im Westen auch zunehmend zyklonal konturiert ist. Erste nennenswerte
Hebungsantriebe sind dort ebenfalls auszumachen, die in erster Linie wohl aus
PVA-Maxima vorderseitig kleinräumiger kurzwelliger Troganteile resultieren.
Im Bodenfeld kommt die Tiefdruckrinne allmählich ostwärts voran und erreicht
Donnerstagfrüh die Ost- und Südhälfte Deutschlands. Rückseitig greift die
Kaltfront eines Tiefs knapp westlich von Schottland im Laufe der zweiten
Nachthälfte auf den Westen und Nordwesten des Landes über. Mit der
Tiefdruckrinne kommt die instabile Luftmasse ebenfalls allmählich nach Osten
voran. Vor allem im Bereich zwischen Kaltfront und Rinne dürfte die einsetzende
dynamische Hebung zur Auslöse und somit zur Entwicklung einzelne Gewitter
reichen, die von Westen her im Laufe der Nacht auch auf die mittleren
Landesteile übergreifen. Die Konvektion dürfte aber aufgrund der ungünstigen
Tageszeit und nach aktuellem Modellstand nur marginaler Scherung weitgehend von
der Grundschicht entkoppelt stattfinden, so dass sich die Begleiterscheinungen
der Gewitter wohl weitgehend auf die markanten Warnkriterien (in erster Linie
Starkregen und stürmische Böen oder Sturmböen) beschränken. Dennoch werden an
dieser Stelle aufgrund noch bestehender Modellunsicherheiten unwetterartige
Entwicklungen nicht komplett ausgeschlossen, vor allem dann, wenn sich die
Tiefdruckrinne und der Höhenrücken etwas progressiver verlagern als derzeit
prognostiziert und die ganze Entwicklung bereits am Nachmittag/Abend des
Mittwochs in Gang kommt.
Im Osten und Südosten verläuft die Nacht noch ruhig und warnfrei und auch im
Westen und Nordwesten setzt nach Abzug der Schauer und Gewitter bzw. nach
Kaltfrontpassage eine rasche Wetterberuhigung ein.

Donnerstag ... verabschiedet sich der Höhenrücken endgültig Richtung Osteuropa
und an der Südflanke eines Höhentrogkomplexes über Nord- und Westeuropa mit
Drehzentren über dem mittleren Skandinavien und westlich von Schottland
überquert ein Kurzwellentrog Deutschland bis zum späten Mittag/frühen Nachmittag
von West nach Ost. Dahinter stellt sich eine recht glatte westsüdwestliche
Höhenströmung ein, signifikante Hebungsprozesse sind keine mehr auszumachen.
Dabei kommt die Kaltfront über Norddeutschland rasch nach Osten voran, nimmt
dann aber über den mittleren Landesteilen eine West- Ost-Ausrichtung an und wird
dort quasistationär. Somit verbleibt vor allem die Südhälfte noch im
Einflussbereich der potentiell instabil geschichteten Luftmasse. Erneut wird
eine ML-Cape von 500 bis knapp über 1000 J/kg bei PPW-Werten von über 30 mm
simuliert.
Mit Kaltfront- und Trogpassage werden bevorzugt im Norden und Nordosten des
Landes einzelne Schauer und Gewitter simuliert, wobei GFS diese auch auf die
mittleren und später östlichen Landesteile ausgreifen lässt. Als
Begleiterscheinungen kommen in subpolarer Meeresluft bei 100 bis 400 J/kg
ML-Cape hauptsächlich Böen Bft 7 bis 8, ganz vereinzelt eventuell auch
Starkregen und kleinkörniger Hagel in Frage.
Diffiziler gestaltet sich die Prognose des Wetterablaufes innerhalb der
instabilen Luftmasse südlich des Frontenzuges in Süddeutschland. Vor allem der
aktuelle Lauf des ICON-EU simuliert bereits im Laufe des Vormittags von
Südwesten her einsetzende schauerartige, teils gewittrige Regenfälle, die wohl
in Zusammenhang mit der im Vergleich zu anderen Modellen recht markant
simulierten Hebung stehen. Diese sollen sich dann rasch ostwärts ausweiten und
am Nachmittag - nach Abzug des Troges - wieder abschwächen, wobei keine
warnrelevanten Mengen simuliert werden. Sollte dieses Szenario eintreffen,
dürfte die recht hoch simulierte Cape mangels Einstrahlung nicht mehr generiert
werden und die Begleiterscheinungen einer noch nachfolgend eventuell in Gang
kommenden Gewittertätigkeit sollten sich hauptsächlich im markanten Warnbereich
abspielen. Kommt der Kurzwellentrog erst etwas später rein, kann sich die
Luftmasse im Vorfeld aufheizen und es kann auch zu unwetterartigen Entwicklungen
kommen. Ist der Trog zu schwach auf der Brust, reicht es vielleicht nur für
orographisch getriggerte Auslöse, die dann aber mangels Zuggeschwindigkeit lokal
eng begrenzt von markanten oder gar unwetterartigen Starkregenereignissen
begleitet werden könnte.
Wie auch immer - über Norddeutschland und weiten Teilen der Mitte wird die
subtropische Luftmasse bereits wieder durch nur noch mäßig warme Meeresluft mit
Temperaturen zwischen 7 und 11 Grad in 850 hPa ersetzt, während die Südhälfte im
Einflussbereich sehr warmer Luft (12 bis 17 Grad in 850 hPa) verbleibt.
Entsprechend steigen die Temperaturen dort - je nach Sonne - erneut auf
sommerliche 25 bis 31 Grad, während in der Nordhälfte Höchstwerte 19 und 24 Grad
erreicht werden. Zudem weht im Norden an der Südflanke der sich vom Seegebiet
westlich Schottlands bis nach Südskandinavien erstreckenden Tiefdruckrinne
lebhafter West- bis Südwestwind, eventuell reicht es im Nordseeumfeld für Böen
Bft 7.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle simulieren alle eine ähnliche Wetterentwicklung im
Kurzfristbereich. Kleinere Differenzen ergeben sich - wie im Text angesprochen -
vor allem bzgl. der Wetterentwicklung am Donnerstag.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff