DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-08-2017 21:00
SXEU31 DWAV 131800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 13.08.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Montag im Südwesten und an den Alpen vereinzelt kräftige Gewitter. Am
Dienstag vermehrt kräftige Gewitter mit Unwetterpotenzial.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland an der Südflanke eines umfangreichen
nordeuropäischen Langwellentroges unterhalb einer recht glatt verlaufenden
westlichen Höhenströmung. Dabei schwenkt im Laufe der Nacht ein Höhenrücken in
den Süden des Vorhersagegebietes, so dass die Höhenströmung eine zunehmend
antizyklonale Krümmung annimmt.
Auch im Bodenfeld dominiert Hochdruckeinfluss, der Schwerpunkt der Antizyklone
verlagert sich allmählich nach Nordostdeutschland bzw. Westpolen. Die Kaltfront
eines Tiefs nördlich von Norwegen befindet sich nach wie vor über dem Norden
Bayerns und Baden-Württembergs, löst sich zwar aber mehr, trennt aber nach wie
vor etwas feuchtere und wärmere Luft im Süden (10 bis 13 Grad in 850 hPa) von
erwärmter Meeresluft 6 bis 10 Grad in 850 hPa) in der Mitte und im Norden.
Mit der damit auf Süd bis Südost drehenden Strömung in der niederen Troposphäre
wird etwas trockenere Luft advehiert und die Wolken lockern im Laufe der Nacht
weiter auf. Innerhalb der feuchten Grundschicht können sich dann allerdings
gebietsweise dichte Nebelfelder bilden, vor allem im Bereich der sich
auflösenden Front bzw. dort, wo es noch leichte Schauer gegeben hat. Vor allem
im Norden verläuft die Nacht recht frisch mit oft einstelligen Tiefstwerten, in
der Südhälfte bleibt es etwas milder.

Montag ... schwenkt der Höhenrücken weiter ostwärts und wir geraten auf die
Vorderseite einer beginnenden Austrogung knapp westlich der Britischen Inseln.
Insgesamt bleibt die auf Südwest drehende Höhenströmung noch leicht antizyklonal
konturiert, lediglich auf den Westen greift ein flacher Kurzwellentrog über, auf
dessen Vorderseite aber kaum Hebung prognostiziert wird.
Das Bodenhoch verstärkt sich etwas und verlagert seinen Schwerpunkt nach
Nordostpolen. Von Westen her setzt somit leichter Druckfall über dem
Vorhersagegebiet ein und mit der südlichen Strömung gelangt eine potenziell
instabil geschichtete Luftmasse in den Südwesten und Süden des Landes. Zum Abend
hin wird eine ML-Cape von 500 bis 1000 J/kg simuliert bei PPW-Werten von etwa 30
mm.
Somit scheint die Sonne nach Nebelauflösung zunächst recht verbreitet, wobei
sich aber innerhalb der noch immer recht feuchten Grundschicht wieder
Quellwolken bilden können. Diese sind für Schauer aber zunächst nicht
hochreichend genug (der "Deckel" liegt etwas, das Feuchteangebot ist deutlich
niedriger als am Vortag). Lediglich im südwestdeutschen Mittelgebirgsraum
(Schwarzwald, Alb, vielleicht noch Odenwald und Pfälzer Wald) und an den Alpen,
wo einerseits ein schwächerer Deckel simuliert wird, andererseits eventuell doch
etwas trogvorderseitige Hebung wirksam wird, reicht es mit orographischer
Unterstützung (die in dem Fall wohl die dominante Rolle spielt) eventuell zur
Auslöse. Dabei dürften die Begleiterscheinungen der Gewitter im Großen und
Ganzen markanten Warnkriterien genügen. Wenn es ganz blöd läuft, kann es bei
einer nur langsam ziehenden Zelle punktuell auch mal Unwetter-Starkregen geben.
Einige Modelle (z.B. ARMOE, GFS) haben auch weiter nördlich, also in den
westlichen und mittleren Landesteilen, konvektive Signale auf der Karte.
Anscheinend wird der Kurzwellentrog wohl etwas wetterwirksamer simuliert. Die
"Qualität" der Luftmasse (maximal 500 J/kg ML-Cape) würde dort aber allenfalls
markant Begleiterscheinungen zulassen und das wohl auch nur mit geringer
Wahrscheinlichkeit.
Niedertroposphärisch kommt die warme Luft weiter nordwärts voran, die Temperatur
in 850 hPa steige bis zum Abend auf Werte zwischen 8 Grad auf Rügen und 16 Grad
am Alpenrand. Dabei scheint neben lockeren Quellwolken oft die Sonne und es wird
mit Höchstwerten zwischen 22 Grad im Norden (an den Küsten bei auflandigem Wind
eher um 20) und 28 Grad im Süden/Südwesten sommerlich warm.

In der Nacht zum Dienstag greift der Höhentrog über dem nahen Ostatlantik
allmählich auf die Britischen Inseln über, der vorgelagerte Höhenrücken
verlagert sich nach Osteuropa. Die südwestliche Höhenströmung über Deutschland
verstärkt sich etwas und nimmt vor allem weiter westlich bereits eine
zyklonalere Kontur an.
Somit verstärkt sich auch mitteltroposphärisch die WLA über dem Westen und
Norden des Landes, was sich allerdings zunächst nur in Form hoher und
mittelhoher Wolkenfelder bemerkbar macht, Regen sollte daraus kaum fallen.
Im Bodenfeld greift von Westen her eine Tiefdruckrinne auf Frankreich über,
während sich das Hochdruckgebiet weiter ins Baltikum verlagert und noch etwas
verstärkt. Somit frischt der Südostwind vor allem in höheren Lagen und an den
Küsten etwas auf, ist aber wohl nicht warnrelevant.
Somit verläuft die Nacht im Großteil des Landes warntechnisch ruhig und
störungsfrei. Die Gewitter vom Abend lösen sich allmählich auf, was nach GFS
noch am längsten (teilweise bis in die zweite Nachthälfte hinein) dauert.
Insgesamt fällt die Nacht deutlich milder aus als die Vornacht und stellenweise
kann sich auch wieder Nebel bilden, wenngleich nicht so häufig wie in der Nacht
davor.

Dienstag ... schwenkt der Höhentrog über die Britischen Inseln hinweg und
erreicht am Abend mit seiner Achse die westliche Nordsee und den Nordosten
Frankreichs. Deutschland liegt dabei auf der leicht diffluenten Vorderseite des
Troges, in der über dem Westen und Nordwesten einige Hebungsgebiete auszumachen
sind, wobei die WLA-induzierte Hebung vor allem zum Abend hin zunehmend durch
PVA unterstützt wird.
Im Bodenfeld erreicht die Tiefdruckrinne um die Mittagszeit von Benelux und
Frankreich her Westdeutschland und kommt abends nach Lesart des aktuellen
ICON-EU- Laufes bis etwa zu einer Linie Mecklenburg - Oberfranken voran.
Innerhalb der Rinne kann sich die potenziell instabile Luftmasse rasch nordwärts
ausweiten und erfasst auch weite Teile der Mitte Deutschlands bzw. der
Nordhälfte. Die Kaltfront des mit dem Trog korrespondierenden Tiefs
nordnordöstlich von Schottland erreicht dann abends den Nordwesten bzw.
äußersten Westen Deutschlands.
Die instabilste Luftmasse befindet sich dabei, wie so häufig, im Bereich der
vorgelagerten Tiefdruckrinne im Warmsektor. ICON-EU simuliert eine ML-Cape von
1000 bis 1500 J/kg, stellenweise auch etwas mehr bei PPW-Werten von etwa 35 mm
oder knapp darüber. Zusammen mit den zu erwartenden günstigen
Scherungsbedingungen auf der Trogvorderseite (für Details, was die Regionen mit
der besten Überlappung von Cape und Scherung angeht, ist es aber noch zu früh)
deutet sich somit eine zumindest markante Gewitterlage für Teile des
Vorhersagegebietes an.
Betroffen sind wohl in erster Linie zunächst mal der Westen und Nordwesten des
Landes, wo es bereits am Vormittag oder im die Mittagszeit zu ersten Schauern
und Gewittern kommen kann. Aktuell simuliert ICON-EU im nördlichen Bereich der
Rinne nur einen recht schwachen Deckel, in dem Fall dürfte es dort auch recht
frühzeitig (so um die Mittagszeit) zu ersten Gewittern kommen, die sich rasch
linienförmig organisieren. Nach Süden zu, also in den mittleren und später auch
südwestlichen/südlichen Landesteilen, wird der Deckel etwas markanter simuliert,
dazu wird dort gleichzeitig weniger Hebung wirksam, isolierte Entwicklungen sind
aber auch dort denkbar. Die Begleiterscheinungen der Gewitter genügen auf jeden
Fall markanten Warnkriterien, lokal eng begrenzt sind auch Unwetter möglich mit
Starkregen über 30 mm in kurzer Zeit, Hagel um 3 cm Korngröße und - bei
organisierten Strukturen - auch schweren Sturmböen. Besonders groß ist die
Unwettergefahr bei isolierten Entwicklungen, sollte es sie denn geben. Die
aktuellen Konvektion zulassenden Modelle deuten eher linienförmige
Gewittercluster vor allem über dem Norden und den mittleren Landesteilen an, die
sich bis zum Abend rasch nach Osten verlagern.
Insgesamt lässt sich nach wie vor konstatieren, dass die groben synoptischen
Strukturen (Lage des Höhentroges und der Tiefdruckrinne, Temperatur in 850 hPa)
von allen vorliegenden Modellen sehr ähnlich simuliert werden und auch zwischen
Kaltfront und Rinne, also im Westen und Nordwesten, haben alle Modelle reichlich
Niederschlagssignale auf der Karte, was auf markante Hebung hindeutet.
Im Westen und Nordwesten ist es bereits vormittags bewölkt, sonst scheint
zunächst aber vielerorts die Sonne, im Osten und Südosten bleibt es wohl auch
noch bis zum Abend trocken. Die Temperatur in 850 hPa steigt bis zum frühen
Nachmittag auf Werte zwischen 13 Grad im Norden und 18 Grad an den Alpen.
Entsprechend werden Höchstwerte zwischen 25 und 32 Grad erwartet, mit den
höchsten Werten im Süden. Bei auflandigem Wind bleibt es an einigen
Küstenabschnitten ebenso etwas kühler wie unter den dichten Wolken im Nordwesten
bzw. äußersten Westen.

In der Nacht zum Mittwoch greift der Trog von der Nordsee her auf Deutschland
über, die stärksten trogvorderseitigen Hebungsprozesse verlagern sich dabei über
die Osthälfte hinweg bis Mittwochfrüh rasch nach Polen.
Im Bodenfeld kommt die Tiefdruckrinne ebenfalls rasch nach Osten voran und die
Kaltfront erreicht in den Frühstunden bereits das deutsch-polnische Grenzgebiet
bzw. die Südhälfte. Rückseitig weitet sich von Frankreich her ein
Hochdruckgebiet nach Südwestdeutschland aus.
Somit verlagert sich der Schwerpunkt der Gewittertätigkeit rasch in den Osten
und Südosten des Landes. Nach wie vor sind unwetterartige Entwicklungen möglich,
zunächst auch bzgl. Hagel und Sturmböen, in der zweiten Nachthälfte eher den
Starkregen betreffend und nachlassend. Im Westen und Norden kommt es dagegen zu
einer raschen Wetterberuhigung, später auch in den mittleren Landesteilen und
die Wolken lockern auf, lediglich an den Küsten, im Einflussbereich etwas
höhenkälterer Luft (immerhin -20 Grad in 500 hPa) kann es noch vereinzelt
Schauer geben. Postfrontal gelangt kühlere Meeresluft in den Vorhersagebereich,
die Temperatur in 850 hPa sinkt auf 7 bis 10 Grad.

Mittwoch ... folgt nach Abzug des Troges ein flacher Höhenrücken, der sich
abends bereits über dem Osten des Vorhersagegebietes befindet und ein wenig
"glattgebügelt" wird.
Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt nach Mitteleuropa, die Kaltfront über
Süddeutschland wird somit mangels Schubkomponente quasistationär bzw. verlagert
sich bis zum Abend als Warmfront sogar ein wenig zurück nach Norden.
Nennenswerte dynamische Hebungsprozesse sind unter überwiegend antizyklonalem
Einfluss keine mehr auszumachen.
Somit wird die potenziell instabile Luftmasse über der Südhälfte nicht verdrängt
und erneut wird am Nachmittag eine ML-Cape von etwa 1000 J/kg bei PPW-Werten von
30 mm simuliert.
Nach Abzug der teils gewittrigen Regenfälle aus der Nacht heraus, was Richtung
polnischer Grenze und in Südostbayern durchaus bis zur Mittagszeit dauern kann,
beruhigt sich somit auch im Osten und Süden das Wetter rasch. Vor allem im
südlichen Mittelgebirgsraum und an den Alpen kann es aber am späten Nachmittag
und Abend - genügend Einstrahlung vorausgesetzt - mit orographischer
Unterstützung eventuell erneut zur Auslöse reichen. Die Folge sind vereinzelte
Gewitter mit Starkregen und kleinkörnigem Hagel als Begleiterscheinung, bei
quasistationären Zellen sind auch Starkregen-Unwetter nicht ausgeschlossen.
Ansonsten setzt sich unter Hochdruckeinfluss aber vielerorts die Sonne durch und
es sind zumindest nachmittags keine nennenswerten Niederschläge mehr zu
erwarten. Während sich in der Mitte und im Norden erwärmte Meeresluft mit
Temperaturen von 7 bis 11 Grad in 850 hPa breit gemacht hat, bleibt es südlich
der Front mit 12 bis 15 Grad wärmer. Das hat Höchsttemperaturen zwischen 20 und
25 Grad in der Nordhälfte und zwischen 22 und 28 Grad im Süden zur Folge.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle zeigen im Kurzfristzeitraum eine ähnliche
Wetterentwicklung. Selbst bzgl. der groben Strukturen der Gewitterlage am
Dienstag gibt es kaum Unterschiede. Im Detail ist deren Ablauf natürlich noch
nicht abzuschätzen, hier geben die nach und nach eintrudelnden höher aufgelösten
und Konvektion zulassenden Modelle mehr Aufschluss, wenngleich deren Ergebnisse
natürlich auch nicht der Weisheit letzter Schluss bedeuten.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff