DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

10-08-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 10.08.2017 um 10.30 UTC



Nur vorübergehend freundlich und sommerlich warm, ab Dienstag wieder zunehmende
Gewittertätigkeit mit Unwetterpotenzial.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 17.08.2017


Zu Beginn des Mittelfristzeitraumes, am Sonntag, befindet sich Deutschland knapp
rückseitig eines Langwellentroges, der sich über Norwegen und Schweden hinweg
südwärts bis nach Polen erstreckt. Bis Montag, 12 UTC verlagert sich der Trog
weiter nordostwärts und von Westen her greift ein zunächst nur flacher
Höhenrücken auf Mitteleuropa über, der sich aber aufgrund von WLA auf der
Vorderseite eines weiteren Höhentroges über dem nahen Ostatlantik westlich der
Britischen Inseln ein wenig nordwärts aufwölbt.
Im Bodenfeld erreicht die Kaltfront eines Tiefdruckkomplexes über Nordeuropa
Süddeutschland und wird dort quasistationär. Von Westen her verlagert sich ein
Hochdruckgebiet bis Montagmittag mit seinem Schwerpunkt in den Nordosten des
Vorhersagegebietes.
Trogrückseitig dominiert Absinken, wodurch sich die Kaltfront als wenig
wetterwirksam erweist. Dennoch werden insbesondere vom ECMWF, aber auch vom GFS
für den Sonntag tagsüber im Frontbereich noch recht verbreitet leichte
Niederschläge simuliert (unter 5 mm in 12 Stunden), während ICON die
Absinkinversion in 700 hPa deutlich stärker zeigt und somit so gut wie keinen
Regen mehr im Programm hat. Wie auch immer - vor allem in der Mitte und im Süden
(abgesehen vielleicht von den Regionen südlich der Donau) steht ein eher
bewölkter Tag ins Haus, da sich die Quellwolken in der leicht labil
geschichteten Grundschicht an der eventuellen Inversion eher in die Horizontale
ausbreiten.
Postfrontal wird erwärmte Meeresluft in den Norden und die Mitte des Landes
advehiert (5 bis 9 Grad in 850 hPa), während im Süden noch etwas wärmere Luft
(um 11 Grad) wetterbestimmend bleibt.
Nachts sollte es dann weitgehend trocken bleiben und unter zunehmenden
Hochdruckeinfluss dürften sich auch im Süden größere Wolkenlücken zeigen.

Bis Dienstag, 00 UTC verlagern sich der Höhenrücken ins östliche Mitteleuropa
und das Bodenhoch nach Osteuropa. Somit dreht die Strömung nieder- und
mitteltroposphärisch auf Süd bis Südwest, wodurch wieder wärmere Luft
subtropischen Ursprungs (11 bis 15 Grad in 850 hPa) in den Südwesten und Süden
des Landes advehiert werden. Insgesamt bleibt Hochdruckeinfluss dominant, so
dass kaum Niederschläge simuliert werden. Lediglich der Alpenbereich und der
äußerste Südwesten gelangen in den Einflussbereich instabil geschichteter
Luftmassen, so dass es orographisch getriggert eventuell zur Auslöse reichen
könnte, was vor allem GFS zeigt.

Am Dienstag verlagert sich der Höhenrücken unter weiterer Aufwölbung nach
Osteuropa. Der Höhentrog westlich der Britischen Inseln kommt recht progressiv
nach Osten voran und erreicht Mittwoch, 00 UTC bereits die Nordsee, Benelux und
Nordfrankreich.
Das Bodenhoch wird weiter nach Osten abgedrängt und das mit dem Westeuropatrog
korrespondierende Tiefdruckgebiet zieht von Südengland bis Mittwoch, 00 UTC über
die Nordsee zum Skagerrak. Die zugehörige Tiefdruckrinne überquert Deutschland
in dem Zeitraum nordostwärts. Vorderseitig kann sich die instabile Luftmasse am
Dienstag mit Temperaturen zwischen 14 und 18 Grad in 850 hPa auf weite Teile des
Landes ausbreiten, wobei verstärkt mit Gewittertätigkeit und erhöhtem
Unwetterpotenzial zu rechnen ist. Abends bzw. in der Nacht zum Mittwoch wird sie
im Westen bereits wieder durch stabiler geschichtete subpolare Meeresluft
ersetzt.

Am Mittwoch überquert der Höhentrog Deutschland ostwärts, gefolgt von einem
Höhenrücken, der sich Donnerstag, 00 UTC über dem Vorhersagegebiet befindet.
Im Bodenfeld überquert die Kaltfront des nach Südskandinavien ziehenden Tiefs
bis zum Mittag auch die Osthälfte Deutschlands und verdrängt auch dort die
instabile Gewitterluft, was aber bis zum Nachmittag dauern kann. Die postfrontal
nachrückende subpolare Meeresluft gerät rasch wieder unter schwachen
Hochdruckeinfluss, lediglich im äußersten Norden, im Einflussbereich etwas
höhenkälterer Luftmassen gibt es noch einzelne Schauer oder kurze Gewitter, auch
im Süden kann es noch etwas länger regnen. Ansonsten sollte es kaum mehr für
Schauer reichen.

Am Donnerstag schwenkt der Rücken weiter ins östliche Mitteleuropa und von
Nordwesten her weitet sich ein umfangreicher Langwellentrog nach Westeuropa aus.

Das schwache Bodenhoch wird rasch nach Osten abgedrängt und von Benelux her
erreicht ein Frontensystem mit schauerartigen, teils gewittrigen Regenfällen die
Westhälfte des Landes. Vorderseitig gelangt vor allem in den Südosten erneut
sehr warme (15 bis 20 Grad in 850 hPa) und instabil geschichtete Luft in den
Südosten, innerhalb derer es nachmittags und abends kräftige Gewitter geben
kann.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Dienstag kann dem aktuellen Lauf eine gute bis sehr gute
Konsistenz zu den beiden Vorgängern bescheinigt werden.
Das Übergreifen des neuen Höhentroges von Westen her in der Nacht zum und am
Mittwoch wird im aktuellen Lauf allerdings wieder etwas progressiver simuliert
als in den beiden gestrigen Läufen. Insgesamt soll die Trogpassage etwa 6
Stunden schneller erfolgen.
Während die Passage des folgenden Höhenrückens wieder ähnlich simuliert wird,
hatten die gestrigen Läufe den nächstfolgenden Höhentrog am Donnerstag bzw. in
der Nacht zum Freitag geringfügig progressiver auf der Karte.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich der Nacht zum Dienstag sind keine substantiellen Unterschiede
zwischen den vorliegenden Modellen auszumachen. Nach wie vor simulieren GFS und
ECMWF - im Gegensatz zum ICON und GEM - am Sonntag im Frontbereich leichte
unergiebige Niederschläge. Für den Montag hat GFS mehr konvektive Signale in
Form einzelner Hitzegewitter im südwestdeutschen Bergland und an den Alpen in
petto als die anderen Modelle, die lediglich an den Alpen eine leicht erhöhte
konvektive Aktivität simulieren.
Größere Diskrepanzen gibt es dann bzgl. des Übergreifens des nächstfolgenden
Höhentroges auf West- bzw. Mitteleuropa. Die progressivste Variante hat dabei
das GFS auf der Karte, wonach die wärmste und instabilste Luftmasse bis
Mittwoch, 00 UTC bereits aus dem Vorhersagegebiet nach Osten abgedrängt wurde.
Nach ECMWF und GEM ist das erst etwa 6 bis 12 Stunden später der Fall. Während
sich nach ECMWF und GEM nach Durchschwenken eines Höhenrückens bereits am
Donnerstag/Nacht zum Freitag die nächste Vorderseitenlage ankündigt, bleibt nach
GFS der Trogeinfluss noch etwas länger erhalten.
Eine Außenseiterlösung bietet da ICON: Ähnlich wie im gestrigen GEM-Lauf von 00
UTC wird das Übergreifen des westeuropäischen Höhentroges am Mittwoch deutlich
verzögerter bzw. sogar ein Abtropfprozess über Frankreich simuliert, so dass der
Osten und Süden selbst am Donnerstag noch auf dessen Vorderseite verbleiben,
während über dem Westen und Nordwesten am Mittwoch und in der Nacht zum
Donnerstag eine "Schleifzone" mit teils kräftigen konvektiv durchsetzten
Niederschlägen simuliert wird.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Interessanterweise verteilen sich die 49 Ensembleläufe des ECMWF, Kontroll- und
Hauptlauf im Zeitraum 72 bis 96 Stunden (Sonntag bis Montag, 00 UTC) auf 4
Cluster, die sich bzgl. der Wetterentwicklung in Mitteleuropa allerdings kaum
unterscheiden.
Für den nächstfolgenden Zeitraum (120 bis 168 Stunden, also Dienstag, 00 UTC bis
Donnerstag, 00 UTC) taucht nur 1 Cluster auf, wobei die Trogachse am Mittwoch,
00 UTC etwas weiter westlich als im Hauptlauf simuliert wird. Ansonsten gibt der
Cluster die vom deterministischen Lauf vorgegebene Wetterentwicklung gut wieder.

Das recht einheitliche Bild ändert sich dann in der erweiterten Mittelfrist (192
bis 240 Stunden, also Freitag bis Sonntag, 00 UTC), dann verteilen sich die
Member auf sechs Cluster (jeweils 15, 9, 8, 8, 7 und 4 Member, Haupt- und
Kontrolllauf in Cluster 1). Alle Cluster fahren eine recht troglastige Variante,
die Wetterentwicklung in Mitteleuropa betreffend. Cluster 1, 4 und 5 tendieren
Richtung Trog West- bzw. Mitteleuropa, Cluster 2 und 6 eher Richtung Westlage
und Cluster 3 zeigt eine Entwicklung, die der Großwetterlage "Hoch
Fennoskandien, über Mitteleuropa zyklonal" ähnelt.
Pickt man sich einen Gitterpunkt in etwa über der Mitte Deutschlands heraus, so
fällt rasch die bis einschließlich Dienstag in einem recht engen Spread
verlaufende 850 hPa-Temperatur der einzelnen Member ins Auge. Am Sonntag bewegen
sich die 850 hPa- Temperaturen in etwa zwischen 4 und 8 Grad, bis
Dienstagnachmittag steigen sie auf 13 bis 17 Grad. Danach kommt es zu einem
kräftigen Rückgang, wobei es auch am Mittwoch noch ein paar "warme"
Einzellösungen gibt, einige Ensembleläufe zeigen wohl eine dem ICON ähnliche
Entwicklung. Nach kurzem, in einem wieder etwas engerem Spread verlaufenden
Anstieg am Donnerstag erfolgt dann Richtung übernächstem Wochenende ein
allgemeiner Rückgang, am Samstag bewegt sich das Groß der Member nur noch
zwischen 5 und 8 Grad mit nur sehr wenigen wärmeren Einzellösungen.
Niederschlagssignale tauchen von Sonntagabend bis Dienstagmittag so gut wie
keine auf. Danach nehmen sie deutlich zu, ehe sie am Donnerstag wieder etwas
zurückgehen, was aber nur eine vorübergehend der Fall ist.
Zu Wochenmitte das Ende des Sommers auszurufen, erscheint zwar etwas verfrüht,
aber zumindest weit bis ins letzte Monatsdrittel hinein ist eine für längere
Zeit stabile sommerliche Phase nicht in Sicht.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Für den Sonntag stehen keine signifikanten Wetterereignisse auf der Karte.
Auch der Montag sollte warntechnisch noch ruhig verlaufen, wenngleich einzelne
kräftige Gewitter mit Starkregen, Hagel und Sturmböen an den Alpen und im
südwestdeutschen Mittelgebirgsraum nicht ausgeschlossen sind. Entsprechende
Hinweise darauf tauchen in der Numerik allerdings kaum auf.
Ab Dienstag mehren sich dann die konvektiven Signale von Westen her, worauf die
probabilistischen Verfahren allerdings kaum anschlagen. Von der Nacht zum
Mittwoch bis zur Folgenacht hat ECMWF-EPS nur gebietsweise schwache Signale für
Stark- oder Dauerregen (unter 10 %) auf der Karte. Auch EFI gibt bzgl. einer
günstigen Überlappung von Cape und Scherung (noch) keine brauchbaren Hinweise.
Rein aus der Numerik heraus kann aber schon davon ausgegangen werden, dass es
für kräftige Gewitter, auch mit Unwetterpotenzial, reicht. Über deren räumliche
Verteilung können aber aus aktueller Sicht noch keine Aussagen getroffen werden.

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Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF-EPS, MOS-MIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff