DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-08-2017 21:00
SXEU31 DWAV 091800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 09.08.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Wieder häufig (außer NW) und gebietsweise ergiebiger Regen. Nach Osten zu
Gewitter und Starkregen mit Unwetterpotential. Sonst auch Dauerregen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... liegen wir auf der Vorderseite eines Höhentiefs über Nordfrankreich,
das sich nur zögernd ostwärts verlagert. Im Bodenniveau bildet sich
schwerpunktmäßig über Osterreich ein flaches Tief, das sich nordwärts nach Polen
ausweitet.
In der auf südliche Richtungen drehenden Höhenströmung setzen von der Schweiz
und Österreich her kräftige Hebungsvorgänge ein. Diese resultieren aus der
diffluenten Höhenströmung zum einen, zum anderen aus einsetzender Scherung, in
der aufkommenden schwachen nördlichen bis nordwestlichen Bodenströmung an der
Westflanke des o.e. Tiefs.
Die entsprechenden Regenfälle breiten sich bis Donnerstagmorgen etwa bis auf
Linie Eifel-Rothaargebirge und Berliner Raum aus. Dabei wird vor allem im
Südosten und Osten instabile Warmluft in die Hebung einbezogen und es sind
einzelne Gewitter (Warmlufteinschub) eingelagert, wobei angesichts des dort auf
30 bis 40 mm steigenden Wassergehalts Starkregenfälle möglich sind, hin bis zu
unwetterartigen Entwicklungen, (Hinweise in C DE/EURO4, DE EPS).
Ein Gewittercluster über Norditalien könnte in den nächsten Stunden auf das
südlichste Bayern (Alpenrand) übergreifen. Dabei ist, wie auch bei den Gewittern
weiter nördlich, Starkregen über mehrere Stunden hinweg (z.B. 6h) möglich.
Über der Mitte und nach Westen zu fällt meist skaliger Regen, der vor allem im
Südwesten kräftig ausfällt mit 15 bis 20 mm in 12 Stunden im Schwarzwald. In der
südlichen Höhenströmung kommt es in den Alpen weiter zu Sturmböen auf einigen
Gipfeln, zudem sorgt die föhnige Überströmung der Alpen dafür, dass einige
Bereiche Bayerns, vor allem der Südwesten und die Mitte weitgehend trocken
bleiben. Selbiges gilt auch für größere Teile Norddeutschlands. Der Wind flaut
auch im Nordwesten weiter ab und erreicht an der Nordsee die Warnschwellen nicht
mehr.

Donnerstag ... zeigt der Trog über Frankreich nur wenig Verlagerungstendenz. Er
weitet sich etwas nach Süden aus wobei Strömung über Deutschland gänzlich nach
Süd, fast schon nach Südost dreht. Wir liegen bodennah im Zustrom relativ kühler
Luft aus nördlichen bis nordwestlichen Richtungen an der Westflanke einer
Tiefdruckrinne über Osteuropa. Sie reicht mit Schwerpunkt von Kroatien nach
Zentralpolen. Vor allem die östlichen Landesteile liegen im Übergangsbereich zu
sehr warmer und instabiler Luft über dem östlichen Mitteleuropa, die schon ab
500 bis 1000m auf die kühlere Luft aufgleitet. Ganz im Westen wird leichte
Instabilität durch die Trognähe und höhenkältere Luft gewährleistet. Dazwischen
ist die Schichtung stabiler.
Vor allem im Westen und der Mitte regnet es gebietsweise anhaltend weiter, zum
Teil auch recht kräftig mit 10 bis 20 mm in 12 Stunden, lokal mehr. Im äußersten
Südwesten und Westen sind einzelne Gewitter eingelagert, lokal mit Starkregen
und starken bis stürmischen Böen.
In den östlichen Landesteilen schwächen sich die Gewitterreste der Nacht
zunächst ab, bevor sich nachmittags und abends erneut teils schwere Gewitter
entwickeln, die vor allem mit Starkregen verbunden sein können. Hagel und
Sturmböen treten als Begleiterscheinungen in den Hintergrund, auch wenn sie
nicht ausgeschlossen sind. Der Starkregen, auch 3 bzw. 6 stündig kann
unwetterartig ausfallen, durch die sehr feuchte Luft (PPW bis 40 mm).
Der Wind spielt abgesehen von eventuellen Gewitterböen keine große Rolle, nur in
Hochlagen der Alpen sind Bft 7 bis 8 aus südlicher Richtung möglich, der etwas
stärkere Gradient lässt den Wind auch im Südosten etwas stärker auffrischen mit
Bft 7 aus West.
In der Nacht zum Freitag zieht das Höhentief mit Kern Richtung Westalpen,
während sich die Tiefdruckrinne am Boden etwas nach Westen ausdehnt und auch die
warme Luft über Polen Boden gut macht in Richtung Nordostdeutschland. Vor allem
über der Mitte und dem Nordosten kommt es zu weiteren Starkregenfällen, in die
auch Gewitter eingelagert sind. Gebietsweise sind sehr hohe Regenmengen im
Programm, wobei die Modelle - wie auch in den Vorzeiträumen - durchaus sehr
unterschiedlich simulieren. ICON zeigt Unwettermengen von 40 bis 50 mm in 6
Stunden über Teile Brandenburgs und Berlin. Die Regenfälle im Südwesten lassen
nach, während das Aufgleiten über Bayern andauert.

Freitag ... zieht das Höhentief über die Seealpen nach Nordwestitalien, ein Trog
reicht davon ausgehend genau nordwärts nach Deutschland. Bodennah liegen wir
zwischen dem Keil des Azorenhochs und einer Tiefdruckzone über Polen in einer
nordwestlichen Strömung mit der mäßig warme Meeresluft zu uns geführt wird.
Es kommt dabei zu weiteren Aufgleitvorgängen und gebietsweise zu teils kräftigen
Regenfällen, wobei ICON aktuell einen Schwerpunkt mit höheren
Niederschlagsmengen weit in den Westen nach NRW und Rheinland-Pfalz platziert,
der aber wahrscheinlich dort kaum Bestand hat, da das Modell sehr inkonsistent
ist.
Nach Osten sind nahe der instabilen Luft eingelagerte Gewitter wahrscheinlich,
auch mit Starkregen. Auch im Süden dürfte die Labilität nahe dem Trogschwerpunkt
einzelne Gewitter möglich machen.
Vor allem in den östlichen Landesteilen besteht bei hohem PPW Werten
Unwetterpotential durch heftigen Starkregen. Für die anderen Landesteile ergibt
sich die Möglichkeit einer Dauerregenlage, wenn akkumulierte (24h, 48h)
Niederschlagsmengen zu Rate gezogen werden.
Nahe der Warmluft sind an der Oder lokal sommerliche Werte möglich, sonst bleibt
die Temperatur bei vielfach starker Bewölkung häufig unter der 20 Grad-Marke.
In der Nacht zum Samstag schwenkt der Trog langsam wieder von Westen her durch,
da er sich einem Langwellentrog über Nordeuropa angliedert, so dass die
Aufgleitniederschläge nachlassen. Insgesamt können eventuelle
Dauerregenwarnungen dann auslaufen, da 12-stündig meist nur noch 2 bis 5 mm
simuliert werden. Lediglich in Staulagen an den Alpen kann es noch kräftiger
regnen, um 10 mm.

Samstag ... verlagert sich der Trog über Ostdeutschland langsam nach Polen, am
Boden erfolgt eine Zonalisierung der Strömung. Bei Advektion von mäßig warmer
Meeresluft greift von Nordwesten ein okkludierendes Frontensystem über, das im
Nordwesten leichten Regen auslöst und den Wind etwas auffrischen lässt.
Die Regenfälle sind nicht warnwürdig, der Wind erreicht auch an der Nordsee kaum
Bft 7, in Hochlagen der Mittelgebirge Bft 8.
Da der Stau nur zögernd abklingt, kann es auch an den Alpen noch regnen, die
Mengen sind aber auch dort überschauerbar.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Im synoptischen Scale herrscht (einigermaßen) Konsens, auch wenn immer noch
nicht ganz raus ist, wie weit die wärmere Luft über Polen wieder nach Westen
ausgreifen kann. Die Lage der Niederschlagsschwerpunkte und der dort
auftretenden Mengen wird nach wie vor sehr unterschiedlich simuliert. Für die
kommenden Stunden sind die Unterschiede noch überschaubar und Warnungen vor
Dauerregen im Südwesten und Starkregen/Gewitter nach Osten hin ausgegeben.
Nachjustierungen bzw. Aufstockungen bis Unwetter sind aber vielleicht noch
nötig.
In der Nacht zum Freitag und am Freitag werden ebenfalls gebietsweise hohe
Regenmengen simuliert, die aber nach Osten im Wesentlichen durch Gewitter und
Starkregengebiete ausgelöst werden und auch entsprechend bewarnt werden sollten,
also nach Osten hin eher Stark- als Dauerregen. Die großen Regenmengen im
aktuellen (12z) Lauf des ICON und die erhöhten Wahrscheinlichkeiten im Comso
Leps (00z) nach Westen (Nacht zum Freitag und Freitag) über NRW und
Rheinland-Pfalz dürften eher zweifelhaft sein. Über Teilen der Mitte (aktuell:
SE Niedersachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt) könnte für den genannten Zeitraum
aber auch eine Dauerregenwarnung nötig werden, meist markant, lokal durch Stau
aber auch WU.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner