DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-08-2017 09:00
SXEU31 DWAV 080800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 08.08.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Tr W Übergang Tr M

Heute örtlich kräftige Gewitter mit Starkregen, im Nordwesten vereinzelt
unwetterartiger Starkregen nicht ausgeschlossen. Im Südosten, vor allem über
Bayern ebenfalls Unwetter gering wahrscheinlich, dort mit Hagel und teils
schweren Sturmböen. Nachts vor allem im Allgäu Starkregen. Am Mittwoch
vorübergehend Beruhigung, ab der Nacht zum Donnerstag vor allem im Südosten,
dann in der Osthälfte erneut Gewitter mit Starkregen, teils auch nicht
gewittriger Starkregen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... liegen wir vorderseitig eines Troges über Westeuropa. Dieser wird
durch einen in seine Westflanke
hereinlaufenden Randtrog regeneriert. Der dabei von Frankreich her nach
Deutschland ziehende Trog verliert an Kontur und stellt letztlich nur noch einen
Randtrog dar, dessen Hebungsantrieb langsam schwächer wird. Das zugehörige Tief
im Bodendruckfeld verlagert sich über Benelux nach Norden und bildet im
Tagesverlauf eine Rinne über Nord- und Ostdeutschland. Damit wird feuchtwarme
und instabile Luft von Südwesten nach Deutschland geführt, die später auch
Norddeutschland erreicht. Die aktuell über dem Nordosten Frankreich auftretenden
schauerartigen, teils von Gewittern durchsetzten Regenfälle greifen auch auf
Deutschland über und breiten sich bis über den Westen nach Norden aus, erfassen
aber auch Teile der Mitte und größere Bereich des Südens.
An der Südflanke des Tiefs setzt aber rasch Kaltluftadvektion ein, die sich
ostwärts ausbreitet und mit der Schichtung schon wieder etwas stabilisiert.
Die maximale Labilität mit CAPE über 1000 J/kg dürfte im Tagesverlauf über dem
Südosten, über Bayern zu finden sein. Der Regen nimmt dabei im Tagesverlauf
zunehmend konvektiven Charakter an und ist von einzelnen Gewittern durchsetzt,
bzw. bilden sich vor allem im Südosten nachmittags und abends teils kräftige
Gewitter. Entsprechend dem steigenden Wassergehalt und der deutlich zunehmenden
Scherung sind neben Starkregen, auch Hagel und Sturmböen (teils schwer) im
Bereich des Möglichen. Unwetterartige Entwicklungen sind dabei am ehesten lokal
im Südosten zu erwarten, wo sich auch eine Konvergenz ausbilden kann. C DE EPS
signalisiert mit geringen Wahrscheinlichkeiten auch Bft 11 in den Gewittern über
Bayern.
Auch mit der nachmittags auf den Westen übergreifenden Kaltfront sind Gewitter
möglich. Bei starker Scherung genau unter dem Jet können sich dabei
Gewitterlinien ausbilden, wobei dann Sturmböen wahrscheinlicher werden. Im
Nordosten ist in Sachen Gewitter noch nichts zu erwarten, da dort aus Osten in
der unteren Troposphäre trockenere und stabile Luft einfließt.
Auch abseits der Gewitterböen frischt der Wind in Teilen des Südens stark auf,
eine durchgehende Druckwelle sorgt ausgehend vom Hochrhein und dem Bodensee bis
ins südliche Bayern für starke bis stürmische, teilweise für Sturmböen.
Ansonsten frischt der Wind höchstens exponiert an der Ostsee und im Nordosten
mal stärker auf mit Bft 6 bis 7 aus Ost bis Südost und auch in einigen Hochlagen
des Südens und der Mitte (Böhmischer Wind im Erzgebirge) kann es Bft 7 bis 8
geben. Auf Alpengipfeln sind Sturmböen möglich.
In der Nacht zum Mittwoch zieht das Tief zur südöstlichen Nordsee und an seiner
Südflanke macht die Stabilisierung von Südwesten her weitere Fortschritte. So
lassen die Gewitter nach, bzw. ziehen nach Norden und Osten ab. Im weiteren
Verlauf der Nacht greifen an der über dem Süden und Osten schleifenden Kaltfront
teils kräftige Regenfälle von der Schweiz und den Alpen her nach Nordosten aus.
Vor allem am Alpenrand (Allgäu) ist in diesem Zusammenhang ein Überschreiten der
Warnschwellen vor markantem Starkregen in 6 Stunden denkbar. Hinweise darauf
liefern neben einigen deterministischen Modellen auch die probabilistischen
Verfahren (PEPS, Leps). Das Nordseeumfeld gerät in den starkgradientigen Bereich
auf der Südflanke des Tiefs. Dort sind zum Morgen erste starke, am Mittwoch
selbst auch exponiert stürmische Böen zu erwarten.


Mittwoch... kommt der Langwellentrog über Westeuropa nur zögernd nach Osten
voran, das eingelagerte Höhentief erreicht abends Nordfrankreich. Wir verbleiben
auf der Vorderseite in einer weiter aufsteilenden, südsüdwestlichen
Höhenströmung. Nach tagsüber vorübergehend eher antizyklonaler Kontur der
Höhenströmung mit einem flachen Rücken, greift nachmittags und abends wieder ein
KW von Süden her über. Noch weiter östlich wölbt sich ein Höhenkeil mit
korrespondierendem Bodenhoch über Osteuropa auf.

Hinter der Kaltfront des westlich Jütlands liegenden Tiefs gelangt mäßig warme
Meeresluft in den größten Teil Deutschlands. Schwache Kaltluftadvektion und
ansonsten fehlende Dynamik sorgen für leichtes Absinken und den Aufbau eines
schwachen Zwischenhochs, so dass sich das Wetter wieder beruhigt. Im
Nordseeumfeld sind in Trognähe einzelne Schauer, vielleicht auch mal kurze
Gewitter nicht ausgeschlossen. Mit Annäherung des Troges nimmt nachmittags von
Süden die Schaueraktivität wieder zu und im Südosten, wo die instabile Warmluft
nicht verdrängt wurde, können sich lokal Gewitter mit Starkregen und
kleinkörnigem Hagel bilden. Unwetter gibt es aber wahrscheinlich nicht.

In der Nacht zum Donnerstag verstärken sich die Regenfälle über dem Süden und
breiten sich nordwärts aus. Das tagsüber nördlich der Alpen entstandene Leetief,
löst sich vom Alpenrand und verlagert sich nach Nordosten. Es verstärkt die
Hebung durch Warmluftadvektion an seiner Nordflanke und das konvergente
Bodenwindfeld. Nach Westen hin und über der Mitte ist die Schichtung leidlich
stabil, eher skalige Regenfälle sind die Folge. Da nach Osten instabile Warmluft
gehoben wird, dürften sich auch Gewitter entwickeln, die mit Starkregen
verbunden sein können. Auch Unwetter sind bei PPW Werten bis 40 mm nicht
ausgeschlossen. Weiter westlich ist mehrstündiger Starkregen, vielleicht auch
Dauerregen möglich, wenn gleich die Signale deutlich schwächer sind, als in den
östlichen Landesteilen.


Donnerstag... befindet sich der Höhentrog mit seinem Drehzentrum weiterhin
nahezu quasistationär über Frankreich. Die stärkste Hebungs verlagert sich über
Norddeutschland hinweg nordwärts, dahinter ist die Höhenströmung erneut recht
glatt konturiert und lediglich im Süden ist zum Nachmittag und Abend hin etwas
verstärkte Hebung auszumachen.
Das Bodentief verlagert sich nach Zentralpolen, wobei eine flache Tiefdruckrinne
bis nach Nordostdeutschland reicht. In den Südwesten und Süden des Landes
schiebt sich dagegen ein ebenfalls nur flach konturierter Hochkeil.

Die schauerartigen Regenfälle verlagern sich nach Lesart des ICON-EU über die
Nordhälfte hinweg nordwärts. Anfangs sind dabei auch lokal warnwürdige
Starkregenmengen möglich. Ansonsten kommt es zunächst zu einer gewissen
Wetterberuhigung, ehe sich vor allem innerhalb der labil geschichteten
höhenkalten Luft in der Nähe des Troges (unter -20 Grad in 500 hPa, bis 500 J/kg
ML-Cape) im Westen und Nordwesten einzelne Schauer oder kurze Gewitter (mit
kleinkörnigem Hagel und kleinräumig auch stürmischen Böen, aber nur ganz
vereinzelt auch mit Starkregen) entwickeln. Auch im Südosten nimmt die Schauer-
und Gewittertätigkeit am Nachmittag und Abend zu.
Bzgl. der räumlichen Verteilung und Intensität der Niederschläge gibt es größere
Modelldifferenzen. ECMWF simuliert die meisten Niederschläge im Südwesten, im
Nordwesten und in den östlichen Landesteilen (bis knapp über 20 mm in 12 Stunden
südwestlich von Berlin). GFS dagegen zunächst über der Mitte des Landes, später
im Bereich der Bodenrinne über dem Norden.
Insgesamt macht sich die Sonne rar und die Temperatur im Einflussbereich der
mäßig warmen Meeresluftmasse auf 18 bis 24 Grad, im Osten teils darüber, bei
längerem Regen kann es kühler bleiben. Unsicherheiten ergeben sich aber auch
bzgl. der Temperaturverteilung, vor allem die Osthälfte befindet sich nah an der
sehr warmen bis heißen Subtropikluftmasse über Polen.
Sollte diese ein wenig weiter nach Westen schwappen (andeutungsweise vom GFS so
simuliert) könnte es in der Osthälfte noch deutlich wärmer werden, verbunden
auch mit einer erhöhten Gewittertätigkeit.

In der Nacht zum Freitag dreht die Höhenströmung weiter nach Südost, da der Trog
sich zu den Alpen hin ausweitet. Das Bodentief über Polen könnte sich somit noch
nach Westen in Bewegung setzen und im Nordosten weitere, teils kräftige und
gewittrige Regenfälle auslösen. Auch im Süden fällt bei stark diffluenter
Höhenströmung Regen, nur im Westen und Nordwesten bleibt es weitgehend trocken,
zumindest aus ICON-Sicht. ECM und GFS weichen in ihren Lösungen mehr oder
weniger deutlich ab, so dass die Prognose sehr unsicher erscheint.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle ähneln sich im groben Maßstab zunächst, bis einschließlich Mittwoch.
Es wurde versucht die wahrscheinlichste Entwicklung mit den entsprechenden
Schwerpunkten der Niederschläge/Gewitter herauszuarbeiten. Ab Donnerstag ist
auch das kaum noch möglich, da die Lösungen weiter auseinander gehen. Die
Unsicherheiten wurden im Text bereits angesprochen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner