DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-08-2017 21:00
SXEU31 DWAV 021800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 02.08.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Süden sehr warm bis heiß und an allen Tagen einzelne markante Gewitter
möglich, Unwetter nicht ausgeschlossen. Im Norden zeitweise stark windig,
exponiert stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland unterhalb einer recht glatt konturierten
westsüdwestlichen Höhenströmung. Im Laufe der Nacht verlagert ein Höhentrog
knapp westlich der Britischen Inseln sein Drehzentrum allmählich ostwärts nach
Schottland. Mit Annäherung des Troges und vor allem durch trogvorderseitige WLA
steilt die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet ein wenig auf und von Westen
her setzt verstärkt Hebung ein, die hauptsächlich der WLA geschuldet ist, aber
auch durch etwas PVA unterstütz wird.
Im Bodenfeld setzt von Westen her Druckfall ein und der schwache
Zwischenhocheinfluss schwächt sich weiter ab. In der zweiten Nachthälfte greift
die Warmfront eines nach Schottland ziehenden Tiefdruckgebietes auf den
Nordwesten Deutschlands über. Bereits im Vorfeld setzen im Westen und Nordwesten
schauerartige Regenfälle ein, die sich rasch ostwärts ausweiten und morgens
bereits fast die gesamte Nordhälfte und die "nördliche Mitte" beeinflussen. Die
simulierten Mengen bewegen sich allgemein zwischen 2 und 10 mm in 12 Stunden und
somit weit unterhalb der Warnschwellen. Lediglich im Stau der westlichen
Mittelgebirge werden vom ICON-EU Mengen bis etwa 15 mm simuliert, dabei zeigen
auch die probabilistischen Verfahren keine Wahrscheinlichkeiten für mehr als 25
mm in 12 Stunden (Dauerregen).
Im Vorfeld der Kaltfront, die morgens Benelux und die mittlere Nordsee erreicht,
kann es aber im Nordwesten eventuell für ein kurzes Gewitter reichen, die
Wahrscheinlichkeit dafür ist aber gering.
Mit Annäherung des Tiefs verschärft sich der Druckgradient im Nordwesten
deutlich und der Wind frischt aus Südwest bis Süd auf. Über der Nordsee und im
Bereich der Ostfriesischen Inseln, eventuell aber auch am Nordrand von Hohem
Venn und Eifel kann es einzelne steife Böen (Bft 7), auf exponierten Berggipfeln
(z.B. auf dem Brocken) stürmische Böen oder Sturmböen (Bft 8 bis 9).
In der Südhälfte verläuft die Nacht wettertechnisch noch ruhig, nach Abklingen
der letzten Gewitter an den Alpen dürften keine warnwürdigen Wetterereignisse
auftreten.

Donnerstag ... überquert die Achse des sich mit seinem Drehzentrum zur
nördlichen Nordsee verlagernden Höhentroges Deutschland von West nach Ost.
Dahinter dreht die Höhenströmung auf West und bleibt glatt konturiert.
Das Bodentief kommt nur noch wenig nach Osten voran und befindet sich abends vor
der Ostküste Schottlands. Die Warmfront überquert die Osthälfte rasch
nordostwärts, die Kaltfront überquert Nordwestdeutschland und erreicht
nachmittags den Mittelgebirgsraum, woraufhin sie kaum mehr nach Süden
vorankommt.
Mit Abzug der Warmfront verlagern sich die schauerartigen Regenfälle ebenfalls
rasch ostwärts, entlang der Kaltfront gibt es noch einzelne Schauer und
eventuell auch kurze Gewitter (v.a. COSMO-DE, aber auch GFS). Postfrontal
lockern die Wolken auf, wobei es vor allem nach Norden zu, in der höhenkälteren
und damit labileren Luftmasse (mehrere 100 J/kg ML-Cape) noch Schauer oder auch
kurze Gewitter geben kann, die von Graupel bzw. kleinkörnigem Hagel und aufgrund
des kräftigen Oberwindes auch von Sturmböen begleitet werden können.
Der Wind frischt mit dem Tagesgang weiter aus Südwest, später West bis Südwest
auf, zumal sich auch der Druckgradient noch etwas verschärft. Im Norden, Westen
und in den mittleren Landesteilen dürfte es für steife Böen, in freien Lagen und
im Nordseeumfeld auch für stürmische Böen reichen, in exponierten
Nordseeküstenlagen und auf freien Berggipfeln kann es auch Sturmböen geben.
Die Südhälfte befindet sich weiterhin im Einflussbereich der instabileren
Luftmasse, die im Vorfeld der Kaltfront auch ein wenig nach Norden, Richtung
Sachsen und Thüringen, schwappen kann. Dort werden erneut teilweise mehr als
1000 J/kg, in Teilen Bayerns auch über 1500 J/kg simuliert bei PPW-Werten von
über 35 mm. Gedämpft wird eine mögliche Auslöse durch einen sich nach
Süddeutschland verlagernden schwachen Bodenhochkeil, womit auch dort ein recht
markanter Deckel und westliche Winde vorherrschen. Auch fehlt es nach Abzug des
Troges zur "falschen" Tageszeit an großräumiger dynamischer Hebung. Dennoch ist
Auslöse denkbar, in erster Linie durch orographische Triggerung. Dann kann es
einzelne kräftige Gewitter mit Starkregen, Hagel und Sturmböen geben, aufgrund
der markanten Scherung im Frontbereich (die allerdings nicht mit der potentesten
Luftmasse überlappt) können auch organisierte Strukturen mit Sturmböen
auftreten. Aufgrund der hohen PPW-Werte und mäßige ML-Cape sind Entwicklungen
bis in den Unwetterbereich (mehr als 30 mm, um 3 cm Korngröße) nicht
ausgeschlossen. Schwerpunkte der Gewittertätigkeit dürften die Mittelgebirge
sein, eine genauere Lokalisierung lässt sich aber noch nicht vornehmen.
ECMWF von 00 UTC, aber auch einige COSMO-DE-EPS-Läufe simulieren im Vorfeld der
Kaltfront von Baden-Württemberg bis nach Oberfranken bzw. nach Ostsachsen
schauerartige, teils konvektiv durchsetzte Regenfälle. Offensichtlich wird der
Trog etwas kräftiger und nach Westen zurückhängend simuliert, wodurch mehr
Hebung wirksam werden kann. Immerhin zeigt das EPS des COSMO-DE gebietsweise
Wahrscheinlichkeiten von über 10% für mehr als 20 mm in 6 Stunden und sogar von
knapp 5 % für mehr als 35 mm (Unwetter).
Während es im Norden und in der Mitte meist bewölkt bleibt und erst im
Tagesverlauf von Westen her die Wolken auch mal stärker auflockern, scheint im
Süden die Sonne häufiger. Die Temperaturen steigen im Norden und in der Mitte in
der nicht ganz so warmen Meeresluftmasse auf 22 bis 28 Grad, an den Küsten teils
nur auf 20 Grad, während es im Süden und Südosten mit 27 bis 32, in Südostbayern
vielleicht gar bis 34 Grad wieder heiß wird.

In der Nacht zum Freitag nimmt die Höhenströmung vorübergehend eine etwas
antizyklonalere Kontur an, ehe in den Frühstunden ein Sekundärtrog die westliche
Nordsee erreicht.
Auch im Bodenfeld kommt es vor allem über der Südhälfte des Landes zu
Druckanstieg, während das kaum mehr wetterwirksame Frontensystem über den
mittleren Landesteilen kaum nach Süden vorankommt und verwellt. Somit klingen
die Gewitter im Süden im Laufe der Nacht allmählich ab. Auch im Norden und Osten
gibt es kaum mehr Schauer, lediglich im Bereich der höhenkältesten Luft, also im
Nordseeumfeld muss mit weiteren Schauern und auch kurzen Gewittern gerechnet
werden, die nicht zuletzt auch der "warmen Unterlage" Nordseewasser geschuldet
sind, die leicht labilisierend wirkt.
Der Wind nimmt allgemein ab, neben dem Tagesgang kommt dabei auch eine
vorübergehende Auffächerung des Gradienten zum Tragen. Mit Annäherung des
Sekundärtroges verschärft sich auch im Bodenfeld im Nordwesten in den
Frühstunden der Druckgradient, so dass es im Nordseeumfeld die ganze Nacht über
wohl für Böen Bft 7 reicht, morgens kann es in freien Lagen eventuell auch
wieder stürmische Böen (Bft 8) geben.

Freitag ... überquert der kurzwellige Sekundärtrog die Nordhälfte rasch
ostwärts. Das Bodentief verlagert sich nach Südnorwegen, wobei sich ein weiterer
Kern über der mittleren Ostsee bildet. Gleichzeitig schiebt sich von Frankreich
her ein flacher Hochkeil nach Süddeutschland, so dass sich vor allem nach Norden
zu der Druckgradient erneut verschärft. Recht verbreitet gibt es dann im Norden
und in der Mitte steife Böen (Bft 7) aus West bis Südwest, in freien Lagen und
an den Küsten auch stürmische Böen (Bft 8), auf einigen exponierten Gipfeln
Sturmböen (Bft 9).
Das verwellende und wenig wetterwirksame Frontensystem kann ein wenig weiter
nach Süden vordringen, so dass sich nur noch der äußerste Südosten im
Einflussbereich der instabilen Luftmasse befindet. Dort werden erneut 500 bis
1000 J/kg ML-Cape simuliert bei ähnlichen PPW-Werten wie am Vortag. Obwohl
erneut der Hochkeil dämpfend wirkt, können sich im Alpenbereich mit
orographischer Unterstützung Gewitter entwickeln, die auch ins südliche
Alpenvorland ziehen. Begleiterscheinungen sind - wie immer - Starkregen,
kleinkörniger Hagel und stürmische Böen, die Unwettergefahr nimmt aber weiter
ab.
Einzelne Schauer kann es auch in Trognähe im Nordwesten und Norden geben, die
meisten wohl im Nordseeumfeld und in Schleswig-Holstein. Dabei kann ebenfalls
ein kurzes Gewitter nicht ausgeschlossen werden.
Die Sonne zeigt sich vor allem im Süden und Osten, während es im Nordwesten eher
bewölkt bleibt. Auch die Zweiteilung der Temperaturen bleibt bestehen, wenn auch
auf etwas niedrigerem Niveau als an den Vortagen: Im Norden und Nordwesten
werden 19 bis 24 Grad erreicht, sonst 23 bis 28 Grad, im Südosten nochmals bis
32 Grad.

In der Nacht zum Samstag beginnt sich der Trog über Irland zu regenerieren,
wodurch die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet etwas aufsteilt und eine
antizyklonalere Kontur annimmt.
Das Bodentief verlagert sich allmählich Richtung mittleren Ostsee, wodurch der
Druckgradient über dem Norden und der Mitte Deutschlands allmählich auffächert
und der Wind nachlässt. Lediglich an den Küsten kann es auch in der zweiten
Nachthälfte noch warnrelevante Böen aus West geben.
Das verwellende Frontensystem über Süddeutschland kommt mit dem Aufsteilen der
Strömung wieder ein wenig nach Norden voran, bleibt aber kaum wetterwirksam.
Somit klingen die Schauer und Gewitter Richtung Alpen im Laufe der Nacht wohl
recht rasch ab. Auch im Norden kommt die Schauertätigkeit zum Erliegen,
lediglich unmittelbar an den Küsten sind einzelne Schauer auch in der zweiten
Nachthälfte nicht ausgeschlossen.

Samstag ... kommt der Höhentrog über Irland ostwärts voran und erreicht abends
mit seiner Achse die Ostküste der Britischen Inseln. Vorderseitig steilt die
Höhenströmung über Mitteleuropa weiter auf, Richtung Tagesende werden im Westen
des Landes allmählich auch vor allem aus WLA resultierende trogvorderseitige
Hebungsprozesse wirksam.
Das Bodentief über Südfinnland füllt sich allmählich auf, so dass auch über dem
Norden der Druckgradient weiter auffächert und sich über dem Vorhersagegebiet
schwachgradientige Druckverhältnisse einstellen. An den Küsten, insbesondere an
der Ostsee, kann es anfangs aber noch Böen Bft 7 aus West geben.
Das noch immer vorhandene Frontensystem über Süddeutschland kommt allmählich
weiter nach Norden voran, wobei zum Nachmittag und Abend hin eine nach ICON-EU
wenig wetterwirksame Warmfrontwelle auf den Westen Deutschlands übergreift.
ECMWF von 00 UTC simuliert entlang bzw. knapp nördlich der Welle (vor allem im
Nordwesten) dagegen Niederschläge, die allerdings keine Warnschwellen
überschreiten. Im Bereich der Welle können vor allem im Westen und in der Mitte
auch kurze Gewitter nicht ausgeschlossen werden.
Weiter südlich gewinnt die über dem Alpenraum liegende instabil geschichtete
Luftmasse wieder nach Norden an Raum. Die ML-Cape steigt südlich der Donau nach
Lesart des ICON-EU wieder auf über 1500 J/kg bei PPW-Werten über 35 mm, GFS
simuliert dagegen eine deutlich niedrigere Cape. Auslöse ist zunächst aber nur
orografisch getriggert denkbar, da bis zum Abend keine dynamischen
Hebungsantriebe auszumachen sind. Somit können sich erneut aus den Alpen heraus
einzelne kräftige Gewitter entwickeln, wobei das Unwetterpotenzial wieder etwas
ansteigt. Erst gegen Abend bzw. in der Nacht zum Sonntag werden die Gewitter mit
einsetzender Hebung vorderseitig des sich nähernden Troges häufiger.
Vor allem im Süden und Südosten steht wieder ein recht sonniger Tag ins Haus,
während es im Norden und Westen eher bewölkt bleibt. An der Zweiteilung der
Temperaturen ändert sich dabei nur wenig.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle simulieren im Kurzfristbereich eine ähnliche
Wetterentwicklung. Erst ab Samstag kommt es zu etwas größeren Differenzen bzgl.
des Auftretens und der Intensität der Niederschläge im Westen und Nordwesten
Deutschlands.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff