DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-07-2017 09:00
SXEU31 DWAV 260800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 26.07.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Tr M, Übergang zu W z
In einem breiten Streifen von der Ostseeküste über die mittleren Gebiete
Deutschlands bis zu den Alpen Dauerregen, zum Teil ergiebig (Unwetter). In
Teilen der Mitte und in Vorpommern extrem ergiebiger Dauerregen. Niederschläge
erst in der Nacht zum Donnerstag allmählich nachlassend.
Außerdem heute im Süden und an der Ostsee windig mit Wind- und exponiert auch
stürmischen Böen, auf Alpengipfeln und auf höheren Berggipfeln der nördlichen
und östlichen Mittelgebirge Gefahr von Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... liegt Deutschland zunächst noch im Bereich eines Höhentiefs, dessen
Zentrum sich von Niederbayern ost- nordostwärts zu den Beskiden verlagert.
Diesem Höhentief folgt ein Höhenkeil, der jedoch zusehends abflacht. An der
Nord- und Westflanke des abziehenden Höhentiefs erfolgt Warmluftadvektion, die
aus herumgeführter Warmluft resultiert. In Verbindung mit positiver
Vorticityadvektion und der Orografie erfolgt Hebung, die im östlichen
Mittelgebirgsraum und an den Alpen am kräftigsten ausgeprägt ist.
Mit der Verlagerung des Höhentiefs nach Ost-Südost sollte sich das
Niederschlagsband, das aus der "herumgeholten" Warmluft resultiert, ebenfalls
nach Osten verschieben. Bis heute Abend kommen in den genannten Gebieten, aber
da die Warmluft relativ weit nördlich ansetzt auch bis nach Norden zum Oderhaff,
zum bereits gefallenen Niederschlag noch weitere 25 bis 40, in exponierten
Staulagen der Alpen auch mehr als 50 mm Niederschlag hinzu.
Nach Westen hin dürfte sich, bedingt durch den nachrückenden Höhenkeil, die Lage
allmählich entspannen. Zwar sind auch dort noch einige bis etwa 15 mm
Niederschlag zu erwarten, eine markante Warnung sollte jedoch hinreichend sein.

Durch den Höhenkeil wird ein Bodenhochkeil gestützt, der auf den Westen
Deutschlands übergreift. Dies lässt im Westen die Wolken auflockern.
Das mit dem Höhentief korrespondierende Bodentief liegt über Polen und verlagert
sich nur sehr zögernd weiter ostwärts. Zwischen diesem Tief und dem
nachrückenden Bodenhochkeil bleibt im Osten und Süden (dort zusätzlich durch den
"Leitplankeneffekt" verstärkt) ein kräftiger Gradient bestehen, so dass
gebietsweise Windböen, in exponierten Küstenlagen an der Ostsee stürmische Böen
und auf höheren Gipfeln der nördlichen und östlichen Mittelgebirge sowie der
Alpen Sturmböen auftreten können.
Im Nordwesten und ganz im Westen, wo größere Auflockerungen möglich sind, ist
ein Temperaturanstieg auf 19 bis 24 Grad zu erwarten. Unter dichten Wolken
werden nur 14 bis 19 Grad erreicht.
In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich das Höhentief von den Beskiden etwas
nach Norden in Richtung Mittelpolen. Der nachfolgende Keil, der dann den
Nordosten Deutschlands erreicht, flacht weiter ab, so dass auch von dem
korrespondierenden Bodenkeil nicht mehr allzu viel übrig bleibt. In diesen läuft
das okkludierende Frontensystem eines Zentraltiefs südlich von Island hinein.
Zwar kommen hierdurch erneut Niederschläge auf. Diese sind jedoch fernab von
jeglicher Warnrelevanz.
Die Niederschläge, die aus dem o.g. Höhentief resultieren, ziehen sich weiter in
den Osten und Südosten Deutschlands zurück, wobei der Hauptantrieb für die
Hebung weiterhin Warmluftadvektion darstellt und auch die Orografie
unterstützend wirkt. Folglich können in den 12 Stunden etwa vom Oderbruch bis
hin zum östlichen Alpenrand bis Donnerstagfrüh noch einmal 10 bis in Staulagen
auch 25 mm zusammenkommen.

Donnerstag... setzt sich mit dem Übergreifen des mittlerweile okkludierten
Frontensystems über Mitteleuropa eine leicht zyklonal gekrümmte Zonalströmung
durch. Mit dem Abzug des Höhentiefs nach Ostpolen schwindet dessen Einfluss auf
unser Wettergeschehen, so dass die Niederschläge dann auch im Osten und am
östlichen Alpenrand so weit nachlassen, so dass sich keine Warnrelevanz mehr
ergibt, auch wenn nach einer vorübergehenden Niederschlagspause mit dem
übergreifenden Frontensystem die Niederschläge erneut einsetzen. Allerdings ist
die Schichtung dort leicht labil, so dass die Niederschläge auch etwas konvektiv
durchsetzt, möglicherweise bis hin zu (eingelagerten) Gewittern, sein können.
Für die Auslösung der Konvektion kann dort ein in der Strömung nach Osten
ablaufender Kurzwellentrog zu Hilfe kommen; auch der Tagesgang dürfte dann
wirksam werden, für Starkniederschläge lassen sich jedoch keine Indizien finden.
Sollte dieser Trog weiter nach Süden reichen, wären auch in den mittleren
Gebieten und etwas südlich davon kurze Gewitter vorstellbar. Dabei sind
stürmische Böen nicht ganz auszuschließen.
Im Norden und in der Mitte frischt der Wind auf, so dass gebietsweise Windböen,
exponiert vielleicht auch stürmische Böen und auf höheren Berggipfeln Böen bis
Sturmstärke auftreten.
Auch wenn größere Auflockerungen eher selten sind, so setzt sich doch mit der
Zonalströmung Atlantikluft durch, was die Temperaturen auf 17 bis 23 Grad
ansteigen lässt.
In der Nacht zum Freitag bleibt die Westströmung über Mitteleuropa bestehen.
Dies lässt die mittlerweile über dem Osten und Süden Deutschlands angelangte
Front rückläufig werden, wodurch sich die Bildung einer Welle abzeichnet. In
deren Bereich sind zeitweise Niederschläge zu erwarten. In Staulagen können
immerhin um 20 mm innerhalb von 12 Stunden zusammenkommen. Eine erneute
Dauerregenlage zeichnet sich jedoch nicht ab.
Nach Norden hin wird durch weitere, in der Strömung ablaufende Kurzwellentröge
eine rege Schauertätigkeit aufrecht gehalten.

Freitag... beginnt die Zonalströmung etwas zu mäandrieren, wobei ein breiter,
aber relativ flacher Höhenrücken auf Westeuropa übergreift. Warmluftadvektion an
dessen Nordflanke führt einen weiteren leichten Geopotentialgewinn herbei. Durch
diesen wird ein Bodenkeil gestützt, der Bestandteil des Azorenhochs ist und sich
in den Südwesten Deutschlands ausweitet. Durch diese Entwicklung wird die
Frontalzone etwas nach Norden gedrückt, wodurch sich das Niederschlagsgeschehen
auf Norddeutschland, den östlichen Mittelgebirgsraum und den östlichen Alpenrand
verschiebt. Allerdings kommen dort nur noch einige bis etwa 10 mm Niederschlag
innerhalb von 12 Stunden zusammen. Da die Schichtung dort noch einigermaßen
labil ist, können sich auch einzelne, möglicherweise eingelagerte Gewitter
entwickeln. Zur Auslösung dürfte erneut ein ablaufender Kurzwellentrog den
entscheidenden Beitrag liefern, der den Norden und Nordosten Deutschlands zur
tagesgansbedingt "günstigsten" Zeit überquert. Indizien für Starkregen lassen
sich nicht finden, aber stürmische, in Gewitternähe vielleicht auch Sturmböen
sind dann wahrscheinlicher als am Vortag. Immerhin erreicht der Oberwind im 700
hPa-Niveau 40 kt.
Bedingt durch die Lage der Frontalzone über Deutschland bleibt es windig, so
dass Wind- und
Im Südwesten und im Süden ermöglicht schwacher antizyklonaler Einfluss ein paar
Auflockerungen. Eine nennenswerte Temperaturänderung ist jedoch nicht zu
erwarten.
In der Nacht zum Samstag wird in der Zonalströmung der o.g. Höhenrücken nach
Mitteleuropa geführt, gefolgt von einem flachen Trog, der Westeuropa erreicht.
Das mit diesem Trog korrespondierende Randtief greift auf die westliche Nordsee
über. Dessen Warmfront lässt ausgangs der Nacht auf den Nordwesten und Westen
Deutschlands Niederschläge übergreifen. Warmluftadvektion, die den gesamten
Norden und die Mitte Deutschlands erfasst, lässt dann mehrschichtige Bewölkung
über weiten Teilen Deutschlands aufziehen.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. Hinsichtlich der zu erwartenden Niederschläge und deren Verteilung
werden die oben getroffenen Aussagen von probabilistischen Verfahren gestützt.
Geringe Unterschiede ergeben sich in der Frage, wie weit die Frontalzone sich
nach Süden und wie rasch nach Osten durchsetzt. Hier zeigt ICON die rascheste
Variante. Daher ist es fraglich, wie weit ab Donnerstag die Niederschläge nach
Süden vordringen. Warnrelevanz ergibt sich ohnehin nicht. Die Welle, deren
Passage in Süddeutschland erwartet wird, zeichnet sich auch beim EZMW ab.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann