DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

25-07-2017 21:00
SXEU31 DWAV 251800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 25.07.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Osten bis Donnerstag Dauerregen, sonst am Mittwoch allmähliches Abklingen der
Regenfälle von Westen her.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... hat sich im Bereich eines Troges und am Rand eines Bodentiefs über
dem östlichen Mitteleuropa eine Dauerregenunwetterlage bei uns eingestellt, die
uns auch noch am Mittwoch, ganz im Osten auch bis zum Donnerstag begleitet.
Dabei verlagern sich der Trog und das eingelagerte Höhentief mit Kern über dem
östlichen Mittelgebirgsraum langsam nach Osten. Mittwochmorgen liegen das
Drehzentrum über Böhmen und der Schwerpunkt des zugehörigen Tiefs am Boden über
Nordpolen, von wo aus die Rinne bis nach Vorpommern und Brandenburg hinein
reicht.
Dabei unterliegt die sehr feuchte Luftmasse starken Hebungsvorgängen, die zum
einen durch Warmluftadvektion, zum anderen durch die divergente Höhenströmung in
Gang gesetzt werden. Die Folge sind sehr ergiebige Regenfälle, die auch nachts
anhalten.
Dabei kommen vom Süden über die Mitte bis in den Norden und Nordosten
gebietsweise 10 bis 30, im Nordosten 30 bis 40 mm und lokal vor allem in
Staulagen 40 bis 60 mm zusammen. Mit dem was bereits gefallen ist, sind bei
weitem die Bedingungen erfüllt, die teils extremen Unwetterwarnungen weiter
laufen zu lassen. Am wenigsten fällt im Nordwesten und Südosten. Mit der
Osterverlagerung des Troges verschiebt sich auch der Niederschlagsschwerpunkt
langsam ostwärts, so dass begonnen werden kann, die markanten Warnungen von
Westen her langsam abzubauen. Dazu treten im Randbereich der Dauerregenfälle
auch kurze Gewitter auf mit vereinzeltem Starkregen oder starken bis stürmischen
Böen, die aber nachts wieder nachlassen. Der stärkste Gradient am Rand des
Bodentiefs verlagert sich in einen Streifen von der Ostsee bis nach
Süddeutschland, wo es an der Ostsee, in den Mittelgebirgen und südlich der Donau
(geführter Wind) zu starken, vereinzelt stürmischen Böen reicht. An der Ostsee
sind anfangs exponiert Sturmböen nicht ausgeschlossen.

Mittwoch ... nimmt das Höhentief an Fahrt auf und verlagert etwas zügiger nach
Osten; sich bis Donnerstag, 00 UTC in 500 und 300 hPa nach Süd- bzw.
Zentralpolen. Die stärksten Hebungs- bzw. Aufgleitprozesse verschieben sich
somit mehr und mehr in den Süden und Osten des Landes. Abends erreicht von
Westen her ein Höhenrücken den Westen und Nordwesten des Landes.
Das Bodentief liegt abends mit seinem Kern nahe der polnischen Ostseeküste,
wobei die Achse der Tiefdruckrinne eine mehr meridionale Ausrichtung annimmt,
wodurch sich - durch die auf Nordwest drehende Höhenströmung - an den Alpen und
am Erzgebirge der Stau verstärkt.
Dort werden auch die höchsten Niederschlagsmengen simuliert, die sich - die
Nacht zum Donnerstag mit einberechnet - akkumuliert nach ICON zwischen 40 und 80
mm bewegen. Die größten Mengen werden in Staulagen des Allgäus und der Alpen
weiter östlich erreicht und vor allem dort die Warnschwellen für Unwetter
überschreiten.

In den übrigen Regionen klingen die Regenfälle im Tagesverlauf mit
Annäherung des Höhenrückens nach und nach ab und sind dann nicht mehr
warnrelevant.
Von Warnrelevanz bleibt allerdings der Wind entlang der Südwestflanke des
Bodentiefs insbesondere über der Osthälfte. In freien Lagen (Alpenvorland,
Nordosten) kann es einzelne steife Böen aus Nordwest geben, an der Ostsee
anfangs stürmische Böen. Auch in den Kamm- und Gipfellagen der
Mittelgebirge gibt es stürmische Böen, vereinzelt Sturmböen.
Vor allem im Westen und Nordwesten lockern die Wolken im Tagesverlauf stärker
auf, sonst bleibt es noch überwiegend stark bewölkt bis bedeckt. Die Höchstwerte
liegen im Osten und Süden somit meist nur zwischen 14 und 18 Grad, im Alpenstau
auch darunter. Im Westen und Nordwesten werden mit Sonne 18 bis 24 Grad
erreicht.

In der Nacht zum Donnerstag schwächt sich das Höhentief über Zentralpolen
allmählich ab und der Höhenrücken kommt bis in die Osthälfte Deutschlands voran,
so dass der Nordwesten des Landes bereits wieder auf die Vorderseite eines
umfangreichen Höhentroges mit Drehzentrum über dem Nordostatlantik nordwestlich
von Schottland gerät.
Das Bodentief verlagert sich bis Donnerstagfrüh allmählich zur südöstlichen
Ostsee. Somit lassen auch an den Alpen die Niederschläge weiter nach, während
sie von der Lausitz bis zum Erzgebirge zumindest nach Lesart des ICON-EU noch
bis in die Frühstunden anhalten mit Lokal 12-stündigen Mengen über 25 mm.
Auf den Westen greift derweil das zunehmend okkludierende Frontensystem des mit
dem oben erwähnten Höhentrog korrespondierenden Bodentiefs westlich Schottlands
über. Allerdings sind keine allzu markanten dynamischen Hebungsprozesse
auszumachen, so dass sich die Mengen mit weniger als 5 mm in 6 bzw. 12 Stunden
in Grenzen halten.
Auch der Wind nimmt allmählich ab und ist in der zweiten Nachthälfte wohl nur
noch in den Hochlagen einiger östlicher Mittelgebirge warnrelevant.

Donnerstag ... gerät Deutschland zunehmend in den Einflussbereich des
nordostatlantischen Höhentiefs, dessen Drehzentrum sich nach wie vor
nordwestlich der Britischen Inseln befindet. Der vorgelagerte Höhenrücken
schwenkt rasch weiter nach Westpolen, das Höhentief über Nordpolen wird
"eingefangen" und fungiert als Randtrog.
Im Bodenfeld zieht das okkludierte Frontensystem relativ rasch über den Norden
und die Mitte Deutschlands hinweg ostwärts, im Süden hängt es nach Südwesten
zurück und neigt höhenströmungsparallel über Frankreich zur Wellenbildung. Die
damit über uns nach Osten ziehenden Niederschläge bleiben meist leicht. Der
äußerste Osten liegt am Rand etwas kräftigerer Regenfälle über Westpolen, die
uns aber kaum noch betreffen. Postfrontal gelangt erwärmte Meeresluft ins
Vorhersagegebiet.
Diese ist leicht labil geschichtet mit ML-Cape bis um 500 J/kg. Somit dürfte es
wohl für einzelne Schauer oder auch kurze Gewitter mit Böen Bft 7 bis 8 reichen,
bei PPW-Werten über 25 mm kann auch punktuell Starkregen oder kleinkörniger
Hagel nicht ganz ausgeschlossen werden.

Die Modelle agieren bzgl. der Gewitter allerdings sehr zurückhaltend, ICON-EU
simuliert im Westen und Südwesten des Landes sogar recht verbreitet keine
Niederschläge, während GFS und ECMWF doch recht flächig zumindest Schauer auf
der Karte haben.
Der Wind frischt im Tagesgang mit der zunehmenden Labilität auf, ist aber
außerhalb der Schauer und Gewitter in den Niederungen nicht warnrelevant,
während auf einigen Mittelgebirgsgipfeln eine stürmische Böe aus West nicht
ausgeschlossen ist.
Insgesamt hat die Sonne im Osten und Süden mehr Spielanteile, die große Nummer
ist es aber nicht. Die Temperaturen steigen aber immerhin wieder an und
erreichen allgemein Höchstwerte zwischen 18 und 23 Grad.

In der Nacht zum Freitag zieht eine Welle mit Regen über den Süden ostwärts,
wobei die Niederschlagsmengen nicht für Warnungen reichen. ICON simuliert sogar
einzelne Gewitter, was angesichts der instabilen Schichtung auch plausibel
scheint. Auch im Nordosten fällt anfangs schauerartiger Regen, sonst lockern die
Wolken stärker auf. Nur an der Nordsee sorgt ein Randtrog für erhöhte
Schauerneigung. Im Bergland frischt der Wind mit Passage der Welle etwas auf mit
Sturmböen in Hochlagen der Mittelgebirge und der Alpen.

Freitag ... nimmt die zunächst glatte westliche Strömung im Tagesverlauf leicht
antizyklonale Kontur an und ein Keil des Azorenhochs schiebt sich nach
Süddeutschland vor. Nach Norden hin bleibt die Schichtung leicht instabil und
ein KW Trog sorgt für einzelne Schauer und vereinzelt kurze Gewitter. In der
Mitte und im Süden beruhigt sich das Wetter und die Sonne setzt sich für längere
Zeit durch.
Dabei wird erwärmte Meeresluft nach Deutschland geführt, die durch leichtes
Absinken nach Süden hin erwärmt wird. Verbreitet werden mehr als 20 Grad
erreicht, im Süden vereinzelt auch wieder 25 Grad.
Der Gradient ist leidlich ausgeprägt und ermöglicht an den Küsten und im
Bergland Windböen Bft 7, exponiert Bft 8 aus Südwest bis West. Mit Aufbau des
Zwischenhochs lässt der Wind im Tagesverlauf aber wieder nach.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren weitgehend ähnlich, auch beim Niederschlag werden
zumindest einigermaßen ähnliche Schwerpunkte gesetzt. Die laufenden Warnungen
stimmen recht gut mit bestehenden Niederschlägen überein und müssen nicht
"angefasst" werden. Es kann höchstens nachts begonnen werden, diese von
Nordwesten abzubauen, bzw. auch nach Osten hin anzupassen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner