DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-07-2017 09:00
SXEU31 DWAV 240800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 24.07.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Tr M
Verbreitet Dauerregen, vor allem in Staulagen teils unwetterartig. Auch im Osten
und zum Teil in der Mitte Unwettergefahr durch teils ergiebigen Dauerregen.
Heute und zum Teil auch morgen außerdem kurze Gewitter mit Starkregen.


Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Montag... gelangt Deutschland zusehends unter einen Trog, in welchen mehrere
Höhentiefs eingelagert sind. Eines diese Höhentiefs greift heute auf den Westen
Deutschlands über, so dass der größte Teil des Vorhersagegebietes noch an dessen
wetteraktiver Vorderseite verbleibt. Hierdurch wird die Warmluft, die
mittlerweile über Ostpolen und dem südöstlichen Mitteleuropa liegt, in die
Zirkulation einbezogen und gehoben. Dies wird in den Modellfeldern als
Warmluftadvektion sichtbar. Allerdings ist die Schichtung relativ stabil, so
dass diese Niederschläge einen stratiformen Charakter aufweisen dürften.
Aktuell wird jedoch an der Südflanke des Höhentiefs eine weit offene Welle über
den zentralen Mittelgebirgsraum hinweg nach Nordosten gesteuert. Hebung an deren
Nordflanke führt zu länger andauernden Niederschlägen, so dass eine
entsprechende Dauerregenwarnung erforderlich wurde. Allerdings wird diese Welle
durch Kaltluftadvektion überlaufen, so dass das Entwicklungspotential eher
beschränkt ist.
Einigermaßen labil wird die Schichtung lediglich im Bereich des Höhentiefs, d.h.
über dem Westen und Südwesten. Zwar erreicht CAPE einige 100 J/kg, aber der
Gehalt an niederschlagbarem Wasser liegt nur zwischen 20 und etwa 30 mm ganz im
Nordwesten, d.h. Starkniederschläge sind zwar vorstellbar, unwetterartige
Regenmengen sollten jedoch nicht zusammenkommen.
Auflockerungen sind nach Nordosten hin am wahrscheinlichsten, ansonsten sind
Wolkenlücken eher selten, was neben der eingeflossenen subpolaren Luftmasse die
Temperaturentwicklung zusätzlich dämpft. Im weitaus größten Teil Deutschlands
bewegen sich die Temperaturen zwischen 16 und 21 Grad, nach Nordosten hin sind
bis 24 Grad möglich.
In der Nacht zum Dienstag verlagert sich das Höhentief etwa in die mittleren
Gebiete Deutschlands. An dessen Nordflanke wird die weiter östlich liegende
Warmluft "zurückgeholt" und in Hebungsprozesse einbezogen, was dort länger
andauernde Niederschläge zur Folge hat. Sehr wahrscheinlich ist dies in einem
breiten Streifen vom südlichen Niedersachsen bis zur Oder und Neiße der Fall.
Dort können verbreitet die Schwellen für Dauerregen überschritten werden. Ob
unwetterartige Niederschlagssummen zusammenkommen und wo dies der Fall sein
wird, ist noch nicht sicher. Daher wird für die am wahrscheinlichsten
betroffenen Regionen eine relativ großräumige Unwetter-Vorabinformation
ausgegeben.
Daran nach Süden hin anschließend sind die Niederschläge durch o.g. Höhentief
konvektiv geprägt bis hin zu kurzen Gewittern, die Starkregen, sehr
wahrscheinlich jedoch keine unwetterartigen Niederschlagssummen bringen.


Dienstag... verlagert sich das Höhentief nur unwesentlich, so dass sich an der
oben beschriebenen Lage nicht allzu viel ändert. Vorstellbar ist jedoch, dass
das Aufgleiten, das aus der "herumgeholten" Warmluft resultiert, dann auch den
Westen Deutschlands erfasst. Dort setzt sich stabilere Luft durch. Skalige
Niederschläge erfassen auch diese Gebiete, so dass eine Dauerregenwarnung
erforderlich werden kann. Die labilste Luftmasse ist dann im Kernbereich des
Höhentiefs sowie an dessen Südseite bis hin zu den Alpen zu finden, wo sich
erneut Gewitter entwickeln können. Dabei dürfte es sich größtenteils um typische
Kaltluftgewitter handeln, die allenfalls noch markante Warnungen erforderlich
werden lassen.
Das mit dem Höhentief korrespondierende Bodentief liegt mittlerweile über Polen.
An dessen Westflanke lässt ein kräftiger Gradient den Wind im Norden
auffrischen, so dass an der Vorpommerschen Ostseeküste Wind- und exponiert
vielleicht auch stürmische Böen auftreten. In Richtung Alpen wird neben dem
Gradienten der "Leitplankeneffekt" wetterwirksam, so dass dort ebenfalls Wind-
und in Hochlagen auch Böen bis Sturmstärke aufkommen können.
Ein paar Wolkenlücken kann es allenfalls zur Nordsee hin geben. Ansonsten hält
sich mehrschichtige Bewölkung, wodurch die Tageshöchstwerte nahezu durchweg
unterhalb der 20 Grad-Marke verbleiben.
In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich das Höhentief ins Salzburger Land,
wobei an dessen Nordflanke weiterhin hochreichend feuchte Luft in das
Vorhersagegebiet gelangt und in den Westen und Südwesten Deutschlands geführt
wird. Hierdurch dauern in diesen Gebieten die Niederschläge an, wodurch in den
südwestdeutschen Mittelgebirgen, in der Bodenseeregion und im Allgäu eine
Verstärkung durch Stau bis in den Unwetterbereich hinein wahrscheinlich ist.
Auch von der Oder her können sich in Verbindung mit einem weiteren
Warmlufteinschub von Osten her die Niederschläge noch einmal intensivieren. Ob
sogar unwetterartige Niederschlagssummen zusammenkommen, ist noch nicht sicher.
Zumindest sollten für diese Gebiete die bestehenden Dauerregenwarnungen aktiv
bleiben.

Mittwoch... verlagert sich da Höhentief ins südöstliche Mitteleuropa und macht
Platz für einen Höhenkeil, der dann auf Deutschland übergreift. Der
korrespondierende Bodenkeil greift dann auf den Süden Deutschlands über.
Mit dem Übergreifen des Keils sollte sich im Nordwesten und Westen die
Niederschlagssituation entspannen. Da aber der gesamte Osten und Süden
Deutschlands noch an der Vorderseite des Keils verbleiben, was dort eine
nördliche bis nordwestliche Strömung zur Folge hat, dauern die Niederschläge
staubedingt im östlichen Mittelgebirgsraum und an den Alpen an. Während in den
Staulagen der östlichen Mittelgebirge wahrscheinlich keine Warnschwellen mehr
überschritten werden, ist dies an den Alpen noch nicht der Fall. Zwar ist dort
keine Warmluft mehr im Spiel, so dass dort keine unwetterartigen
Niederschlagssummen mehr zusammenkommen, aber für markant zu bewarnende
Niederschläge dürfte es noch reichen. Bis dahin können aber in einigen Staulagen
an den Alpen (vor allem im Allgäu) um 100 mm Niederschlag zusammenkommen.
Während im Osten und Süden die Bewölkung meist geschlossen bleibt, sind im
Nordwesten und Westen Auflockerungen und zur Nordsee hin auch sonnige Abschnitte
zu erwarten. In diesen Gebieten ist dann ein Temperaturanstieg auf 20 bis 24
Grad die Folge, wogegen unter mehrschichtiger Bewölkung nur 16 bis 20 Grad zu
erwarten sind.
In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich der Höhenkeil unter beginnender
Abflachung nur wenig nach Osten. Der korrespondierende Bodenkeil ist nur im
Süden Deutschlands wetterwirksam. Hierdurch sollten die Niederschläge an den
Alpen nachlassen, so dass die dort noch aktiven Warnungen nicht mehr verlängert
werden müssten.
Die anderen Gebiete gelangen zusehends in den Einflussbereich eines breiten,
über dem nahen Ostatlantik und Westeuropa liegenden Troges. Das darin
eingelagerte Zentraltief erreicht das Seegebiet nördlich von Irland. Mit der
vorderseitig auf den Nordwesten und Westen übergreifenden west-südwestlichen
Strömung kann dann das okkludierende Frontensystem dieses Tiefs übergreifen,
ohne dass erneut warnrelevante Niederschläge auftreten.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten.
Unsicher ist, welche Regionen von den teils unwetterartigen Dauerniederschlägen
betroffen werden. Um der zeitlichen Unschärfe etwas aus dem Wege zu gehen, wäre
eine Anwendung der 48-std. oder wenigstens der 24-std. Kriterien den kürzeren
Vorhersagezeiträumen vorzuziehen.
Für einen größeren Bereich, etwa von der Neiße bis ins südliche Niedersachsen
und ins Sauerland hinein, würde sich eine derartige Dauerregenwarnung anbieten.
Weiter im Westen, wo das Aufgleiten weniger andauert, wäre sicherlich eine
24-std. Dauerregenwarnung hinreichend. Aber auch an den Alpen wäre mit einer
48-std. Dauerregenwarnung zu operieren. Wo auf diese Gebiete auf Unwetter
hochgestuft wird, wäre zu entscheiden, wenn die Modelle für die am
wahrscheinlichsten betroffene Region konsistente Signale liefern.
Im Osten, d.h. in den Gebieten, die der nach Osten abgedrängten Warmluft am
nächsten sind, ist neben einigen Regionen am Alpenrand eine Überschreitung der
Unwetterschwellen in Bezug auf Dauerregen am wahrscheinlichsten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann