DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

22-07-2017 21:00
SXEU31 DWAV 221800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 22.07.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Auch nachts Gewitter, lokal Unwetter. Am Sonntag am ehesten im Nordosten noch
geringes Unwetterrisiko.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... liegen wir vorderseitig eines Troges über England der sich nach
Osten ausdehnt und dessen Drehtzentrum auf die westliche Nordsee übergreift. Das
zugehörige Bodentief zieht mit Kern in die mittlere Nordsee von wo aus sich am
Sonntagmorgen eine Rinne nach Westpolen erstrecken soll. Damit dreht die
Bodenströmung auf westliche Richtungen und die abends noch westlich unseres
Raumes über Benelux und Frankreich liegende Kaltfront kann auf Deutschland
übergreifen und dürfte Sonntag früh die mittleren Landesteile erreichen. Damit
wird die sehr labile und feuchtwarme Luft durch kühlere Luft ersetzt, in der
kaum noch Unwettergefahr gegeben ist. Zuvor ziehen aber die abendlichen
Gewitter, teils Unwetter über dem Osten nach Polen ab und die über den anderen
Landesteilen vorhandenen Gewitter sollten sich dem Tagesgang folgend
abschwächen.
Nur im Süden und Südwesten gibt es abends und nachts weitere teils starke
Gewitter, da dort ein kurzwelliger Troganteil für Hebung sorgt. Da die Scherung
sowohl niedertroposphärisch, als auch höher reichend zunimmt, besteht die Gefahr
organisierter Entwicklungen bis hin zu Superzellen und die Gefahr von Sturmböen,
vielleicht auch schwerer Sturmböen nimmt zu. Auch heftiger Starkregen und Hagel
ist vor allem bis in die erste Nachthälfte hinein nicht ausgeschlossen. Auch an
der Kaltfront kommt es zu schauerartigen Regenfällen, die sich noch verstärken,
da die PVA für zusätzliche Hebung sorgt. Mit zunehmender Scherung zwischen 0 und
6 km (über 20 m/s) ist auch die Entwicklung einer Gewitterlinie an der Front
möglich, in deren Bereich Sturmböen wahrscheinlicher werden. Die Unwettergefahr
ist nachts somit noch nicht gebannt, auch wenn im Verlauf der Nacht das
Potential dafür wohl abnimmt.

Sonntag ... liegen am Boden in einer westlichen Strömung südlich des Tiefs über
der Nordsee und am Rand des Höhentiefs über der südlichen Nordsee und Benelux in
einer südwestlichen Höhenströmung.
Die Kaltfront überquert im Tagesverlauf auch den Osten, womit auch dort die
schwülwarme Luft abgedrängt wird. Ob es zuvor noch zu stärkeren
Gewitterentwicklungen reicht, muss abgewartet werden. Möglich erscheint dies auf
jeden Fall, so dass Gewitter mit Starkregen, Hagel und Sturmböen wieder
auftreten können, möglicherweise bis hin zum Unwetter. Im Südosten erfolgt wohl
noch kein Luftmassenwechsel, so dass ebenfalls die Gewittergefahr erhöht bleibt
und auch dort Unwetter möglich erscheinen.

In den anderen Gebieten beruhigt sich das Wetter aber etwas. Der zunehmende
Gradient dürfte in freien Lagen über der Mitte und dem Westen für starke Böen
Bft 7 sorgen. In der Nähe zum Höhentief ist über dem Norden und Nordwesten die
Schichtung weiter hinreichend labil (in 500 hPa kühlt es unter -20 Grad ab), so
dass es zu einzelnen Gewitter mit stürmischen Böen oder Starkregen kommen kann,
Unwettergefahr besteht dort aber nicht.
Insgesamt überwiegt wolkiges Wetter, im Süden mit größeren Aufheiterungen und
die Temperaturen steigen auf 27 Grad in neißenähe, sonst meist auf 20 bis 25
Grad.
In der Nacht auf Montag klingen die Schauer meist ab. Im Südosten sind im
Übergangsbereich zur instabilen Luft im Alpenraum und über Österreich zunächst
einzelne Schauer und Gewitter zu erwarten. Später können von den Alpen her
Aufgleitvorgänge an der Nordflanke einer Zyklogenese über Norditalien und der
Adria übergreifen.
Gleichzeitig wird das Höhentief in die Länge gezogen und reicht von Jütland nach
Nordfrankreich, wobei der Südteil in Richtung Westdeutschland schwenkt. Gestützt
durch Warmluftadvektion wird kräftige Hebung simuliert, in deren Folge sich ein
kleinräumiges Bodentief bilden kann, dass Montagmorgen das Saarland erreichen
könnte. Damit in Verbindung setzen im Südwesten kräftige skalige Regenfälle ein,
die nach Lesart von Icon Nest schon mal die Stark- und Dauerregenschwellen
erreichen können.

Montag ... liegt das langgezogene Höhentief mit Zentrum meridional über
Westdeutschland mit einem Kern über dem Emsland und einem über der Pfalz. Der
Schwerpunkt des tiefen Drucks am Boden verschiebt sich nach Südosten Richtung
Oberitalien und dem Balkan. Dabei dreht die Strömung bodennah auf nordwestliche
bis nördliche Richtungen, im Nordosten auf östliche Richtungen, womit die
Warmluft von Polen her wieder Boden in unsere Richtung gut macht.
Dabei verstärken sich die Aufgleitvorgänge über dem Südosten. Icon simuliert
unwetterartige Dauerregenniederschläge mit mehr als 40 mm in 12 Stunden in
Berchtesgaden. Auch in den westlichen und mittleren Landesteilen regnet es
gebietsweise, teils schauerartig und recht kräftig. Ob dabei Warnkriterien vor
Stark- und Dauerregen gerissen werden, bleibt abzuwarten.
Im Tagesverlauf können bei leicht instabiler Schichtung auch einzelne Gewitter
eingelagert sein. Etwas Sonne gibt es am ehesten im Norden und Nordosten.
Während in Teilen der Lausitz sogar sommerliche Temperaturen drin sind mit 26
Grad, werden unter den Regenwolken im Westen und Südwesten kaum 20 Grad
erreicht.
In der Nacht zum Dienstag sollen dann auch zwischen Brandenburg, Ostbayern und
Thüringen kräftige Regenfälle aufkommen. Auch an den Alpen könnte es
weiterregnen, so jedenfalls simuliert ICON. Die anderen Modelle liefern aber
davon abweichende Versionen, so dass eigentlich nur festgehalten werden kann,
dass weitere Regenfälle auftreten. Wo und wie stark, muss aber noch
offengelassen werden. Auch die Frage nach eventuell warnwürdigen Mengen kann
kaum beantwortet werden, möglich sind diese bei der entstehenden Konstellation
aber auf jeden Fall.

Dienstag ... liegen wir unter einem von der Nordsee Richtung Balkan weisenden
Trog, der tiefen Druck über Südeuropa und dem östlichen Mitteleuropa stützt.
Dabei wird kräftige Hebung vor allem über den südlichen und östlichen
Landesteilen simuliert, die vor allem dort auch ergiebige Regenfälle auslöst,
die von einzelnen Gewittern begleitet sein können. Bei nördlicher bis
nordwestlicher Anströmung sind vor allem in den entsprechenden Nordstaulagen
ergiebige Regenfälle im warnwürdigen Bereich möglich.
Ansonsten sorgt die Labilität im Bereich des Troges für einzelne Schauer und
Gewitter, im eher "gelben", maximal im markanten Bereich durch Starkregen.
Vor allem im Süden und Osten könnte es beginnend am Montag zu ergiebigen
Regenfällen kommen, die in einer Dauerregenlage münden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren nur anfangs halbwegs ähnlich, spätestens ab Montag
divergieren die Modellaussagen deutlicher. Zunächst mal wird an der Vorabinfo
über dem Süden festgehalten, auch wenn es aktuell nicht mehr nach sonderlich
heftigen Entwicklungen dort aussieht. Einzelne, vielleicht unwetterartige
Entwicklungen dort sind aber nicht ausgeschlossen. Die Entwicklung ab Montag
muss abgewartet werden. Es sieht nach einer niederschlagsreichen Phase aus,
wobei aber zunächst offen bleiben muss, wo und wieviel es in welcher Zeit
regnet.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner