DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-07-2017 09:00
SXEU31 DWAV 200800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 20.07.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Örtlich Unwettergewitter durch heftigen Starkregen, heute vor allem im Nordosten
und Norden sowie im Südosten, am Freitag im Süden. Samstag nächster Höhepunkt
der Gewitterlage möglich.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... erstreckt sich ein Keil vom Ostalpenraum über Südskandinavien zum
Nordmeer, so dass Deutschland an seiner Westflanke auf der Vorderseite eines
Troges bei den Britischen Inseln in einer südwestlichen Strömung liegt mit der
schwülwarme, instabile Luftmassen nach Deutschland gelangen. Eine
Luftmassengrenze über dem äußersten Nordosten grenzt diese Luft von einer
stabileren Luft ab, die in die Ostseenahen Regionen aus östlicher Richtung
einfließt. Dabei sorgen kurzwellige Troganteile, teilweise aber auch konvergente
Strukturen im Bodenwindfeld für Hebungsantriebe. Im Tagesverlauf setzt von
Westen her ebenfalls die Zufuhr einer trockeneren und stabileren Luftmasse ein,
die von Westen her zu einer Wetterberuhigung führt.
Die Gewitter, bzw. schauerartigen Regenfälle aktuell über den westlichen
Landesteilen, geknüpft an eine Konvergenz im Bodendruckfeld, ziehen nach
Nordosten und schwächen sich im Laufe des Vormittags dem Tagesgang folgend
zunächst ab um dann im Tagesverlauf wieder aufzuleben. Die instabilste Luft
liegt bis dahin im Norden und Nordosten Deutschlands, wo CAPE Werte bis 1500
J/kg simuliert werden. Das mag etwas übertrieben sein, aber auch in Anbetracht
der hohen PPW Werte (bis 40 mm) können sich vor allem dort wieder unwetterartige
Gewitter bilden mit heftigem Starkregen und Hagel. Die Gefahr von schweren
Sturmböen, sollte aber geringer sein als gestern, da nahe dem Höhenrücken kaum
Scherung vorhanden ist und organisierte Strukturen damit unwahrscheinlich sind.
Auch ist die Troposphäre durchgehend feucht, was ebenfalls gegen heftigere
Windentwicklungen spricht. Auch angesichts des Outputs der hochauflösenden
Modelle, die zurückhaltender simulieren, und der Ensembleverfahren kann auf die
Ausgabe einer Vorabinformation verzichtet werden, da die Gewitter nicht mehr die
Qualität der gestrigen Entwicklungen haben werden.
Auch im äußersten Südosten ist die Gefahr unwetterartiger Entwicklungen erhöht,
da dort ein Hebungsmaximum simuliert wird, das über den Alpenraum nach Osten bis
Nordosten wandert und auch den äußersten Süden und Südosten beeinflusst. In den
anderen Landesteilen bilden sich eher einzelne Gewitter, die vereinzelt aber
ebenfalls Unwetterpotential (Starkregen) besitzen. Im Verlauf des Nachmittags
und Abends stabilisiert es mit der einsetzenden Kaltluftadvektion von Westen her
zusehends.

In der Nacht zum Freitag weitet sich der Trog mit Zentrum über Irland nach Süden
aus, kommt aber zunächst kaum nach Osten voran. Dabei dreht die Strömung bei uns
noch etwas nach Süd und nimmt gleichzeitig eine leicht antizyklonale Kontur an.
Dabei breitet sich die stabilere Luft über Deutschland weiter aus. Infolge des
Absinkens durch leichte Kaltluftadvektion bildet sich über Mitteleuropa ein
flaches Hochdruckgebiet. Anfangs liegt der Osten noch im Bereich der
schwülwarmen Gewitterluft, ausgangs der Nacht im Wesentlichen noch die südlichen
Landesteile. Dort treten auch noch Gewitter auf, anfangs mit Unwettergefahr
durch heftigen Starkregen, die aber im Laufe der Nacht schwächer werden und
einerseits zur Ostsee und nach Polen hin abziehen, andererseits sich auflösen,
so dass allgemein eine deutliche Wetterberuhigung einsetzt und sich später bei
teils geringer Bewölkung höchstens mal ein Nebelfeld bildet.

Freitag... kommt das Drehzentrum des Troges über Irland etwas nach Süden voran,
aber nur sehr wenig nach Osten, stromab formiert sich wieder ein Höhenkeil,
dessen Achse über dem Nordosten unseres Landes liegt, womit wir weiter unter
südwestlichen bis südlichen Höhenströmung liegen. Das flache Hoch im
Bodendruckfeld verabschiedet sich rasch wieder nach Nordosten und von Südwesten
weitet sich eine flache Rinne, ausgehend vom Tief bei Irland in den Westen und
Südwesten aus. Dabei gewinnt die schwülwarme und instabile Luft wieder nach
Norden an Raum und breitet sich bis in die südliche Mitte aus. Weiter nördlich
bleibt die trockenere und stabilere Luft wetterbestimmend. Kurzwellige Tröge
generieren vor allem im Süden und Südwesten wieder Hebung. Dort bilden sich dann
ausgehend vom Bergland ab den Mittagsstunden wieder Schauer und Gewitter. Bei
CAPE Werten über 1000 J/kg und einem Wassergehalt von 30 bis 35 mm besteht
vereinzelt Unwettergefahr hauptsächlich durch heftigen Starkregen, da die
Scherung fehlt und bei gradientschwachen Bedingungen eher Einzelzellen, bzw.
Multizellen entstehen. Dennoch können ganz vereinzelt Sturmböen und Hagel nicht
ausgeschlossen werden, dass diese Begleiterscheinungen unwetterartig werden,
scheint aber unwahrscheinlich. Weiter nördlich können sich höchstens vereinzelt
Gewitter bilden, vor allem über dem Mittelgebirgsraum.

In der Nacht zum Samstag nähert sich der Trog von Westen her deutlicher an und
der Rücken wird nach Nordosten abgedrängt, während die Rinne im Bodendruckfeld
nach Norden vorankommt. Es kommt über die Nacht hinweg zu weiteren Gewittern,
die sich nach Norden ausweiten und Samstagmorgen die Elbe erreichen können. Auch
von Frankreich her können im Verlauf der Nacht Gewittercluster in den Südwesten
ziehen. Es besteht über die Nacht hinweg die Möglichkeit lokaler Unwetter, vor
allem durch Starkregen.

Samstag... verlagert sich der Trog progressiv in unsere Richtung, das
Drehzentrum liegt abends über Südostengland. Das fast achsensenkrecht darunter
liegende Tief am Boden weist dagegen kaum noch Entwicklungspotential auf und
liegt nahe dem Ostausgang des Ärmelkanals. Von dort ausgehend reicht eine
schwachgradientige Tiefdruckrinne nach Mitteleuropa hinein. Wichtiger für uns
ist aber die Tatsache, dass trogvorderseitig durch positive Vorticityadvektion
und die allgemeine Diffluenz in der Höhe getriggerte kräftige Hebung auf
Deutschland übergreift und die schwülwarme und gewitterträchtige Luft weiter
nach Norden gesaugt wird und abends bis auf den äußersten Nordosten fast ganz
Deutschland beeinflusst. Im äußersten Nordosten blockiert hoher Druck über
Nordeuropa das Vorankommen der feuchtwarmen Luft.
Ansonsten steigt Cape tagsüber auf mehr als 1500 J/kg, der Wassergehalt liegt
zwischen 30 und 40 mm. Zudem liegt CAPE ungedeckelt vor, so dass die Gewitter
tagsüber rasch wieder aufleben. Mit der Annäherung des Troges nimmt die
südwestliche Höhenströmung zu, entsprechend auch die hochreichende Scherung, so
dass sich auch organisierte, langlebige Strukturen bilden können und die
Unwettergefahr wieder ansteigt. Die Schwerpunkte auszumachen fällt zunächst
nicht leicht. Ganz im Nordosten und ganz im Westen passiert wohl nicht viel,
ansonsten besteht Unwettergefahr, da aber im Südosten und äußersten Osten die
Scherung fehlt, ist sie dort (etwas) geringer. Insgesamt zeichnet sich ein
nächster Höhepunkt der Gewitteraktivität ab, auch eine überregionale
Unwetterlage ist denkbar.

Im Westen beginnt im Tagesverlauf mit Kaltluftadvektion eine stabilere Luft
fußzufassen. Abends greift in diese Luft die Kaltfront des Bodentiefs über und
bringt im äußersten Westen schauerartigen Regen, der wohl nur noch vereinzelt
gewittrig ist.

In der Nacht zum Sonntag kommt das Drehzentrum des Troges bis vor die
niederländische Küste voran, während sich der tiefste Druck in die
Küstenregionen und knapp nördlich davon verschiebt, so dass mit der sich
einstellenden schwachen westlichen Strömung die wärmste und instabilste Luft
langsam nach Osten abgedrängt wird und eine weniger warme, aber immer noch
leicht instabile Luft einströmt. Es kommt dabei zunächst zu weiteren
schauerartigen, teils gewittrigen Regenfällen. Teils auch noch zu kräftigen
Gewittern, die aber im Laufe der Nacht in den Nordosten und Südosten abgedrängt
werden. Ansonsten beruhigt sich das Wetter und es kommt nur noch zu einzelnen
Schauern.

Modellvergleich und -einschätzung
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Abgesehen von den üblichen Unschärfen bei konvektiven Lagen simulieren die
Modelle ähnlich und zeigen erst am Samstag größere Differenzen bei der
Verteilung der Niederschläge/Gewitter. Für heute kann auf die Ausgabe einer
Vorabinfo verzichtet werden (siehe Text). Am ehesten steht diese für den Samstag
wieder auf dem Plan. Die Unterschiede für den Samstag zu diskutieren, ist noch
zu früh.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner