DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-07-2017 21:00
SXEU31 DWAV 101800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 10.07.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Heute wiederholt Schauer und Gewitter, teils mit Starkregen (Unwettergefahr),
nur ganz im Norden geringe Gewitterneigung. Am Dienstag im Nordosten und im
Süden noch einmal Gewitter, dabei Unwetter zusehends weniger wahrscheinlich. Am
Mittwoch im Süden und zum Teil in der Mitte erneut Gewitter, dann Gefahr von
schweren Sturmböen. Im westlichen Mittelgebirgsraum und in Teilen von
Norddeutschland Gefahr von Dauerregen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland an der Vorderseite eines Troges. Dessen Hauptachse
verbleibt zwar noch über Westeuropa, aber kurzwellige Anteile werden mit der
südwestlichen Strömung über das Vorhersagegebiet nordostwärts gesteuert. Diese
Kurzwellentröge liefern die entsprechende Hebung, so dass in der zuvor
eingeflossenen feuchtlabilen Luft hochreichende Konvektion ausgelöst wird. Auch
wenn die labilste Luftmasse inzwischen nach Polen und Tschechien abgedrängt ist,
so ist das Potential für unwetterartige Entwicklungen durchaus gegeben. Hier
kommt vor allem der hohe Gehalt an niederschlagbarem Wasser zum Tragen, der
gemessen bei 30 bis 40 mm und prognostiziert im Nordosten bei bis zu 45 mm
liegt. Demzufolge ist Starkregen das für Unwetter Ausschlag gebende Kriterium.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Konvektionszellen sich aufgrund der
geringen Geopotentialgegensätze nur langsam verlagern, regionalen und
orografischen Gegebenheiten folgen und zum Teil sogar rückseitig anbauen, also
z.T. ein untypisches Verhalten zeigen. Sollten mehrere kräftige Schauer oder
Gewitter eine kleinräumige Region überqueren, sind die Schwellenwerte für
Unwetter bzgl. Starkregen schnell überschritten.
Entspannung hat lediglich ganz im Norden eingesetzt, wo an der Nordflanke eines
flachen Bodentiefs Stabilisierung eingesetzt hat und in den bodennahen Schichten
von der Ostsee her kühlere Luft angesaugt wird.
In der Nacht zum Dienstag läuft aus dem westeuropäischen Trog ein weiterer
Kurzwellentrog heraus, der bis zur Mitte Deutschlands vorankommt. Dieser bringt
von Westen her erneut hochreichende Konvektion in Gang und hält diese in der
Nacht in den mittleren Gebieten aufrecht. Dieser Trog wird zwar von schwacher
Kaltluftadvektion überlaufen, aber der Hebungsantrieb sollte kräftig genug sein,
weitere konvektive Umlagerungen auszulösen. Da der Gehalt an niederschlagbarem
Wasser nur sehr zögernd geringer wird und nach wie vor bei 25 bis 35 mm liegt,
ist das Potential für Unwetter durch heftigen Starkregen nach wie vor gegeben.
Dabei können derartige von Gewittern begleitete Starkregenfälle (möglicherweise
bis hin zum Unwetter) auch wieder auf die nördlichen Teile Deutschlands
übergreifen, wo es heute zuvor eine leichte Entspannung gegeben hatte.
Mit Passage des Troges dreht von Westen her die Strömung auf West-Südwest,
Stabilisierung sorgt in Verbindung mit der Zufuhr trockenerer Luft für eine
Wetterberuhigung.

Dienstag ... greift der Haupttrog auf Deutschland über und kommt etwa bis in die
mittleren Gebiete voran. Vorderseitig erfolgt in der noch einigermaßen labilen
Luftmasse erneut Hebung, wodurch sich erneut Schauer und Gewitter entwickeln.
Der Gehalt an niederschlagbarem Wasser geht weiter zurück und liegt dann "nur
noch" bei 25 bis Werten um 30 mm, aber gestützt durch den Tagesgang sind vor
allem im Nordosten, aber auch an den Alpen noch einmal kräftigere Entwicklungen
vorstellbar (wiederum durch Starkregen), wobei allerdings Unwetter zusehends
weniger wahrscheinlich werden, aber nicht ganz auszuschließen sind.
Von Westen her setzt, gestützt durch schwachen, nur in unteren
Troposphärenschichten vorhandenen antizyklonalen Einfluss, Stabilisierung ein.
Zwar wird es auch dort nicht niederschlagsfrei bleiben, Starkregen ist jedoch
unwahrscheinlich. Allerdings lässt dort einsetzende Warmluftadvektion in der
zweiten Tageshälfte bereits mehrschichtige Bewölkung aufziehen. Somit sind
Auflockerungen im Osten und Südosten (bevor dort die Gewittertätigkeit einsetzt)
am wahrscheinlichsten.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 19 bis 24, im Osten und Südosten mit Hilfe
der Sonne nochmals bis 26 Grad.
In der Nacht zum Mittwoch greift auf Westeuropa eine Frontalwelle über, die über
Südengland hinweg zum Ostausgang des Ärmelkanals gesteuert wird. Diese Welle
deformiert die mitteltroposphärische Strömung, so dass über der westlichen
Nordsee und zur Bretagne reichend eine Austrogung erfolgt. Mit dieser
Entwicklung greift kräftige Warmluftadvektion auf den Westen Deutschlands über.
Der hieraus resultierende Hebungsantrieb lässt skalige Niederschläge auf den
gesamten Nordwesten und Westen Deutschlands übergreifen, die ausgangs der Nacht
auch Teile der Mitte erfassen. Warnschwellen werden vorerst wahrscheinlich noch
nicht erreicht.
Im Südosten und im Osten bleibt es noch weitgehend trocken, aber auch dort zieht
mehrschichtige Bewölkung auf.

Mittwoch ... wird die entwicklungsgünstig liegende Frontalwelle bis in den
Nordosten Deutschlands gesteuert. Der unmittelbar danach folgende markante Trog
dringt unter weiterer leichter Verschärfung bis in die Mitte Deutschlands vor.
Da sich die Frontalwelle unter dem Maximum der Vorticityadvektion befindet, ist
von einer weiteren Intensivierung dieser Welle, möglicherweise bis hin zu einem
abgeschlossenen Tief, auszugehen.
Im Bereich dieses Tiefs und an dessen Südflanke ist die Schichtung stabil,
wodurch die Niederschläge einen skaligen Charakter aufweisen. Für eine
Überschreitung der Warnschwellen in Bezug auf Dauerregen sollte es jedoch nur in
den Staulagen einiger westlicher Mittelgebirge (Hochsauerland, Rothaargebirge)
reichen. Im späteren Tagesverlauf können auch in Teilen des Nord- und
Nordostdeutschen Tieflandes (aber deutlich abgesetzt von der Küste) die
Schwellenwerte für Dauerregen überschritten werden. Unwetterartige
Dauerniederschläge sind jedoch unwahrscheinlich.
Dies ist auch nicht unbedingt die Gefahr. Eine wesentlich gefährlichere
Entwicklung vollzieht sich an der Südflanke des Troges sowie unmittelbar an
dessen Vorderseite. Bedingt durch das trogvorderseitige Rückdrehen der Strömung
auf Südwest dringt feuchtlabile Luft in den gesamten Südwesten und Süden
Deutschlands vor. Der Gehalt an niederschlagbarem Wasser steigt erneut auf 30
bis knapp 40 mm, trogvorderseitig kommt kräftige Hebung ins Spiel. Im Gegensatz
zur aktuellen Lage nimmt die Scherung deutlich zu, was sowohl
niedertroposphärisch als auch bis in höhere Troposphärenschichten hinauf
reichend der Fall ist. Ab Mittag wären demnach im Westen und Südwesten und
danach im gesamten Süden und im östlichen Mittelgebirgsraum die Voraussetzungen
für organisiertere und möglicherweise sogar rotierende Strukturen hochreichender
Konvektion gegeben. Auch ohne Konvektion sind aufgrund des deutlich zunehmenden
Gradienten an der Südflanke der Frontalwelle im Süden und im Mittelgebirgsraum
sowie später rückseitig der Welle an der Nordsee stürmische Böen vorstellbar,
auf Berggipfeln können Sturmböen auftreten. Kommen dann noch konvektive
Umlagerungen ins Spiel, sollten schwere Sturmböen in Betracht gezogen werden.
Auflockerungen sind in Donaunähe und südlich davon (wo vielleicht etwas föhniger
Einfluss in Gang kommen kann, so dass dort die Gewittertätigkeit erst später
einsetzt) sowie rückseitig in Nordseenähe am wahrscheinlichsten. Die
Temperaturen gehen auf 17 bis 23 Grad zurück, nur ganz im Südosten sind noch
einmal bis 26 Grad möglich.
In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich der Trog nach Ostpolen und verliert
seinen Einfluss auf unser Wettergeschehen. Die Frontalwelle bzw. das Tief, das
aus dieser hervorgegangen ist, zieht zu den Baltischen Staaten. Damit ziehen die
Niederschläge in den Osten ab, wahrscheinlich ohne dass Warnschwellen in Bezug
auf Dauerregen überschritten werden. Die Gewittertätigkeit kommt sehr
wahrscheinlich bereits in den Abendstunden zum Erliegen.
Allerdings wird durch das abziehende Tief im Osten ein kräftiger Gradient
aufrecht gehalten, so dass weiterhin Wind-, im Bergland und an der Ostseeküste
stürmische Böen und auf höheren Berggipfeln der östlichen Mittelgebirge
Sturmböen zu erwarten sind. Erst in den Frühstunden flaut auch dort der Wind
merklich ab.
In den anderen Gebieten sorgt der nachrückende Bodenhochkeil für eine
Wetterberuhigung, wodurch es verbreitet aufklart. Dort, wo es zuvor viel
geregnet hat, können sich flache Nebelfelder bilden.

Donnerstag ... greift der Höhenrücken auf Deutschland über, gefolgt von einem
weiteren Trog, der die Britischen Inseln erreicht. Das mit dem Rücken
korrespondierende Bodenhoch verlagert sich nach Deutschland. In dessen Bereich
bleibt es schwachgradientig. Nachdem die letzten Niederschläge aus dem Osten
nach Polen abgezogen sind, bleibt es durchweg niederschlagsfrei. Danach wird nur
der Norden und Nordosten noch von dichteren Wolkenfeldern gestreift. Ansonsten
sorgt Absinken für Aufheiterungen und auch für längere sonnige Abschnitte.
Nennenswerte Konvektion sollte hierdurch unterbunden werden.
Auf der Rückseite des dann nach Osten abgezogenen Troges ist in die mittleren
und nördlichen Teile Deutschlands kühlere Luft gelangt, so dass dort als
Tageshöchstwerte nur 17 bis 23 Grad zu erwarten sind. Weiter nach Süden hin
sollte zumindest in tieferen Lagen die 25 Grad-Marke erreicht werden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten.
Auch die Trogpassage am Mittwoch sowie die Frontalwelle werden ähnlich
simuliert, wobei allerdings EZMW eine etwas schwächere niedertroposphärische
Scherung sieht. Hinsichtlich der zu erwartenden Böen ist die konvektive
Komponente in den für Mittwoch zur Verfügung stehenden Modellen ohnehin nicht
enthalten.
In Bezug auf die Überschreitung von Schwellenwerten für Dauerregen zeigt
COSMO-LEPS hierfür weiter nördlich, d.h. über dem norddeutschen Tiefland,
schwache Signale. Hier liefert GFS vergleichbare Strukturen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann