DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-07-2017 21:00
SXEU31 DWAV 091800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 09.07.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Teils unwetterartige Gewitter und Starkregen.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland noch im Bereich eines Höhenrückens, von Frankreich
her nähert sich aber ein Kurzwellentrog. Die Luftdruckverteilung in Bodennähe
ist sehr flach, dabei steht ein flaches Hoch über der Ostsee einem Tief über
Frankreich gegenüber. Dabei liegt Deutschland im Übergangsbereich zwischen zwei
verschiedenen Luftmassen. Während im Norden nur mäßig warme bis warme und
trockene Luft (Taupunkte teils unter 10 Grad) liegt, ist im Süden feuchtheiße
Luft mit Taupunkten nahe 20 Grad wetterwirksam. Dies entspricht spezifischen
Feuchten nahe 15 g/kg, die ppws erreichen über 40 l/qm. Vor allem südlich des
Mains wurde auch viel Labilitätsenergie (1000 bis 2000 J/kg) aufgebaut. Der
Scherung ist allerdings nicht sehr stark. Bereits am Nachmittag haben sich über
Süddeutschland erste starke Gewitter gebildet.

In der Nacht zieht der Trog unter leichter Abflachung nach Süddeutschland. Sein
Hebungsgebiet erfasst die ganze Südwesthälfte. Folglich ist in der
energiegeladenen Luftmasse mit der Auslösung von zahlreichen Gewittern, die zu
größeren Gewitterclustern zusammenwachsen können, zu rechnen. Deren Schwerpunkt
wird von den Modellen noch recht unterschiedlich simuliert, allerdings lassen
alle Modelle die Gewittercluster nordwärts in die Mitte Deutschlands ziehen.
Dabei ist in der Nacht vor allem die Starkregengefahr noch sehr hoch und es kann
sehr wohl das 1-stündige als auch 6-stündige Unwetterkriterium für Starkregen
gerissen werden (bei Cosmo-DE über 60 % im Süden Baden-Württembergs für das
6-stündige). Auch extremes Unwetter ist - vor allem 6-stündig - vorstellbar.
Deshalb wurde auch eine entsprechende Vorabinformation ausgegeben. Der Norden
Deutschlands wird von den Gewittern noch nicht beeinflusst, allerdings kündigen
zunehmende hohe und mittelhohe Wolkenfelder aus den Gewitterclustern selbige
schon an.

Montag ... zieht der Trog weiter nach Nordostdeutschland uns verursacht
weiterhin Hebung auf seiner Vorderseite. Es soll sich dabei ein zunehmend
stärkeres Bodentief entwickeln, das am Abend den Oderbruch erreicht. Die feuchte
Luft erreicht mit der Südwestströmung in der unteren Atmosphäre den Nordosten
Deutschlands. Allerdings werden mangels Sonneneinstrahlung keine so extremen
CAPE-Werte generiert, ganz im Osten sind noch Werte zwischen 500 und 1000 J/kg
vorstellbar. Da die Luftmasse weiterhin sehr feucht ist, dürften vor allem
gewittrige Starkregenfälle das Thema sein, wobei weiterhin gewisse
Wahrscheinlichkeiten für Unwetter bestehen. Dabei dürfte in erster Linie das
6-stündige Starkregenkriterium im Fokus stehen, wobei auch wieder extreme
Unwetter vorstellbar sind. Wo sich stärkere Gewitterzellen entwickeln, sind auch
das einstündige Starkregenkriterium sowie der Hagel Unwetterkandidaten. Aufgrund
noch etwas zunehmender Scherung können sich Gewitter organisieren und auch
schwere Sturmböen bis 100 km/h werden möglich. Schwerpunkt der Gewittertätigkeit
dürfte der Osten der Nordhälfte Deutschlands sein. Ganz im Norden und Nordwesten
liegt nach wie vor die trockene Luft, dort kommt auch häufiger die Sonne zum
Vorschein. Auch im Süden Deutschlands liegt weiterhin gewitterträchtige Luft,
auch dort herrscht Scherung, allerdings dürfte etwas kompensierendes Absinken
die Gewittertätigkeit unterdrücken. Auch die ppws sind etwas niedriger und recht
viel Bewölkung dürfte den Aufbau allzu hoher Labilität verhindern. Somit kann es
zwar einzelne Gewitter geben, das Unwetterpotenzial ist aber niedriger als im
Nordosten. Die stärksten Gewitter könnte es am Abend noch im Südosten geben, da
dort wahrscheinlich die Sonne am längsten scheint. Das Temperaturniveau geht vor
allem im Süden etwas zurück. Dort werden meist 25 bis 28 Grad erreicht, ganz im
Südosten vielleicht auch darüber. Im Norden sind es allgemein 20 bis 25 Grad. An
der Südflanke des Tiefs frischt mitunter der Wind böig aus Südwest auf, auf den
Bergen Süddeutschlands wird es zeitweise stürmisch.

In der Nacht zum Dienstag zieht der Kurzwellentrog nach Nordosten ab. Mit ihm
zieht auch das Bodentief ins Baltikum. Über Südfrankreich bildet sich ein Keil
des Azorenhochs, so dass sich über Deutschland eine westliche Strömung
einstellt. Mit dieser gelangt die kühlere und trockenere Luftmasse wieder weiter
südostwärts voran. Auf der Vorderseite eines Langwellentroges zieht ein weiterer
Kurzwellentrog in den Südwesten Deutschlands. Während also im Nordosten Gewitter
und Starkregen nordostwärts abziehen, kommen von Südwesten her wieder verstärkt
Gewitter auf, vor allem aus den Alpen heraus und in Baden-Württemberg.
Unwettergefahr besteht vor allem durch Starkregen. Bezüglich der regionalen
Verteilung der Gewitteraktivität bestehen aber noch große Unsicherheiten. Sicher
ist nur, dass mit der allmählich südostwärts vorankommenden kühleren Luft
zumindest im Nordwesten keine Gewitter auftreten.

Dienstag ... liegt Deutschland weiterhin auf der Vorderseite eines
Langwellentroges mit Achse knapp westlich von uns. Dabei ziehen weiterhin
Hebungsgebiete kleinräumiger Natur nach Deutschland herein. Mit westlicher bis
südwestlicher Windrichtung gelangt feuchtere Luft ins ganze Land. Diese ist im
Nordwesten recht kühl mit nur etwa 8 Grad in 850 hPa, im Südosten können es noch
bis zu 12 Grad sein. Das reicht dann allgemein noch für Höchstwerte zwischen 20
und 25 Grad, allerdings bei vor allem im Nordwesten nur sehr geringen
Sonnenanteilen. Aufgrund leichter Labilität kommt es zu Schauern und Gewittern,
wobei Unwetter kein Thema mehr sein sollte, eher örtlich Starkregen um 15 l/qm
und stürmische Böen. Stürmisch ist es mitunter auch auf den höheren Bergen.

In der Nacht zum Mittwoch gelangt Deutschland immer näher an die Trogachse heran
und Höhenkaltluft sorgt von der Nordsee her für Labilisierung. Gleichzeitig
nähert sich eine Okklusion mit Kaltfrontcharakter in den Frühstunden dem
Nordwesten Deutschlands. Vor allem im Westen könnten dabei anhaltende
stratiforme Regenfälle aufziehen. Einzelne Gewitter gibt es dagegen im Norden,
wo die Höhenkaltluft wetterwirksam wird. Richtung Süden und Osten ist dagegen
das Wetter ruhiger, dort bleibt es gebietsweise auch trocken.

Mittwoch ... schwenkt die Achse des Langwellentroges bis nach Ostdeutschland,
wobei Höhenkaltluft unter -20 Grad in 850 hPa über den Norden des Landes
gelangt. Gleichzeitig schwenkt die o.e. Okklusion mit Kaltfrontcharakter im
Laufe des Tages über ganz Deutschland hinweg. Auf ihrer Rückseite sorgt kräftige
Kaltluftadvektion für den Aufbau eines Hochs über den Britischen Inseln, womit
bei uns der Wind auf West, von Nordwesten her sogar auf Nordwest dreht. Es
fließt dabei noch geringfügig kühlere Luft ein als am Vortag. An der Front kommt
es zu überwiegend stratiformen Regenfällen, bei leichter Labilität mitunter auch
schauerartig verstärkt oder gewittrig. Stärkere Entwicklungen sind dabei wohl
nicht zu erwarten. Auch im Norden gibt es im Bereich der Höhenkaltluft einzelne
Gewitter. Auf der Rückseite der Okklusion lockern am Nachmittag die Wolken im
Nordwesten auf. Dort kann sich - neben dem Südosten im Vorfeld der Front - noch
am ehesten mal länger die Sonne zeigen. Die Temperatur liegt dann allgemein nur
noch im mäßig warmen Bereich um oder knapp über 20 Grad. Der Wind legt etwas zu,
für warnwürdige Böen reicht es dann mitunter im Umfeld der Front und an einigen
Küstenabschnitten. Auf einzelnen höheren Bergen gibt es Sturmböen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Auf synoptischer Skala gibt es keine größeren Modellunterschiede. Nur GFS zeigt
den Trog am Mittwoch etwas anders, wobei der Haupttrog mit der Höhenkaltluft
schneller und nördlicher durchschwenkt, dafür aber noch ein Kurzwellentrog
weiter südlich nachfolgt. Auf der Mesoskala ergeben sich erhebliche Unterschiede
zwischen den Modellen schon für kommende Nacht. Die genaue Positionierung der
Regengebiete (vor allem heute und morgen auch unwetterträchtig) wird sehr
unterschiedlich simuliert. Da aber insbesondere Cosmo-DE-EPS deutliche
Unwettersignale liefert und auch andere Modelle recht große Niederschlagssummen
zeigen, wurde für einen größeren Unsicherheitsbereich eine Vorabinfo ausgegeben.



Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Peter Hartmann