DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-07-2017 21:00
SXEU31 DWAV 081800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 08.07.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Starke Gewitter mit Unwetterpotential im Süden, auch am Sonntag. Am Montag im
Süden und in der Mitte kräftige Schauer und Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... ziehen von Frankreich her noch weitere Gewitter in den Südwesten
Deutschlands und weiter Richtung Südostbayern. Diese Entwicklung war bereits
gestern aufgrund der sehr hohen Cape-Werte in diesen Regionen erwartet worden
und hat sich bis zum Abend auf diese Gebiete beschränkt. Es haben sich dabei
linienhafte Strukturen entwickelt, wobei ungewöhnlich hohe Niederschlagsmengen
bis in den extremen Bereich von mehr als 40 l/m² in einer Stunde fielen.
Unter Einfluss des Tagesganges lässt noch in der 1. Nachthälfte die
Gewittertätigkeitnach und erlischt in der 2. Nachthälfte vermutlich ganz. In den
übrigen Gebieten Deutschlands sind bei schwachen Luftdruckgegensätzen keine
signifikanten Wettererscheinungen zu erwarten.

Sonntag ... wölbt sich zu Tagesbeginn über Mitteleuropa ein Rücken auf, der sich
rasch nach Osten verlagert. Dies lässt an der Vorderseite eines breiten, auf
Westeuropa übergreifenden Troges die Strömung auf Südwest drehen. In der
wärmsten Luft entwickelt sich über England und Ostfrankreich eine flache
Tiefdruckrinne, was auch in den bodennahen Schichten eine südwestliche
Komponente aufkommen lässt. Mit dieser arbeitet sich die im Süden liegende
feuchtwarme und labil geschichtete Luft bis in die mittleren Gebiete voran,
wobei nach wie vor im Süden die Luftmasse am labilsten ist. Bis zum Abend nähert
sich ein Höhentief, das zu Tagesbeginn noch über den Pyrenäen zu finden ist, dem
Südwesten Deutschlands. Es nimmt bis dahin die Struktur eines Höhentroges an.
Dieser liefert den erforderlichen Hebungsantrieb, wodurch sich im Südwesten und
Süden kräftige Gewitter entwickeln. Dabei besteht Unwettergefahr durch heftigen
Starkregen, schwere Sturmböen und größeren Hagel. Aufgrund mangelnder Scherung
dürften sich die Gewitter hauptsächlich mit orografischer Unterstützung
entwickeln. Bis zum Abend können dann einzelne Gewitter auch auf den zentralen
Mittelgebirgsraum übergreifen.
Im Norden und Nordosten sind aufgrund der eher stabilen Schichtung Gewitter
nahezu unwahrscheinlich. In diesen Gebieten sorgt Absinken im Bereich des
Bodenkeils für Einstrahlung.
In der Nacht zum Montag greift der Kurzwellentrog weiter nordostwärts aus, was
die Gewittertätigkeit (mit Unwettergefahr durch heftigen Starkregen, anfangs
auch durch größeren Hagel) auf die gesamte Mitte und im Osten noch etwas nach
Norden bis in die Lausitz ausgreifen lässt. Im Norden bleibt die Schichtung
relativ stabil, auch im Westen setzt im Laufe der Nacht Stabilisierung ein, so
dass diese Gebiete nicht von den Gewittern erfasst werden bzw. die Gewitter in
der zweiten Nachthälfte abklingen.


Montag ... verlagert sich der über Westeuropa liegende Trog ein wenig nach
Osten, wobei seine Hauptachse über Frankreich verbleibt und sich noch etwas nach
Süden ausweitet. Die Strömung über Mitteleuropa dreht dadurch weiter zurück. Die
diesem Trog vorgelagerte Tiefdruckrinne verlagert sich dann nach Deutschland. In
deren Bereich greifen die Gewitter der weiter oben beschriebenen Luftmasse auch
auf den Nordosten Deutschlands über, wobei dort die Unwettergefahr
wahrscheinlich am höchsten ist.
Zwar setzt auf der Rückseite der flachen Tiefdruckrinne im Tagesverlauf eine
westliche bis nordwestliche Strömung ein, mit welcher etwas stabilere Luft
advehiert wird. Von einem Luftmassenwechsel im Süden und vor allem im Südosten
Deutschlands kann jedoch keine Rede sein, hierzu ist der Gradient zu schwach.
Somit können sich in diesen Gebieten ebenfalls Gewitter bis hin zum Unwetter
entwickeln. Dem Westen und Südwesten nähert sich zum Abend hin der noch über
Ostfrankreich liegende Trog, wodurch dort nach einer vorübergehenden
Wetterberuhigung erneut Gewitter aufkommen. Lediglich im Norden und im
Nordwesten ist die Schichtung vergleichsweise stabil, so dass dort wohl keine
hochreichende Konvektion zu erwarten ist. Auflockerungen sind am ehesten in
Nordseenähe und ganz im Südosten zu erwarten.
In der Nacht zum Dienstag gelangt Deutschland mehr und mehr in den Bereich des
von Westeuropa übergreifenden Troges. Da aber die Luftmasse nicht mehr die
Eigenschaften aufweist wie am Wochenende, nimmt die Unwettergefahr im Laufe der
Nacht ab.
In der rückseitig einfließenden kühleren und stabileren Luft kommt sonst aber
die Gewittertätigkeit zum Erliegen. Im Bereich eines sich nach Süddeutschland
ausweitenden Bodenkeils erfolgt zumindest im Südwesten und im Süden eine
Wetterberuhigung.

Dienstag ... Deutschland liegt im Bereich eines breitgefächerten Höhentroges
und zwar zunächst noch auf dessen Vorderseite in einer südwestlichen
Höhenströmung. Währenddessen ist bodennah etwas kühlere Luft auf der Rückseite
eines zum Baltikum abziehenden kleinen Tiefs vorgedrungen. Sie ist aber immer
noch mit viel Feuchtigkeit angereichert, weshalb am Tage noch Schauer und
einzelne Gewitter auftreten, allerdings bei deutlich niedrigerem Cape als an den
Vortagen. Entsprechend geringer fallen die Niederschlagsmengen aus. Die
Temperaturen steigen auf 21 bis 25 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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ICON Nest deutet am Sonntag in der 2. Tageshälfte erneut auf Unwetter
hinsichtlich der Niederschlagsmengen hin, was bei ECMF und GFS nicht ganz so
prägnant erkennbar ist, jedoch von der Tendenz her den gleichen Schwerpunkt
setzt.
Am Montag stimmen die Ergebnisse hinsichtlich der Niederschlagsmengen gut
überein, die räumliche Verteilung sieht aber teilweise etwas anders aus. So
spart ICON bis 18 Uhr den Norden nahezu komplett aus, was bei den beiden anderen
Modellen nicht der Fall ist.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. R. Hering-Zieringer