DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-07-2017 21:00
SXEU31 DWAV 011800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 01.07.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Wechselhafter Wettercharakter wahrscheinlich ohne signifikantes Warnaufkommen.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland weitgehend auf der Rückseite eines positiv
geneigten, südostwärts schwenkenden Höhentroges, der im Laufe der Nacht über dem
westlichen Mittelmeer abtropft. Ihm folgt von NW her ein kurzwelliger Rücken
nach, der von WLA überlaufen wird, die in den nächsten Stunden aber nachlässt.
Der Rücken sorgt einerseits für eine Stabilisierung, so dass die anfangs im S
und der östlichen Mitte noch auftretende Konvektion alsbald nachlässt. Außerdem
kommen die Auflockerungen aus dem äußersten Nordwesten noch etwas weiter
landeinwärts voran, in den meisten Regionen bleibt es aber stark bewölkt.
Im Bodendruckfeld schwenkt der knapp hinter seinem Pendant in der Höhe
positionierte Trog mit eingelagerter Okklusion langsam südostwärts, was eine
Verlagerung der zugehörigen Regenfälle über die Mitte hinweg in die südlichen
Landesteile zur Folge hat. Die 12h-Mengen verbleiben meist im einstelligen
Bereich, häufig sogar unter 5 mm. Lediglich in einigen Staulagen wie z.B. im
Schwarzwald oder im Erzgebirge darf es punktuell auch mal ein Schlag mehr sein,
ohne dass aber Warnschwellen erreicht werden.
In der zweiten Nachthälfte nähert sich unmittelbar hinter der Rückenachse
bereits neue mehrschichtige Bewölkung von der Nordsee und den
Niederlanden/Belgien her, die am frühen Morgen auch schon erste Tropfen im
äußersten W und NW bringen können. Angekündigt wird die Annäherung des nächsten
Frontensystems, das zu einem nördlich an Schottland in Richtung Haltenbank
vorbeiziehenden Tief gehört.

Sonntag ... wandert der Rücken ost-südostwärts über Deutschland hinweg. Dahinter
beginnt die Höhenströmung zu zonalisieren, wobei die Isohypsen zunächst noch
leicht diffluent angeordnet sind. Trotzdem halten sich etwaige dynamische
Hebungsprozesse in Grenzen, zumal später im Norden auch noch dämpfende KLA mit
ins Spiel kommt.
Tatsache ist, dass das o.e. okkludierende Frontensystem noch im Laufe des
Vormittags auf den NW übergreift, um von dort seinen Weg nach SO hin
fortzusetzen. Die zugehörigen fraktilen Regenfälle (fraktil deswegen, weil es
kein klar definiertes zusammenhängendes Regengebiet gibt) weiten sich über den
Norden und die Mitte langsam ost-südostwärts aus, ohne dass dabei große Summen
zusammenkommen würden. Wenn es irgendwo mal 5 mm/12 h sind, ist das schon viel,
teilweise reicht es nicht mal für einen Millimeter. Das sieht zwischen Bodensee
und Alpen etwas anders aus, machen sich dort doch noch die Reste der ersten
Front (die Okklusion, die heute durchgeht) bemerkbar. Mit orografischer
Unterstützung (Stau) reicht es gebietsweise für 5 bis 10 mm innert 12 h, lokal
auch etwas darüber. Zwischen den beiden Niederschlagsgebieten gibt es einen
Streifen mit sehr wenig oder überhaupt keinem Regen, der vom SW bis nach
NO-Deutschland reicht. Dort lockert die Wolkendecke hier und da mal auf, ohne
dass man sich aber einen Sonnenbrand holt. Auch postfrontal zeigen sich in der
frisch einfließenden subpolaren Meeresluft Auflockerungen oder gar sonnige
Abschnitte, insbesondere an der Nordsee.
Mit Verlagerung des Tiefs über Südnorwegen in Richtung Schweden frischt der
westliche Wind im äußersten Norden im Tagesverlauf, wobei besonders an der Küste
und auf den Inseln einzelne Böen 7 Bft auftreten. Ansonsten beschränken sich
Böen der Kategorie 7-8 Bft auf einige wenige exponierte Höhenlagen wie z.B. -
raten sie mal - richtig, dem Brocken. Temperaturmäßig landen wir am Nachmittag -
klassisch mitteleuropäisch unterkühlt - meist zwischen 16/17 und 23°C.

In der Nacht zum Montag setzt sich der Zonalisierungsprozess in der Höhe weiter
fort. Gleichzeitig schwenkt das mittlerweile okkludierte Frontensystem des in
Richtung Mittelschweden ziehenden Tiefs in Richtung Polen/Tschechien und
Süddeutschland, wo es zu zeitweiligen, an den Alpen auch andauernden und etwas
kräftigeren (Staueffekte) Regenfällen kommt (ICON von 12 UTC sieht Mengen von 10
bis 20 mm, lokal bis 30 mm, was über 24 h sogar eine kleine Dauerregenwarnung
nötig machen würde). In der Nordhälfte lockert die Wolkendecke vielerorts auf
(=> lokale flache Nebelfelder), was bei abnehmendem Wind gebietsweise
einstellige Temperaturminima von etwas unter 10°C zur Folge hat. Nicht ganz so
kühl wird es an der Küste, weil dort Wind (teils noch bis 7 Bft) und das
naheliegende Wasser eine stärkere Abkühlung verhindern.

Montag ... bleibt uns die westliche Höhenströmung mit leichtem Nordwesteinschlag
erhalten. Im Tagesverlauf allerdings zieht ein recht scharf ausgeprägter KW-Trog
vom Seegebiet nördlich Schottlands in Richtung Südnorwegen, um in den
Abendstunden den Skagerrak und das Kattegat zu erreichen. Auch wenn der Trog den
Vorhersageraum nicht direkt attackiert, partizipiert doch der Norden ein Stück
weit davon, indem die Höhenströmung etwas zyklonaler konturiert und zudem etwas
Höhenkaltluft (T500 um oder etwas unter -20°C) advehiert wird. Kurzum, die nach
wie vor in den Norden einströmende subpolare Meeresluft (T850 um 5°C) wird etwas
labilisiert, was mit Unterstützung des Tagesgangs eine erhöhte Schaueraktivität
zur Folge hat. Bei ML-CAPE-Werten, die bis zu 200-300 J/kg gehen, sind sogar
einzelne Gewitter wahrscheinlich, die sogar organisiert sein (trogvorderseitige
Linie, LLS bis 10m/s, DLS um 20 m/s) und mit stürmischen Böen 8 Bft, vielleicht
sogar Sturmböen 9 Bft einhergehen können. Aber auch abseits von Schauern und
Gewittern frischt der SW-W-Wind an der See sowie im unmittelbaren Binnenland auf
mit einzelnen 7er-Böen.
Nach Süden hin verstärkt sich am Boden der Keil des Azorenhochs, das inzwischen
einen eigenständigen Ableger mit etwas über 1025 hPa über der Biscaya
aufzubieten hat. Profitieren tun davon besonders die Mitte und der Südwesten, wo
es weitgehend trocken bleibt oder nur noch wenig Regen fällt und sich die Sonne
auch mal etwas nachhaltiger durchsetzen kann. Ganz im Süden und Südosten
allerdings sorgt die Okklusion zunächst noch für teils schauerartige Regenfälle,
die sich bis zum Abend aber mehr und mehr zu den Alpen zurückziehen. Zwar wird
etwas MU-CAPE generiert, trotzdem sind Gewitter eher unwahrscheinlich, weil die
vertikale Mächtigkeit konvektiver Umlagerungen durch eine Isothermie bei 650 bis
600 hPa begrenzt wird.
Die Temperatur steigt landesweit auf 18 bis 23°C, im Oberrheingraben bis hoch
ins Rhein-Main-Gebiet örtlich auf 25°C.

In der Nacht zum Dienstag bleibt es an der See windig mit Böen bis 7 Bft, vor
allem an der Ostsee. Zudem dauert die Schauertätigkeit im Norden an, Gewitter
sind aber nur wenig wahrscheinlich. Im äußersten Süden lassen die Niederschläge
mehr und mehr nach.

Dienstag ... tendiert das großräumige Strömungsmuster in Richtung Wa (West
antizyklonal). Die west-nordwestliche Höhenströmung bekommt einen leicht
antizyklonalen Touch, wovon der Norden am wenigsten profitiert. Dort kommt es
zur Passage einer schwachen Kaltfront, die zu einem relativ flachen, von
Südskandinavien gen Baltikum ziehenden Tief gehört.
An der Front fällt etwas Regen, vor allem nach Westen hin, wobei sich die
Modelle noch uneins darüber sind, ob und wie weit dieser Regen bis in die
mittleren Landesteile vorankommt (ECMF von 00 UTC progressiver als ICON von 00
und 12 UTC). Man kann derzeit aber davon ausgehen, dass große Teile der
Südhälfte von leichtem Hochdruckeinfluss profitieren, der einen trockenen und
vielfach sonnigen oder nur locker bewölkten Tag bringt. Dabei kann sich die
gealterte Meeresluft deutlich erwärmen auf 24 bis 28°C, während sonst 20 bis
24°C, ganz im Norden sogar nur 16 bis 19°C auf der Karte stehen.
Besonders an der Ostsee muss zunächst noch mit der einen oder anderen steifen
Böe der Stärke 7 Bft gerechnet werden, ansonsten dürfte der Tag weitgehend
warnfrei über die Bühne gehen (mögliche Gewitter entwickeln sich inneralpin
respektive auf der Südseite und sollten unseren Raum nicht traktieren).


Modellvergleich und -einschätzung
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Trotz einiger kleiner Unterschiede oder Unschärfen steht das Vorhersagegerüst.
Die Signale, dass an den Alpen ab morgen früh eine 24-36-stündige markante
Dauerregenlage in Gang kommt, sind derzeit noch zu dünn und ICON-lastig, als
dass hier gehandelt werden müsste.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann