DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

29-06-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 29.06.2017 um 10.30 UTC



Im Norden wechselhaft, windig und kühl. Im Süden freundlicher und wärmer, zur
Wochenmitte lokal auch wieder heiß mit steigender Gewittergefahr.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 06.07.2017


Zu Beginn des Mittelfristzeitraums am kommenden Sonntag (02. Juli) beginnt die
Strömung über Mitteleuropa zunehmend zu zonalisieren. Ein Cut-Off Tief über
Italien macht dafür den Weg frei, so dass zwischen tiefem Geopotential über
Island und hohem Potential im Bereich der Azoren (beeindruckend stabiles und
ausgedehntes Azorenhoch übrigens im kompletten Mittelfristzeitraum) sich eine
klassische positive NAO-Lage (Nordatlantische Oszillation) einstellt. Darin
eingebettet ist auch eine schwache Okklusionsfront mit Kaltfrontcharakter, die
von Nordwesten über Deutschland hinwegschwenkt, aber aufgrund mangelnder
dynamischer Hebung nur leichte Regenfälle bringt. Die vorgelagerte erwärmte
Meeresluft wird dabei im Norden durch kühle Meeresluft polaren Ursprungs (mP)
ersetzt. Dazu weht insbesondere an der Küste und im Bergland ein frischer
Westwind mit stürmischen Böen.

Am Montag verlagert sich der Schwerpunkt des umfangreichen Höhentiefkomplexes
langsam nach Skandinavien. Die Nordhälfte erwischt im Tagesverlauf einen
Streifschuss in Form eines flach durchschwenkenden Kurzwellentroges, der für
flache Konvektion mit Wolkenobergrenzen bei etwa 4 km gut ist. Aufgrund der
niedrigen 0 Grad Grenze knapp oberhalb von 2 km sowie schwacher dynamischer
Hebung im linken Jetausgang sollten sich die Schauer doch recht verbreitet
entwickeln. Weiter südlich nimmt die Isohypsenkrümmung in unteren
Troposphärenschichten leicht antizyklonale Strukturen an, weshalb bodennah
leichter Druckanstieg einsetzt. Südlich der zentralen Mittelgebirge bleibt es
damit schon längere Zeit trocken und auch die erwärmte Meeresluft kann sich dort
behaupten. Der nicht zu verachtende Druckgradient bleibt in Küstennähe aufrecht,
weshalb dort nach wie vor stürmische Böen zu erwarten sind.

Am Dienstag schwenkt ein Trog über dem Ostaltlantik ostwärts und stützt so einen
sich aufwölbenden Keil über Westeuropa. Auf dessen Vorderseite bildet sich über
den Britischen Inseln ein eigenständiges Hoch mit Kerndruck >1020 hPa, womit die
Strömung bei uns zunehmend auf Nordwest dreht (Übergang von Wz zu NWa). Die
Windgeschwindigkeiten sind dabei allerdings schon so schwach, dass die Alterung
der Luftmasse schwache Advektionsvorgänge überkompensieren. Somit bildet sich
über dem Alpenraum bereits wieder die 15 Grad-Isotherme in 850 hPa aus, womit
Höchstwerte von 30 Grad entlang von Ober- und Hochrhein wieder in den Fokus
rücken. Über dem Norden verbleibt die 5 Grad-Isotherme weshalb es dort deutlich
kühler bleibt. Im Übergangsbereich des beschriebenen (wenn auch "aufgeweichten")
Temperaturgradienten sind hier und da schwache Niederschläge möglich. Die
Druckgegensätze nehmen auch im Ostseebereich immer weiter ab.

Am Mittwoch und Donnerstag rückt der ostatlantische Trog weiter ostwärts vor und
hat über der Iberischen Halbinsel Abtropftendenzen. Trogvorderseitige Hebung
induziert eine Tiefdruckrinne über Frankreich, weshalb feucht-warme Luft aus dem
westlichen Mittelmeerraum in den Südwesten eindringt und in der Folge Raum nach
Norden gewinnt. Wie schnell der Prozess vonstattengeht und inwieweit damit schon
Schauer und Gewitter verbunden sind, ist aus jetziger Sicht noch sehr unsicher.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Im Großen und Ganzen zeigt der aktuelle 00 UTC EZ Lauf bis Dienstag eine gute
Konsistenz zu seinen Vorgängern. Der in der gestrigen synoptischen Übersicht
Mittelfrist diskutierte sehr weit südlich ausgedehnte Trogvorstoß am Montag ist
inzwischen ein Stück weit nach Norden zurückgerechnet worden (552 gpdm Isohypse
in 500 hPa gestern noch über Jütland, aktuell über Südschweden), was die
Mehrheit der Cluster auch nahelegte. In der Konsequenz wird dabei auch das
Vordringen der kühlen Meeresluft polaren Ursprungs bis in die südlichen
Landesteile von den neuesten Läufen immer weiter zurückgenommen.
Ab Dienstag zeigt sich allerdings ein ziemlich diffuses Bild. So simulierte der
gestrige 12 UTC Lauf für den kommenden Dienstag über den Britischen Inseln einen
fetten Trog, wo nach dem Neusten und auch älteren Läufen eigentlich der Aufbau
des Rückens samt Bodenhoch stattfinden soll. Die große Unsicherheit spiegelte
sich - abgesehen vom gestrigen 12z Lauf - rückblickend zwar weniger in den
deterministischen, aber eindeutig in den probabilistischen Vorhersagen wider.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Interessanterweise gibt der aktuelle GFS 00 UTC Lauf nahezu exakt das Szenario
des gestrigen 12 UTC Laufs des EZ wider. Das verdeutlicht die Unsicherheiten
auch zum aktuellen Zeitpunkt. Hauptvoraussetzung dafür wäre, dass der
ostatlantische Trog sehr kurzwellig bleibt, dadurch keine Abtropftendenzen
Richtung Iberische Halbinsel zeigt, sondern stattdessen progressiv ostwärts
schwenkt. Das hätte zur Folge, dass nach kurzer Erwärmung rasch schauerartige
und teils gewittrige Regenfälle bereits zum Mittwoch auf Deutschland übergreifen
würden. Höchstwerte bis 30 Grad im äußersten Süden wären - wenn überhaupt - dann
nur kurzzeitig am Mittwoch ein Thema, bevor sich von Nordwesten rasch mäßig
warme Meeresluft durchsetzt. Auf derselben Schiene ist auch der 00 UTC Lauf vom
GEM, dass den zyklonalen Einfluss vor allem nach Norden hin auch sehr stark
betont und den Hochaufbau über den Britischen Inseln - wenn überhaupt - nur
verspätet zum Mittwoch und dann als auch nur als flachen Keil zulässt.
ICON trägt im Wesentlichen die aktuelle Lösung des EZ mit, zeigt zur Wochenmitte
ein kräftiges Hoch über den Britischen Inseln und der Nordsee, allerdings bei
uns auf einem etwas kühleren Temperaturniveau (15 Grad- Isotherme in 850 hPa
verbleibt südlich des Alpenhauptkamms).
Das chinesische CMA wählt gewissermaßen einen Mix aus beiden Szenarien als
Kompromiss. Die Spannbreite möglicher Szenarien für die kommende Woche ist also
sehr groß!
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen zeigen insbesondere nach Norden hin im Gegensatz zu den
gestrigen Läufen bereits zum Montag (nicht erst Dienstag) eine deutliche
Auffächerung der 850hPa Temperaturen. Gerade im Süden sind die deterministischen
Läufe am oberen Rand der Verteilung, finden unter den Membern aber durchaus
zahlreiche Mitstreiter. Exemplarisch für den Standort Freiburg erstreckt sich
der Spread am Mittwoch zwischen 7 und 20 Grad. Im Vergleich dazu sind die
Geopotentialkurven landesweit gut gebündelt, wobei Haupt-und Kontrolllauf gut
eingebettet sind. Zum Ende des Mittelfristzeitraums haben die
Niederschlagssignale fast überall deutlich zugenommen, was den bevorstehenden
Wetterwechsel verdeutlicht und selbst im Falle des Hochdruckaufbaus über den
Britischen Inseln diesen nur als kurzes "Intermezzo" abkanzelt.
Kaum zu glauben, dass die Streuung unter den EZ-EPS Lösungen so gering sind,
dass lediglich ein Cluster für den Zeitraum 120-168h (Di 00 - Do 00) gerechnet
wurde. Für den Folgezeitraum bis Sonntag kommender Woche sehen alle 3
berechneten Cluster eine zyklonale Westlage mit rascher Abfolge von Trögen und
Keilen vor, wobei der Süden tendenziell begünstigt ist. Die Ensembles des GFS
zeigt ebenfalls eine breite Streuung ab Montag, aber auch hier wird der
Hauptlauf von einem Großteil der Mitglieder bestätigt.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Mehr als einzelne stürmische Böen an exponierten Küstenabschnitten sowie im
höheren Bergland sind an markanten Wettererscheinungen nicht zu erwarten. Diese
beschränken sich zum Dienstag immer mehr auf die Ostseeinseln. Mehr als 10-30%
hierfür ist aber von den EPS Verfahren vom EZ und COSMO-LEPS nicht zu holen.
Signifikante Signale des EFI beschränken sich auf die Kurzfrist (Niederschlag).
Mögliche Gewitterentwicklungen zum Mittwoch sind nicht ausgeschlossen (siehe
Modellvergleich).
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ, EZ-EPS, Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen