DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

27-06-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 27.06.2017 um 10.30 UTC



Wechselhaft und windig, an der Küste zu Beginn noch kräftiger Regen, zum
Wochenbeginn von Südwesten freundlicher, aber relativ kühl
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 04.07.2017


Zu Beginn des Mittelfristzeitraums am kommenden Freitag gelangt Deutschland
immer mehr in den Zentralbereich des positiv geneigten Troges über Westeuropa,
dessen Achse sich ausgehend vom Englischen Kanal bis nach Gibraltar erstreckt.
Ein ablaufender Randtrog erreicht dabei das Baltikum und stützt damit weiterhin
das markante Bodentief (Kerndruck 990 hPa) über der südöstlichen Ostsee. Der
Vorhersagebereich ist damit komplett mit erwärmter Meeresluft (mPs, T850 hPa <
10 Grad) geflutet. Diese ist nach wie vor schwach labil geschichtet, womit sich
recht verbreitet tagesgangbedingt einzelne Schauer oder auch kurze Gewitter
entwickeln. Die Küstenregionen werden noch längere Zeit vom Niederschlagsgebiet
der rumgeholten Warmluft ("Okklusionsschleppe") mit länger anhaltenden
Regenfällen beeinflusst.

Am Samstag schwenkt die Trogachse unter Abschwächung ganz langsam über
Deutschland hinweg. Damit verbunden ist die Passage der rumgeholten Okklusion
von Nordwesten in Form schauerartig verstärkter Regenfälle. Im präfrontalen
Bereich sorgt diabatische Erwärmung im Vorfeld vor allem südlich des Mains für
die Auslöse einzelner Schauer und Gewitter.

Am Sonntag ziehen die Reste des Höhentrogs ostwärts ab. In der recht lebhaften
westlichen Strömung scheibt ein flacher Höhenkeil nach, dessen dynamisches
Absinken allerdings kaum zur Geltung kommt. Im Tagesverlauf gelangt der
Nordwesten Deutschlands nämlich bereits auf eine erneute Trogvorderseite, wobei
sich im Temperatur- und Feuchtfeld auch eine schwache Okklusion finden lässt,
die das Vorhersagegebiet überquert. Kurzum, es bleibt vielfach wechselhaft und
mäßig warm bei recht böigem Wind.

Zum Beginn der neuen Woche manifestiert sich über Skandinavien hochreichender
Tiefdruckeinfluss, wohingegen ausgehend von der Biskaya über Frankreich bis
später auch zu den Britischen Inseln Druck- respektive Potentialanstieg
einsetzt. Infolgedessen lassen die Niederschläge von Südwesten nach und die
Sonnenanteile nehmen zu. Die Strömung dreht mit nordwärtigem Ausgreifen des
Druckanstiegs auf Nordwest, womit die kühle Phase mit Temperaturen vielfach
knapp unter 5 Grad in 850 hPa (direkterer Einbezug kühler Meeresluft polaren
Ursprungs - mP) ihren vorläufigen Höhepunkt mit Maxima vielfach um oder knapp
unter 20 Grad sowie einstelligen Minima, erreicht.

In der erweiterten Mittelfrist kündigt sich (gewissermaßen verspätet) die
gestern noch prognostizierte Erwärmung aus Süden mit zunehmender Gewitterneigung
an. Wie ausgeprägt und nachhaltig diese sein wird, ist allerdings noch komplett
offen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich kommenden Montag zeigt der aktuelle Lauf des EZMW eine gute
Übereinstimmung zu seinen Vorläufen. Zum Ende des Mittelfristzeitraums zeigen
sich allerdings markante Unterschiede. So ist das Szenario einer neuerlichen
kurzen Erwärmung mitsamt Schauern und Gewittern vorerst vom Tisch. Schrittweise
gewann dabei der westeuropäische Keil Raum an Amplitude und Stärke an
nordwärtiger Ausdehnung, womit entsprechend auch im Bodendruckfeld das Hoch
stärker akzentuiert wird.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die vorliegenden anderen Globalmodelle simulieren bis zu Beginn der kommenden
Woche ein ähnliches Szenario. "Zünglein an der Waage" stellt wohl der
Potentialanstieg von Westen dar. Entscheidend hierfür ist die Konstellation über
dem zentralen Nordatlantik, bei der zwar modellübergreifend ein südwärtiger
Trogvorstoß von der Labrador See zu verzeichnen ist, aber in Phase und Amplitude
große Unterschiede aufweist. Während er beim ICON 00 UTC sogar Richtung Azoren
abtropft, schwenkt er nach GFS nordostwärts über die Britischen Inseln hinweg,
nach EZMW tropft er über der Biskaya ab. Dementsprechend fehlt wohl im Großen
und Ganzen eine länger anhaltende Situation vorderseitiger WLA, die einen sich
nachhaltig aufwölbenden Keil über Westeuropa stützen würde. Auch das kanadische
GEM ist nach Norden hin arg zyklonal aufgestellt, so dass der Hochdruckeinfluss
zum Ende der Mittelfrist voraussichtlich rasch wieder abgelöst wird.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die zunehmende Prognoseunsicherheit zum Ende des Mittelfristzeitraums spiegelt
sich auch in den Rauchfahnen wider. Während Haupt- und Kontrolllauf sich bei bis
kommenden Dienstag geringen Spread gut in die EPS-Verteilung der Temperatur in
850 hPa einbetten (langsamer Rückgang von rund 10 auf 5 Grad im
Deutschlandmittel), laufen die Lösungen im Anschluss vollkommen auseinander
(Spread rasch anwachsend auf 0 bis 15 Grad). Am Beispiel der Offenbacher
Rauchfahne sind dabei mindestens 3 Hauptstränge (oberer, mittlerer und unterer
Bereich) zu erkennen. Die Clusterung ( nächste Woche Mi 00 UTC bis Freitag 00
UTC) des EZ führt zu 3 Varianten (22, 18, 11 Member), wobei Haupt- und
Kontrolllauf in Cluster 1 - also im am stärksten repräsentierten - zu finden
sind. Dieser wiederum betont die Keilentwicklung über Westeuropa und der Nordsee
sehr stark und führt in der erweiterten Mittelfrist zum Freitag nächster Woche
sogar zu einem Blocking Regime. Die übrigen Cluster zeigen dagegen vermehrt
durchschwenkende Kurzwellentröge und repräsentieren somit GFS und GEM.
Insbesondere Cluster 3 zeigt die ICON Lösung mit einem frühzeitigem Cut-Off über
den Azoren, aufgrund der geringen Anzahl wohl ein eher unrealistisches Szenario.
Es läuft zusammengefasst auf einen "Patt" zwischen Cluster 1 und 2 (jeweils auch
deterministisch repräsentiert) hinaus, womit die Entwicklung ab Mitte kommender
Woche noch komplett offen ist (siehe bereits Text oben).
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Freitag sind im Ostseeumfeld in Verbindung mit der rumgeholten Warmluft noch
länger anhaltende Regenfälle zu erwarten. Die Wahrscheinlichkeit, dass
Dauerregenschwellen gerissen werden (>30mm/24h), sind aber nur gering. Sie
bewegen sich sowohl beim COSMO-Leps als auch beim EZ-EPS unterhalb von 10%.
Immerhin bieten die deterministischen Läufe 00 UTC Läufe vom ICON und GFS
punktuell noch 30-50 mm an. Die Erfahrung lehrt, dass insbesondere im
schleifenden Bereich der Okklusion warnwürdige Mengen mühelos erreicht werden
können. Aufgrund der kleinskaligen Prozesse (konvektive Verstärkungen im
Niederschlagsbereich) ist die gröbere Auflösung der Ensembleverfahren ein
limitierender Faktor, der "in die Irre" leiten kann. Zumindest der EFI setzt mit
Werten oberhalb 0.8 an der mecklenburgischen Ostseeküste ein deutliches Signal.
Das obere Viertel der Läufe liegt dabei bei Mengen oberhalb von 20 mm.

Einzelne (markante) Gewitter, die am Freitag in der Fläche noch am häufigsten
anzutreffen sein werden, besitzen kein Unwetterpotential mehr. Gleichwohl ist
damit einhergehend Starkregen um 15 l/qm binnen kurzer Zeit, kleiner Hagel und
stürmische Böen um 70 km/h (Bft 8) zu erwarten. Im weiteren Verlauf der
Mittelfrist treten sie nur noch ganz vereinzelt auf.

Am Freitag kommt es bedingt durch die Nähe zum Tief vor allem in der Mitte und
im Osten zu starken, an der Ostsee sowie im höheren Bergland auch Sturmböen, die
sich in abgeschwächter Form mehr oder weniger über den kompletten
Mittelfristzeitraum bis Dienstag nächster Woche verfolgen lassen. Bemerkenswert
offensiv ist der EFI aufgestellt, der von Südwest nach Nordost verbreitet Werte
über 0.6 simuliert.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ, EZ-EPS, Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen