DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

25-06-2017 21:00
SXEU31 DWAV 251800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 25.06.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Verlauf der Woche zunehmendes Gewitter- und Unwetterpotenzial.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland im Bereich einer zyklonal konturierten westlichen
Höhenströmung am Südrand eines hochreichenden Tiefdrucksystems, dessen Zentrum
über Mittelskandinavien liegt. Es hat sich also eine klassische zyklonale
Westlage eingestellt. Ein Keil des Azorenhochs erstreckt sich in die Südhälfte
Deutschlands. Dabei liegt der Norden Deutschlands im Bereich eines stärkeren
Gradienten, wo teils frischer südwestlicher bis westlicher Wind in Böen Stärke 6
bis 7 erreicht. An den Küsten werden verbreitet Böen Bft 7 erreicht, auf höheren
Bergen sogar Bft 8 bis 9 (Brocken). Dabei ist Deutschland bezüglich des Wetters
in drei Regionen geteilt. Ganz im Süden liegen noch Reste einer sehr warmen und
feuchten und instabilen Luftmasse, in der es heute durch einen Kurzwellentrog zu
kräftigen Regenfällen gekommen ist. Dieser Trog zieht aber mit den Regenfällen
Richtung Österreich ab und die warme Luftmasse wird verdrängt. Über dem Norden
des Landes liegt ein wellendes Frontensystem, das allerdings thermisch schwer zu
finden ist, da vor allem auf seiner Vorderseite dichte Bewölkung und Schauer die
Temperatur dämpfen. Dazwischen liegt eine Zone verstärkten Absinkens, in dem die
Sonnenanteile heute etwas höher sind und wo es niederschlagsfrei bleibt.

In der Nacht zum Montag schwenkt noch einmal ein Kurzwellentrog über den Norden
des Landes hinweg, der dort die Zyklonalität etwas verstärkt und auch im
Bodendruckfeld den Gradient etwas verstärkt. Dementsprechend nimmt heute Abend
der Wind an den Küsten zunächst etwas ab und fällt oft unter die Warnschwellen,
lebt aber in der zweiten Nachthälfte wieder auf, wobei an den Küsten dann wieder
verbreitet Windböen der Stärke 7 aus West auftreten, in exponierten Lagen auch
Stärke 8. Diese Stärke wird auch weiterhin auf exponierten Bergen erreicht.
Durch den heranrückenden Trog gelangt auch etwas verstärkte Hebung in den
Norden, was die Niederschläge noch einmal aufleben lässt. Gleichzeitig nimmt
aber tagesgangsbedingt die Labilität in der unteren Troposphäre etwas ab. Somit
kommt es weiterhin nur zu schauerartigen Regenfällen bzw. mäßig starken
Schauern, ohne dass es zu Warnungen reicht (weder Gewitter noch Starkregen).
Dabei dringt die Kaltfront und damit auch die Schauer noch etwas nach Süden vor.
Somit kann es in der gesamten Mitte Deutschlands einzelne Schauer geben, der
Schwerpunkt der Niederschlagsaktivität verbleibt aber über der Norddeutschen
Tiefebene. Im Süden des Landes macht sich weiterhin leichter Hochdruckeinfluss
bemerkbar, so dass dort unter Absinken die Wolken auflockern und es in der Nacht
sogar vielfach klar wird.

Montag ... zieht im Norden der Trog ostwärts ab. Von Westen greift ein flacher
Rücken auf Nordostfrankreich und Benelux über, während der nächste Trog schon
Südfrankreich erreicht. Dieser trennt den bei uns liegenden Hochdruckkeil vom
Azorenhoch und es bildet sich ein flaches eigenständiges Hoch über Frankreich.
Da die Kaltfront über dem Norden Deutschlands unter Absinken gerät, lassen die
Schauer im Tagesverlauf nach, generell bleibt es im Norden aber noch wolkig.
Stratocumulusbewölkung dürfte dann vor allem unterhalb einer Inversion zu finden
sein, die bei etwa 750 bis 800 hPa liegt. Nach Süden zu wird es unter Absinken
sonnig oder gering bewölkt und dort sollte es niederschlagsfrei bleiben. Zwar
baut sich unter der starken Einstrahlung im Südwesten schon wieder ein
respektabler vertikaler Temperaturgradient auf und auch etwas Feuchte sickert in
den Süden, allerdings wird nur über dem Schwarzwald und den Alpen nennenswertes
CAPE produziert. Die genannten Gebirge sind es auch, die eventuell für die
Auslöse von Gewittern sorgen könnten, so dass etwaige Gewitter mit Starkregen
auf diese Regionen begrenzt blieben. Auch wenn die Kaltfront nicht mehr sehr
aktiv ist, verbleibt Deutschland im Bereich eines starken Temperaturgradienten.
Am Nachmittag liegt die Temperatur in 850 hPa zwischen 4 Grad im Norden und 18
Grad im Süden. Somit bleibt es ganz im Norden unter 20 Grad kühl, am Oberrhein
werden schon wieder bis zu 31 Grad erreicht. Im Übergangsbereich zum
Skandinavientief verbleibt der Norden Deutschlands am Montag noch im Bereich
eines stärkeren Gradienten, so dass es an den Küsten (abgesehen von
Ostfriesland) noch zu Böen Bft 7 aus West bis Nordwest kommen kann, in
exponierten Lagen der Ostseeküste noch zu Böen Bft 8. Mitunter muss auch im
küstennahen Binnenland Mecklenburg-Vorpommerns eine Windwarnung ausgegeben
werden. Auf den Bergen schwächt sich der Wind dagegen rascher ab und ist
tagsüber wohl nicht mehr warnwürdig.

In der Nacht zum Dienstag erreicht der flache Rücken Deutschland und der
nachfolgende Trog schon die Schweiz. Das Hoch verlagert seinen Schwerpunkt rasch
ins östliche Mitteleuropa und der Südwesten Deutschlands gerät schon in den
Einflussbereich eines flachen Tiefs über Westeuropa, dessen Kern über Irland zu
finden ist. Dabei gelangt erheblich feuchtere Luft (ppws von 30 bis über 35
l/qm) in die gesamte Westhälfte Deutschlands. Da diese Luftmasse durch den Trog
auch noch unter Hebung gerät, dürften sich in der Nacht einzelne Gewitter und
teils auch schauerartige Regenfälle auf den Südwesten Deutschlands ausweiten,
wobei zumindest kleinräumig mit Starkregen gerechnet werden muss. Die
deterministischen Modelle reagieren hierauf mit Regenmengen, die bei ICON und
GFS regional auch mal 10 mm überschreiten, Cosmo-LEPS und Cosmo-DE-EPS mit recht
geringen Wahrscheinlichkeiten für Starkregen vor allem in den Alpen und in
Südbayern. In der Nordosthälfte bleibt es in der Nacht meist klar und in der
dortigen kühleren Luftmasse kühlt es oft auf unter 10 Grad ab. Der Wind an der
Ostsee lässt weiter nach und spielt keine Rolle mehr.

Dienstag ... flachen Trog und Rücken etwas ab, der Trog ist vor allem noch über
Österreich zu sehen. Insgesamt mutiert aber die Höhenströmung in Richtung einer
recht glatten und nicht allzu starken Südwestströmung. Bodennah bildet sich eine
rinnenartige Tiefdruckzone mit einer Achse, die am Nachmittag von Bayern nach
Nordrhein-Westfalen reicht. Mit der Südwestströmung kommt die Warmluft wieder
etwas nach Norden voran, die stärkste Warmluftzufuhr erfolgt dabei in die
Südosthälfte Deutschlands. Sehr feuchte Luft akkumuliert sich dabei in der
Rinne, auch im Süden ist die Luft feucht, während die (bodennahe) Luftmasse im
Norden bei östlichen Winden trockener bleibt. Auch wenn der vertikale
Temperaturgradient gar nicht so stark ist, weil er aufgrund starker
Quellbewölkung sich erst gar nicht so sehr aufbauen kann, es reicht zu
nennenswertem CAPE, das zumindest regional 500 bis über 1000 J/kg erreichen
kann. Vor allem in der Rinne, also über der Mitte Deutschlands, dürfte es
verstärkt zur Entstehung von Gewittern kommen, wobei neben etwas Hagel die
Hauptgefahr vom Starkregen ausgehen wird. Da die Zuggeschwindigkeiten nicht
allzu hoch sein dürften, die Feuchte aber dafür umso mehr, sollten die
Unwetterschwellen des Starkregens doch stellenweise recht leicht erreicht
werden. Während es nördlich der Rinne mit 18 bis 25 Grad nur mäßig warm bis warm
wird, überwiegen im Süden die sommerlichen Höchstwerte zwischen 25 und 30 Grad.


In der Nacht zum Mittwoch weitet sich über Westeuropa ein Langwellentrog
südwärts aus, so dass über Deutschland die Strömung etwas aufsteilt,
gleichzeitig aber eher schwächer wird. Die Tiefdruckrinne kommt dabei etwas nach
Norden voran und nach ICON bildet sich ein Tief über den Niederlanden. Die
feuchte Warmluft kommt bis in den Norden Deutschlands voran. Teils starke
Gewitter, teils gewittrige Regenfälle im Rahmen eines MCS sollten sich dabei bis
in den Norden Deutschlands ausweiten, bzw. auch erneut wieder von Südwesten auf
Deutschland übergreifen, je nachdem wie die Hebungsgebiete in der Nacht dann im
Detail ziehen werden. Jedenfalls muss aus heutiger Sicht nahezu landesweit mit
Gewittern gerechnet werden, wobei Starkregenereignisse (1- oder 6-stündig)
durchaus die Unwetterschwellen erreichen werden. Dazwischen wird es aber
sicherlich auch Regionen geben, in denen in der milden Nacht außer
Blitzfeuerwerken in der Ferne nichts passieren wird.

Mittwoch ... greift der westeuropäische Trog weiter südwärts aus, seine Achse
liegt in etwa von Irland bis zur französischen Atlantikküste. Deutschland liegt
weiter in einer immer weiter aufsteilenden Südsüdwestströmung mit der warme, vor
allem aber feuchte Luft ins Land geführt wird. Die wärmste und mitunter extrem
feuchte Luft (spezifische Feuchte von 14 g/kg, ppw über 40 J/kg) soll dabei den
Osten des Landes erreichen. Bodennah soll sich ein umfangreicher Tiefdrucksumpf
unter 1000 hPa etablieren, der von Frankreich bis nach Polen reicht und in dem
sicherlich viele kleinräumige Tiefs und Konvergenzen zu finden sein werden, über
die heute noch nicht spekuliert werden soll. Gleichzeitig werden auch die
größten Sonnenanteile über dem Osten Deutschlands simuliert, während im Westen
schon mehr Bewölkung dominiert. Dort dürfte es dann eher zu schauerartigen
Regenfällen mit Starkregengefahr kommen, wobei Cosmo-LEPS und EZMW-EPS dafür vor
allem im Westen auch Hinweise bieten, die Unwettersignale sind aber sehr gering.
Im Osten dürften es eher starke Gewitter mit Multizellencharakter sein, mitunter
auch bei leichter gegebener Richtungsscherung auch Superzellen. Mit
unwetterartigem Starkregen muss sicherlich lokal gerechnet werden, bei Bildung
von Superzellen durchaus mit größerem Hagel (je nachdem, wie viel CAPE sich auch
aufbauen kann) und mindestens schweren Sturmböen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Bezüglich der zu erwartenden Großwetterlage unterscheiden sich die Modelle kaum.
Auch die Detailentwicklung kann bis zur Nacht zum Dienstag als einigermaßen
sicher eingestuft werden, wenn man von der genauen Verteilung der Gewitter mal
absieht. In dem ab Dienstag über Deutschland entstehenden Tiefdrucksumpf
simulieren aber die Modelle die genaue Lage kleiner Tiefs und Konvergenzen
mitunter etwas unterschiedlich, und gerade diese sind es ja, die letztlich für
die stärksten Gewitterereignisse sorgen. Zudem haben einzelne nur schwer
vorhersagbare mesoskalige Systeme wiederum Rückwirkungen auf die
Druckverteilung, so dass es momentan nicht sinnvoll ist, Regionen verstärkter
Gewitteraktivität am Dienstag und Mittwoch herauszuarbeiten. Fakt ist aber, dass
die zunehmende Tiefdrucklage in Verbindung mit Feuchtekonvergenz und der
entsprechend warmen Luftmasse vor allem für sehr starkregenträchtige
Gewitterereignisse günstig ist. Die Wetterlage erinnert dabei etwas an jene des
vergangenen Juni, als es verstärkt zu Unwetterereignissen durch Starkregen kam
und auch mehrfach die höchste ("extreme") Unwetterwarnung ausgegeben werden
musste.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Peter Hartmann