DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

23-06-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 23.06.2017 um 10.30 UTC



Zunehmend wechselhaft mit Schauern und Gewitter, örtlich Unwetter. Zudem ab
Donnerstag deutlich kühler und teils windig.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 30.06.2017


Zu Beginn des Mittelfristzeitraums am kommenden Montag zeigt der aktuelle
EZMW-Lauf von 00 UTC über Deutschland eine zonale Höhenströmung, wobei ein Trog
über der Ostsee bereits nach Osten abzieht. Von Westen her kann daher ein
flacher Rücken von Frankreich kommend auf Mitteleuropa zulaufen. Er sorgt für
Zwischenhocheinfluss. Dabei hat sich über Deutschland ein
Nord-Süd-Temperaturgefälle aufgebaut, das einer tags zuvor von Norden ins Land
hereingeführten Kaltfront eines Tiefs über Finnland geschuldet ist. So sind im
Norden in 850 hPa Temperaturen nur um 4 Grad, im Süden dagegen bis zu 18 Grad
anzutreffen. Dementsprechend liegen die Höchsttemperaturen an den Küsten nur bei
17 bis 20 Grad, sonst bei 20 bis 25, im Süden aber wieder bei 24 bis 30 Grad. An
den Alpen können sich in feuchter und instabiler Luft außerdem örtlich kräftige
Gewitter entladen.

Am Dienstag schwenkt der Höhenrücken rasch über uns hinweg, sodass wir auf die
Vorderseite eines Langwellentrogs in eine südwestliche Höhenströmung geraten.
Dabei bildet sich über Frankreich ein Bodentief, dessen Ausläufer von Südwesten
her auf Deutschland übergreifen und damit verbreitet für Schauer und Gewitter
sorgen. Örtlich sind unwetterartige Entwicklungen möglich, da die Luftmasse
nicht nur feucht, sondern auch recht labil ist (CAPE nach GFS bei 1000 bis 1500
Joule/kg, EFI allerdings zurückhaltend).

Am Mittwoch wird der Höhentrog durch kurzwellige Anteile vom Nordatlantik her
regeneriert, sodass er seine Position kaum verändert. Das Bodentief verlagert
sich mit der weiter vorhandenen südwestlichen Strömung in die Nordsee. Es führt
weiter feucht-warme und labile Luft zu uns, in der weitere kräftige Schauer und
Gewitter zu erwarten sind. Insbesondere im Süden und Osten haben diese örtlich
wieder Unwetterpotenzial, zumal um den Trog herumlaufende Randtröge auch für
einen dynamischen Impuls sorgen. CAPE ist nach GFS mit Werten von 1000 bis 3000
Joule/kg erneut hoch, EFI liefert allerdings keine besonderen Signale.

Am Donnerstag bleiben wir noch auf der Vorderseite des Troges, der nun jedoch
langsam auf Deutschland zukommt. Mit dem Tiefdruckkomplex über der Nordsee und
dem Nordosten Deutschlands erfolgt mithilfe einer Kaltfront nun ein
Luftmassenaustausch. Infolgedessen wird die ehemals 10 bis 19 Grad warme Luft in
850 hPa durch 4 bis 9 Grad kalte Luft ersetzt. Mit dem anhaltenden zyklonalen
Einfluss treten weitere Schauer und Gewitter auf, deren Potenzial in der
kälteren Luft aber nicht mehr so hoch ist wie in den beiden Tagen zuvor.

Am Freitag greift der Trog auf Mitteleuropa über. Damit bleibt es unter
zyklonalen Verhältnissen (das Bodentief erreicht Südnorwegen) wechselhaft mit
weiteren Schauern und Gewittern bei moderaten 850 hPa-Temperaturen von 4 bis 8
Grad. Nach Norden hin sorgt der Gradient zudem für starken Wind.

In der erweiterten Mittelfrist ab Samstag zieht der Trog nach Osten ab, ihm
folgt aber vom Nordostatlantik rasch ein neuer nach. Damit ziehen wiederholt
Tiefausläufer über Deutschland hinweg, sodass das wechselhafte, überwiegend
kühle und teils windige Wetter erhalten bleibt.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des aktuellen EZMW-Laufs von 00 UTC zu seinen beiden gestrigen
Vorläufen kann nur bis Montag als hoch angesehen werden. Danach gibt es
zeitliche Diskrepanzen, die sich zum einen auf das Übergreifen des Bodentiefs am
Dienstag (nun etwa 6 bis 12 Stunden später) beziehen, zum anderen aber auch auf
den Luftmassenwechsel am Donnerstag (nun etwa 24 Stunden später). Damit ist
insbesondere am Mittwoch mit kräftigeren Schauern und Gewittern (örtlich
Unwetter möglich) zu rechnen als gestern noch angedacht. Nachfolgend gleichen
sich die Läufe wieder mehr oder weniger an, sieht man mal von den genauen
Details ab. Dabei setzen alle auf Trog- bzw. Tiefdruckeinfluss bei eher kühlen
Temperaturen (4 bis 9 Grad in 850 hPa) und teils windigen Verhältnissen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis zum Mittwoch sind sich EZMW, ICON und GFS recht einig mit der Einschätzung
der Wetterlage. Am Donnerstag treten beim Luftmassenwechsel, den auch ICON und
GFS zeigen, zeitliche Unterschiede auf. Am schnellsten ist GFS
(Donnerstagmittag), dann folgt das EZWM (Donnerstagabend), als letztes ICON
(Freitagmorgen). Anschließend ähneln sich die drei Modelle wieder stärker
(Trogeinfluss bei eher kühlen Temperaturen). Das GEM liefert dem EZMW sehr
ähnliche Ergebnisse, der Luftmassenwechsel erfolgt in der Nacht zum Freitag.
Beim NAVGEM liegt der Luftmassenwechsel zeitlich gleich mit dem GEM, allerdings
zeigt dieses Modell in den Tagen zuvor den Langwellentrog westlich von uns
deutlich schwächer. Damit wären das Schauer- und Gewitterrisiko sowie das
Unwetterpotenzial deutlich niedriger. CMA setzt den Luftmassenwechsel ebenfalls
für Freitagnacht an, davor ist es dem EZMW ähnlich. Danach berechnet das
chinesische Modell einen Rücken, der Zwischenhocheinfluss generieren würde,
bevor ab Sonntag ein neuer Trog die Wetterregie in Deutschland übernimmt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die 850 hPa-Temperatur-Rauchfahnen diverser deutscher Städte des EZMW-Ensembles
bestätigen einerseits das vom Hauptlauf entworfene Szenario mit dem Rückgang der
Temperatur und dem Luftmassenwechsel am Donnerstag, andererseits aber auch die
Unsicherheit bezüglich des genauen Ablauf des Geschehens von Dienstag bis
Donnerstag. So ist der Spread davor und danach eng, während er sich in den
genannten Tagen deutlich öffnet. Bei den 500 hPa-Geopotenzial-Rauchfahnen öffnet
sich der Spread ebenfalls ab Dienstag. Zum Ende bleibt er jedoch breit, wobei
sich Haupt- und Kontrolllauf im Bereich des Median am unteren Rand des Spektrums
befinden. Insofern ist der Trogeinfluss ab Freitag bis in die erweiterte
Mittelfrist keinesfalls sicher.

Die Clusteranalyse für t+120-168 (Mittwoch 00 UTC bis Freitag 00 UTC) liefert 4
Cluster (18, 16, 10 und 7 Mitglieder; Haupt- und Kontrolllauf in C2). Alle
zeigen den Langwellentrog, der allerdings räumlich in Details etwas anders
liegt. Das hat zur Folge, dass das Bodentief jeweils etwas unterschiedlich
positioniert wird. Nach C1 bis C3 liegt es so, dass der Luftmassenwechsel
erfolgt ist (am schnellsten ist C3). Nach C4 ist der Luftmassenwechsel noch
nicht abgeschlossen. Bei t+192-240 (Samstag 00 UTC bis Montag 00 UTC) gibt es
ebenfalls 4 Cluster (15, 12, 12 und 12 Mitglieder; Hauptlauf in C4, Kontrolllauf
in C3). Alle 4 Cluster setzten auf den Trogeinfluss, bei C3 und C4 kann sich
aber von Westen her ein Rücken bis nach Mitteleuropa vorschieben.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass mit guter Sicherheit nach ruhigem Beginn
am Montag ab Dienstag wechselhaftes und konvektiv geprägtes Wetter vorherrschen
wird, wobei die Temperaturen noch hoch liegen. Zum Donnerstag hin erfolgt ein
Luftmassenwechsel, dessen zeitliches Eintreffen jedoch etwas größeren
Unsicherheiten unterliegt. Spätestens am Freitag sollte die Umstellung dann
erfolgt sein, wobei die Temperaturen um etwa 5 bis 10 Kelvin sinken. Im weiteren
Verlauf setzt die Mehrzahl der Modelle auf Trogeinfluss bei meist kühlen
Temperaturen. Einige andere Lösungen (CMA, Clusteranalyse, Rauchfahnen) lassen
aber noch die Möglichkeit für wieder höhere Temperaturen bei steigendem
Geopotenzial bzw. Luftdruck offen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Beim Wind zeigt EFI am Montag erhöhte Wahrscheinlichkeiten für starke Böen an
der Ostsee, was auch von COSMO-LEPS durch Wahrscheinlichkeiten bis 50 % für
stürmische Böen Bft 8 getragen wird.

Beim Niederschlag sind beim EFI kaum Signale für stärkere
Niederschlagsereignisse vorhanden. Dennoch muss bei den Schauern und Gewittern
ab Dienstag lokal mit höheren Regenmengen bis in den Unwetterbereich gerechnet
werden. So werden von COSMO-LEPS und EZMW-EPS ab Dienstag zumindest geringe
Wahrscheinlichkeiten bis etwa 10 % für mehr als 25 l/qm in 12 Stunden geliefert.
Der meiste Regen dürfte dabei aber aufgrund der konvektiven Prägung innerhalb
kurzer Zeit fallen. Zudem können die Gewitter von stürmischen Böen und Hagel
begleitet werden.

Im Süden sind nach EFI außerdem am Montag noch überdurchschnittlich hohe
Temperaturen zu erwarten.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW, EZMW-MOS, EZMW-EPS. Zum Ende hin EZMW-lastig, da der
Luftmassenwechsel gut in der Mitte der Modelllösungen liegt und der nachfolgende
Trog auch von der Mehrzahl der Modelle getragen wird.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler