DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-06-2017 21:00
SXEU31 DWAV 211800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 21.06.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Schwere Gewitter am Donnerstag vor allem im Norden und in der Mitte
Deutschlands.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland vorderseitig eines westeuropäischen
Höhenrückens, der sich in der kommenden Nacht unter Abflachung seiner Amplitude
Richtung Süddeutschland bzw. Österreich verlagert. Dabei liegt Deutschland
insgesamt weiterhin in einer schwachen nordwestlichen Höhenströmung. Im
Bodendruckfeld kommt es allmählich zu einer Abschwächung des Hochdruckeinflusses
über Mitteleuropa und der Ausweitung einer Tiefdruckrinne von den Britischen
Inseln Richtung Benelux-Staaten. Die Warmfront eines Randtiefs nördlich von
Schottland rennt dabei eine heiße bis sehr heiße und teils auch labil
geschichtete Luftmasse im Süden Deutschlands von einer warmen aber zunächst eher
stabil geschichteten Luftmasse im Norden und in der Mitte.
In der kommenden Nacht greift zwar der Höhenrücken auf Deutschland über, aber
ein nachfolgender Kurzwellentrog erreicht England und die diesem Trog
vorgelagerte flache Tiefdruckrinne erfasst bis Donnerstagfrüh den Westen
Deutschlands. Da mit dieser Tiefdruckrinne die heiße und labile Luftmasse wieder
langsam nach Norden vorstößt, dürften sich im Zusammenspiel mit dem
nachfolgenden Trog die Voraussetzungen für eine Schwergewitterlage in der Mitte
und im Norden des Landes ergeben.

Donnerstag ... verlagert sich der Trog nach Osten und erreicht mit seiner Achse
abends die mittlere Nordsee und überquert in der Nacht zum Freitag den Norden
und die Mitte Deutschlands nach Osten. Entsprechend lange liegt unser Gebiet
noch auf der Vorderseite des Höhenrückens bzw. in dessen Achsenbereich.
Allerdings verlagert sich auch die Tiefdruckrinne am Boden nach Deutschland
hinein und insgesamt liegen wir dann im Warmsektor eines Tiefs bei Island, wobei
sich die instabile und schwül-heiße Luftmasse wieder nach Norddeutschland
ausbreitet. Cape steigt dabei im Norden auf bis 2000 J/kg, der Wassergehalt geht
auf bis 40 mm hoch, zudem nehmen die Windgeschwindigkeiten zu und die Scherung
sowohl DLS als auch LLS steigen stark an, überlappen sich aber zum Teil aber
nicht ideal. Obwohl der KW Trog erst abends den Nordwesten erreicht, sorgen
vorlaufende kurzwellige Troganteile schon tagsüber im Norden für einen gewissen
Hebungsantrieb, der aber auch aus dem teilweise konvergenten Bodendruckfeld
(siehe Bodenkonvergenz im Warmsektor) geliefert wird. Auch wenn die
Rahmenbedingungen seitens des Höhenfeldes nicht wirklich ideal sind -der Rücken
muss erst abziehen und der Trog folgt dann abends- sollten sich im Tagesverlauf
vor allem über dem Norden, teilweise auch über der Mitte schwerpunktmäßig an der
Konvergenz (eventuell an mehreren Konvergenzen) teils starke Gewitter bilden,
die dann nicht mehr nur mit Starkregen, sondern auch mit größerem Hagel und
schweren Sturmböen verbunden sein können. C DE EPS liefert auch Signale für
Orkanböen! Dabei steigt die Unwettergefahr deutlich an. Bis es soweit ist, kann
es aber bis in den Spätnachmittag und Abend dauern, da die Labilität teilweise
stark gedeckelt ist.
Zuvor überquert aber schon ausgangs der Nacht und tagsüber ein an die WLA der
Warmfront geknüpftes Hebungsgebiet mit teils skaligen Niederschlägen den Norden,
die am rückwärtigen Rand zunehmend schauerartig und gewittrig (MU CAPE ist
vorhanden) werden können. Auch hier gibt es seitens der Ensembleprodukte, aber
auch seitens deterministischer Outputs Signale für Starkregen, teils 6h.
Im Süden bilden sich bei fehlender Scherung und geringeren Windgeschwindigkeiten
in der Höhe Einzelzellen, die aber ein gewisses Unwetterpotential (eher
Starkregen, Hagel) mitbringen. Dort sollte man das Wort Schwergewitterlage nicht
in den Mund nehmen, für den Norden, mit Abstrichen für die Mitte trifft dies
schon zu.
Der auf westliche Richtungen drehende Wind frischt über dem Westen, Nordwesten
und der Mitte auf mit einzelnen starken Böen, exponiert im höheren Bergland
stürmischen Böen.
Die Kaltfront des Tiefs erreicht abends den Nordwesten und überquert in der
Nacht zum Freitag den größten Teil unseres Landes nach Südosten. Die Front ist
zwar schon von KLA überlaufen, entsprechend schon deutlich weniger labil, aber
günstig vor dem Trog positioniert, so dass damit in Verbindung erneut Schauer
und teils starke Gewitter den Norden und die Mitte überqueren. Nur der Süden und
Südosten liegen auch ausgangs der Nacht noch in der schwülwarmen Luftmasse, in
die anderen Gebieten fließt von Nordwesten eine moderater temperierte und
stabiler geschichtete Luft ein, in der sich das Wetter von Nordwesten her
beruhigt. Auch abseits der Gewitter sind mit Frontpassage starke Böen möglich,
im Bergland und im Süden (Leitplankeneffekt) auch stürmische Böen. Auf
exponierten Bergen kann es auch Sturmböen geben.


Freitag ... folgt dem abziehenden Trog zunächst ein flacher Rücken, wonach sich
eine recht glatte westliche Strömung einstellt.
Aus dem äußersten Süden wird die instabile Warmluft nicht verdrängt, so dass
dort im Tagesverlauf wieder Schauer und Gewitter zu erwarten sind, meist
markant, vereinzelt aber mit Unwetterpotential durch Starkregen und Hagel.
Ansonsten steht ein ruhiger Tag an, nachdem die letzten, teils gewittrigen
Niederschläge auch aus dem äußersten Osten abgezogen sind. Im Norden nähert sich
aber rasch ein nächstes Frontensystem, das zu einem neue Tief zwischen
Schottland und Island gehört. Es greift mit kompakterer Bewölkung auf den Norden
über, abends und nachts folgt dann über die Nordsee leichter Regen, der auf den
Norden übergreift. Dabei frischt auch der Wind wieder auf. An den Küsten sowie
in freien Lagen nach Südosten hin sind Windböen zu erwarten, im höheren Bergland
stürmische Böen, vereinzelt Sturmböen aus westlichen Richtungen.
Vor allem im Norden gehen die Temperaturen wieder zurück, über der Mitte und dem
Süden bleibt die Luft sehr warm mit Maxima zwischen 27 und 33 Grad.

Samstag ... Zu Beginn des Mittelfristzeitraumes, am Samstag, hat sich über dem
Vorhersagebereich eine Westlage eingestellt, die vor allem über Norddeutschland
leicht zyklonal geprägt ist. Ein Höhentrog bleibt dabei mit seinem Drehzentrum
im Seegebiet bei den Färöer-Inseln weitgehend stationär.
Das korrespondierende Bodentief zieht vom Seegebiet nördlich Schottlands nach
Südnorwegen und füllt sich im weiteren Verlauf allmählich auf. Die zugehörige
Kaltfront greift mit leichten Regenfällen bzw. einzelnen Schauern am Samstag auf
den Nordwesten Deutschlands über, kommt aber mangels Schubkomponente nur sehr
langsam südostwärts voran. Ihr folgt ein Schwall subpolarer Meeresluft mit
Temperaturen zwischen 5 und 10 Grad in 850 hPa. Über Süddeutschland dominiert
noch antizyklonaler Einfluss, wobei von Südwesten her eine subtropische
Luftmasse mit Temperaturen zwischen 12 und 16 Grad in 850 hPa advehiert wird.
Diese ist potentiell instabil, aufgrund des antizyklonalen Einflusses dürfte es
aber lediglich vereinzelte Gewitter geben, die am ehesten an den Alpen bzw. im
Alpenvorland entstehen.
Warnwürdiges Wetter ist außer Gewittern am Alpenrand kaum zu erwarten. Auf den
Berggipfeln und an der Küste kann es zu starken bis stürmischen Böen kommen. Die
Höchsttemperaturen erreichen Werte zwischen 19 und 24 Grad im Norden sowie 25
bis 31 Grad im Süden.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die großräumigen Strukturen weitgehend ähnlich. ICON hat
sich den anderen Modellen (GFS, ECM) angeglichen. Die Voraussetzungen für
Schwergewitter sind weiterhin gegeben, aber nicht mehr so stark ausgeprägt, wie
gestern angenommen (siehe Text), dennoch bleibt die Lage durch die sehr labile,
feuchte Luft in gewisser Hinsicht "explosiv". Angesichts der Unsicherheiten
bezüglich der Ausbreitung der Gewitter und des zeitlichen Ablaufs wird die
Ausgabe der Vorabinfo zunächst verschoben, in der Hoffnung durch beispielweise
neuere COSMO-DE Läufe einen genaueren Rahmen abstecken zu können.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Stefan Külzer