DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-06-2017 09:00
SXEU31 DWAV 210800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 21.06.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
West

Heute im Süden einzelne Gewitter, meist markant. Am Donnerstag und in der Nacht
zum Freitag im Norden und der Mitte Schwergewitterlage möglich.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... liegen wir vorderseitig eines Höhenrückens, der sich über Westeuropa
nähert, in einer nordwestlichen Höhenströmung. Dabei verschiebt sich die
Bodenhochdruckzone etwas nach Südosten und schwächt sich ab, während sich in der
über Westeuropa liegenden Warmluft eine flache Tiefdruckzone entwickelt.
Die bis zur Mitte vorangekommene Luftmassengrenze kommt dabei im Tagesverlauf
als Warmfront langsam wieder nach Norden voran, so dass die gemäßigte Warmluft
hauptsächlich im Norden und Nordosten wirksam bleibt, in den anderen Gebieten
aber eine sehr warme bis heiße Luft subtropischen Ursprungs gelangt.
Da die schwachgradientige Situation über Mitteleuropa bestehen bleibt und
großräumiges Absinken zunächst keine nennenswerte Quellbewölkung entstehen
lässt, sind die Voraussetzungen für eine weitere Aufheizung gegeben. Bei
zunehmender Feuchte wird es dabei im Westen und Süden zunehmend schwül und CAPE
steigt im Südwesten und Süden auf 500 bis 1000 J/kg, im Süden teilweise deutlich
darüber. Die Auslösetemperatur von meist deutlich mehr als 30 Grad wird nur mit
Mühe erreicht und da auch keine Hebungsantriebe erkennbar sind müssen der
Tagesgang und die Orografie für die Gewitterbildung herhalten. Die aktuell noch
vorhandenen Gewitter sollten sich somit im Verlauf des Vormittags abschwächen,
um dann am Mittag und Nachmittag wieder, ausgehend vom Bergland aufzuleben.
Bei geringer Scherung und insgesamt niedrigen Windgeschwindigkeiten bilden sich
Einzelzellen, die mit Starkregen und kleinkörnigem Hagel verbunden sein können.
Unwetterartige Entwicklungen sind zwar wenig wahrscheinlich, aber nicht ganz
auszuschließen.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen im Norden in Abhängigkeit von der
Entfernung zur Küste 17 bis 24, in den mittleren Gebieten 25 bis 30 und im
Westen und Süden 29 bis 35 Grad, wobei die höchsten Werte am Oberrhein sowie an

dessen Nebenflüssen zu erwarten sind.
In der Nacht zum Donnerstag greift der Höhenrücken auf Deutschland über, der
nachfolgende Kurzwellentrog erreicht England. Die diesem Trog vorgelagerte
flache Tiefdruckrinne erfasst bis Donnerstagfrüh den Westen Deutschlands. Mit
dieser Tiefdruckrinne stößt feuchtwarme Luft nach Deutschland vor, was im
Zusammenspiel mit dem nachfolgenden Trog die Voraussetzungen für eine
Schwergewitterlage ergibt.


Donnerstag... verlagert sich der Trog - im ICON deutlich langsamer als gestern
noch simuliert - nach Osten und erreicht mit seiner Achse abends die mittlere
Nordsee und überquert in der Nacht zum Freitag den Norden und die Mitte
Deutschlands nach Osten. Entsprechend lange liegt unser Gebiet noch auf der
Vorderseite des Höhenrückens bzw. in dessen Achsenbereich. Allerdings verlagert
sich auch die Tiefdruckrinne am Boden nach Deutschland hinein und insgesamt
liegen wir dann im Warmsektor eines Tiefs bei Island, wobei sich die instabile
und schwül-heiße Luftmasse wieder nach Norddeutschland ausbreitet. Cape steigt
dabei im Norden auf bis 2000 J/kg, der Wassergehalt geht auf bis 40 mm hoch,
zudem nehmen die Windgeschwindigkeiten zu und die Scherung sowohl DLS als auch
LLS steigen stark an, überlappen sich aber zum Teil aber nicht ideal. Obwohl der
KW Trog erst abends den Nordwesten erreicht, sorgen vorlaufende kurzwellige
Troganteile schon tagsüber im Norden für einen gewissen Hebungsantrieb, der aber
auch aus dem teilweise konvergenten Bodendruckfeld (siehe Bodenkonvergenz im
Warmsektor) geliefert wird. Auch wenn die Rahmenbedingungen seitens des
Höhenfeldes nicht mehr ideal sind, der Rücken muss erst durch und der Trog folgt
dann abends, sollten sich im Tagesverlauf vor allem über dem Norden, teilweise
auch über der Mitte schwerpunktmäßig an der Konvergenz (eventuell an mehreren
Komvergenzen) teils starke Gewitter bilden, die dann nicht mehr nur mit
Starkregen, sondern auch mit größerem Hagel und schweren Sturmböen verbunden
sein können. C DE EPS liefert auch Signale für Orkanböen! Dabei steigt die
Unwettergefahr deutlich an. Bis es soweit ist, kann es aber bis in den
Spätnachmittag und Abend dauern, da die Labilität teilweise stark gedeckelt ist.

Zuvor überquert aber schon ausgangs der Nacht und tagsüber ein an die WLA der
Warmfront geknüpftes Hebungsgebiet mit teils skaligen Niederschlägen den Norden,
die am rückwärtigen Rand zunehmend schauerartig und gewittrig (MU CAPE ist
vorhanden) werden können. Auch hier gibt es seitens der Ensembleprodukte, aber
auch seitens deterministischer Outputs Signale für Starkregen, teils 6h.
Im Süden bilden sich bei fehlender Scherung und geringeren Windgeschwindigkeiten
in der Höhe Einzelzellen, die aber ein gewisses Unwetterpotential (eher
Starkregen, Hagel) mitbringen. Dort sollte man das Wort Schwergewitterlage nicht
in den Mund nehmen, für den Norden, mit Abstrichen für die Mitte trifft dies
schon zu.
Der auf westliche Richtungen drehende Wind frischt über dem Westen, Nordwesten
und der Mitte auf mit einzelnen starken Böen, exponiert im höheren Bergland
stürmischen Böen.
Die Kaltfront des Tiefs erreicht abends den Nordwesten und überquert in der
Nacht zum Freitag den größten Teil unseres Landes nach Südosten. Die Front ist
zwar schon von KLA überlaufen, entsprechend schon deutlich weniger labil, aber
günstig vor dem Trog positioniert, so dass damit in Verbindung erneut Schauer
und teils starke Gewitter den Norden und die Mitte überqueren. Nur der Süden und
Südosten liegen auch ausgangs der Nacht noch in der schwülwarmen Luftmasse, in
die anderen Gebieten fließt von Nordwesten eine moderater temperierte und
stabiler geschichtete Luft ein, in der sich das Wetter von Nordwesten her
beruhigt. Auch abseits der Gewitter sind mit Frontpassage starke Böen möglich,
im Bergland und im Süden (Leitplankeneffekt) auch stürmische Böen. Auf
exponierten Bergen kann es auch Sturmböen geben.

Freitag... folgt dem abziehenden Trog zunächst ein flacher Rücken, wonach sich
eine recht glatte westliche Strömung einstellt.
Aus dem äußersten Süden wird die instabile Warmluft nicht verdrängt, so dass
dort im Tagesverlauf wieder Schauer und Gewitter zu erwarten sind, meist
markant, vereinzelt aber mit Unwetterpotential durch Starkregen und Hagel.
Ansonsten steht ein ruhiger Tag an, nachdem die letzten, teils gewittrigen
Niederschläge auch aus dem äußersten Osten abgezogen sind. Im Norden nähert sich
aber rasch ein nächstes Frontensystem, das zu einem neue Tief zwischen
Schottland und Island gehört. Es greift mit kompakterer Bewölkung auf den Norden
über, abends und nachts folgt dann über die Nordsee leichter Regen, der auf den
Norden übergreift. Dabei frischt auch der Wind wieder auf. An den Küsten sowie
in freien Lagen nach Südosten hin sind Windböen zu erwarten, im höheren Bergland
stürmische Böen, vereinzelt Sturmböen aus westlichen Richtungen.
Vor allem im Norden gehen die Temperaturen wieder zurück, über der Mitte und dem
Süden bleibt die Luft sehr warm mit Maxima zwischen 27 und 33 Grad.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren im großen Scale weitgehend ähnlich. ICON hat sich in
seiner Inkonsistenz nun den anderen Modellen (GFS, ECM) angeglichen. Die
Voraussetzungen für Schwergewitter sind nicht mehr ganz so "gut", wie gestern
angenommen (siehe Text), dennoch bleibt die Lage durch die sehr labile, feuchte
Luft in gewisser Hinsicht "explosiv". Angesichts der Unsicherheiten bezüglich
der Ausbreitung der Gewitter und des zeitlichen Ablaufs wird die Ausgabe der
Vorabinfo zunächst verschoben, in der Hoffnung heute Abend einen genaueren
Rahmen abstecken zu können.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner