DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

20-06-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 20.06.2017 um 10.30 UTC



Im Norden leicht wechselhaft und kühler, nach Süden unter Hochdruckeinfluss
zunächst freundlich und meist trocken, weiter warm bis heiß. Ab Montag auch im
Norden wieder wärmer, insgesamt vermehrt Schauer und teils kräftige Gewitter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 27.06.2017


Zu Beginn des mittelfristigen Vorhersagezeitraumes am Freitag ist der
Kurzwellentrog, der am Donnerstag und noch in der Nacht zum Freitag mit
erheblichem Gewitterpotenzial vor allem über die Nordhälfte Deutschlands gezogen
ist, weitestgehend nach Polen abgezogen. Nachfolgend steigt von Südwesten her
wieder der Luftdruck. Der westeuropäische Höhenkeil bleibt aber relativ flach,
so dass sich über Deutschland eine weitgehend zonale Höhenströmung einstellt. In
den Norden schleift im späteren Tagesverlauf allmählich die Kaltfront eines
Tiefs, das sich von der nördlichen Nordsee langsam in Richtung Skandinavien
verlagert. Damit kommt Bewölkung auf und gelegentlich kann auch leichter Regen
dabei sein. In den Norden ist zudem etwas kühlere Luft mit 850 hPa-Temperaturen
zwischen 6 und 10 Grad eingeflossen. Der Süden verbleibt in der sehr warmen
Luftmasse mit bis zu 17/18 Grad in 850 hPa am Alpenrand. Dort fehlt zwar der
dynamische Antrieb, orografisch können allerdings einzelne Gewitter ausgelöst
werden.

Am Samstag befindet sich über dem Norden weiterhin die bereits erwähnte
Kaltfront, nach wie vor liegt diese weitgehend parallel zur Höhenströmung und
kommt daher nur zögerlich südwärts voran. In der Nordhälfte überwiegt stärkere
Bewölkung mit gelegentlichem Regen, nach Süden herrscht höherer Luftdruck und
freundliches sowie weiterhin sommerlich warmes bis heißes Wetter (850
hPa-Temperaturen südlich der Donau weiterhin bei mehr als 15 Grad). Vereinzelte
Wärmegewitter sollten sich auf inneralpine Bereiche bzw. den unmittelbaren
Alpenrand beschränken, meist bleibt es in der Südhälfte Deutschlands trocken.

Am Sonntag ändert sich wenig an der Konstellation: Der Norden ist durch einen
flache Tiefdruckzone über Skandinavien leicht zyklonal beeinflusst. Es ist
überwiegend bewölkt und gelegentlich kann es leicht regnen. Die 850
hPa-Temperaturen liegen zwischen 5 und 10 Grad und damit die Höchsttemperaturen
um oder sogar leicht unter 20 Grad. Im Süden herrscht höherer Luftdruck und
überwiegend freundliches, teils sonniges Wetter. Es bleibt weitgehend trocken
und die Höchsttemperaturen liegen weiter im sommerlichen Bereich bei bis zu 31
Grad entlang Ober- und Hochrhein. Über Westeuropa kommt es zunehmend zu einer
markanteren Austrogung.

Am Montag setzt sich die Austrogung über dem nahen Ostatlantik bzw. Westeuropa
fort, so dass die Strömung mehr und mehr auf Südwest bis Süd dreht. Damit
gelangt von Südwesten erneut wärmere, teils auch heiße Luft ins
Vorhersagegebiet. Im Norden wird die 5 Grad-Isotherme in 850 hPa wieder aus
Deutschlands verdrängt, im Süden werden teils 850 hPa-Temperaturen von 20 bis 22
Grad erwartet. Im Tagesverlauf greift zudem allmählich die Trogvorderseite auf
die westlichen Landesteile über und der hohe Luftdruck wird ostwärts abgedrängt.
Die Kombination aus heißer, labiler Luftmasse und dem dynamischen Antrieb der
Trogvorderseite bzw. eines möglicherweise auf der Vorderseite ablaufenden
Randtroges dürfte im Tagesverlauf von Westen her zu einer regen
Gewittertätigkeit, teils auch mit Unwetterpotenzial, führen.

Am Dienstag liegt dann das gesamte Vorhersagegebiet auf der Vorderseite des
Troges, der unter Verkürzung seiner Wellenlänge ostwärts vorankommt. Am Boden
hat sich eine Tiefdruckrinne über Deutschland etabliert. Daher muss erneut
relativ verbreitet mit Schauern und teils kräftigen Gewittern gerechnet werden.

Im erweiterten Mittelfristzeitraum deutet sich unter Trogeinfluss eher
wechselhaftes Wetter auf voraussichtlich nicht mehr so hohem Temperaturniveau
an.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz der letzten EZMW-Modellläufe ist bereits ab Samstag nicht so gut.

Zu Beginn des Mittelfristzeitraumes am Freitag zeigen sich in den Basisfeldern
keine wesentlichen Unterschiede. Am Samstag jedoch zeigen sowohl der aktuelle 00
UTC-Lauf als auch sein Vorgänger vom gestrigen Montag 12 UTC eine doch etwas
andere Lösung als der gestrige 00 UTC-Lauf. Das Frontensystem eines Tiefs, das
von der nördlichen Nordsee in Richtung Skandinavien zieht, erreicht den Norden
Deutschlands - das beginnt schon im Verlauf des Freitagabends. Die
Wetterwirksamkeit der Front nimmt nach Süden hin aber mehr und mehr ab, sie
liegt in etwa strömungsparallel zur weitgehend zonalen Höhenströmung. Der
gestrige 00 UTC-Lauf zeigte noch die Entstehung eines kurzwelligen Troges über
den Britischen Inseln, also eine deutlich weniger zonale Strömung. Damit wurde
die Kaltfront zwar etwas zurückgehalten/verzögert, kam dann aber mehr von
Nordwesten als von Norden nach Deutschland hinein. Die Wetterwirksamkeit für den
Norden bis in die Mitte und auch das Vorankommen der etwas kühleren Luftmasse
war etwas stärker ausgeprägt.

Am Sonntag kommt es in allen vorliegenden EZMW-Läufen zu einer markanteren
Austrogung über dem nahen Ostatlantik bzw. Westeuropa - die Unterschiede
zwischen den Läufen werden wieder geringer, es bestehen aber naturgemäß auch an
den Folgetagen gewisse Phasen- und Timingunterschiede.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Das Verhalten des Kurzwellentroges, der in der Nacht zum Freitag (also zu Beginn
der Mittelfrist) ja bereits abziehen soll, wird von ICON und GFS etwas
unterschiedlich zur EZMW-Lösung behandelt wird. GFS steuert die Kurzwelle z.B.
sehr viel schneller ostwärts.

Im weiteren Verlauf der Mittelfrist ergeben sich bei der Betrachtung von EZMW,
GFS und ICON keine anderen Grundstrukturen, GFS und ICON stützen demnach die
Lösung des EZWM. Auch die avisierte Trogvorderseite zum Montag/Dienstag haben
ICON und GFS ähnlich im Programm, mit naturgegebenen Phasen- und
Timingunterschieden. Insgesamt deutet sich bei GFS und ICON im Vergleich zum
aktuellen EZMW-Lauf ein etwas schnellerer Ablauf an.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse des EZMW liefert für den ersten Vorhersagezeitraum von
Freitag und Samstag (+72 bis +96 h) 3 Cluster mit 21, 20 und 10 Membern. Haupt-
und Kontrolllauf werden in Cluster 2 eingeordnet. Cluster 1 und 2, also
insgesamt 41 Member, zeigen dabei die weitgehend zonale Höhenströmung mit
höheren Geopotenzial nach Süden. Die Lösung des operationellen Laufes steht
demnach auf recht stabilen Füßen. Lediglich Cluster 3 mit 10 Membern lässt den
west- bzw. mitteleuropäischen Höhentrog etwas weiter aufwölben, demnach würde
sich das Wetter auch im Norden etwas freundlicher gestalten. Diese Lösung
scheint aber nicht sehr wahrscheinlich zu sein.
Auch im Folgeintervall von Sonntag bis Dienstag (+120 bis +168 h) gibt es 3
Cluster mit 24, 20 und 7 Membern, Haupt- und Kontrolllauf werden in Cluster 1
einsortiert, der den Trog über Westeuropa und dessen Übergreifen auf unser
Vorhersagegebiet am markantesten vorhersagt. Cluster 3 mit 7 Membern hat den
Trog etwas flacher, Cluster 2 mit 20 Membern deutlich flacher im Programm.
Demnach verbliebe der Süden unter höherem Potenzial, ob das aber in Anbetracht
der dort vorhandenen, potenziell konvektionsauslösenden Orografie zu einer
geringeren Gewittertätigkeit am Montag und Dienstag als im Hauptlauf führt,
bleibt fraglich.
Im erweiterten Mittelfristzeitraum von Mittwoch bis Freitag (+192 bis +240 h)
werden erneut 3 Cluster (mit 23, 22 und 6 Membern) erstellt. Haupt- und
Kontrolllauf werden in Cluster 2 eingereiht. Die beiden mit insgesamt 45 Membern
besetzten Cluster zeigen im Detail zwar unterschiedliche Lösungen, insgesamt
aber einen Übergang zu einer zyklonal geprägten und damit eher wechselhaften
Wetterlage. Cluster 3 zeigt die Regeneration eines zwar relativ flachen Keils,
der aber dennoch zumindest für den Süden hohes Potenzial bedeuten würde. Auch
der Norden würde davon noch etwas profitieren. In Anbetracht von lediglich 6
Membern scheint diese Lösung zumindest bisher aber nicht sehr wahrscheinlich.

Die Rauchfahne am Beispiel von Offenbach ist zu Beginn der Mittelfrist sowohl in
punkto 850 hPa-Temperatur als auch beim Geopotenzial recht gut gebündelt, ab
Samstag nimmt der Spread etwas und dann kontinuierlich weiter zu. Dabei nimmt
das Geopotenzial eigentlich kontinuierlich ab, wenn man den Mittelwert bzw. das
Ensemblemean betrachtet, Haupt- und Kontrolllauf sind dabei eher im oberen
Drittel der verfügbaren Lösungen. Auch bei der Temperatur in 850 hPa befinden
sich Haupt- und Kontrolllauf auf der wärmeren Seite der möglichen Lösungen, vor
allem am Montag und auch in der erweiterten Mittelfrist. Gesichert scheint aber
ein Temperaturhöhepunkt am Donnerstag (in der Kurzfrist), dann ein leichter
Temperaturrückgang auf Werte um 12 Grad in 850 hPa sowie ein erneuter
Warmluftvorstoß zum Montag/Dienstag. Nachfolgend setzt die Mehrzahl der Member
auf ein eher niedrigeres Temperaturniveau zwischen 6 und 10 Grad, Haupt- und
Kontrolllauf gehen nach einem kurzen Dämpfer Dienstag/Mittwoch wieder auf Werte
um 18 Grad.
Auch beim Niederschlag gibt es keine Überraschungen: Ein
Niederschlagsschwerpunkt zum Donnerstag (Kurzfrist) und in der Nacht zum
Freitag, dann abnehmendes Niederschlagsrisiko, ab Montag dann wieder zunehmende
Niederschlagssignale.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Zunächst nur einzelne Gewitter vor allem inneralpin bzw. am unmittelbaren
Alpenrand, die lokal aber auch unwetterartig ausfallen können. Der Fokus dürfte
auf dem Starkregen und größerem Hagel liegen. Ab Montag allgemein zunehmende
Gewittertätigkeit, Unwetter dabei wahrscheinlich. Aufgrund der eher räumlich
begrenzten Ausdehnung keine Signale im EFI, leichte Hinweise auf Starkregen im
EZMW-EPS der 12-stündigen Niederschlagsmenge.

Vor allem im Süden teils anhaltende, hohe Wärmebelastung. Dies wird auch vom EFI
gestützt, der im Süden, teils im äußersten Süden und Südosten, zum Montag aber
auch wieder eher allgemeiner im Süden "überdurchschnittlich" hohe Temperaturen
andeutet. Auch bei den Minimumtemperaturen zeigt EFI Überschreitungen des
Klimamittels, Tropfennächte sind es aber wahrscheinlich meist nicht, am ehesten
in der Nacht zum Freitag in größeren Städten Süddeutschlands.

Freitag und Samstag in Küstennähe und auf exponierten Gipfeln starke bis
stürmische Böen wahrscheinlich.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW, EZMW-EPS, EZMW-MOS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Sabine Krüger