DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-06-2017 09:00
SXEU31 DWAV 130800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 13.06.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HM, Donnerstag Übergang zu NWz
Heute im Nordosten windig, an der Ostsee stürmische Böen. Donnerstag teils
kräftige Gewitter, Unwetter vor allem im Süden und Südwesten nicht
ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... befindet sich der Vorhersagebereich auf der Vorderseite eines
flachen Höhenrückens über den Britischen Inseln bzw. der westlichen Nordsee
unterhalb einer recht glatt konturierten west-nordwestlichen Höhenströmung. Bis
Mittwoch, 00 UTC kommt der Rücken nur schleppend nach Osten voran, gleichzeitig
verlagert ein nordeuropäischer Höhentrog sein Drehzentrum ebenfalls nur zögernd
vom Finnischen Meerbusen Richtung Nordwestrussland, so dass die Höhenströmung
über Deutschland ein wenig auffächert. Hebungsprozesse sind keine auszumachen -
im Gegenteil - mitteltroposphärisch dominiert eher Absinken, woraus eine
Absinkinversion in etwa 700 hPa über Nordostdeutschland und 850 hPa über dem
Südwesten resultiert.
Das mit dem Trog korrespondierende Bodentief über Südfinnland verlagert sich im
Tagesverlauf allmählich Richtung Nordwestrussland. Gleichzeitig verbleiben der
Süden und Westen des Landes im Einflussbereich eines Hochdruckgebietes über
Nordfrankreich, das seinen Schwerpunkt bis Mittwoch, 00 UTC nach Westdeutschland
verlagert. Insgesamt bleibt der Druckgradient über Nordostdeutschland somit
zunächst noch recht scharf ausgeprägt und beginnt erst in den späten
Nachmittags- bzw. Abendstunden aufzufächern.
Mit der aufgrund der diabatischen Erwärmung im Tagesverlauf zunehmend labilen
Grundschicht frischt der Wind im Norden und Osten auch im Binnenland somit
wieder deutlich aus Nordwest auf. An den Küsten gibt es bereits aus der Nacht
heraus steife, entlang der Ostseeküste stürmische Böen (Bft 7 bis 8). Ab den
Vormittagsstunden wird das dann auch im Binnenland Nordostdeutschlands
vielerorts der Fall sein, auf exponierten Gipfeln von Harz und Erzgebirge sind
ebenfalls stürmische Böen möglich. Im Laufe des späten Nachmittags und Abends
nimmt der Wind von Südwesten her allmählich wieder ab.
Das war es dann aber auch schon mit warnrelevanten Wettererscheinungen im
Vorhersagegebiet. Zwar gelangt von Nordwesten her niedertroposphärisch recht
feuchte Nordseeluft nach Nord- und Ostdeutschland, so dass es vielerorts stärker
bewölkt bleibt, mangels Mächtigkeit der feuchten Schicht (bis maximal 700 hPa)
reicht es aber maximal für kurze "Nieselregenschauer", von denen ECMWF und GFS
mehr in petto haben als ICON-EU, für mehr als 0,5 bis 1 mm in 12 Stunden sollte
es aber nirgendwo reichen.
Im Süden und Südwesten dominiert dagegen unter Hochdruckeinfluss sonniges Wetter
mit nur flachen Quellwolken im Tagesverlauf. Etwas höher wachsen können die
Quellwolken am ehesten noch an den Alpen und im Südschwarzwald, für Schauer oder
gar Gewitter sollte es aber auch dort nicht reichen. Im Tagesverlauf, vor allem
zum Nachmittag und Abend hin, setzt sich dann auch im Norden und Osten
allmählich häufiger die Sonne durch.
Die Höchsttemperaturen erreichen dort allerdings nur Werte zwischen 17 und 22
Grad, während es im Westen und Süden mit 21 bis 26 Grad angenehm warm wird, am
Hochrhein sind eventuell auch schon bis zu 28 Grad möglich.

Die Nacht zum Mittwoch verläuft unspektakulär. Das Hoch verlagert seinen
Schwerpunkt nach Nordwestdeutschland, so dass es auch im Norden vielerorts
aufklart und nur im Nordosten noch gebietsweise dichter bewölkt bleibt.
Gebietsweise kann sich bei längerem Aufklaren Nebel bilden.
Im Süden und Südwesten verstärkt sich vorderseitig eines nach Westfrankreich
schwenkenden flachen Kurzwellentroges die WLA ein wenig, was den Aufzug etwas
dichterer hoher bzw. mittelhoher Bewölkung zur Folge hat. Der Wind im Nordosten
schwächt sich weiter ab, zuletzt entlang der Ostseeküste. Insgesamt steht noch
einmal eine recht frische Nacht ins Haus, vor allem im Norden und in der Mitte
des Landes sind vielerorts einstellige Tiefstwerte zu erwarten.

Mittwoch... "unterläuft" der flache Kurzwellentrog den Höhenrücken und verlagert
sich bis Donnerstag, 00 UTC über Ostfrankreich bis nach Norditalien. Der
Höhenrücken selbst wölbt sich aufgrund von WLA auf der Vorderseite eines
nordatlantischen Höhentroges ein wenig nach Norden auf und kommt etwas nach
Osten voran, Donnerstag, 00 UTC befindet sich dessen Achse in 300 und 500 hPa
über der östlichen Nordsee.
Das flache Bodenhoch über Norddeutschland verlagert seinen Schwerpunkt
allmählich südostwärts, an dessen Südflanke kann sich eine flache Tiefdruckrinne
von Frankreich her bis nach Südwestdeutschland bzw. ins Alpenvorland ausweiten.
Dorthin gelangt somit auch eine potentiell instabile Luftmasse (bis 600 J/kg
ML-Cape nach ICON-EU, GFS simuliert etwas mehr, dazu PPW-Werte um 30 mm), die
aber aufgrund der WLA noch ziemlich stark gedeckelt ist. Dennoch könnte es -
orographisch getriggert - zur Auslöse reichen, am ehesten im Südschwarzwald und
an den Alpen, wo auch COSMO-DE von 03 UTC ab etwa 17 UTC einzelne Gewitter
simuliert. Als Begleiterscheinungen sind vor allem Starkregen (bis 25 mm in
kurzer Zeit, mehr, also Unwetter, nicht komplett ausgeschlossen) und
kleinkörniger Hagel denkbar.
Im großen Rest des Landes dominiert aber noch der antizyklonale Einfluss. Im
Nordosten bilden sich im Tagesverlauf erneut flache Quellwolken, die die
Einstrahlung etwas dämpfen, im Süden macht sich "Warmluftwolkengedöns" in Form
etwas dichterer hoher und mittelhoher Wolkenfelder breit. Ansonsten scheint aber
vielerorts die Sonne. Die Erwärmung macht weitere Fortschritte, die Temperatur
in 850 hPa steigt auf Werte zwischen 7 Grad im Nordosten und 15 Grad im
Südwesten. Entsprechend sind im Norden und Osten Höchstwerte zwischen 19 und 24
Grad zu erwarten, im Süden und Westen dagegen sommerliche 23 bis 28 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich der Schwerpunkt des Hochs nach
Tschechien und von Südwesten her kann die feuchtere und potentiell instabile
Luftmasse im Süden des Landes etwas nach Norden an Raum gewinnen. Vor allem
ICON-EU lässt in Oberschwaben und im südlichen Alpenvorland eine rege Schauer-
und Gewittertätigkeit in Gang kommen und simuliert zwölfstündige Mengen bis an
die 30 mm (westliches Oberallgäu), während GFS und ECMWF sowie die gängigen
Regionalmodelle (Hirlam, Arpege, Arome...) so gut wie nichts davon wissen wollen.
Auch COSMO-DE gibt Signale, am ehesten im Schwarzwald und an den Alpen, aber
nicht so verbreitet wie das ICON-EU.
Im Rest des Landes verläuft die Nacht ruhig und vor allem im Norden und in der
Mitte auch vielerorts gering bewölkt oder klar. Ganz vereinzelt kann sich Nebel
bilden. Erneut steht dort eine recht frische Nacht ins Haus, während die Werte
im südlichen Baden-Württemberg wohl kaum unter 15 Grad sinken.

Donnerstag... nimmt der Höhenrücken etwas Fahrt auf und verlagert sich bis
Freitag, 00 UTC mit seiner Achse über das Vorhersagegebiet hinweg bis nach
Südschweden bzw. Westpolen und Tschechien. Der Höhentrog über dem nahen
Nordostatlantik kommt ebenfalls nach Osten voran und greift in der Nacht zum
Freitag auf den Westen Deutschlands über. Vorderseitig setzen im Laufe des
Nachmittags und Abend über dem Vorhersagegebiet verstärkt auch PVA-induzierte
Hebungsprozesse ein.
Im Bodenfeld schwächt sich das flache Hochdruckgebiet über dem östlichen
Mitteleuropa weiter ab, über dem Vorhersagegebiet führen die Hebungsprozesse zu
Druckfall und von Westen her weitet sich eine flache Tiefdruckrinne bis in die
Mitte des Landes aus. Somit kann die instabile Luftmasse weiter nach Norden und
Osten an Raum gewinnen, wie weit genau, ist aber noch unklar. ICON-EU simuliert
in weiten Teilen Baden-Württembergs sowie im Süden und Westen Bayerns eine
ML-Cape zwischen 1000 und 1500 J/kg, teilweise auch darüber, GFS hat auch im
Westen eine recht hohe Cape auf der Karte. Auch bzgl. der simulierten Auslöse
gibt es noch größere Unterschiede, wobei das GFS und auch das WRF seit einigen
Läufen die progressivste Variante auch der Karte haben mit verbreiteten
Gewittern im Süden und Westen des Landes. ICON-EU und ECMWF simulieren lediglich
im Südwesten und Süden konvektive Niederschläge. Die simulierte Scherung, die
sich mit Trogannäherung zum Abend hin verstärkt (15 bis 20 m/s), würde am
ehesten im Südwesten und Westen des Landes organisierte Konvektion zulassen,
allerdings dürften aufgrund der langsamen Zuggeschwindigkeiten bei PPW-Werten
von teils über 30 mm die Parameter Starkregen und wegen der mäßig hohen Cape
auch Hagel durchaus auch Unwetterpotential aufweisen.
Auch im Nordwesten werden mit Annäherung der Kaltfront eines Tiefs südlich von
Island einzelne Schauer, eventuell auch Gewitter simuliert, die aber mangels
"Luftmasse" kaum Unwetterpotential aufweisen dürften.
Im Nordosten und Osten steht dagegen nochmals ein wettertechnisch ruhiger Tag
ins Haus. Meist scheint bei nur lockerer Quellbewölkung die Sonne.
Niedertroposphärisch kann sich die warme Luft weiter nach Norden durchsetzen,
die Temperaturen in 850 hPa steigen auf Werte zwischen 9 Grad auf Rügen und 16
Grad im Südwesten. Entsprechend sind Höchstwerte zwischen 23 und 28 Grad zu
erwarten, im Westen und Südwesten - je nach Sonneneinstrahlung - auch bis 31
Grad. Vor allem an der Ostsee bleibt es bei auflandigem Wind kühler.

In der Nacht zum Freitag kommt der zunehmend kurzwellige Trog bis nach
Ostdeutschland voran, wobei sich die vorderseitigen Hebungsprozesse aufgrund von
PVA vorübergehend noch verstärken. Im Bodenfeld überquert die Kaltfront des zur
Norwegischen See ziehenden Tiefs den Westen, Südwesten und die Mitte
Deutschlands, ihr folgt ein Schwall subpolarer Meeresluft, der postfrontal für
eine rasche Stabilisierung sorgt. Niederschläge meist konvektiver Art, d.h.
schauerartiger, teils gewittriger Regen, sind vor allem im Vorfeld der Kaltfront
zu erwarten und werden entsprechend auch simuliert. Dort, wo sich die potentiell
instabile Luftmasse befindet, also im Südosten des Landes, ist auch ein MCS
denkbar. ICON-EU und GFS simulieren somit im Süden und Osten Bayerns auch die
höchsten Niederschlagsmengen, ICON-EU im östlichen Alpenvorland gar bis in den
Unwetterbereich (über 40 mm in 12 Stunden). Ansonsten bewegen sich die
simulierten Mengen meist zwischen 5 und knapp über 10 mm (punktuell ist
natürlich auch in den übrigen Regionen Starkregen denkbar), im äußersten Westen
bleibt es postfrontal schon oft trocken.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die synoptischen Basisfelder werden von allen Modellen ähnlich simuliert.
Größere Unterschiede gibt es bzgl. der simulierten Konvektion vor allem ab
Mittwochabend bis zur Nacht zum Freitag. Diese wurden im obigen Text bereits
ausführlich erläutert.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff