DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-06-2017 09:00
SXEU31 DWAV 110800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 11.06.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Wa
Heute meist sonnig und sommerlich warm, morgen nach Kaltfrontdurchgang windig,
im Süden Gewittergefahr.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... bestimmt ein Keil, dessen Achse im Tagesverlauf allmählich über
Deutschland hinweg ostwärts kippt (die Achse kommt im Norden deutlich schneller
voran als im Süden) das Wetter. Dies ist einem Trog geschuldet, dessen Achse
sich heute vom nahen Ostatlantik zu den Britischen Inseln verlagert, der aber
nicht weit nach Süden reicht. Er gehört zu einem umfangreichen Tief, das im
Seegebiet zwischen Island und Schottland zu finden ist und dessen Kaltfront in
der südwestlichen Höhenströmung schleifend über der Nordsee liegt. Ein Bodenhoch
liegt dagegen über dem südöstlichen Mitteleuropa, schwächt sich dort aber
allmählich ab. Der bodennahe Wind kommt aus Süd, mit der Höhe dreht der Wind
rasch auf Südwest. Mit dieser Strömung gelangt heute deutlich wärmere Luft nach
Deutschland, so dass am Mittag in 850 hPa schon Werte zwischen 10 Grad am Kap
Arkona und 18 Grad am Kaiserstuhl erreicht werden. Damit reicht es heute bei
Strahlungswetter am Oberrhein schon locker für einen heißen Tag mit 30 bis 32
Grad, sonst werden es meist zwischen 25 Grad im Norden und 29 Grad im Westen und
Süden. Nur ganz im Norden und an den Küsten bei auflandigem Wind bleibt es teils
noch deutlich kühler. Wie schon angedeutet dominiert Strahlungswetter (auch
UV-Strahlung; siehe entsprechende Warnungen) mit nur geringer Quellbewölkung, da
die untere Troposphäre recht trocken ist. In mittlere und höhere Schichten soll
dagegen im Tagesverlauf deutlich feuchtere Luft einfließen, die dann über der
gesamten Nordwesthälfte für mittelhohe Bewölkung sorgen soll. Dies wird vor
allem von ICON und Euro4 so gesehen, GFS und EZMW sind zurückhaltender. Zudem
zeigen ICON und EZMW auch leichte Niederschläge/Schauer über dem Nordwesten.
Diese werden wohl in der mittleren Troposphäre generiert und dürften aufgrund
der trockenen Grenzschicht den Boden nicht erreichen, wären demnach als
"Oberschläge" zu bezeichnen, da sie sich ja nicht am Boden "niederschlagen". Wie
viel Feuchte aber tatsächlich für diesen Prozess zur Verfügung stehen wird, ist
- wie schon erwähnt - ungewiss. Auch für konvektive Umlagerungen reicht es heute
nicht, da trotz starker Einstrahlung (vor allem im Süden) aufgrund der sehr
warmen mittleren Troposphäre die Schichtung nicht labil wird und zudem auch die
Grenzschichtfeuchte fehlt. ICON simuliert zwar über Schwarzwald und Alpen etwas
CAPE, aber bei Wolkenbasen weit über 2000 m und Auslösetemperaturen jenseits von
Gut und Böse. Zuletzt noch ein kurzer Blick auf dem äußersten Nordwesten: Dort
sorgt die Nähe zur Kaltfront heute schon für mehr Bewölkung und eventuell auch
etwas Regen zum Nachmittag.

In der Nacht zum Montag greift die Kaltfront rasch auf den Nordwesten
Deutschlands über und verlagert sich bis zum Morgen schon in etwa bis zu einer
Linie Niederlausitz-Südbaden. Die Beschleunigung der Front hängt mit der
Verlagerung der Trogachse bis Jütland und der damit auf West drehenden
Höhenströmung zusammen. Allerdings wird der Trog dabei immer flacher. Er
generiert aber etwas Hebung über der Nordhälfte Deutschlands, so dass dort mit
Durchgang der Kaltfront schauerartige Regenfälle auftreten. Da die Schichtung
recht stabil ist und allenfalls im Umfeld der Front etwas CAPE generiert wird,
sollte es kaum für Gewitter reichen. Nach Süden zu dürfte die Front meist ohne
Niederschlag durchgehen, die Bewölkung nimmt freilich auch dort zu. Im
Nordwesten lockert diese dagegen in der zweiten Nachthälfte wieder auf, da die
Front von Kaltluftadvektion überlaufen ist und ihr rasch Absinken folgt. Das
Bodentief zieht nach Mittelskandinavien und ein Keil des Azorenhochs stößt nach
Frankreich vor. Damit verstärkt sich der Gradient und der Wind dreht auf Südwest
bis West. Sowohl im Umfeld der Front als auch an der Nordsee kann es dann
mitunter für Böen der Stärke 7 reichen. Zudem nimmt auch der Wind auf den Bergen
zu, so dass vor allem der Brocken in den Bereich warnwürdiger Böen (Bft 9)
kommen könnte.

Montag... erreichen Trog (Höhentief) und Tief den Raum
Mittelschweden/Südfinnland und der Azorenhochkeil kommt noch etwas nach
Deutschland voran. Damit bleibt und ein recht kräftiger Gradient erhalten und
mit dem Tagesgang ist dann im Norden verbreitet mit Böen der Stärke 7 zu
rechnen, im Süden zumindest in freien Lagen. An der Küste dürfte es sogar
verbreitet für stürmische Böen reichen, mitunter auch im angrenzenden
Binnenland, vor allem in Schleswig-Holstein. In exponierten Lagen sowohl von
Küste als auch von Bergland sind dann Sturmböen zu erwarten. Mit diesem
kräftigen Wind verabschiedet sich im Norden die Kaltfront rasch ostwärts,
dagegen hängt sie im Süden zurück und verlagert sich nur langsam zu den Alpen.
In ihrem Vorfeld liegt eine sehr warme und dann auch zunehmend feuchte
Luftmasse, so dass sich in etwa südlich der Donau ab dem Mittag nennenswerte
CAPE-Werte aufbauen können und Gewitter ausgelöst werden können. Bei kräftigen
Westwinden in allen Höhenniveaus und dementsprechend starker
Geschwindigkeitsscherung dürften sich längerlebige und schnell ziehende
Gewitterzellen entwickeln, wobei deren Begleiterscheinungen im Ockerbereich
anzusiedeln sind. Für Starkregen reichen ppws von 30 l/qm bei diesen
Zuggeschwindigkeiten nicht aus, für größeren Hagel reicht das CAPE von maximal
500 J/kg nicht aus und auch die möglichen Böen dürften wohl eher im Bereich der
Stärke 9 anzusiedeln sein, da weder downburst noch vertikaler Impulstransport
aus höheren Luftschichten wohl mehr hergeben. Rückseitig der Kaltfront stellt
sich eine Zone des Absinkens ein, in der am Montag freundliches und
niederschlagsfreies Wetter vorherrscht. Aufgrund von Temperaturen zwischen 10
und 13 Grad in 850 hPa zwischen Main und Donau reicht es dort in tieferen Lagen
(ebenso wie südlich der Donau) für sommerliche Höchstwerte um 25 Grad. Weiter im
Norden fließt dagegen kühlere Luft ein (nur 5 Grad in 850 hPa im Nordwesten),
die auch erheblich feuchter ist und für viel Bewölkung sorgt. Auch schwacher
Regen bzw. leichte Schauer können stellenweise auftreten, mangels Höhenkaltluft
bleibt aber die Labilität marginal. Damit reicht es im Norden meist nur für 17
bis 21 Grad, in der Mitte für 21 bis 25 Grad.

In der Nacht legt sich die Kaltfront an die Alpen und damit wird jeglicher
Gewitterei der Garaus gemacht. Das Tief zieht noch etwas ostwärts nach
Südfinnland und auf der Rückseite des zugehörigen Troges wölbt sich zaghaft ein
Rücken im Bereich der Nordsee auf. Unter diesem spaltet sich aus dem Azorenhoch
ein neuer Hochschwerpunkt über Nordfrankreich ab, der auch für die gesamte
Südwesthälfte Deutschlands wetterbestimmend wird. Leichtes Absinken sorgt für
weitere Wolkenauflockerung und nur an den Alpen hängt noch Restbewölkung der
Kaltfront, aus der bei leichter Staukomponente noch etwas Regen fallen kann. Der
Wind nimmt im Südwesten deutlich ab und es stellt sich eine ruhige und recht
kühle (Minima gebietsweise unter 10 Grad) Nacht ein. Der Nordosten verbleibt im
Bereich eines stärkeren Gradienten. Dort nimmt der Wind nur tagesgangsbedingt
etwas ab, in Ostseenähe muss aber weiterhin mit Böen der Stärke 7 gerechnet
werden, an einigen Küstenabschnitten der Ostsee und an der Nordfriesischen Küste
auch mit stürmischen Böen aus West bis Nordwest. Auch auf dem Brocken kann es
noch Sturmböen geben. Weiterhin fließt auch feuchte Luft in den Nordosten
Deutschlands, aus der es auch geringfügig regnen kann.

Dienstag... kommen Trog und Tief noch ein Stückchen Richtung Russland voran,
während sich der Rücken über Nordsee leicht verstärkt. Somit erhält sich ein
Bodenhochschwerpunkt im Bereich Nordfrankreich/Benelux/Nordsee/Südengland. Die
gesamte Südwesthälfte Deutschlands liegt damit im Bereich eines recht schwachen
Gradienten mit schwachen nordwestlichen Winden. Im Nordosten bleibt der Gradient
dagegen weiter stark und es muss im Tagesgang auch wieder bis ins Binnenland
hinein mit Böen der Stärke 7 gerechnet werden. Rund um die Ostsee, im Norden
Schleswig-Holsteins sowie auf Fichtelberg und Brocken kann es weiter stürmische
Böen aus Nordwest geben. Des Weiteren wird im Nordosten weiterhin viel Feuchte
in der unteren Troposphäre simuliert, so dass es dort wohl recht viel
Stratocumulusbewölkung geben wird. Regen sollte kaum fallen. Bei nur 5 bis 8
Grad in 850 hPa scheitert der Norden auch teils an der 20-Grad-Marke. Im übrigen
Land stellt sich von Hochdruck geprägtes sonnigeres Wetter ein, allerdings
unterhalb einer Inversion bei etwa 800 hPa auch mit recht viel Quellbewölkung
tagsüber. Ganz im Süden ist die Kaltfront zwar durchgezogen, aber dort liegen
nach wie vor Reste der deutlich wärmeren (bis 15 Grad in 850 hPa) und auch
feuchteren Luftmasse. Dies hat zum einen stetigen Temperaturanstieg nach Süden
zu zur Folge (bis 28 Grad zwischen Freiburg und Bodensee), zum anderen ist in
den Alpen die Gewittergefahr nicht ganz gebannt.

In der Nacht zum Mittwoch wölbt sich der Rücken über der Nordsee allmählich
deutlich auf und der Hochdruckeinfluss verstärkt sich bei uns. Der
Bodenhochschwerpunkt erreicht das nordwestliche Deutschland. Damit stellt sich
in weiten Teilen des Landes eine ruhige und wolkenarme Nacht ein, etwaige
Gewitter an den Alpen fallen wieder zusammen. Ganz im Nordosten bleibt es noch
bei einem stärkeren Gradienten. Allerdings sollten die Windböen
tagesgangsbedingt im Binnenland schnell nachlassen. Auch an den Küsten werden
sie von Westen her immer seltener und bis zum Morgen sollten alle Windwarnungen
an der Ostsee aufgehoben werden können und damit die Warnkarte wieder grün sein.
Etwas mehr Bewölkung dürfte sich aber im Nordosten nach wie vor halten,
allerdings sollte es trocken bleiben.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeichnen auf synoptischer Skala ein sehr ähnliches
Bild. Unterschiede wurden schon oben im Text angesprochen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann