DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-06-2017 21:00
SXEU31 DWAV 101800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 10.06.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Ruhige Hochdrucklage, sommerlich warm. Wahrscheinlich erst am Montag wieder
markant zu bewarnende Wetterereignisse. Dann in Donaunähe und südlich davon
Gewitter, in Alpennähe zum Montagabend hin mit Unwettergefahr.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland noch unmittelbar an der Vorderseite eines
Höhenkeils. In die nordwestliche Strömung werden Wolkenfelder der Warmfront
eines Tiefs über dem nahen Ostatlantik eingesteuert, wobei durch
Warmluftadvektion entsprechende Hebung generiert wird. Hierdurch überwiegt im
Nordwesten starke Bewölkung. Für vereinzelte geringe Niederschläge sollte es
jedoch nur unmittelbar an der Nordsee reichen. Ansonsten hält Absinken mögliche
Konvektionsbewölkung flach und sorgt dafür, dass sich diese in der Nacht zum
Sonntag weitgehend auflöst.
Mit dem Vorrücken des Keils, dessen Achse Sonntagfrüh über der Mitte
Deutschlands liegt, wird die Bewölkung nach Nordosten herausgedrückt. Es bleibt
niederschlagsfrei. Verbreitet klart es auf, aber die Nebelneigung bleibt gering.

Warnungen sind somit vorerst nicht erforderlich.

Sonntag ... verlagert sich der Keil mit seiner Achse nach Polen, wodurch sich
eine südwestliche Strömung über dem Vorhersagegebiet durchsetzt, die zusehends
zyklonal deformiert wird. Dies ist dem sich vom Ostatlantik allmählich nähernden
Zentraltief zuzuschreiben. Mit dieser Strömung gelangt wärmere Luft nach
Deutschland. Somit sind nahezu überall sommerliche Höchsttemperaturen zwischen
24 und 29, im Südwesten in tieferen Lagen bis 32 Grad zu erwarten. Nur an
einigen Küstenabschnitten mit auflandigem Wind wird es nicht ganz so warm.
In die südwestliche Strömung ist die Kaltfront des o.g. Tiefs eingelagert, die
schleifend nach Südosten vorankommt und allenfalls gegen Abend den äußersten
Nordwesten Deutschlands erreicht. Da aber die Kaltfront von Kaltluftadvektion
überlaufen wird und zudem im Norden und in der Mitte Deutschlands die Schichtung
stabil ist, sind konvektive Umlagerungen nahezu ausgeschlossen. Dennoch ist
vorderseitig ein Feuchteeinschub vorstellbar, wodurch im Nordwesten und im
Norden sowie vielleicht auch in den mittleren Gebieten mittelhohe und hohe
Bewölkung aufzieht. Dies erklärt die Schauer, die von mehreren Modellen
simuliert werden. Dabei ist eher vorstellbar, dass die Niederschläge in der
unteren Troposphäre verdunsten. Zudem ist eine leichte Überbetonung der
mitteltroposphärischen Feuchte durch die Modelle nicht ganz von der Hand zu
weisen.
Der Osten und Süden und größtenteils auch die Mitte werden von dieser Bewölkung
verschont, so dass sich die Luft auf die oben genannten Werte erwärmen kann.
Warnungen sind bis dahin sehr wahrscheinlich nicht erforderlich.
In der Nacht zum Montag verlagert sich das Zentraltief unter Auffüllung über
Schottland hinweg in die Nordsee. Dies lässt die Strömung mehr auf West drehen,
wodurch sich die frontsenkrechte Windkomponente an der Kaltfront erhöht und die
Front bis Montagfrüh bis zu einer Linie Oderbruch - Ostharz - Mosel vorankommt.
Aufgrund der nach wie vor stabilen Schichtung im Frontbereich sind Gewitter
unwahrscheinlich. Schauerartiger Regen sollte auf den Nordwesten und Norden
Deutschlands beschränkt bleiben, wobei die zu erwartenden Niederschläge fernab
von jeglicher Warnrelevanz sind.
Mit Frontpassage sowie postfrontal frischt jedoch der Wind auf, so dass an der
Nordseeküste sowie an einigen Abschnitten der Ostseeküste Warnungen vor Windböen
und auf dem Brocken im Harz vielleicht auch eine Warnung vor Sturmböen
erford4erlich werden können. Ansonsten sollte es nachts warnfrei bleiben.

Montag ... verlagert sich das Zentraltief nach Skandinavien, wodurch die
weiterhin zyklonale Strömung auf West und später auf Nordwest dreht. Hierdurch
kommt die Kaltfront bis nach Süddeutschland voran und erreicht in den
Abendstunden das Alpenvorland. Dort ist die Luftmasse jedoch deutlich labiler,
auch Feuchte ist vorhanden (Gehalt an niederschlagbarem Wasser bis knapp 30 mm)
die Hebung wird durch die Orografie geliefert, so dass die Voraussetzungen für
hoch reichende Konvektion durchaus gegeben wären. Größerer Hagel ist aufgrund
des geringen CAPE weniger wahrscheinlich, die Gefahr von Starkregen ist eher
gegeben. Auch Böen bis hin zu Sturmstärke können nicht ganz ausgeschlossen
werden. Da durch die vorderseitig übergreifende Kaltluftadvektion bereits
niedertroposphärisch eine gewisse Stabilisierung in Gang kommt (auf welche die
Gewitterindices nicht ansprechen) ist die Unwettergefahr vergleichsweise gering.

Der Norden und Nordosten ist aufgrund der Nähe der Frontalzone leicht zyklonal
geprägt, was im Wesentlichen auf rasch wechselnde Bewölkung hinausläuft. Geringe
Niederschläge sind allenfalls in Nordseenähe zu erwarten.
Allerdings frischt der Wind gegenüber den Vortagen deutlich auf, so dass im
Norden und Nordosten verbreitet Warnungen vor Windböen erforderlich werden
können. Auch im Süden sind in freien Lagen einzelne Windböen nicht
auszuschließen. Hier macht sich zusätzlich der Tagesgang bemerkbar. An der Küste
und vielleicht auch im küstennahen Binnenland treten stürmische Böen auf, an der
Nordseeküste und auf höheren Berggipfeln muss mit Böen bis Sturmstärke gerechnet
werden.
Ansonsten macht sich von Westen und Südwesten her wieder antizyklonaler Einfluss
bemerkbar, was die Wolken zusehends auflockern lässt; zum Teil sind auch längere
sonnige Abschnitte vorstellbar. Dabei bleibt es durchweg trocken.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen im Nordwesten und in Küstennähe 16 bis 20,
in den mittleren Gebieten und im Osten 20 bis 25 und im Süden 25 bis 29 Grad.
In der Nacht zum Dienstag greift ein breiter Höhenrücken auf Westeuropa über,
was die nordwestliche Strömung noch ein wenig aufsteilen lässt. Das nunmehr über
Südfinnland liegende Tief hält im Nordosten die Zyklonalität aufrecht. Da sich
gleichzeitig von Westen her antizyklonaler Einfluss noch etwas ausweitet, bleibt
der kräftige Gradient im Nordosten bestehen, so dass vor allem in Ostseenähe
noch Regenschauer auftreten können.
Zudem bleibt es an der Küste und im Nordosten windig mit einzelnen Windböen bis
ins Binnenland hinein. Unmittelbar an der Küste treten stürmische Böen, in
exponierten Lagen der Ostseeküste auch Sturmböen auf. Ansonsten sorgt der
antizykonale Einfluss für eine Wetterberuhigung, so dass, abgesehen vom Wind,
keine warnrelevanten Wetterereignisse zu erwarten sind.

Dienstag ... weitet sich der über Westeuropa liegende Höhenrücken noch etwas
nach Norden aus. Ein in der vorderseitigen west- nordwestlichen Strömung
ablaufender, relativ breiter Kurzwellentrog bringt nur wenig Wetterwirksamkeit
mit sich und sorgt allenfalls in Küstennähe für geringe Niederschläge.
Durch den sich über Westeuropa kräftigenden antizyklonalen Einfluss wird der
Gradient über dem Nordosten Deutschlands nur ganz allmählich schwächer, so dass
es dort windig bleibt. In Nordseenähe und nordöstlich der Elbe sowie vielleicht
auch in der Magdeburger Börde sind daher, gestützt auch durch den Tagesgang,
erneut Windböen, im ostseenahen Binnenland durchaus auch stürmische Böen zu
erwarten. Während an der Nordsee der Wind im Tagesverlauf schwächer wird, bleibt
an der Ostsee der Wind bis zum Abend warnrelevant. Aber auch im Binnenland flaut
der Wind bis zum Abend merklich ab.
Südlich der Mittelgebirge sorgt der antizyklonale Einfluss jedoch vermehrt für
Auflockerungen und auch längere sonnige Abschnitte, wodurch Höchsttemperaturen
zwischen 23 und 27 Grad zu erwarten sind. In den mittleren Gebieten bewegen sich
die Temperaturen zwischen 19 und 23 Grad. Im Norden werden nur 16 bis 20 Grad
erreicht.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen durchweg eine ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten.
Unterschiedliche Auffassungen bestehen allenfalls hinsichtlich der mit der
Kaltfront zusammenhängenden Niederschläge an den Alpen. Hier zeigt
interessanterweise GFS den meisten Niederschlag, gefolgt von EZMW, wobei die
deutsche Modellkette vergleichsweise wenig Niederschlag simuliert. Warnrelevante
Niederschläge werden jedoch auch von GFS und EZMW nicht gesehen.
Bemerkenswert ist vielleicht noch, dass GFS bereits ab Sonntagabend mit dem
Übergreifen der Kaltfront im Nordwesten mit Gewittern rechnet, was durch einen
Einschub labilerer Luft unmittelbar in Frontnähe bedingt ist. Andere Modelle
liefern hierfür keine Indizien. EZMW zeigt bzgl. der Labilität ähnliche
Strukturen wie die deutsche Modellkette, so dass das vom GFS angebotene Szenario
als eher unwahrscheinlich anzusehen ist.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann