DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-06-2017 09:00
SXEU31 DWAV 070800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 07.06.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL Wz
Heute Schauer und Gewitter, teils mit stürmischen Böen und Sturmböen. An der
Nordsee und auf den Bergen schwere Sturmböen, exponiert orkanartige Böen. Am
Donnerstag keine markanten Wettergefahren. Am Freitag vornehmlich im Süden,
später dann auch vom Nordwesten bis zur Mitte Gewitter vornehmlich im markanten
Bereich.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines Höhentroges, der
angereichert mit Höhenkaltluft für reichlich Labilität sorgt. An der Südflanke
des Troges wandert die Haupttrogachse im Tagesverlauf ostwärts über Deutschland
hinweg. Die daran gekoppelte Schauer- und Gewitteraktivität ist in den Früh- und
Vormittagsstunden bereits voll im Gange. Im Tagesverlauf wandert die Trogachse
unter Amplifizierung ostwärts, sodass sich der Schwerpunkt der Konvektion dann
auch in die östlichen Landesteile verschiebt.

Die Höhenkaltluft zeichnet sich durch 500 hPa Temperaturen zwischen -24 und -27
Grad aus. Mit der in Gang kommenden Tagesgangerwärmung ergibt sich ein
ordentlicher vertikaler Temperaturgradient, sodass sich trotz eher verhaltener
Grenzschichtfeuchte wenige hundert J/kg an CAPE entwickeln können.
Dementsprechend treten neben vielen Schauern auch einzelnen Gewitter auf, die
zumeist nur kurzlebig ausfallen dürften... auch aufgrund des Mangels an
hochreichender Scherung. Als Trigger dürfte dabei der Durchgang der Trogachse
wirken.
Dies wiederum bedingt neben einem Abtrocknen der Grundschicht, dass es am
Nachmittag rückseitig zu Absinken und damit einer deutlich verringerten
Aktivität der Konvektion kommt. Zudem steigt dann von Westen kommend die 500 hPa
Temperatur an, was zusätzlich zu Stabilisierung führt.

Die ppw-Werte sind allgemein gering, sodass Starkregen kein Thema sein sollte.
Geringes CAPE und schwache vertikale Windscherung lassen maximal kleinkörnigen
Hagel und Graupel zu. Interessanter ist da schon der Wind. Die Höhenwinde in 850
hPa liegen im Westen zwischen 40 und 45 kn, im Nordwesten zwischen 45 und 55 kn.
Weiter nach Osten und Süden nimmt der Höhenwind ab. Allein schon infolge der
tagesgangbedingten Durchmischung sollten verbreitet Böen Bft 7 bis Bft 8 möglich
sein. Mit stärkeren Schauern und Gewittern sind vornehmlich in den westlichen
Landesteilen und im Nordwesten Sturmböen zu erwarten. Auf den Bergen und an der
Nordsee werden schwere Sturmböen vorhergesagt.
Währen der Höhenwind zum Nachmittag allgemein nachlässt, erreicht er im
Nordwesten seinen Höhepunkt. An exponierten Küstenabschnitten und auf den Inseln
sind einzelne orkanartige Böen (Bft 11) dementsprechend nicht ganz
ausgeschlossen.

Im Süden liegt man etwas abseits der Hauptkonvektion mit weniger Höhenkaltluft.
Dennoch kann es auch dort gelegentlich schauerartig verstärkt regnen und
vereinzelt gewittern, insbesondere in der ersten Tageshälfte. Der Wind bleibt
aber abgesehen von höheren Bergen dort allgemein schwächer.

Zu erwähnen ist noch der äußerste Norden. Die herumgeholte Okklusion sorgt des
in Richtung Südnorwegen ziehenden Bodentiefs sorgt dort für länger andauernde,
schauerartig verstärkte Niederschläge, die bis in die erste Nachthälfte
andauern. Vornehmlich davon betroffen sind das nördlich Niedersachsen und
insbesondere große Teile von Schleswig-Holstein. Von den verschiedenen
EPS-Verfahren gibt es zaghafte Andeutungen, dass im 6 bis 12 h Zeitraum vor
allem zwischen 09 und 15 UTC die markante Schwelle für Dauerregen überschritten
wird. COSMO-DE EPS bringt beispielsweise über Schleswig-Holstein in dieser Zeit
immerhin eine Wahrscheinlichkeit von 20 % für mehr als 25 l/qm in 12 h.

In der Nacht auf Donnerstag wandert die Trogachse ostwärts aus Deutschland ab,
sodass große Landesteile auf die Vorderseite eines flachen Rückens gelangen, die
für Stabilisierung und ein rasches Erliegen der Schauer- und Gewittertätigkeit
sorgt. Im Norden regnet es zunächst noch etwas mit der abziehenden Okklusion. In
der zweiten Nachthälfte ist es dann aber spätestens vorübergehend trocken.

Der nachfolgende Rücken ist in seiner Amplitude so schwach, dass er von
kräftiger Warmluftadvektion überlaufen wird. Als Folge nimmt im Westen und
Nordwesten mehrschichtige Bewölkung zu und breitet sich rasch über die Mitte in
Richtung Osten aus. Im Nordwesten fallen ausgangs der Nacht dann schon die
ersten Tropfen.

Im Süden verläuft die Nacht hingegen oft gering bewölkt oder klar, sodass in der
eingeflossenen Kaltluft die Temperatur weit zurückgehen kann. Es werden 7 bis 2
Grad mit örtlicher Bodenfrostgefahr erwartet. Im Norden gehen die Werte hingegen
nur auf 12 bis 7 Grad zurück.

Warntechnisch relevant ist nur noch der Wind. Dieser lässt mit der
Stabilisierung zwar allgemein deutlich nach, im Norden sind die 850 hPa Wind
allerdings noch so stark und der Gradient so üppig, dass vor allem im
Küstenbereich weiterhin starke bis stürmische Böen, exponiert auch Sturmböen,
auf den Inseln einzelne schwere Sturmböen auftreten können. Erst in der zweiten
Nachthälfte geht auch dort der Wind ein wenig zurück.

Donnerstag... liegt das Vorhersagegebiet im Bereich des ostwärts wandernden
flachen Rückens, der auch am Boden zu Druckanstieg führt. Vor allem in der
Südhälfte kann man vom resultierenden Absinken profitieren, sodass dort ein
freundlicher Tag mit viel Sonne zu erwarten ist. Gleichzeitig steigt die 850 hPa
Temperatur zaghaft an und die Höchstwerte liegen zwischen 21 und 24 Grad, im
Südwesten zwischen 24 und 26 Grad.

Anders ist das Bild in der Nordhälfte. Dort ist weiterhin Warmluftadvektion
wirksam, die den nur flachen Rücken überläuft und die auch mit einer ostwärts
ziehenden Warmfront in Verbindung steht. Die Folge ist mehrschichtige Bewölkung
und im Norden einsetzende Dauerniederschläge, die sich aber abseits jeglicher
Warnrelevanz abspielen.

Der Wind dreht stärker auf Süd bis Südwest. Mit der oft ablandigen
Windkomponente und des weiter nachlassenden Druckgradienten sind nur an
exponierten Küstenabschnitten und entlang der Nordfriesischen Inseln noch Böen
Bft 7 zu erwarten. Davon abgesehen sollte der Donnerstag warnfrei ablaufen.

In der Nacht auf Freitag wandert der Höhenrücken ostwärts ab und Deutschland
gelangt auf die Vorderseite eines westeuropäischen Troges und damit in eine
südwestliche Grundströmung. Damit steigt auch die 850 hPa deutlich an, was aber
abgesehen von höheren Minima aufgrund der Tageszeit nur wenig ins Gewicht fällt.
Gleichzeitig nähert sich von Westen kommend bereits die Kaltfront, die nach ICON
in der zweiten Nachthälfte bereits auf Deutschland übergreifen soll. Allerdings
ist dies Front verwellt und damit in seinem ostwärtigen Vorankommen gebremst.
Die Frage ist, wie stark sich die Wellenbildung auswirkt.

So gibt es durchaus auch die Möglichkeit, dass das frontal gebundene Regenband
bis zum Morgen noch weitgehend außen vor bleibt, wie es beispielsweise ECMWF
zeigt. GFS zeigt da eine Mittellösung.

Der eigentlich Kaltfront vorgelagert sind eine markante Windkonvergenz und eine
zyklonale Ausbuchtung des Isobarenfeldes. Allerdings lässt sich entlang dieser -
wohl auch tagesgangbedingt - keine Wetteraktivität erkennen.

Nach Osten und Südosten ist die Bewölkung oft aufgelockert, teils ist es
sternenklar bei zum Teil einstelligen Minima. Sonst werden 16 bis 12 Grad
erwartet. Warnungen sind voraussichtlich nicht erforderlich.

Freitag... überquert die Kaltfront die Mitte und erreicht am Nachmittag den
Osten. Vorderseitig ist weiterhin die markante Windkonvergenz zu erkennen, die
allerdings weiter in den Modelloutputs oft keine Wetteraktivität entfaltet. Das
liegt wohl vor allem daran, dass in der unteren Troposphäre ein großer Spread zu
finden ist und damit folglich auch ein hohes HKN von zum Teil deutlich über 2
km. Aus jetziger Sicht lassen sich Gewitter zwar nicht komplett ausschließen,
häufig sollte die Kaltfrontpassage aber ohne großartige Blitzaktivität von
Statten gehen. Am stärksten sind die Signale für Konvektion etwa südlich der
Donau, wo sich im Grenzbereich von höherer Feuchte und höherer Labilität etwas
CAPE entwickeln kann.

Gewitter sind hingegen postfrontal ein Thema. Kurz nach Frontpassage rückt ein
markanter Höhentrog nach, dessen Achse am Nachmittag die westliche Landesteile
erreicht. Von der Mitte bis in den Nordwesten ist die Labilität deutlich erhöht.
Gleichzeitig ist die Feuchte auch noch ausreichend hoch, dass sich CAPE Werte
zwischen 300 und 700 J/kg entwickeln sollen. Dementsprechend sind einige Schauer
und Gewitter möglich. Diese können bei ppw-Werten über 20 mm lokal auch von
Starkregen begleitet sein. Zudem ist Hagel um 1 cm möglich. Der Höhenwind in 850
hPa erreicht in der Spitze gerade mal bis 30 kn, sodass starke bis stürmische
Böen allgemein das höchste der Gefühle sein dürften.

Präfrontal kann es im Osten und Südosten nochmal sommerlich warm werden mit
Höchstwerten zwischen 24 und 28 Grad, während sonst werden nur 20 bis 24 Grad
erreicht werden.

In der Nacht auf Samstag wandert die Trogachse ostwärts über Deutschland ab,
sodass Deutschland auf die Rückseite in eine westliche bis nordwestliche
Höhenströmung gelangt. Zunächst sind noch im Süden und Osten schauerartig
verstärkte Niederschläge möglich, die auch dort in der zweiten Nachthälfte immer
mehr nachlassen. Bei nur schwachem Wind kann sich streckenweise Nebel bilden.
Davon abgesehen besteht bei 14 bis 8 Grad allgemein keine Warnrelevanz.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle zeigen kurzfristig eine einheitliche und konsistente Entwicklung der
Wetterlage. Einzige Unsicherheit betrifft die Kaltfront in der Nacht auf Freitag
und am Freitag selbst. Das Vorankommend dieser wird aufgrund von Wellenbildungen
noch leicht unterschiedlich prognostiziert.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer